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Der Kompromiss von Kampala zum Verbrechen der Aggression - ZIS

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<strong>Der</strong> <strong>Kompromiss</strong> <strong>von</strong> <strong>Kampala</strong> <strong>zum</strong> <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong>Ein Blick aus <strong>der</strong> VerhandlungsperspektiveVon Dr. Stefan Barriga, LL.M., New York*Am Freitag, den 11.6. 2010 verabschiedete die erste Revisionskonferenznach dem Römer Statut im Konsens ein Paket<strong>von</strong> Statutsän<strong>der</strong>ungen <strong>zum</strong> <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong>. Zurgroßen Überraschung <strong>der</strong> Beobachter, aber auch <strong>der</strong> Beteiligtenselbst, fanden die Verhandlungspartner nicht nur eineEinigung über die Definition <strong>von</strong> <strong>Aggression</strong>, son<strong>der</strong>n auchüber die noch kontroverser diskutierten Bedingungen zurAusübung <strong>der</strong> Gerichtsbarkeit. Die Definition umfasst imWesentlichen jene Formen völkerrechtswidriger Gewaltanwendung,die nach Charakter, Schwere und Ausmaß eindeutigdie UNO-Charta verletzen. Insofern <strong>Aggression</strong>sverfahrennicht durch den Sicherheitsrat ermöglicht werden, sindNicht-Vertragsstaaten des Römer Statuts <strong>von</strong> <strong>der</strong> Gerichtsbarkeitausgeschlossen, und Vertragsstaaten können sichdieser durch eine Opt-out-Erklärung entziehen. Zudem mussdie Gerichtsbarkeit noch frühestens 2017 <strong>von</strong> den Vertragsstaateneigens aktiviert werden.On Friday, 11 June 2010, the first Review Conference of theRome Statute adopted a consensus package of amendments tothe Statute on the crime of aggression. To the great surpriseof observers and participants alike, the negotiating partiesdid not only agree on a definition of aggression, but also onthe highly controversial conditions for the exercise of jurisdiction.The definition encompasses in essence those forms ofillegal use of force which, by their character, gravity andscale, manifestly violate the United Nations Charter. To theextent that Court proceedings regarding aggression are notactively facilitated by the Security Council, non-States Partiesto the Rome Statute are excluded from jurisdiction, whileStates Parties can lodge an opt-out declaration. Furthermore,the Court’s jurisdiction must still be activated by adecision to be taken by States Parties no earlier than in 2017.I. Die Ausgangslage vor <strong>Kampala</strong>: „Definition plus x“Vom 31.5. bis 11.6.2010 versammelten sich die Vertragsstaatendes Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes(IStGH), Beobachterstaaten sowie Hun<strong>der</strong>te Vertreter <strong>der</strong>Zivilgesellschaft in <strong>Kampala</strong>, Uganda, zur ersten Revisionskonferenznach Art. 123 IStGH-Statut. Im Mittelpunkt <strong>der</strong>Aufmerksamkeit stand die Zielgerade <strong>der</strong> Verhandlungen<strong>zum</strong> <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong>. Die Vorarbeiten dazu hattenin erster Linie im Rahmen <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>arbeitsgruppe <strong>zum</strong><strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong> stattgefunden, die <strong>von</strong> September* <strong>Der</strong> Verf. ist stellvertreten<strong>der</strong> Ständiger Vertreter Liechtensteinsbei den Vereinten Nationen in New York und fungierte<strong>von</strong> 2003 bis 2010 als Rechtsberater <strong>der</strong> Verhandlungsleiter<strong>zum</strong> <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong>.1 Bericht <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>arbeitsgruppe <strong>zum</strong> <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong>,ICC-ASP/7/20/Add.1, Annex II. Sämtliche Vorarbeiten<strong>zum</strong> <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong> bis Juni 2009 sindabgedruckt in Barriga/Danspeckgruber/Wenaweser, ThePrinceton Process on the Crime of <strong>Aggression</strong>, 2009.2003 bis Februar 2009 im halbjährlichen Rhythmus zusammengekommenwar und zu wesentlichen Fragen bereits wichtigeFortschritte erzielt hatte. Insbeson<strong>der</strong>e war es <strong>der</strong> Arbeitsgruppegelungen, im Februar 2009 einen Entwurf für dieDefinition des <strong>Verbrechen</strong>s <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong> vorzulegen, <strong>der</strong>we<strong>der</strong> mit Klammern noch mit sonstigen Anzeichen <strong>von</strong>Vorbehalten durch einzelne Verhandlungspartner versehenwar und in dieser Form unverän<strong>der</strong>t an die Revisionskonferenzzur Entscheidung weitergeleitet wurde. 1 Relativ raschdanach fanden die Vertragsstaaten zudem eine grundsätzlicheEinigung über die Elements of Crime, welche in erster Liniedie Anwendung <strong>der</strong> subjektiven Tatbestandsmerkmale Vorsatzund Wissen auf das <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong> erläutern,aber nebenbei auch noch potentielle Zweifel zu einigenweiteren Fragen <strong>der</strong> Definition ausräumen. 2 Als Grundlage<strong>der</strong> Definition dienen Art. 1 und 3 <strong>der</strong> Resolution 3314(XXIX) <strong>der</strong> UNO-Generalversammlung vom 14.12.1974.Diese definieren <strong>Aggression</strong> im Kern als „use of armed forceby a State against the sovereignty, territorial integrity or politicalindependence of another State, or in any other mannerinconsistent with the Charter of the United Nations.“ 3 <strong>Der</strong>staatliche Akt <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong> wird somit im Wesentlichenmit <strong>der</strong> chartawidrigen Gewaltausübung gleichgesetzt. 4 ZurVerfolgbarkeit durch den IStGH als <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong>muss ein solcher Akt aber darüber hinaus eine weitere,hohe Schwelle überschreiten. In Frage kommt nur ein <strong>Aggression</strong>sakt„which, by its character, gravity and scale, constitutesa manifest violation of the Charter of the United Nations”.5 Dieses Definitionspaket, bestehend aus GV-Resolution3314 als Grundlage, einer hohen Schwellenklausel, <strong>der</strong>Beschränkung <strong>der</strong> Strafverfolgung auf Führungspersonen, 6sowie einer im Übrigen unverän<strong>der</strong>ten Anwendung des AllgemeinenTeils des Römer Statuts (betreffend u.a. Beteiligungsformen,subjektive Tatbestandsmerkmale, etc.) genossbereits vor <strong>Kampala</strong> starke Unterstützung und wurde dort –das darf schon einmal vorweggenommen werden – auchunverän<strong>der</strong>t angenommen.2 Siehe Annex II <strong>von</strong> Resolution RC/Res.6.3 Neuer Art. 8 bis Abs. 2 IStGH-Statut.4 Dass sich das Erfor<strong>der</strong>nis „inconsistent with the Charter ofthe United Nations“ in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des Satzes auf alleFormen <strong>der</strong> Gewaltausübung bezieht, und nicht nur auf jene,die „in any other manner“ durchgeführt werden, war stets <strong>der</strong>Verständnis <strong>der</strong> Verhandlungspartner und wird in Element 4nochmals deutlich unterstrichen.5 Art. 8 bis Abs. 1 IStGH-Statut.6 Art. 8 bis Abs. 1 IStGH-Statut umschreibt diese als „personin a position effectively to exercise control over or to directthe political or military action of a State”._____________________________________________________________________________________644<strong>ZIS</strong> 11/2010


<strong>Der</strong> <strong>Kompromiss</strong> <strong>von</strong> <strong>Kampala</strong> <strong>zum</strong> <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong>_____________________________________________________________________________________Das Ziel <strong>der</strong> Verhandlungsleiter 7 <strong>zum</strong> Auftakt <strong>der</strong> Konferenzin <strong>Kampala</strong> war es daher, nicht nur die Definition (inklusiveElemente) zu verabschieden, son<strong>der</strong>n auch soweitmöglich Bedingungen <strong>der</strong> aktiven Ausübung <strong>der</strong> IStGH-Strafverfolgung mit aufzunehmen: „Definition plus x“. Diesmusste jedoch möglichst im Konsens geschehen, da einepolarisierende Abstimmung zu einem solch ebenso zentralenwie sensiblen Thema unvorhersehbare negative Auswirkungenfür den Gerichtshof haben konnte. Ein wichtiger neuerFaktor in diesem Gesamtbild war zudem die Teilnahme <strong>der</strong>USA als Beobachterstaat. Die US-Delegation hatte im November2009 <strong>zum</strong> ersten Mal an einem Treffen <strong>der</strong> Vertragsstaatenteilgenommen und dabei umfassende Bedenken gegendie Definition sowie die Aktivierung <strong>der</strong> Gerichtsbarkeitdeponiert. Angesichts des bereits bestehenden Konsenses zurDefinition hatten die Vertragsstaaten bereits vor <strong>Kampala</strong>deutlich gemacht, dass diese unter keinen Umständen wie<strong>der</strong>geöffnet werden könnte. Einige zentrale Bedenken <strong>der</strong> USAwurden daher in <strong>Kampala</strong> im Rahmen sogenannter „Un<strong>der</strong>standings“behandelt, die <strong>der</strong> Resolution angehängt wurden.8II. Verhandlungsverlauf in <strong>Kampala</strong>Den anwesenden Delegationen war die historische Gelegenheitfür eine Einigung <strong>zum</strong> <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong> klarbewusst. Die Generaldebatte belegte dies deutlich. Weit verbreitetwar auch die grundsätzliche Überzeugung, dass dieFrage möglichst im Konsens gelöst werden musste. In praktischerHinsicht war die Gefahr, dass einige Delegationeneinen kontroversiellen Text selbst zur Abstimmung bringenwürden, eher gering. Nicht alle Vertragsstaaten hatten dieReise nach Uganda auf sich genommen, sodass bereits rundein halbes Dutzend Staaten über eine Sperrminorität verfügthätte. 9 Realistischer wäre daher die Gefahr gewesen, dass dieAngelegenheit vertagt und dann allenfalls bei <strong>der</strong> regulären7 Das Team bestand im Kern aus Botschafter Christian Wenaweser(Liechtenstein), Präsident <strong>der</strong> Vertragsstaatenversammlung,SKH Prince Zeid Ra’ad Zeid Al-Hussein (Jordanien),Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgruppe <strong>zum</strong> <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong><strong>Aggression</strong>, sowie dem Autor selbst. Das Team wurde zudem<strong>von</strong> Leena Grover und Leonie <strong>von</strong> Holtzendorff inhaltlichunterstützt.8 Die „Un<strong>der</strong>standings“ wurden in <strong>Kampala</strong> in einem separatenVerhandlungsprozess unter deutscher Koordination (Prof.Dr. Claus Kress) erarbeitet. Darin wird u.a. betont, dass <strong>Aggression</strong>die schwerste Form <strong>der</strong> völkerrechtswidrigen Gewaltanwendungdarstellt, dass bei <strong>der</strong> Beurteilung eines <strong>Aggression</strong>saktessämtliche Umstände zu berücksichtigen sind(unausgesprochen wird dabei auf mögliche lautere Motivedes Gewalt anwendenden Staates abgestellt), sowie dass dieKodifizierung des <strong>Verbrechen</strong>s <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong> den Vertragsstaatenwe<strong>der</strong> das Recht erteilt noch die Verpflichtung auferlegt,innerstaatliche Verfahren zu möglichen <strong>Aggression</strong>saktenan<strong>der</strong>er Staaten durchzuführen. Siehe Annex III <strong>von</strong> ResolutionRC/Res.6.9 Die notwendige absolute Mehrheit für Statusän<strong>der</strong>ungenbeträgt zwei Drittel, siehe Art. 121 Abs. 3 IStGH-Statut.Vertragsstaatenversammlung im Dezember 2010 in NewYork zur Abstimmung gebracht worden wäre. Trotz <strong>der</strong> allgemeinenAufbruchstimmung äußerten sich einige Delegationenjedoch auch skeptisch, ob <strong>der</strong> Gerichtshof reif für dieaktive Gerichtsbarkeit über das <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong>wäre. Und Skepsis herrschte auch zur Frage, ob die Konferenzzu den zwei großen verbleibenden Streitpunkten einekonsensuale Einigung finden würde.1. Die Frage <strong>der</strong> Zustimmung des vermuteten AngriffsstaatesDie erste große inhaltliche Frage bestand darin, ob <strong>der</strong> Gerichtshoffür die Ausübung <strong>der</strong> Gerichtsbarkeit im propriomotu-Verfahrensowie auf <strong>der</strong> Grundlage eines Staatenverweises10 grundsätzlich die Zustimmung des verdächtigtenAngriffsstaates benötigen würde, insbeson<strong>der</strong>e durch Ratifikation<strong>der</strong> Statutsän<strong>der</strong>ungen <strong>zum</strong> <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong>.Diese politisch enorm wichtige Frage wurde in ersterLinie im Zusammenhang mit <strong>der</strong> eher rechtstechnischenFrage <strong>der</strong> anzuwendenden Bestimmungen über den Anwendungsbereichund das Inkrafttreten <strong>von</strong> Statutsän<strong>der</strong>ungendiskutiert. Konkret ging es um die Frage, ob <strong>der</strong> 4. o<strong>der</strong> <strong>der</strong>5. Abs. <strong>von</strong> Art. 121 IStGH-Statut auf die Än<strong>der</strong>ungen <strong>zum</strong><strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong> anzuwenden ist. 11 Wenig überraschendsahen vor allem jene Delegationen, die inhaltlich einkonsensbasiertes Jurisdiktionsregime („Opt-in“) wünschten,Abs. 5 anwendbar, da dieser die Gerichtsbarkeit grundsätzlichauf Staaten beschränkt, die in die Statutsän<strong>der</strong>ungeneinoptieren. Demgegenüber plädierten vor allem jene Delegationen,die ein extensiveres und somit für potentielle Opferstärker schützendes Regime wünschten, für Abs. 4, da diesernach <strong>der</strong> Ratifikation durch 7/8 <strong>der</strong> Vertragsparteien ein Inkrafttretenfür sämtliche Vertragsstaaten vorsieht. Abs. 4 istzudem strukturell besser geeignet, um Gerichtsbarkeit auchfür jene Fälle herzustellen, in denen ein Nichtvertragsstaat<strong>Aggression</strong> gegen einen Vertragsstaat begeht. Überhauptmöglich bzw. notwendig war diese Diskussion aufgrund desunglücklichen Umstandes, dass das IStGH-Statut dem<strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong> zwar einen Son<strong>der</strong>status verleihtund die „Vervollständigung“ des Statuts mandatiert, 12 jedochkeine klare Auskunft darüber gibt, wie sich dieser Son<strong>der</strong>statuszu den Inkrafttretensbestimmungen verhält. 1310 Art. 13 lit. a und lit. c IStGH-Statut. Stets unumstrittenwar, dass im Fall eines Verweises durch den Sicherheitsratkeine Ratifikation o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>weitige Form <strong>der</strong> Zustimmungdurch den betroffenen Staat nötig wäre.11 Dies nur vereinfacht ausgedrückt, weitere Nuancen betrafenu.a. die Möglichkeit, dass beide Absätze nicht anwendbarwären, son<strong>der</strong>n gem. Art. 5 Abs. 2 IStGH-Statut die Än<strong>der</strong>ungen<strong>von</strong> <strong>der</strong> Revisionskonferenz lediglich „angenommen“werden müssten; sowie die Möglichkeit beide Abs. kumulativo<strong>der</strong> konsekutiv anzuwenden.12 Siehe Art. 5 Abs. 2 IStGH-Statut sowie Art. 12 Abs. 1,wonach die Vertragsstaaten die Gerichtsbarkeit des IStGHüber das <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong> bereits akzeptiert haben.13 Art. 5 Abs. 2 IStGH-Statut verweist lediglich auf Art. 121insgesamt, ohne Bezugnahme auf Abs. 4 o<strong>der</strong> 5._____________________________________________________________________________________Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik – www.zis-online.com645


Stefan Barriga_____________________________________________________________________________________Zur Frage, ob die Gerichtsbarkeit grundsätzlich <strong>von</strong> <strong>der</strong>Zustimmung des vermutlichen Angriffsstaates abhängen soll,waren die Delegationen zu Beginn <strong>der</strong> Konferenz etwa in <strong>der</strong>Mitte gespalten. Es war daher klar, dass nur die Bereitschaft,schmerzhafte <strong>Kompromiss</strong>e einzugehen, die Verhandlungenweiterbringen würde. In dieser Hinsicht gab es ermutigendeSignale. So brachten die Delegationen Argentiniens, Brasiliensund <strong>der</strong> Schweiz (ABS) einen Vorschlag ein, <strong>der</strong> es demGerichtshof ermöglicht hätte, bereits nach <strong>der</strong> Ratifikationdurch einen einzigen Vertragsstaat ein <strong>Aggression</strong>sverfahrenauf <strong>der</strong> Grundlage eines Sicherheitsratsverweises durchzuführen.14 Staatenverweise und proprio-motu-Verfahren wärendagegen erst nach <strong>der</strong> Ratifikation durch 7/8 <strong>der</strong> Vertragsstaatenmöglich 15 – dann jedoch unabhängig <strong>von</strong> <strong>der</strong> Zustimmungdes Angriffsstaates. <strong>Der</strong> Vorschlag stieß auf vielInteresse, wurde aber auch als rechtlich zweifelhaft kritisiert.Für die Verhandlungsleitung war er jedoch vor allem insofernwichtig, als er deutlich den Willen <strong>der</strong> Delegationen aufzeigte,kreativ und kompromissbereit auf eine konsensuale Lösunghinzuarbeiten. Dasselbe gilt auch für eine InitiativeKanadas, die dem ABS-Vorschlag inhaltlich entgegengesetztwar, jedoch ebenfalls einige kreative Elemente enthielt. Daskanadische Papier basierte stark auf dem Konsensprinzip undfor<strong>der</strong>te, dass alle betroffenen Staaten (insbeson<strong>der</strong>e sowohlOpfer- als auch Angriffsstaat) dem Verfahren aktiv zustimmenmüssen.Die entscheidende Wende zur Konsensfrage kam zweiTage vor Ende <strong>der</strong> Konferenz, als sich die kanadische sowiedie ABS-Delegationen nach stundenlangen Verhandlungenüberraschend auf ein <strong>Kompromiss</strong>papier zur Frage <strong>der</strong>proprio-motu-Untersuchungen und Staatenverweise einigten.Demnach sollten Nicht-Vertragsstaaten <strong>von</strong> diesen zweiJurisdiktionsgrundlagen gänzlich ausgeschlossen werden, 16und zwar sowohl als potentielle Angriffs- wie auch als potentielleOpferstaaten. Für Vertragsstaaten dagegen sollte einOpt-out-Regime zur Anwendung kommen, welches rechtlichvor allem dadurch begründet werden kann, dass die Vertragsstaatenaufgrund <strong>von</strong> Art. 12 Abs. 1 IStGH-Statut ihre grundsätzlicheZustimmung zur IStGH-Gerichtsbarkeit über <strong>Aggression</strong>bereits erklärt haben. Damit war zu dieser zentralenFrage eine <strong>Kompromiss</strong>idee auf dem Tisch, die möglicherweiseAussicht auf allgemeine Akzeptanz hatte. Nach umfangreicheninformellen Beratungen mit den verschiedenenGruppierungen nahm Präsident Wenaweser die Kernelementedieses Zugangs in sein Non-Paper auf. Am vorletzten Tag <strong>der</strong>Konferenz präsentierte er dieses Opt-out-Konstrukt auf <strong>der</strong>Grundlage <strong>von</strong> Art. 121 Abs. 5 IStGH-Statut als sui-generis-Lösung, die nur aufgrund des beson<strong>der</strong>en Status des <strong>Verbrechen</strong>s<strong>der</strong> <strong>Aggression</strong> im Römer Statut möglich sei, und starkauf Art. 12 Abs. 1 IStGH beruhe. 1714 Art. 121 Abs. 5 IStGH-Statut.15 Art. 121 Abs. 4 IStGH-Statut.16 Nicht jedoch <strong>von</strong> <strong>der</strong> Gerichtsbarkeit aufgrund eines Sicherheitsratsverweises(siehe Fn. 10).17 Die Kernelemente <strong>der</strong> Lösung befinden sich im nunmehrigenArt. 15 bis Abs. 4 IStGH-Statut: „The Court may, in accordancewith article 12, exercise jurisdiction over a crime of2. Die Frage <strong>der</strong> Rolle des SicherheitsratesWährend sich die allgemeine Akzeptanz <strong>der</strong> Opt-out-Lösungallmählich konsolidierte, gab es 24 Stunden vor Ende <strong>der</strong>Konferenz noch kaum Anzeichen für einen <strong>Kompromiss</strong> zurzweiten großen Frage, die verkürzt als die Frage <strong>der</strong> Rolledes Sicherheitsrates beschrieben werden kann. Bereits vor<strong>Kampala</strong> hatte es zwar bereits eine Einigung zu Teilbereichendes Verhältnisses zwischen IStGH-Verfahren zur <strong>Aggression</strong>und den Kompetenzen des Sicherheitsrates gegeben. So warklar, dass eine Feststellung des Sicherheitsrates, dass in einemkonkreten Fall <strong>Aggression</strong> eines Staates gegen einenan<strong>der</strong>en vorliege, eine ausreichende Bedingung für den Anklägersein sollte, seine Untersuchung fortzusetzen. 18 Ebensoherrschte Einigung darüber, dass zur Wahrung <strong>der</strong> Verfahrensrechtedes Beschuldigten eine solche Feststellung einesexternen Organs für den Gerichtshof keine bindende Wirkungentfalten würde. 19 Offen gestritten wurde dagegen weiterhinüber die Frage, ob das IStGH-Verfahren auch dann fortgesetztwerden sollte, wenn <strong>der</strong> Sicherheitsrat sich nicht dazuäußert, ob ein <strong>Aggression</strong>sakt vorliegt, beispielsweise aufgrundeiner Vetoblockade. In <strong>Kampala</strong> konnte die möglicheAntwort auf diese Frage auf zwei Alternativen zugespitztwerden: Nach Alternative 1 war ohne einen aktiven SicherheitsratEndstation für das IStGH-Verfahren – eine Position,die vor allem <strong>von</strong> den ständigen Ratsmitglie<strong>der</strong>n vertretenwurde. Nach Alternative 2 gäbe es jedoch ein möglichesWeiterkommen, indem die Vorverfahrensrichter nach sechsmonatigerUntätigkeit des Sicherheitsrates die Fortsetzungdes Verfahrens genehmigen würden – eine <strong>von</strong> <strong>der</strong> weitüberwiegenden Mehrheit bevorzugte Alternative. Die Unterstützungfür Alternative 2 wuchs noch dadurch, dass inzwischenklar war, dass aufgrund des <strong>Kompromiss</strong>es zur erstenFrage proprio-motu-Verfahren und Staatenverweise grundsätzlichkonsensbasiert durchgeführt würden. Es stand somitim Ermessen des verdächtigten Angriffsstaates, sich dieserKompetenz <strong>der</strong> Vorverfahrensrichter durch eine vorgängige 20Opt-out-Erklärung zu entziehen o<strong>der</strong> nicht.aggression, arising from an act of aggression committed by aState Party, unless that State Party has previously declaredthat it does not accept such jurisdiction by lodging a declarationwith the Registrar. […]”. Da sich die Vertragsstaatenzudem in Abs. 1 <strong>von</strong> Resolution RC/Res.6 auf die Interpretationverständigten, dass Art. 121 Abs. 5 IStGH-Statut auf dasInkrafttreten <strong>der</strong> Statutsän<strong>der</strong>ungen <strong>zum</strong> <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong><strong>Aggression</strong> anwendbar sein muss, ist außerdem die Ratifikation<strong>der</strong> Aggresssionsbestimmungen <strong>zum</strong>indest durch denOpfer- o<strong>der</strong> den Angriffsstaat notwendig. Nach <strong>Kampala</strong>haben allerdings auch einige Delegationen sowie Beobachterdie Auffassung vertreten, dass die Ratifikation bei<strong>der</strong> betroffenerStaaten notwendig wäre.18 Neuer Art. 15 bis Abs. 6 IStGH-Statut.19 Neuer Art. 15 bis Abs. 9 sowie neuer Art. 15 ter , Abs. 4IStGH-Statut.20 Die Erklärung muss noch vor <strong>der</strong> Durchführung des <strong>Aggression</strong>saktesabgegeben werden, da sich „previously” inArt. 15 bis Abs. 4 IStGH-Statut (Fn. 17) auf den Begriff „act ofaggression” bezieht._____________________________________________________________________________________646<strong>ZIS</strong> 11/2010


<strong>Der</strong> <strong>Kompromiss</strong> <strong>von</strong> <strong>Kampala</strong> <strong>zum</strong> <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong>_____________________________________________________________________________________An<strong>der</strong>s als zur Frage <strong>der</strong> Zustimmung gab es zur Frage<strong>der</strong> Rolle des Sicherheitsrates kaum Bemühungen <strong>der</strong> Delegationen,<strong>Kompromiss</strong>vorschläge einzubringen. 21 Zu Beginndes Schlusstages <strong>der</strong> Konferenz brachte Präsident Wenaweserdaher eigene Ideen zur Überbrückung dieses letzten großenGrabens ein. In angespannten Sondierungsgesprächen stellteer den Entwurf eines Schlusspaketes vor, das auf Alternative2 beruhte und somit die Fortsetzung des – grundsätzlich aufKonsens basierenden – Verfahrens auch bei einer Blockadedes Sicherheitsrates ermöglichen würde. Im Gegenzug betonte<strong>der</strong> Vorschlag die Kompetenz des Rates, in einer solchenSituation gem. Art. 16 IStGH-Statut das Verfahren zu suspendieren.Zudem sollte die aktive Gerichtsbarkeit um mindestenssieben Jahre aufgeschoben werden: Im Jahr 2017würde die Gerichtsbarkeit aufgrund <strong>von</strong> Sicherheitsratsverweisen(Art. 15 ter ? IStGH-Statut) automatisch aktiviert, es seidenn, die Vertragsstaaten würden zuvor etwas an<strong>der</strong>es beschließen.Die Aktivierung <strong>der</strong> Gerichtsbarkeit aufgrund <strong>von</strong>Staatenverweisen bzw. proprio motu (Art. 15 bis ? IStGH-Statut) dagegen würde nicht automatisch erfolgen, son<strong>der</strong>nwürde einer <strong>von</strong> den Vertragsstaaten frühestens 2017 zutreffenden Entscheidung unterliegen. <strong>Der</strong> Vorschlag sollteeinerseits den Bedenken jener Rechnung tragen, die die Ausübung<strong>der</strong> Gerichtsbarkeit über <strong>Aggression</strong> für verfrüht hielten,und an<strong>der</strong>erseits den wenigen Verfechtern einer exklusivenFilterfunktion des Sicherheitsrates einen Ausweg bieten,indem die Entscheidung über die tatsächliche Aktivierungdieses weiterhin kontroversiellen Mechanismus vertagt wurde.Tatsächlich zeigte <strong>der</strong> nunmehr stark angestiegene DruckWirkung. Es wurde grundsätzliches Interesse signalisiert, anden Details einer Aktivierungsklausel zu arbeiten. Es folgtendirekte Konsultationen zwischen interessierten Delegationen,die den ganzen Tag andauerten. 22Um fünf Uhr nachmittags des Schlusstages <strong>der</strong> Konferenzstellte Präsident Wenaweser ein neues Non-Paper im Plenumvor, das in Art. 15 bis IStGH-Statut die grundsätzliche Entscheidungfür die Filterfunktion <strong>der</strong> Vorverfahrensrichternach Alternative 2 vorzeichnete, und dies lediglich mit Platzhalternzur Frage des Aufschubes <strong>der</strong> Aktivierung kombinierte.Im Übrigen enthielt <strong>der</strong> Text keine Klammern o<strong>der</strong> sonstigenZeichen divergieren<strong>der</strong> Positionen. Die weitaus größtenHürden waren damit bereits überschritten, dank massiver<strong>Kompromiss</strong>e <strong>von</strong> allen Seiten insbeson<strong>der</strong>e zur Frage <strong>der</strong>Zustimmung des Angriffsstaates und zur Rolle des Sicherheitsrates.Im Hintergrund wurde inzwischen die noch ausstehendeFrage <strong>der</strong> Aktivierungsklausel hitzig diskutiert.21 Das kanadische Papier enthielt dazu die Idee <strong>der</strong> Reziprozität:Die Vorverfahrensrichter dürften demnach die Fortsetzungdes Verfahrens genehmigen, vorausgesetzt alle beteiligtenStaaten stimmten dieser Kompetenz zu.22 Seitens <strong>der</strong> ständigen Ratsmitglie<strong>der</strong> wurde gefor<strong>der</strong>t, dieAktivierung <strong>der</strong> Gerichtsbarkeit nach Art. 15 bis IStGH-Statutmüsse <strong>von</strong> den Vertragsstaaten im Konsens beschlossenwerden. Demgegenüber verlangten Brasilien und an<strong>der</strong>eDelegationen, dass Art. 15 bis ebenso wie 15 ter IStGH-Statutautomatisch aktiviert werden sollte, sofern die Vertragsstaatenbis dahin nichts an<strong>der</strong>es beschließen würden.Direkte Gespräche zwischen den Delegationen brachten bisspätnachts keine Lösung, und im Saal machten sich Ungeduldund Anzeichen <strong>von</strong> Verzweiflung breit. Präsident Wenawesermusste daher neuerlich die Verantwortung auf sichnehmen, einen <strong>Kompromiss</strong>vorschlag zu präsentieren.Die kurz nach Mitternacht im Plenum verteilte Formelbehandelte Art. 15 bis und 15 ter IStGH-Statut grundsätzlichgleich: Beide Arten <strong>der</strong> Gerichtsbarkeit müssten <strong>von</strong> denVertragsstaaten frühestens 2017 aktiviert werden, und zwarmittels einer absoluten Mehrheit <strong>von</strong> zwei Dritteln – was <strong>der</strong>für die Annahme <strong>von</strong> Statutsän<strong>der</strong>ungen erfor<strong>der</strong>lichen höherenZustimmungsschwelle entspricht. 23 <strong>Der</strong> Präsident gab denDelegationen etwa zwanzig Minuten Zeit, um in Gruppen zuberaten, ob dieser letzte <strong>Kompromiss</strong>vorschlag akzeptabelwäre. Wie<strong>der</strong> in formeller Sitzung versammelt, fragte er dieanwesenden Delegationen, ob es einen Wi<strong>der</strong>spruch gegendas vorliegende Gesamtpaket gebe. <strong>Der</strong> Botschafter Japansschockte den Saal mit einer langen Wortmeldung, die nur denSchluss zuzulassen schien, dass Japan aufgrund rechtlicherBedenken nun Einspruch erheben und die Konferenz damitscheitern lassen würde. Zur allgemeinen Erleichterungschloss er jedoch mit <strong>der</strong> Aussage, dass Japan sich dem Konsensnicht entgegenstellen würde. Sekunden später war ResolutionRC/Res.6 angenommen, gefolgt <strong>von</strong> langem Applaus.III. Zusammenfassung und WertungMit dem <strong>Kompromiss</strong> <strong>von</strong> <strong>Kampala</strong> lösten die Vertragsstaatendas Versprechen <strong>von</strong> Rom ein, die <strong>Aggression</strong>sbestimmungendes Römer Statuts zu Ende zu verhandeln. Angesichts<strong>der</strong> kontroversen Thematik und <strong>der</strong> Eigenheiten des<strong>Verbrechen</strong>s <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong> im Völkerrecht darf nicht überraschen,dass die schlussendlich gefundene Lösung in mehrererHinsicht relativ restriktiv ausgefallen ist: So wird nichtjede Form <strong>der</strong> völkerrechtswidrigen Gewaltanwendung, o<strong>der</strong>nicht einmal jede Form <strong>der</strong> Gewaltanwendung, die nachResolution 3314 (XXIX) als <strong>Aggression</strong> bezeichnet werdenkönnte, <strong>der</strong> IStGH-Jurisdiktion ratione materiae unterstellt,son<strong>der</strong>n nur <strong>der</strong>en massivste Erscheinungsform: eben jene,die nach Charakter, Schwere und Ausmaß zweifelsfrei chartawidrigist. Auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>von</strong> Sicherheitsratsverweisenkann <strong>der</strong> Gerichtshof grundsätzlich weltweit mögliche <strong>Aggression</strong>sverbrechenverfolgen, und insofern auf Augenhöhemit den drei an<strong>der</strong>en Kernverbrechen des Statuts. Ohne Sicherheitsratsverweisberuht die IStGH-Gerichtsbarkeit dagegenauf dem Konsensprinzip, wobei sich Vertragsstaatendieser Gerichtsbarkeit durch eine Erklärung entziehen können.Nicht-Vertragsstaaten sind überhaupt ausgenommen und23 Siehe den gleichlautenden Abs. 3 <strong>von</strong> Art. 15 bis und 15 terIStGH-Statut: „The Court shall exercise jurisdiction over thecrime of aggression in accordance with this article, subject toa decision to be taken after 1 January 2017 by the same majorityof States Parties as is required for the adoption of anamendment to the Statute.” Für Entscheidungen <strong>der</strong> Vertragsstaatenversammlunggenügen normalerweise lediglich die Ja-Stimmen <strong>von</strong> zwei Dritteln <strong>der</strong> anwesenden abstimmendenVertragsstaaten. Statutsän<strong>der</strong>ungen erfor<strong>der</strong>n dagegen eineabsolute Zweidrittelmehrheit._____________________________________________________________________________________Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik – www.zis-online.com647


Stefan Barriga_____________________________________________________________________________________können sich aufgrund <strong>der</strong> lex specialis des Art. 15 bis , Abs. 4IStGH-Statut auch nicht ex post facto via Art. 12 Abs. 3IStGH-Statut <strong>der</strong> Gerichtsbarkeit zu <strong>Aggression</strong> unterwerfen– we<strong>der</strong> als Opfer- noch Angriffsstaat. <strong>Der</strong> Raum für praktischeAnwendungsfälle ist damit im Vergleich zu den dreian<strong>der</strong>en Kernverbrechen deutlich beschränkt. Zudem einigtensich die Vertragsstaaten auf eine ausgedehnte Atempause fürden IStGH, indem die Gerichtsbarkeit frühestens 2017 nocheigens „aktiviert“ werden muss. 24Überraschend ist vielmehr, dass es den Vertragsstaaten in<strong>Kampala</strong> überhaupt gelungen ist, im Konsens eine Einigung<strong>zum</strong> <strong>Verbrechen</strong> <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong> zu finden. <strong>Der</strong> zentrale<strong>Kompromiss</strong>, <strong>der</strong> dies möglich machte, war jener zur obenerwähnten ersten großen Frage des Zustimmungserfor<strong>der</strong>nissesdes Angriffsstaates. Durch die unerwartete Annäherungzu dieser Frage, nämlich auf ein konsensbasiertes System,stieg <strong>der</strong> <strong>Kompromiss</strong>druck zur zweiten großen Frage, <strong>der</strong>Rolle des Sicherheitsrates, unwi<strong>der</strong>stehlich an. <strong>Der</strong> vorgeschlageneAusweg eines Aufschubs <strong>der</strong> Aktivierung konnteden enormen Druck gerade noch ventilieren. Erfolg undMisserfolg lagen extrem nahe beieinan<strong>der</strong>. Letztlich erfolgreichwar die Revisionskonferenz in <strong>Kampala</strong> insofern, alsdie Vertragsstaaten unter schwierigen Bedingungen die völkerstrafrechtlicheVerfolgung des <strong>Verbrechen</strong>s <strong>der</strong> <strong>Aggression</strong>auf eine neue Stufe stellen konnten. Inwiefern dies nach<strong>der</strong> voraussichtlichen Aktivierung 2017 auch einen spürbarenUnterschied im internationalen System machen wird, wirdsich aber erst zeigen.24 Eine zusätzliche Hürde <strong>der</strong> Ausübung <strong>der</strong> Gerichtsbarkeitist das Erfor<strong>der</strong>nis, dass die <strong>Aggression</strong>sbestimmungen wenigstensfür 30 Vertragsstaaten in Kraft getreten sein müssen,siehe Abs. 2 <strong>von</strong> Art. 15 bis und 15 ter IStGH-Statut_____________________________________________________________________________________648<strong>ZIS</strong> 11/2010

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