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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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Ereignis zum Träger von Offenbarung Gottes werden kann. Denn Gott hat sich in seiner<br />

Freiheit in die <strong>Geschichte</strong> hineinbegeben, darum kann an geschichtlichen Ereignissen<br />

sich etwas von Gott erschließen. 121 Die Möglichkeit dieser „neuen“ Offenbarung ist begründet<br />

in der Einheit der <strong>im</strong>manenten mit der ökonomischen Trinität. Der Freiheit in<br />

der Beziehung der trinitarischen Personen entspricht die Freiheit Gottes in der Beziehung<br />

zu Welt. Hinsichtlich dieser Freiheit ist die <strong>im</strong>manente – und ebenso die ökonomische<br />

– Trinität eine offene. Das Handeln Gottes nach außen ist darum offen, nicht<br />

abgeschlossen. Nun behauptet der christliche Glaube, daß sich Gott zwar unter Umständen<br />

„neu“, nicht aber anders offenbaren wird, als er es in Jesus Christus getan hat.<br />

Gott hat sich in Jesus Christus letztgültig als der gezeigt, der das Heil der Welt will. 122<br />

Er hat sich in seiner Liebe festgelegt. Dadurch wird die Möglichkeit einer „neuen“ Offenbarung<br />

präzisiert. Gott kann sich „neu“ zeigen, aber nicht anders. 123 Insofern ist der<br />

israelitische Gottesname „Ich werde sein, wer <strong>im</strong>mer ich sein werde“ 124 durch den Namen<br />

Jesu Christi zu ergänzen. 125 Sachlich bedeutet dies eine Selbstfestlegung Gottes,<br />

aber nicht den Abschluß seiner Offenbarung. Die Aussage, daß Gott sich nicht anders<br />

offenbaren wird als er es in Jesus Christus getan hat, hat den Status einer Behauptung,<br />

einer Hypothese. Hypothesen, wenn sie erschließende Kraft haben sollen, müssen begleitet<br />

werden von Aussagen über die Bedingungen ihrer Verifikation, Falsifikation oder<br />

zumindest Bewährung. 126 Für eine derartige Aussage sind Verifikation und Falsifikation<br />

121 Klein, Theologie des Wortes Gottes und die Hypothese der Universalgeschichte, kritisiert Pannenberg<br />

darin, daß durch den „Überlieferungszusammenhang“ die Bedeutung der offenbarenden Ereignisse<br />

präjudiziert würde und sie damit um ihre Offenbarungsqualität gebracht würden (12). Und an<br />

anderer Stelle (23): „Diese hermetische Abdichtung etablierter Traditionen gegen das Widerfahrnis<br />

von aufhebender oder auch nur ernsthaft widerständiger geistiger Macht läuft auf eine für die Theologie<br />

verhängnisvolle Aussparung der Kategorie der Begegnung hinaus und damit wiederum auf eine<br />

<strong>im</strong> Rahmen emphatischer Geschichtsverherrlichung erstaunliche Entgeschichtlichung, wenn anders<br />

<strong>Geschichte</strong> der Raum von jedwedem vorgreifenden Kalkül entzogenen Begegnungen ist.“ Schärfer<br />

noch urteilt Peter Henke, Gewißheit vor dem Nichts 129: „Die Antizipation als der Vorgriff auf die<br />

endgültige Offenbarung Gottes wird zum Sperriegel für die Begegnung mit dem lebendigen Gott.“<br />

122 Ekkehard Mühlenberg, Gott in der <strong>Geschichte</strong>, Erwägungen zur Geschichtstheologie von W. Pannenberg,<br />

in: KuD 24/1978, 244–261, weist m.E. zu Recht darauf hin, daß der Begriff Gottes als<br />

„alles best<strong>im</strong>mender Wirklichkeit“ bei der Anwendung auf geschichtliche Phänomene problematischer<br />

ist als etwa das Verständnis Gottes „als die Macht, von der Heil und Gutes erwartet wird“<br />

(257), weil letztere inhaltlich konkreter ist und die Strittigkeit deutlicher werden läßt.<br />

123 Gott „macht unsere <strong>Geschichte</strong> zu seiner <strong>Geschichte</strong>. Er wird darin kein anderer und begegnet uns<br />

doch neu. (…) Wir dürfen auf einen Gott hoffen, der sich überraschend neu uns zuwendet, der uns<br />

anders und neu begegnen kann, weil er uns liebt.“ So Joach<strong>im</strong> Track, Allmacht und Ohnmacht<br />

Gottes. Überlegungen zum christlichen Gottesverständnis, in: Dokumentation. Ansprachen und Vorträge<br />

des Festaktes aus Anlaß der Verleihung des Promotions- und Habilitationsrechtes für die<br />

<strong>Augustana</strong>-<strong>Hochschule</strong> am 8.12.1990, hg. v. d. Gesellschaft der Freunde der <strong>Augustana</strong>-<strong>Hochschule</strong>,<br />

<strong>Neuendettelsau</strong> 1991, 15–26, Zitat 24.<br />

124 So übersetzt R. Bartelmus, HYH. Bedeutung und Funktion eines hebräischen „Allerweltswortes“, St.<br />

Ottilien 1982, 232 den Gottesnamen in Ex 3,14.<br />

125 „Christlicher Gottesglaube ist mit dem Namen Jesu Christi unauflösbar verbunden“, schreibt Jan<br />

Milic Lochmann, Gottesbegriff und Weltveränderung, in: ThZ 33/1977, 300–308, hier 305. Er weist<br />

auch vor allem darauf hin, daß der biblische Gottesname seinen „Sitz <strong>im</strong> Leben“ in der <strong>Geschichte</strong><br />

hat (301) und daß sich aus der Geschichtsbezogenheit Gottes Weltveränderung möglich und geboten<br />

ist (302).<br />

126 John Hick ist der Meinung, daß es keine Möglichkeit der Falsifikation religiöser Aussagen gibt, daß<br />

das Christentum aber sehr wohl den Anspruch erheben kann, „daß die in der christlichen Theologie<br />

angelegte eschatologische Verifikation“ eine Bestätigung derart bilden kann, daß für einen vernünftigen<br />

Zweifel an den „Behauptungen Christi oder für einen Gottesglauben, der auf sie gründet“, kein<br />

Raum bleibt (John Hick, Verifikation <strong>im</strong> Jenseits, zit. nach Norbert Hoerster [Hg.], Glaube und Ver-<br />

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