Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau
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Pannenberg traut und mutet der historischen Erkenntnis dabei sehr viel zu. Ob <strong>Geschichte</strong><br />
dies leisten kann, werde ich zu überprüfen versuchen, indem ich <strong>im</strong> Folgenden<br />
den einzelnen Aspekten des Begriffs <strong>Geschichte</strong> bei Pannenberg nachgehe. Ich werde<br />
dabei versuchen, dieses Programm in seiner Intention und seiner Durchführung darzustellen,<br />
wobei ich mich auf die Aspekte beschränke, die sich bei der philosophischen<br />
Rekonstruktion von Elementen des Begriffs der <strong>Geschichte</strong> nahegelegt haben. Die Reihenfolge<br />
der Behandlung orientiert sich dabei am rekonstruierten Argumentationszusammenhang<br />
Pannenbergs. Es geht also nicht um eine vollständige Darlegung und<br />
Würdigung von Pannenbergs Geschichtstheologie, die sich <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeit<br />
nicht leisten läßt. 24<br />
2.3 Das Subjekt der <strong>Geschichte</strong><br />
2.3.1 Gott<br />
Für Pannenberg ist ein Kriterium für die Bewährung theologischer Aussagen, daß sie als<br />
Hypothesen über „die Tragweite israelitisch-christlichen Glaubens gemeint“ sind und<br />
sich „als Formulierung von Implikationen biblischer Überlieferungen (sei es auch <strong>im</strong><br />
Lichte veränderter Erfahrung) ausweisen lassen“. 25 In unserem Zusammenhang bedeutet<br />
dies, daß <strong>Geschichte</strong> unter dem Aspekt des in der <strong>Geschichte</strong> handelnden Gottes zu betrachten<br />
ist. Für den israelitisch-christlichen Traditionszusammenhang ist Gott für die<br />
<strong>Geschichte</strong> konstitutiv. „Der Gebrauch des Wortes ‚Gott‘ <strong>im</strong> Singular <strong>im</strong>pliziert den<br />
Gedanken einer alles best<strong>im</strong>menden Wirklichkeit. Von Gott zu reden ist daher nur dann<br />
sinnvoll, wenn sich dieser Gott als best<strong>im</strong>mende Macht über alle endliche Wirklichkeit<br />
denken läßt. Inbegriff aller endlichen Wirklichkeit ist aber die Welt. Von Gott sinnvoll<br />
zu reden, ist dann nur unter der Bedingung möglich, daß dieser Gott als die Welt, wie<br />
sie heute erkannt wird, best<strong>im</strong>mende Macht verstehbar wird.“ 26 Dieser Ansatz der<br />
Theologie hat zur Folge, daß zum einen die Beziehung von Gott und Welt notwendig als<br />
geschichtlich gedacht werden muß. Die Erkennbarkeit Gottes, oder anders gesagt, seine<br />
Offenbarung, ist als geschichtlich vorzustellen. Das gilt aber nicht nur für die Erkennbarkeit<br />
Gottes, sondern auch für sein Wesen. „Das Wesen Gottes, obwohl von Ewigkeit<br />
zu Ewigkeit dasselbe, hat in der Zeit eine <strong>Geschichte</strong>“, bzw. es folgt aus der Zuordnung<br />
des Offenbarwerden Gottes zum Ende der <strong>Geschichte</strong>, „daß der biblische Gott in gewissem<br />
Sinne selbst eine <strong>Geschichte</strong> hat, da das Offenbarungsgeschehen nicht als seinem<br />
Wesen äußerlich gedacht werden kann – sonst wäre es nicht Offenbarung seines Wesens“.<br />
27 Zum anderen ist diese Beziehung als geschichtliche so verfaßt, daß sie dem<br />
24<br />
Ausführlich dargestellt wurde Pannenbergs Geschichtstheologie von Koch, Gott; vgl. auch die Ausführungen<br />
bei Brauer, Theologie <strong>im</strong> Horizont der <strong>Geschichte</strong>, bes. 200–256.<br />
25<br />
Pannenberg, Wissenschaftstheorie 384. Er formuliert dieses wie auch die anderen Kriterien als Falsifikationskriterium.<br />
26<br />
W. Pannenberg, Christlicher Glaube und Naturverständnis, in: H. Dietzfelbinger / L. Mohaupt (Hg.),<br />
Gott – Geist – Materie. Theologie und Naturwissenschaft <strong>im</strong> Gespräch, Hannover 1980, 11–13, 11.<br />
27<br />
W. Pannenberg, Dogmatische Thesen 97. Pannenberg verfolgt diesen Gedanken der Geschichtlichkeit<br />
Gottes aber nicht weiter, weil ihm das Theologumenon von der Unveränderlichkeit Gottes <strong>im</strong><br />
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