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Mehrstimmigkeit im Kinderchor - Helbling Verlag

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1. Einführung und Begründung1. Einführung und Begründung1.1 <strong>Mehrst<strong>im</strong>migkeit</strong> oder Polyphonie –und ihr Platz <strong>im</strong> <strong>Kinderchor</strong>„Unter den Revolutionen der Musikgeschichte gibt es nur eine von ganz großem Ausmaß: die Entstehungder <strong>Mehrst<strong>im</strong>migkeit</strong>. Diese best<strong>im</strong>mt das Schicksal der abendländischen Musik und grenztsie zugleich scharf gegen alle anderen Kulturen ab.“ 1Diese Vorstellung von der <strong>Mehrst<strong>im</strong>migkeit</strong> als abendländisches (oder gar europäisches) Alleinstellungsmerkmalwird noch oft aus älteren Musikgeschichtsbüchern übernommen. Zweifelsohneist die mehrst<strong>im</strong>mige abendländische Musik in allen ihren Erscheinungsformen und Strömungenund durch alle Epochen seit ihrer Entstehung einmalig und <strong>im</strong> Vergleich mit anderen Kulturenbeispiellos. Daraus jedoch den Schluss zu ziehen, andere Musikkulturen kennten keine <strong>Mehrst<strong>im</strong>migkeit</strong>,ist falsch. 2 Dieses Missverständnis entsteht durch die sachlich unzutreffende Gleichsetzungder Begriffe <strong>Mehrst<strong>im</strong>migkeit</strong> und Polyphonie, die bis heute v. a. umgangssprachlichsynonym verwendet werden, definitorisch aber streng zu trennen sind.<strong>Mehrst<strong>im</strong>migkeit</strong> ist in der Musiktheorie ein Oberbegriff für Satztechniken, bei denen mehrereTöne bzw. St<strong>im</strong>men gleichzeitig erklingen. Polyphonie ist eine Sonderform der <strong>Mehrst<strong>im</strong>migkeit</strong>und bezeichnet in enger Auslegung eine mehrst<strong>im</strong>mige Satztechnik, bei der die Unabhängigkeit,Gleichwertigkeit und Eigenständigkeit der einzelnen St<strong>im</strong>men maßgeblich ist.Schlägt man die Gitarre oder zieht ein Mixtur-Register an der Orgel, erklingen zwar mehrst<strong>im</strong>migeKlänge bzw. Akkorde, die einzelnen St<strong>im</strong>men haben aber keine selbstständige melodischeBedeutung. Ein einfacher vierst<strong>im</strong>miger Kantionalsatz befolgt zwar die Regeln der Linearität inden Unterst<strong>im</strong>men. Diese St<strong>im</strong>men bleiben jedoch <strong>im</strong>mer „nur“ harmonischer Unterbau undfarbgebende Begleitung der Melodiest<strong>im</strong>me.„Deshalb sollte man zwischen <strong>Mehrst<strong>im</strong>migkeit</strong>, die überall vorkommen kann, und Polyphonie, dieeine allein europäische Erscheinung ist, unterscheiden (obwohl das eine Wort die Übersetzung desanderen ist), oder auch zwischen nicht polyphoner <strong>Mehrst<strong>im</strong>migkeit</strong> und Polyphonie.“ 3Wenn in der vorliegenden Veröffentlichung von <strong>Mehrst<strong>im</strong>migkeit</strong> die Rede ist, ist in erster Liniebasale polyphone <strong>Mehrst<strong>im</strong>migkeit</strong> gemeint, denn konzeptionell werden hier zuerst einfachepolyphone Strukturen vorbereitet und eingeführt (z. B. Quodlibet und Kanon).1 Mersmann, Hans: Musikgeschichte in der abendländischen Kultur. Menck ³1967, S. 44.2 Vgl. Jordania, Joseph: Who asked the first question? The Origins of Human Choral Singing, Intelligence, Languageand Speech. Logos 2006.3 Feil, Arnold: Metzler Musik Chronik vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart. Metzler 1993, S. 28.6 <strong>Mehrst<strong>im</strong>migkeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Kinderchor</strong> • <strong>Helbling</strong>

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