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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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des Handelns Gottes, gestützt. Denn wenn die <strong>Geschichte</strong> auf ein handelndes Subjekt<br />

zurückgeführt werden kann, dieses Subjekt durch seine Handlungen erkannt und identifiziert<br />

werden kann, und der Begriff des Handelns konstitutiv für dieses Subjekt ist,<br />

dann ist Gott in der <strong>Geschichte</strong> zu erkennen. Der Gedanke des Handelns verbindet bei<br />

Pannenberg „das Sein Gottes in ihm selber mit seinem Sein in der Welt, das innertrinitarische<br />

Leben Gottes mit der ökonomischen Trinität“ (417). Das göttliche Handeln läßt<br />

sich dabei „als „Selbstverwirklichung“ Gottes in seinem Verhältnis zur Schöpfung beschreiben“<br />

(418). Ausgangspunkt ist dabei nicht die Vorstellung eines göttlichen Subjekts,<br />

sondern die Erfahrung von Tatsachen der Natur und der <strong>Geschichte</strong> als Wirkungen<br />

göttlicher Macht. 74 Die Wahrnehmung der Beziehung von Mitteln und Zwecken wird<br />

sowohl in der Natur als auch in der <strong>Geschichte</strong> gemacht. Die volle Erkenntnis des göttlichen<br />

Heilsplans wird dabei erst von einem Endgeschehen erwartet. „Das Endgeschehen<br />

wird sowohl den in der <strong>Geschichte</strong> handelnden Gott offenbaren als auch die Wahrheit<br />

über die Welt und die Menschen“ (419). Hier entspricht nach Pannenberg der Begriff<br />

des Handelns dem hebräischen Wahrheitsbegriff strukturell insofern, als beide erst<br />

an einem Ende ihren Sinn und ihr Wesen offenbaren. Während ein Handlungsverlauf<br />

aber final strukturiert ist, läßt sich das von der <strong>Geschichte</strong> nicht per se sagen, denn <strong>im</strong><br />

Gang der <strong>Geschichte</strong> folgen Ereignisse kontingent aufeinander. Der Geschichtsverlauf<br />

kann als Abfolge kontingenter Ereignisse nur durch Erzählung wiedergegeben werden<br />

und ist damit von der Handlungsrationalität verschieden. 75 Würde man sich Gott als<br />

Träger von Handlungsrationalität vorstellen, würde Gott sich als ein endliches Wesen<br />

darstellen, das „auf eine von seiner Gegenwart verschiedene Zukunft vorausblickt und<br />

durch sein Handeln Verfügung über die Zeit zu erlangen sucht“ (420). Auch würde damit<br />

der Gang der <strong>Geschichte</strong> determiniert werden. Da der Einsatz bei einem handelnden<br />

Subjekt <strong>im</strong> Blick auf das Handeln Gottes in einige Probleme führt, 76 setzt Pannenberg<br />

bei der Erfahrung des Zusammenhangs <strong>im</strong> Gang des Weltgeschehens ein. „Die Rede<br />

vom „Handeln“ Gottes führt die <strong>im</strong> Weltgeschehen sich zeigenden Zusammenhänge auf<br />

Gott zurück, Zusammenhänge, die sich erst vom Ende der <strong>Geschichte</strong> her erschließen<br />

und darum den Menschen auf dem Wege zu diesem Ende verborgen bleiben wegen der<br />

unvorgreiflichen Kontingenz der Ereignisfolge, die von Israel als Ausdruck der Freiheit<br />

Gottes in seinem Handeln erfahren wurde“ (420).<br />

Damit konstruiert Pannenberg den Handlungsbegriff analog seines Gottesbegriffs und<br />

seines Geschichtsbegriffs. Immer erschließt sich die Fülle des Begriffs erst von seinem<br />

Ziel oder Ende her. Im Blick auf den Handlungsbegriff unterscheidet die Intentionalität<br />

diesen auch von der bloßen Tätigkeit. 77 Konstitutiv für den Handlungsbegriff und das<br />

74<br />

Dieser Ausgangspunkt ist allerdings insofern nicht selbstverständlich, als es dabei um bestreitbare<br />

Interpretation der Wirklichkeit geht. Die Strittigkeit setzt also nicht erst be<strong>im</strong> Wesen Gottes ein, sondern<br />

bereits bei der religiösen Interpretation der Wirklichkeit.<br />

75<br />

Vgl. dazu Hermann Lübbe, Geschichtsbegriff und Geschichtsinteresse, Basel 1977, sowie oben 1.3.2<br />

und 1.6.2.<br />

76<br />

So geht be<strong>im</strong> Handeln endlicher Subjekte das Handeln selbst dem Handlungsziel voraus und das Ziel<br />

entspricht einem Bedürfnis des Subjekts. Beides läßt sich aber nicht auf Gott übertragen, da ihm in<br />

seiner Ewigkeit alles gleichzeitig ist und das Ziel seines Handelns nicht die Befriedigung eines Bedürfnisses,<br />

„sondern nur die Einbeziehung seiner Geschöpfe in die ewige Gemeinschaft des Sohnes<br />

mit dem Vater durch den Geist“ ist (Pannenberg, Systematische Theologie Bd. 1, 421f).<br />

77<br />

Interessant wäre in diesem Zusammenhang, die Tätigkeit des Spiels genauer zu betrachten. Man<br />

könnte das schöpferische Handeln Gottes ja auch als Spiel begreifen. Interessanterweise deutet Pan-<br />

153

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