Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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02.12.2012 Aufrufe

lismus, so müßte eine Geschichtstheologie anders konstruiert werden. Anregungen und Ansätze dazu werde ich im folgenden Kapitel vorstellen. 168

3 Der geschichtstheologische Ansatz Jürgen Moltmanns 3.1 Einführung Man muß das Beste hoffen, das Schlimmste kommt von selbst. Altes Sprichwort Im Jahre 1964 erschien Jürgen Moltmanns „Theologie der Hoffnung“ 1 . Innerhalb kürzester Zeit erlebte es mehrere Auflagen und wurde in verschiedene Sprachen übersetzt. 2 Selten geschieht dies einer theologischen Monographie. Offenbar traf es den Nerv und die Fragen der Zeit. Programmatisch wollte Jürgen Moltmann auch genau dieses tun: Fragen, was theologisch an der Zeit ist. Und nach seiner Einschätzung war die Frage nach der Zukunft, die theologisch vor allem unter dem locus Eschatologie verhandelt wird, an der Zeit. 3 Aus seiner Zeitdiagnose heraus sah er sich genötigt, auf die Geschichte zu reflektieren. Dies kann in der christlichen Theologie jedoch nicht getan werden, ohne auch auf den Gott zu reflektieren, der das Attribut „Herr der Geschichte“ mit sich trägt und dem Werke der „Erhaltung“ und „Vollendung“ zugeschrieben werden. Es kann auch nicht geschehen, ohne über die Möglichkeiten und deren theologische Begründung und Rechtfertigung geschichtlichen Handelns des Menschen Rechenschaft abzulegen. Insofern impliziert die „Theologie der Hoffnung“ Moltmanns eine Theologie der Geschichte, die im folgenden auf die für diese Arbeit relevanten Aspekte befragt werden soll. Dabei werden auch spätere Werke Moltmanns berücksichtigt werden, die eine Gewichtsverlagerung vom Impetus der Hoffnung zur sabbatlichen Ruhe der Schöpfung und der Welt indizieren, die – der Frage nach dem, was an der Zeit ist, folgend – durch eine veränderte geschichtliche Situation hervorgerufen werden. 4 Damit ist zugleich angedeutet, daß in einer Metakritik des Werkes Moltmanns gerade die Geschichtlichkeit auch der Theologie zu betonen ist. In einer ersten Annäherung an Moltmanns Theologie der Geschichte werde ich auf seine Deutung der Zeit zu sprechen 1 Jürgen Moltmann, Theologie der Hoffnung. Untersuchungen zur Begründung und zu den Konsequenzen einer christlichen Eschatologie, München 1964. Ich arbeite im Folgenden mit der 11. Auflage von 1980. 2 Vgl. das Vorwort von Moltmann zur Neuauflage von 1977 sowie Wolf-Dieter Marsch, Zur Einleitung: Wohin – jenseits der Alternativen, in: ders. (Hg.), Diskussion über die „Theologie der Hoffnung“, München 1967, 7–18, hier 7. 3 Moltmann bezeichnet „das Problem der Zukunft“ sogar als das eine wirkliche „Problem der christlichen Theologie, das ihr von ihrem Gegenstand her gestellt ist und das durch sie der Menschheit und dem menschlichen Denken gestellt wird“ (Theologie der Hoffnung 12). 4 Markus Brauer, Theologie im Horizont der Geschichte, Frankfurt/M. u.a. 1994, unterscheidet hinsichtlich der Geschichtstheologie zwei Werkphasen bei Jürgen Moltmann, deren zweite mit Moltmanns Buch „Der gekreuzigte Gott“ einsetzt. Die erste Phase bezeichnet Brauer als „eschatologische Hoffnungstheologie“ (288 u.ö.), die zweite als staurologisch-trinitarische Geschichtstheologie (289 u.ö.). Brauer zeigt mit seiner diachronen Betrachtung der Geschichtstheologie Moltmanns auf Entwicklungen und Verschiebungen hin, die im Rahmen meiner Fragestellung, die eine synchrone und an bestimmten Aspekten interessierte Betrachtungsweise beinhaltet, nicht weiter verhandelt werden müssen. 169

3 Der geschichtstheologische Ansatz Jürgen Moltmanns<br />

3.1 Einführung<br />

Man muß das Beste hoffen,<br />

das Schl<strong>im</strong>mste kommt von selbst.<br />

Altes Sprichwort<br />

Im Jahre 1964 erschien Jürgen Moltmanns „Theologie der Hoffnung“ 1 . Innerhalb kürzester<br />

Zeit erlebte es mehrere Auflagen und wurde in verschiedene Sprachen übersetzt. 2<br />

Selten geschieht dies einer theologischen Monographie. Offenbar traf es den Nerv und<br />

die Fragen der Zeit. Programmatisch wollte Jürgen Moltmann auch genau dieses tun:<br />

Fragen, was theologisch an der Zeit ist. Und nach seiner Einschätzung war die Frage<br />

nach der Zukunft, die theologisch vor allem unter dem locus Eschatologie verhandelt<br />

wird, an der Zeit. 3 Aus seiner Zeitdiagnose heraus sah er sich genötigt, auf die <strong>Geschichte</strong><br />

zu reflektieren. Dies kann in der christlichen Theologie jedoch nicht getan werden,<br />

ohne auch auf den Gott zu reflektieren, der das Attribut „Herr der <strong>Geschichte</strong>“ mit<br />

sich trägt und dem Werke der „Erhaltung“ und „Vollendung“ zugeschrieben werden. Es<br />

kann auch nicht geschehen, ohne über die Möglichkeiten und deren theologische Begründung<br />

und Rechtfertigung geschichtlichen Handelns des Menschen Rechenschaft<br />

abzulegen. Insofern <strong>im</strong>pliziert die „Theologie der Hoffnung“ Moltmanns eine Theologie<br />

der <strong>Geschichte</strong>, die <strong>im</strong> folgenden auf die für diese Arbeit relevanten Aspekte befragt<br />

werden soll. Dabei werden auch spätere Werke Moltmanns berücksichtigt werden, die<br />

eine Gewichtsverlagerung vom Impetus der Hoffnung zur sabbatlichen Ruhe der Schöpfung<br />

und der Welt indizieren, die – der Frage nach dem, was an der Zeit ist, folgend –<br />

durch eine veränderte geschichtliche Situation hervorgerufen werden. 4 Damit ist zugleich<br />

angedeutet, daß in einer Metakritik des Werkes Moltmanns gerade die Geschichtlichkeit<br />

auch der Theologie zu betonen ist. In einer ersten Annäherung an Moltmanns<br />

Theologie der <strong>Geschichte</strong> werde ich auf seine Deutung der Zeit zu sprechen<br />

1 Jürgen Moltmann, Theologie der Hoffnung. Untersuchungen zur Begründung und zu den Konsequenzen<br />

einer christlichen Eschatologie, München 1964. Ich arbeite <strong>im</strong> Folgenden mit der 11. Auflage<br />

von 1980.<br />

2 Vgl. das Vorwort von Moltmann zur Neuauflage von 1977 sowie Wolf-Dieter Marsch, Zur Einleitung:<br />

Wohin – jenseits der Alternativen, in: ders. (Hg.), Diskussion über die „Theologie der Hoffnung“,<br />

München 1967, 7–18, hier 7.<br />

3 Moltmann bezeichnet „das Problem der Zukunft“ sogar als das eine wirkliche „Problem der christlichen<br />

Theologie, das ihr von ihrem Gegenstand her gestellt ist und das durch sie der Menschheit und<br />

dem menschlichen Denken gestellt wird“ (Theologie der Hoffnung 12).<br />

4 Markus Brauer, Theologie <strong>im</strong> Horizont der <strong>Geschichte</strong>, Frankfurt/M. u.a. 1994, unterscheidet hinsichtlich<br />

der Geschichtstheologie zwei Werkphasen bei Jürgen Moltmann, deren zweite mit Moltmanns<br />

Buch „Der gekreuzigte Gott“ einsetzt. Die erste Phase bezeichnet Brauer als „eschatologische<br />

Hoffnungstheologie“ (288 u.ö.), die zweite als staurologisch-trinitarische Geschichtstheologie (289<br />

u.ö.). Brauer zeigt mit seiner diachronen Betrachtung der Geschichtstheologie Moltmanns auf Entwicklungen<br />

und Verschiebungen hin, die <strong>im</strong> Rahmen meiner Fragestellung, die eine synchrone und<br />

an best<strong>im</strong>mten Aspekten interessierte Betrachtungsweise beinhaltet, nicht weiter verhandelt werden<br />

müssen.<br />

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