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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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ist mit Heilsgeschichte „in Analogie zu menschlich-innerweltlicher <strong>Geschichte</strong>“ 96 auf<br />

das Nacheinander göttlicher Taten Bezug genommen, die sich nach einem Plan vollziehen.<br />

Nach dieser Vorstellung erstreckt sich die Heilsgeschichte von der Erschaffung der<br />

Welt bis hin zur Weltvollendung. Zwar scheint sich die Anschauung einer Heilsgeschichte<br />

vom biblischen Zeugnis her unmittelbar aufzudrängen, dennoch ist sie durchaus<br />

problematisch. Zu den Problempunkten aus der Perspektive Pannenbergs zählen,<br />

daß das Handeln Gottes in Analogie zum Handeln der Menschen in der <strong>Geschichte</strong> verstanden<br />

wird. Problematisch erscheint auch, daß die Rede von einem Heilsplan Gottes<br />

einen finalen, auf Zwecke ausgerichteten und auf Mittel angewiesenen Begriff des Handelns<br />

<strong>im</strong>pliziert, der aber auf Gott nicht unbedingt anzuwenden ist. Weiterhin <strong>im</strong>pliziert<br />

die Vorstellung einer Heilsgeschichte ein best<strong>im</strong>mtes, nämlich lineares Zeitverständnis,<br />

das aber nicht als das theologische Zeitverständnis schlechthin angesehen werden<br />

kann. 97 Darüber hinaus tendiert die Konzeption einer Heilsgeschichte dazu, historische<br />

Daten und Fakten dieser Sichtweise unterzuordnen. Im Gegensatz dazu betont Pannenberg<br />

die Anerkennung der Methoden und Ergebnisse der historisch-kritischen Forschung.<br />

Das göttliche Heilshandeln und der göttliche Heilswille sind nicht als der <strong>Geschichte</strong><br />

vorgeordnet zu betrachten, sondern aus der <strong>Geschichte</strong> zu erheben. 98 Das<br />

Heilshandeln Gottes ist nicht als etwas vor oder neben der <strong>Geschichte</strong> zu sehen, sondern<br />

allein in der <strong>Geschichte</strong>. In der <strong>Geschichte</strong> sind Sach- und Erkenntnisordnung des<br />

Heilswillens und Heilshandeln Gottes eines.<br />

Pannenberg setzt sich weiterhin ab vom Ansatz bei der Geschichtlichkeit der Existenz,<br />

in die nach Pannenberg die <strong>Geschichte</strong> bei Bultmann und Gogarten aufgelöst wird, indem<br />

die Betonung der individuellen Anrede und des Rufs in die Entscheidung in den<br />

Vordergrund gestellt und das geschichtliche Heilshandeln Gottes in den Hintergrund<br />

gerückt wird. Entscheidend sind in dieser Konzeption nicht die historischen Daten und<br />

Ereignisse, d.h. die Historie, sondern die <strong>Geschichte</strong>, die verstanden wird als ein Prozeß,<br />

in den der Mensch als existierender hineingenommen wird. Die Existenz des Menschen<br />

wird dabei als eine offene vorgestellt. Der Mensch ist <strong>im</strong> Gegensatz zur uneigentlichen<br />

Existenz, die als Entscheidung gegen die Freiheit qualifiziert ist, zur eigentlichen<br />

Existenz berufen. Diese kann er aber nicht <strong>im</strong> Heideggerschen Sinn sich durch eine Entscheidung,<br />

eine Wahl, herstellen, sondern er muß nach Bultmann zur eigentlichen<br />

Existenz befreit werden. Diese Befreiung ist das Werk Gottes am Menschen. Es widerfährt<br />

dem Menschen, indem die Zeit eschatologisch qualifizert wird, d.h., indem in der<br />

Gegenwart je und je das Vertrauen auf Gott sich einstellt. Dieses Vertrauen wird hervorgerufen<br />

durch die Anrede, das Kerygma, das den Einzelnen in die Entscheidung ruft.<br />

Damit vertritt die existentiale Interpretation eine präsentische Eschatologie, bei der die<br />

<strong>Geschichte</strong> auf Geschichtlichkeit reduziert wird. Die Kerygmatheologie verlor damit<br />

den geschichtlichen Boden der biblischen Zeugnisse aus dem Blick. 99 Dies stellt in der<br />

96 Ott, Art. Heilsgeschichte 187.<br />

97 Ott, Art. Heilsgeschichte 189. Gegenüber der Objektivierung eines heilsgeschichtlichen Ablaufs wäre<br />

die Explikation des heilsgeschichtlich Gewesenen und Zukünftigen in seiner Relevanz für das Selbstverständnis<br />

des Glaubens des Einzelnen namhaft zu machen, wie es die existentiale Interpretation<br />

versucht.<br />

98 Dies ergibt sich aus der Einheit der <strong>im</strong>manenten mit der ökonomischen Trinität und dem Verhältnis<br />

der Ewigkeit Gottes zur Zeit der Welt.<br />

99 Pannenberg, Kerygma und <strong>Geschichte</strong> (Grundfragen Bd. 1) 82.<br />

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