Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau
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Durchaus falsch kann die Verbindung zweier zeitgebundener Indikativsätze sein, insofern das Konjunkt<br />
(B), also der Zeitbezug des Sprechers zum Ereignis E falsch ist; <strong>im</strong> Beispiel, wenn jemand sagt: „Cäsar<br />
wird sterben“ und „Nein, er ist bereits gestorben“. Nun kann man einwenden, daß die Falschheit von (B)<br />
die Wahrheit von (A) unberührt lasse, wenn es als von der Zeitform unabhängige Aussage über E verstanden<br />
wird; also daß (A) unabhängig vom Konjunkt (B) sei. „Ein in die Zeitform gesetzter Satz allerdings<br />
hängt sehr wohl hinsichtlich seines Wahrheitswertes von dem Zeitpunkt ab, zu dem er ausgesprochen<br />
wird. Daraus folgt sodann, daß wir entweder in Zeitform stehende Sätze nicht ohne Zeitform<br />
wiedergeben können, oder daß einige Sätze ohne Zeitform hinsichtlich ihres Wahrheitswertes ganz entschieden<br />
vom Zeitpunkt ihrer Äußerung abhängig sind“ (98).<br />
Außerdem ist ‚… ist unabhängig von…‘ kein symmetrisches Verhältnis. Ein Verhältnis zu nicht-existenten<br />
Ereignissen ist nicht möglich. „Die Wahrheit von (A) ist demgemäß eine notwendige Bedingung der<br />
Wahrheit (oder, gemäß einer alternativen Analyse, der Wahrheit oder Falschheit) von (B). Man könnte<br />
also, wenn man so will, sagen, daß die Wahrheit eines in der Zeitform stehenden Satzes die Wahrheit<br />
jenes Teils eines Satzes voraussetze, der, ohne in eine Zeitform gesetzt zu sein, ausgesagt werden kann“<br />
(99f).<br />
Die Wahrheit zeitförmiger Sätze hängt für Danto von der Wahrheit jenes Teils der Sätze<br />
ab, die ohne Zeitform ausgesagt werden können. Die Zeitform selbst kann als Operator<br />
aufgefaßt werden, die keinen „eigenständigen Wahrheitswert“ (100) besitzt. Das grundlegende<br />
Problem dabei ist, daß die „Wahrheit <strong>im</strong> Hinblick auf Sätze für eine a-temporale<br />
Tatsache angesehen wird“ (101).<br />
Danto macht nun darauf aufmerksam, daß dieser Sachverhalt zwar für Sätze ohne Zeitform<br />
zutrifft, damit jedoch noch längst nicht ausgemacht ist, daß zeitförmige Sätze verifizierbar<br />
sind. „Die Wahrheit eines nicht-zeitförmigen Satzes garantiert keineswegs die<br />
Wahrheit all seiner zeitförmigen Spielarten“ (102). Der verifizierbare Gehalt dieser<br />
Sätze ist ja nur ein Teil des ganzen Satzes. „Die Verifizierbarkeit eines Teils indessen<br />
hat nicht die Verifizierbarkeit des Ganzen zur Folge“ (103). „Daß die Verifizierbarkeit<br />
von Sätzen ohne Zeitform nichts zu tun habe mit der Zeit, zu der sie geäußert werden,<br />
ist genau die Schlußfolgerung, die wir erwarten würden, wenn davon ausgegangen wird,<br />
daß die Verifizierbarkeit eine Angelegenheit der Bedeutung, des Sinnes sei“ (103).<br />
Danto tritt dafür ein, zwischen Sinn und Bedeutung eines Begriffs und auch von Sätzen<br />
zu unterscheiden. Falsche Sätze sind ebensowenig sinnlos wie Sätze aus dem Bereich<br />
der Fiktion. Wahr-Sein zur notwendigen Bedingung von Sinnvoll-Sein zu machen<br />
würde bedeuten, sich in unzumutbarer Weise Fesseln anzulegen. „Bedeutungshaftigkeit,<br />
als Verifizierbarkeit begriffen, ist unabhängig vom Wahrheitswert, von den aufeinander<br />
bezogenen Verhältnissen und von dem Zeitpunkt, zu dem Sätze ausgesprochen werden“<br />
(104). Hier ist Kants Position sehr einleuchtend, daß nämlich Zeit kein Datum der Erfahrung,<br />
sondern eine Form der Erfahrung, (Vor-)Bedingung der Erfahrung ist. „Wenn<br />
‚über etwas‘ ein Verhältnis ist, können wir es nur in sprachlichen Ausdruck bringen,<br />
indem wir seine Momente in Sprachform setzen, und dies zerstört das Verhältnis<br />
zwischen Sprache und Welt überhaupt. Beziehung ist nicht selbst Teil der Sprache, aber<br />
Teile der Sprache konstituieren eines der Glieder des Beziehungsverhältnisses“ (105).<br />
Verifizierbarkeit ist für Danto darum letztlich, soweit historische Sätze in Betracht<br />
kommen, kein adäquates Sinnkriterium.<br />
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