02.12.2012 Aufrufe

Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

TEIL 2<br />

THEOLOGISCHE KONZEPTIONEN<br />

1 Einleitung<br />

Christlicher Glaube setzte sich von Anfang an in eine Beziehung zur <strong>Geschichte</strong>. Indem<br />

christlicher Glaube aus dem jüdischen Glauben erwuchs und dessen Traditionen in Anknüpfung<br />

und Widerspruch in sich aufnahm, wurden auch die geschichtstheologischen<br />

Konzeptionen der hebräischen Bibel Bestandteil christlichen Glaubens und Denkens. Da<br />

sich weiterhin christlicher Glaube konstitutiv auf ein historisches Ereignis bezieht,<br />

nämlich Leben und Geschick Jesu von Nazareth, gewinnt <strong>Geschichte</strong> eine besondere<br />

Bedeutung. Nicht nur, daß in Aufnahme der jüdischen Tradition Gott als Herr der <strong>Geschichte</strong><br />

geglaubt und gedacht wird und dabei Gottes Heilswille und die ambivalenten<br />

geschichtlichen Erfahrungen verbunden werden müssen. Es muß auch die Bedeutung<br />

von Leben und Geschick Jesu von Nazareth in der <strong>Geschichte</strong> des Heilswillens Gottes<br />

lokalisiert werden. Aufgrund der soteriologischen Bedeutung des Lebens, Sterbens und<br />

Auferstehens Jesu Christi gewinnt seine <strong>Geschichte</strong> eine besondere, qualifizierende Bedeutung<br />

für das Verstehen von <strong>Geschichte</strong> überhaupt. Es werden christliche Geschichtstheologien<br />

entwickelt, die sich in den neutestamentlichen Texten niederschlagen.<br />

1 Diese können sowohl die Kontinuität als auch die Diskontinuität des neuen<br />

mit dem alten Bund betonen. Dabei stellt das lukanische Geschichtswerk die einzige<br />

explizit geschichtstheologische Konzeption des Neuen Testaments dar, deren Spezifikum<br />

eine Periodisierung der <strong>Geschichte</strong> ist. Jesus Christus stellt dabei nicht mehr das<br />

Ende, sondern das Zentrum der <strong>Geschichte</strong> dar. Hier läßt sich wohl auch ein Reflex auf<br />

das Problem der Parusieverzögerung erkennen. Der heilsgeschichtliche Aufriß stellt das<br />

Grundmuster nahezu aller späteren Geschichtstheologie dar.<br />

In der Alten Kirche ging die heilsgeschichtliche Deutung der <strong>Geschichte</strong> von der Voraussetzung<br />

aus, daß das Wirken Gottes in der <strong>Geschichte</strong> aufgewiesen werden kann.<br />

Dabei kann einerseits, etwa bei Euseb von Cäsarea, <strong>Geschichte</strong> teleologisch verstanden<br />

werden mit dem Ziel der Ausbreitung des Evangeliums; durch die Synchronizität der<br />

Pax Romana und des Auftretens Jesu Christi bekommt dieses Geschichtsverständnis<br />

einen politischen Akzent. Andererseits entfaltet Augustin seine Geschichtstheologie als<br />

Darstellung der Auseinandersetzung von civitas Dei und civitas terrena. Für das Mittelalter<br />

prägend wird jedoch das teleologische, heilsgeschichtliche Verständnis von <strong>Geschichte</strong>.<br />

2<br />

Dabei kann, etwa <strong>im</strong> chronologisch-trinitarischen Periodisierungsversuch Joach<strong>im</strong> von<br />

Fiores, das Christusgeschehen in die Gefahr geraten, zu einer überbietbaren Offenbarungsstufe<br />

degradiert zu werden. Gegenüber der Voraussetzung der Aufweisbarkeit<br />

1 Vgl. Christoph Schwöbel, Art. Geschichtstheologie, TRT 4 , 176–180.<br />

2 Zu den Entwürfen mittelalterlicher Geschichtstheologie vgl. Georg Essen, Art. Geschichtstheologie,<br />

LThK 3 Bd. 4, 564–568, bes. 565f.<br />

137

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!