Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau
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deren Verwendung in Sätzen, die sich auf Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft beziehen<br />
und die Struktur dieser Sätze.<br />
6.2.2.1 Die Wahrheit der Vergangenheit<br />
Danto 20 stellt die Frage, ob wir berechtigt sind anzunehmen, daß Historiker wahre Aussagen<br />
über Dinge in der Vergangenheit machen. Oder ob irgendeine Aussage, die diesen<br />
Anspruch erhebt, wahr oder falsch ist. Ein radikaler Skeptizismus kann nur jede Aussage<br />
über Vergangenheit als unwahr ausschließen; denn über die Wahrheit irgendeiner<br />
Aussage über die Vergangenheit kann nur durch eine andere Aussage über die Vergangenheit<br />
entschieden werden, und die Skepsis wäre nicht radikal.<br />
Danto führt drei Argumente vor, die, wenn sie sich als zwingend erweisen würden, die<br />
Unmöglichkeit besiegeln würden, „irgendeine wahre Aussage über die Vergangenheit<br />
zu machen, und die einen radikalen Skeptizismus sowohl gegenüber p wie gegenüber<br />
non-p rechtfertigen, sofern diese <strong>im</strong> Tempus der Vergangenheit stehen“ (54).<br />
6.2.2.1.1 Verifikationsprobleme<br />
Zunächst handelt er über die Möglichkeit, Aussagen über Vergangenes zu machen. Die<br />
erste zu widerlegende These lautet: „Jede Aussage, die Vergangenes zum Inhalt hat, ist<br />
streng genommen sinnlos. Wenn aber Aussagen sinnlos sind, kann sich prinzipiell die<br />
Frage, ob sie wahr oder falsch seien, gar nicht erst stellen. Wenn wir demnach keine<br />
sinnvolle Aussage über die Vergangenheit machen können, ist auch eine wahre Aussage<br />
über die Vergangenheit unmöglich“ (55).<br />
Dabei wird das Verifizierbarkeits-Kriterium des Sinnvollen vorausgesetzt, was heißt:<br />
Ein nicht-analytischer Satz ist nur dann sinnvoll, wenn er durch Erfahrung verifiziert<br />
werden kann. Wenn man voraussetzt, daß wir <strong>im</strong>stande sein müssen, dasjenige zu erfahren,<br />
was ein solcher Satz beinhaltet, dann können wir Aussagen über die Vergangenheit<br />
nicht verifizieren. Und folglich sind sie bei Anwendung dieses Kriteriums sinnlos.<br />
Eine mildere Version des Kriteriums geht davon aus, daß der Sinn eines empirischen Satzes gerade in der<br />
Weise seiner Verifikation besteht. Allerdings gehört es kaum zu den Verifikationsweisen historischer<br />
Aussagen, dasjenige zu erfahren, was sie beinhalten. „Denn hier und jetzt liegt dieser Inhalt für uns jenseits<br />
der Erfahrbarkeit“ (55). Letztlich kann das nur über die Zukunft gehen, so daß historische Aussagen<br />
Vorhersagen sind. „Insoweit die Bedeutung eines Satzes dasjenige ist, worüber er etwas aussagt, sind<br />
historische Aussagen, wenn sie sinnvoll sein wollen, solche über die Zukunft“ (56). Auch wenn der Sinn<br />
historischer Aussagen in ihrem Nutzen bestehen soll, ergibt sich die gleiche Konsequenz. „Denn es ist der<br />
Nutzen von Vorhersagen, Aussagen über die Zukunft zu machen“(56). 21 Danto differenziert nun Sätze<br />
über die Vergangenheit. Es geht bei diesen Sätzen nicht nur um vergangene Ereignisse oder Erfahrungen,<br />
sondern solche Sätze sind in Beziehung zu sehen zu demjenigen, der diese Sätze spricht. Ereignisse der<br />
Vergangenheit sind außerhalb unserer zeitlichen und räumlichen Spanne, so daß wir keine Erfahrung von<br />
ihnen haben können. Und wir können weder die eine noch die andere Differenz aufheben, um Erfahrungen<br />
von ihnen zu haben. Sehr wohl aber können wir an einem Ort zugleich Erfahrung von Ereignissen haben,<br />
die zu unterschiedlichen Zeiten der Vergangenheit geschehen sind. Wir können aber nur in dem Sinn Erfahrungen<br />
machen, daß wir nicht Zeuge dieser vergangenen Ereignisse sind. Eine Aussage über die Ver-<br />
20 Im Folgenden liefere ich die Seitenzahlen von Danto a.a.O. direkt bei den Zitaten in Klammern.<br />
21 Vertreter der These, daß historische Aussagen (verdeckte) Vorhersagen seien, sind die Pragmatisten<br />
Peirce, Dewey und Lewis, und Positivisten, vor allem A.J. Ayer.<br />
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