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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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EINLEITUNG<br />

1 Zur Motivation dieser Arbeit<br />

Die <strong>Geschichte</strong> ist, wie man weiß, die gelehrteste, informierteste,<br />

aufgeweckteste und von der Erinnerung vielleicht überfüllteste Fläche,<br />

sie ist aber gleichzeitig der Grund, von dem aus alle Wesen zu ihrer<br />

Existenz und zu ihrem unsicheren Aufleuchten gelangen. Als<br />

Seinsweise all dessen, was uns in der Erfahrung gegeben wird, ist die<br />

<strong>Geschichte</strong> so zum Unumgänglichen unseres Denkens geworden.<br />

Michel Foucault<br />

Die Zeiten ändern sich. An der Wende von einem Jahrtausend zum einem anderen wird<br />

dies besonders ins Bewußtsein gehoben. Mit dem Wechsel vom 2. zum 3. Jahrtausend<br />

christlicher Zeitrechnung gerät die <strong>Geschichte</strong> deutlicher in den Blick als <strong>im</strong> Wechsel<br />

oder der Kontinuität des Alltags oder der „einfachen“ Jahreswechsel. An Wendepunkten<br />

der Zeiten werden auch Wendepunkte der <strong>Geschichte</strong> vermutet, wie umgekehrt an<br />

Wendepunkten der <strong>Geschichte</strong>n, an „historischen Augenblicken“ eine Wende der Zeiten<br />

behauptet wird. Der enge Zusammenhang von Zeit und <strong>Geschichte</strong> ist offenkundig.<br />

Ohne Zeit keine <strong>Geschichte</strong>, und ohne <strong>Geschichte</strong> keine Erfahrung der Zeit. Und doch<br />

stellt sich gelegentlich der Eindruck ein, daß in der <strong>Geschichte</strong> sich nur die „Wiederkehr<br />

des ewig Gleichen“ ereignet, daß die Zeit nicht nur kontinuierlich fließt, sondern auch<br />

stillsteht oder sich wiederholt. Der Mensch in seiner <strong>Geschichte</strong> und seiner Zeit ist diesen<br />

einerseits ausgeliefert, andererseits besitzt er die Fähigkeit, sich zu Zeit und <strong>Geschichte</strong><br />

zu verhalten, seine <strong>Geschichte</strong> zu gestalten. Und er ist, wenn er bewußt in Zeit<br />

und <strong>Geschichte</strong> lebt, in der Lage, sich selbst und seiner Zeit und <strong>Geschichte</strong> eine Bedeutung<br />

zu geben, einen Sinn zu verleihen; oder anders, in ihnen einen (vorgegebenen?)<br />

Sinn zu entdecken.<br />

„Jede Generation muß sich ihren Begriff von der Vergangenheit selber machen. Keine<br />

begnügt sich mit dem, was andere vor ihr leisteten, mögen sie auch Meister gewesen<br />

sein. Immer hat <strong>Geschichte</strong> zwei Komponenten: das, was geschehen ist, und den, der<br />

das Geschehene von seinem Orte in der Zeit sieht und zu verstehen sucht. Nicht nur korrigieren<br />

neue sachliche Erkenntnisse die alten; der Erkennende selber wandelt sich. Die<br />

Vergangenheit lebt; sie schwankt <strong>im</strong> Lichte neuer Erfahrungen und Fragestellungen. Das<br />

Spätere kommt aus dem Früheren; es wirkt aber auch auf das Frühere zurück, durch<br />

welches es bedingt ist. (…) Ein jedes Geschichtsbuch sagt etwas über die Zeit aus, von<br />

der es handelt, und etwas über die Zeit, in der es geschrieben wurde; <strong>im</strong> Rückblick<br />

manchmal mehr über diese als über jene. So ist denn die Aufgabe: Kenntnisse, alte wie<br />

neue, neu zu organisieren, neue Aufgliederungen und Gewichtsverteilungen vorzunehmen,<br />

neuen Autoren zu einer alten <strong>Geschichte</strong> das Wort zu geben.“ Diese Aussagen<br />

13

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