Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau
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inspirierten Interpretation, die ein geschichtliches Ereignis erst als Offenbarung Gottes<br />
kenntlich macht, sondern es „enthüllt die Überlieferungsgeschichte selbst die allmähliche<br />
Entfaltung des Sinns dieses geschichtlichen Ereignisses“ 15 . Der Geschichtsprozeß<br />
ist somit wesentlich Überlieferungsprozeß und die Überlieferungsgeschichte erweist<br />
sich als „der tiefere Begriff von <strong>Geschichte</strong> überhaupt“ 16 . Aufgenommen ist darin die<br />
Erkenntnis aus der neuzeitlichen Subjektivitätstheorie, daß menschliche Interpretation<br />
des geschichtlichen Geschehens der <strong>Geschichte</strong> zugehörig ist. 17 An dieser Stelle wird<br />
auch die Verbundenheit und der Widerspruch zum traditionellen heilsgeschichtlichen<br />
Denken sichtbar. Gemeinsam ist Pannenberg und der traditionellen Heilsgeschichte das<br />
Bemühen, Offenbarung und <strong>Geschichte</strong> zusammenzudenken. Der Unterschied besteht<br />
darin, daß für Pannenberg seine Theologie der <strong>Geschichte</strong> historisch in prinzipieller<br />
Weise verifizierbar sein will. Innerhalb des traditionsbildenden Geschichtsprozesses<br />
sollen die biblischen Überlieferungen „sowohl ihre historische Individualität als auch<br />
ihre universale Bedeutung“ erweisen. 18<br />
2.2.2 Geschichtsphilosophisch<br />
2.2.2.1 Ganzheit, Universalgeschichte und Erkenntnis<br />
An dieser Stelle werden die geschichtsphilosophischen Voraussetzungen Pannenbergs<br />
relevant. Nach Pannenberg zeigt sich ein Geschehen „erst innerhalb universaler Geschehens-<br />
und Bedeutungszusammenhänge, erst <strong>im</strong> Horizont der Universalgeschichte“ als<br />
das, was es eigentlich ist. 19 Dabei gilt die Regel: „Je bedeutender ein Ereignis, eine Gestalt<br />
ist, desto umfassender muß der Geschehenszusammenhang sein, auf den man sie zu<br />
beziehen hat.“ 20 Allerdings beinhaltet dieses Erkenntnisprinzip einen Zirkelschluß, denn<br />
15 Koch, Gott 81.<br />
16 Pannenberg, Kerygma und <strong>Geschichte</strong>, in: Grundfragen Bd. 1, 88.<br />
17 „Als Menschengeschichte ist ihr Geschehen <strong>im</strong>mer schon mit Verstehen verflochten, in Hoffnung<br />
und Erinnerung, und die Wandlungen des Verstehens sind selbst Geschichtsereignisse. (…) Die Ereignisse<br />
der <strong>Geschichte</strong> reden ihre eigene Sprache, die Sprache der Tatsachen, aber diese Sprache<br />
wird nur <strong>im</strong> Kontext des Überlieferungs- und Erwartungszusammenhangs hörbar, in den hinein die<br />
Begebenheiten sich ereignen“, Pannenberg, Offenbarung als <strong>Geschichte</strong> 112. In gewisser Spannung<br />
dazu steht allerdings seine Kritik an der Anthropozentrik des neuzeitlichen Geschichtsverständnisses.<br />
Vgl. dazu Wolfhart Pannenberg, Erfordert die Einheit der <strong>Geschichte</strong> ein Subjekt?, in PH 5, 478–<br />
490.<br />
18 Vgl. Koch, Gott 81f.<br />
19 Pannenberg, Hermeneutik und Universalgeschichte, ZThK 60/1963, 90–121, hier 91. Vgl. auch<br />
Systematische Theologie Bd. 3, 636ff, sowie Wissenschaftstheorie und Theologie 286ff. In der<br />
Systematischen Theologie Bd. 3 weist Pannenberg auf die Fundierung dieses Erkenntnisprinzips in<br />
einer entsprechenden Ontologie hin: „Erst <strong>im</strong> Rahmen einer allgemeinen Ontologie der gegenwärtigen<br />
Realität des Seienden als konstituiert aus seiner eschatologischen Wesenszukunft gewinnen<br />
die Aussagen der Theologie über die eschatologische Heilsgegenwart ihre volle Plausibilität“ (651)<br />
Hier zeigt sich eine zirkuläre Struktur, indem aus einem (postulierten) Erkenntnisprinzip auf eine<br />
ontologische Ordnung und umgekehrt geschlossen wird. Insofern trifft der Hinweis von Hans Albert,<br />
Traktat über kritische Vernunft, Tübingen 1995 5 , 254 Anm. 101 zu, daß es recht schwierig ist,<br />
„festzustellen, wie die von ihm [Pannenberg, KFG] als Hypothesen deklarierten Annahmen jemals<br />
scheitern könnten“ (zu Aussagen über Theologie als Wissenschaft von Gott in Wissenschaftstheorie<br />
und Theologie).<br />
20 Pannenberg, Hermeneutik und Universalgeschichte 92. Vgl. auch Kerygma und <strong>Geschichte</strong> (in<br />
Grundfragen Bd. 1), 89 Anm. 19, wo Pannenberg die Beziehung von Ereignis und Zusammenhang<br />
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