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Festschrift 25 Jahre WIST

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1987–2012<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> Wirtschaftshilfe fürStudierende SteiermarkBeiträge zurInfrastruktur des Studierensin der Steiermark


Wirtschaftshilfe für Studierende Steiermark1987–2012<strong>WIST</strong> Steiermarksozial und engagiertseit 1987


ImpressumHerausgeber: © <strong>WIST</strong> Steiermark, Moserhofgasse 34, 8010 GrazRedaktion: em. Univ.-Prof. Dr. Helmut SeelGraphische Gestaltung: Atelier NeubacherFotos: Max Behounek, Heimo Binder, Robert Frankl, Stadt Leoben/Foto Freisinger,Oliver-Thomas Lohr, Peter Melbinger, Peter Purgar, Ulrike Rauch, Harry Schiffer, Stadtvermessungsamt Graz,Petra Spiola, Andy Wenzel, Hannelore Wirth, Archiv <strong>WIST</strong> Steiermark, Volker Wohlgemuth, Karim ZaatarFür den Inhalt der Beiträge liegt die Verantwortung bei den AutorInnenGesamtherstellung: Verlag Simadruck – Weststeirische Rundschau8530 Deutschlandsberg, Fabrikstraße 15www.simadruck.atISBN 978-3-9501165-7-1


InhaltVorwort und Grußworte 5Helmut-Theobald MüllerVon den Anfängen der WIHAST (1950) und der<strong>WIST</strong> (1987) bis heute – eine Erfolgsgeschichte 12Herbert Nichols-Schweiger20 <strong>Jahre</strong> Raum für Kultur 31Beiträge zur Infrastrukturdes Studierens in der SteiermarkEinleitung 34Hans PecharBenötigen die Hochschulen neben öffentlichenauch private Einnahmen? 40Martin UngerSoziale Lage der Studierenden in der Steiermark 51Wolf FrühaufBenötigen die Hochschulen neben öffentlichenauch private Einnahmen? 65Werner HauserDie wichtigsten Änderungen desFachhochschul-Studiengesetzes seit 1993 78Helmut SeelDie Pädagogischen Hochschulen 90


Vorwort<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> sind auf der einen Seite wenig, wenn man dies zum Beispiel mit dem Alterder Universitäten in der Steiermark vergleicht. 450 <strong>Jahre</strong> Karl-Franzens-Universität,200 <strong>Jahre</strong> TU Graz und 170 <strong>Jahre</strong> Montan-Uni Leoben. <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> sind aber genug,um eine Erfolgsgeschichte der besonderen Art zu schreiben. Wurden doch von1987 bis heute insgesamt 9 Studentenheime mit 1402 Plätzen errichtet, wodurchsich die <strong>WIST</strong> Steiermark zum weitaus größten steirischen Studentenheimträgerentwickelt hat.Wenn in der Vergangenheit aufgrund des Nachholbedarfs an Studentenheimplätzenin der Steiermark die <strong>WIST</strong> Steiermark im Zweijahresrhythmus ein neues Heimerrichtet hat, wird es in Zukunft in erster Linie darum gehen, die bestehenden Studentenwohnhäuserauf dem hohen Niveau zu erhalten. Daher ist es auch unbedingtnotwendig, die Heime jeweils dem neuesten Standard anzupassen. Dies ist einebesondere Herausforderung angesichts der Tatsache, dass das Wissenschaftsministeriumdie Förderung von Renovierungen von Studentenheimen eingestellt hat. Aufgrundrechtzeitiger und ausreichender Rücklagenbildung kann aber die <strong>WIST</strong> Steiermarkauch dem Aufwand für die notwendigen Sanierungen in Ruhe entgegensehen.Es freut uns natürlich sehr, dass diese Leistung mit der Verleihung des steirischenLandeswappens heuer auch die entsprechende Anerkennung und Würdigung inder Öffentlichkeit gefunden hat. Dafür dürfen das Präsidium und der Vorstand der<strong>WIST</strong> Steiermark den Mitgliedern der Steiermärkischen Landesregierung mit HerrnLandeshauptmann Mag. Franz Voves an der Spitze recht herzlich danken. Auchdafür, dass die <strong>WIST</strong> vom Land Steiermark immer wieder mit Förderungen aus denverschiedenen Ressorts unterstützt wurde.Der Rückblick gibt auch die Gelegenheit, anderen Unterstützern der <strong>WIST</strong> Steiermarkzu danken. Unser Dank gilt insbesondere Herrn Bundespräsidenten Dr. HeinzFischer, welcher ein Förderer der <strong>WIST</strong> Steiermark von Beginn an war. Zu Dankverpflichtet ist die <strong>WIST</strong> Steiermark allen Wissenschaftsministern, die die Errichtungunserer Studentenwohnhäuser gefördert und unterstützt haben.Ein herzliches Dankeschön gilt auch dem Bürgermeister von Graz, Herrn Mag. SiegfriedNagl, für die Förderungen der <strong>WIST</strong> Steiermark durch die Landeshauptstadt Graz inden vergangenen <strong>Jahre</strong>n.Bedanken möchte sich die <strong>WIST</strong> Steiermark auch bei den Architekten und Bauträgernihrer Studierendenwohnhäuser.7


Möglich war dies alles aber nur durch die ausgezeichnete Zusammenarbeit desgesamten Vorstandes. Hervorzuheben ist auch das Engagement aller MitarbeiterInnender Geschäftsstelle, welche auch sehr viel zum Gelingen dieser <strong>Festschrift</strong>beigetragen haben.Wesentlich zur Entwicklung der <strong>WIST</strong> Steiermark hat unser langjähriger Vorsitzenderund nunmehriges Ehrenmitglied, em. Univ.-Prof. Dr. Helmut Seel, durch seineUmsicht und seinen Weitblick beigetragen.Mit der <strong>Festschrift</strong> zum <strong>25</strong>-Jahr-Jubiläum hat die <strong>WIST</strong> Steiermark einen neuen Wegbeschritten. Und zwar wird im ersten Teil der Weg zum größten Studentenheimträgerder Steiermark dargestellt, während im zweiten Teil die Wissenschaft Ihren Niederschlagfindet. Hier geht es unter anderem um die Finanzierung der Universitätensowie die soziale Lage der Studierenden in der Steiermark. Die <strong>WIST</strong> Steiermarkwar schon immer Vorreiterin bei der entsprechenden Ausstattung ihrer Einbettzimmermit hohem Komfort und direkter Internetvernetzung mit den Universitäten. Dieerhobenen Daten in den Vorträgen rechtfertigen voll und ganz das zentrale Anliegender <strong>WIST</strong> Steiermark, dass studentisches Wohnen auch in Zukunft für die sozialSchwachen in entsprechender Qualität leistbar bleiben muss.In diesem Sinne darf ich allen BewohnerInnen der <strong>WIST</strong>-Heime einen schönenAufenthalt und ein erfolgreiches Studieren wünschen.Dr. Kurt WeberVorsitzender der <strong>WIST</strong> Steiermark8


Herzlichen Glückwunsch zum Bestandsjubiläum!Bildung und Sicherheit gehören zu den höchsten Gütern unserer Gesellschaft. DieBildung stellt überdies die bedeutendste Ressource unseres Landes dar und dieSteiermark kann und wird nur dann in eine gute Zukunft gehen, wenn an unserenBildungsstätten exzellentes Wissen vermittelt wird. Die heimischen Universitätenund (Fach-)Hochschulen sind dabei die wesentlichen Säulen unseres Bildungssystems.Damit die akademische Jugend dort unter günstigen Rahmenbedingungenihren Studien nachgehen kann, muss auch das Umfeld stimmen. Kostengünstigeund qualitätsvolle Wohnungsangebote für Studierende sind dafür eine notwendigeinfrastruktuelle Voraussetzung.Die 1987 neu begründete „Wirtschaftshilfe für Studierende Steiermark (<strong>WIST</strong>)“widmet sich als gemeinnütziger Heimträger dieser wichtigen Aufgabe seit <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong>nund mit großem Erfolg. Neun modern gestaltete Studierendenwohnhäuserin Graz, Kapfenberg und Leoben wurden von der <strong>WIST</strong> in Zusammenarbeit mitgemeinnützigen Bauträgern errichtet und seither von ihr in vorbildlicher Weisebetrieben. Den 1402 BewohnerInnen wird in diesen – als Beitrag zu deren sozialenSicherheit – ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis geboten, das keinenVergleich zu scheuen braucht. Ein besonderes Anliegen ist der <strong>WIST</strong> auch dieFörderung kultureller Aktivitäten. Ihre Säle und Gemeinschaftsräume sind nichtnur Stätten der Kommunikation, sondern auch Aufführungsorte für hochkarätigeKonzerte, Theater-, Kabarett- oder Tanzdarbietungen.Den ehrenamtlichen Mitgliedern des Vorstandes, den MitarbeiterInnen derGeschäftsstelle und allen, die im vergangenen Vierteljahrhundert zum erfolgreichensozialen Wirken der <strong>WIST</strong> beigetragen haben, spreche ich für diesen unverzichtbarenBeitrag zur Infrastruktur des Studierens meinen aufrichtigen persönlichen Dankund mit der Verleihung des Rechtes zur Führung des Landeswappens auch denDank der Steiermark aus. Gleichzeitig wünsche ich dem engagierten <strong>WIST</strong>-Teamalles Gute für seine künftigen Aktivitäten und den BewohnerInnen der <strong>WIST</strong>-Häuserviel Erfolg auf ihrem weiteren Bildungs- und Lebensweg.Glück auf!Mag. Franz VovesLandeshauptmann der Steiermark9


Studentengerecht Wohnen im Uni-Land SteiermarkWohnen ist ein Grundrecht und muss leistbar sein.Eine der wichtigsten Aufgaben der Wohnbauförderung ist die Bereitstellung vonleistbarem Wohnraum. Dazu gehört der Neubau bzw. die Sanierung von Sozialwohnungen,Pflegeheimen und natürlich auch von Studentenheimen. Gerade fürdie StudentInnen in unserem Land ist es wichtig, dass in den beiden steirischenUniversitätsstädten Graz und Leoben genug leistbarer, aber trotzdem qualitativhochwertiger Wohnraum angeboten wird.Die Wohnbauförderungsmittel sichern die Sanierung von Studentenheimplätzensowie den Studentenheimneubau.Das Studentenwohnheim Münzgrabenstraße – Messequartier in Graz sowie dasStudentenwohnheim in der Leobner Roseggerstraße sind nur zwei von mehrerenBeispielen, die sämtliche Vorgaben der Bauphysik, Ökologie und des modernenstudentischen Wohnens erfüllen. Hier wurden Studentenwohnungen mit einemhohen Standard, aber günstigen Mieten geschaffen. Wohnen wird teurer – Grundstückpreiseund Baukosten steigen, die Qualitätsanforderungen werden höher.Die Wohnkosten dürfen ein Drittel der Lebenserhaltungskosten nicht übersteigen.Sehr gerne nehme ich mich daher der Bedürfnisse der jungen Leute an und sorgemit der entsprechenden finanziellen Unterstützung dafür, dass das Wohnen fürdie StudentInnen in der Steiermark leistbar wird. Die Entwicklung der Steiermarkzu einem weltweit anerkannten Innovationsland bedarf nämlich nicht nur elitärer,universitärer Ausbildungs- und Forschungszentren, sondern auch eines adäquatenUmfeldes dieser Bildungs- und Forschungseinrichtungen. Modern ausgestatteteStudentenheime sind dabei ein wichtiger Teil dieser universitären Infrastruktur. Ichsehe die eingesetzten Wohnbaumittel daher als wichtige Investition in die Jugendund die Zukunft unseres Landes.Landesrat Johann Seitinger10


Alles Gute zum runden Geburtstag!<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> ist es mittlerweile her, dass die Wirtschaftshilfe für Studierende Steiermarkaus der Taufe gehoben wurde. Der Gedanke dahinter: Der gemeinnützigeStudentenheimträger wollte günstige und moderne Unterkünfte für Studentinnenund Studenten in ansprechender Architektur bereitstellen. Und aus diesem Gedankenwurde eine einzigartige Erfolgsgeschichte: Mittlerweile betreibt die <strong>WIST</strong> neunStudierendenwohnhäuser in Graz, Kapfenberg und Leoben, hat mit ihren 1402Heimplätzen eine Vorreiterrolle im Bereich studentischen Wohnens – hervorragendeInfrastruktur zu fairen Preisen – eingenommen. <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> später ist die <strong>WIST</strong>noch immer ein Symbol für Chancengerechtigkeit! – und dafür danke ich herzlich!Gleichzeitig darf ich dem gesamten, langjährigen Vereinsvorstand sowie derGeschäftsstellenleitung mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich zumrunden Geburtstag gratulieren und das Allerbeste für die Zukunft wünschen.Auf viele weitere <strong>Jahre</strong> zum Wohle unserer steirischen Studierenden!HerzlichMag. a Elisabeth GrossmannLandesrätin für Bildung, Familie, Frauen und Jugend11


Alles Gute für die nächsten <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong>!Seit einem Vierteljahrhundert kümmert sich der gemeinnützige Verein <strong>WIST</strong> um dieWohnsituation von Studierenden in Graz. Was den Verein und seine Wohnhäuserso bemerkenswert macht, ist, dass man trotz kostengünstiger Preise immer nocheinen Anspruch an Ästhetik und Design stellt.Mit diesem Konzept passen die Wohnhäuser perfekt in die „Studenten-Hauptstadt“und „City of Design“ Graz, welche mit ihren vier Universitäten, zwei Fachhochschulenund der Pädagogischen Hochschule bereits mehr als 52.000 Studierendeaus aller Welt beherbergt. Die mittlerweile sieben Grazer Studentenwohnhäuserder <strong>WIST</strong> werden angesichts der aktuellen Bevölkerungsentwicklung wohl nochum das eine oder andere Projekt erweitert werden, zumindest kann ich mir das alsBürgermeister nur wünschen.Dass soziale Herkunft eine Rolle spielt, ob man studieren kann oder nicht, sollteaus vielerlei Gründen der Vergangenheit angehören. Um so wichtiger ist es Wohnraumzu studentenfreundlichen Preisen anzubieten. Wirtschaftliche Hilfe für Studentinnenund Studenten ist schließlich keine Einbahnstraße, sondern eine sinnvolleInvestition in die Zukunft, von der das ganze Land auf Dauer profitieren wird. DieWohnräume, die Sie Studentinnen und Studenten zur Verfügung stellen, machenGraz zu einem noch attraktiveren Standort und werden den einen oder anderen mitWehmut an seine Studentenzeit hier bei uns in Graz zurückblicken lassen.Last but not least, darf ich noch einen bemerkenswerten Aspekt Ihres Vereinesansprechen: Es ist die Förderung von Kunst und Kultur, besonders im Bereich derJazz-Musik, mit welchem die <strong>WIST</strong> sehr positiv das Jahr über auffällt.Dieses Zusammenspiel aus Wohnen und Erleben macht die Studentenhäuser der<strong>WIST</strong> so einzigartig und zu einer wertvollen Bereicherung unserer Stadt.Mag. Siegfried NaglBürgermeister der Landeshauptstadt Graz12


<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong><strong>WIST</strong> Steiermark 1987–2012eine Erfolgsgeschichte20 <strong>Jahre</strong> Raum für Kultur


Von den Anfängen der WIHAST (1950)und der <strong>WIST</strong> (1987) bis heute – eineErfolgsgeschichte„Wissen ist Macht!“ In dieser Erkenntnis sah und sieht die sozialdemokratische Bewegung mitRecht ein wesentliches Leitmotiv für ihr politisches Handeln. Aus diesem Grund maß und misstsie der Schul- und Bildungspolitik große Bedeutung bei. Schon in der Ersten Republik bemühtesie sich um eine Demokratisierung der Bildung. Die Forderung: „Die ganze Schule dem ganzenVolk!“ leitete als Prinzip die Bemühungen um die Schulreform und die Einführung einer AllgemeinenMittelschule (Gesamtschule) ebenso wie das Streben nach der Ausbildung aller Lehrer anden Hochschulen.Begabten Arbeiter- und Angestelltenkindern den Zugang zu den Universitäten und Hochschulen zuerleichtern, war die Absicht der „Wirtschaftshilfe der Arbeiterstudenten Österreichs (WIHAST)“,die 1923 auf Initiative des Stadtrates für Wohlfahrts- und Gesundheitswesen Univ.-Prof. Dr. JuliusTandler und des damaligen Parlamentssekretärs Dr. Adolf Schärf sowie der Führer der sozialistischenStudenten in Wien gegründet wurde. Die WIHAST unterstützte Studierende aus sozialschwachen Schichten durch ihr Angebot preiswerter Unterkünfte und verbilligter Verpflegung.Nach der Auflösung des Vereins im Februar 1934 konnte dieser seine Tätigkeit erst im September1947 wieder aufnehmen und entfaltete besonders in Wien sowie in Innsbruck rege Aktivitätendurch den Bau von Studentenheimen.Auch in der Steiermark wurde 1950 von den Proponenten Dr. Hans Winter, Walter Berger undOthmar Seindl eine Landesorganisation der WIHAST gegründet. Die erste Vollversammlung wurdeam 30.3.1951 abgehalten und Dr. Hans Winter zum Obmann gewählt. Die WIHAST Graz nahmihre sozialen Aktivitäten – mit günstigen Mittagstischen oder finanziellen Unterstützungen – umgehendauf. Der Bau eines eigenen Studentenheimes kam jedoch nicht zustande.In den 70er- und 80er-<strong>Jahre</strong>n des vergangenen Jahrhunderts stieg die Zahl der Studierendenan den Universitäten, Hochschulen und Akademien stark an. Zuvor war der Zugang zu einerhöheren Bildung ermöglicht („Jedem Bezirk seine höhere Schule“), beworben (Aktion „MehrKinder in höhere Schulen“) und erleichtert worden (Besuch der mittleren und höheren Schulenohne Schulgeld ab 1962; Abschaffung der Aufnahmeprüfung in die Allgemein bildenden höherenSchulen 1971). Im Zuge der Universitätsreform 1975 wurden schließlich die Studiengebührenan den Universitäten abgeschafft. Die Bildungschancen für Kinder aus sozial und besonders ausregional benachteiligten Schichten der Gesellschaft verbesserten sich erheblich. Damit stieg auchdie Nachfrage nach finanziell leistbaren Wohnmöglichkeiten an allen Hochschulstandorten. Diesgalt insbesondere für Graz, wo Ende der 1980er-<strong>Jahre</strong> das Studentenheim der ArbeiterkammerSteiermark geschlossen worden war.14


120.000 100.000 114.223 1970 1980 1990Wien 29.175 62.499 114.223Graz 10.693 21.150 33.963Leoben 636 1.029 1.988Innsbruck 6.382 14.815 20.999Salzburg 2.664 7.531 10.174Linz 1.726 4.878 10.563Klagenfurt -­‐ 1.581 3.193Gesamt: 51.276 113.483 195.103Entwicklung der Studierendenzahlen von 1970 -­‐ 1990 in Österreich 80.000 60.000 40.000 20.000 0 29.175 62.499 10.693 21.150 33.963 636 1.029 1.988 6.382 14.815 20.999 2.664 7.531 10.174 1.726 4.878 10.563 0 1.581 3.193 Wien Graz Leoben Innsbruck Salzburg Linz Klagenfurt 1970 1980 1990 Diese Entwicklungen führten zur Intensivierung der Tätigkeit der WIHAST in der Steiermark.1987 wurde der Verein umgegründet und der Vorstand personell erneuert. Ihm gehörten an:Univ.-Prof. Dr. Helmut Seel als Vorsitzender, Dr. Siegfried Kristan und Dr. Ludwig Sik als seineStellvertreter, Dr. Wolfgang Messner als Kassier und Dr. Peter Nebel als sein Stellvertreter, weitersDr. Helmut-Theobald Müller und Dr. Kurt Weber in den Funktionen des Schriftführers bzw.seines Stellvertreters. Der Name des Vereins wurde in „Wirtschaftshilfe für Studenten Steiermark(<strong>WIST</strong>)“ geändert. In das Präsidium wurden gewählt: Erster Landeshauptmann-StellvertreterHans Gross, Vizepräsidentin des Steiermärkischen Landtags Annemarie Zdarsky, Bürgermeisterder Stadt Graz Alfred Stingl, Präsident der Arbeiterkammer Steiermark Alois Rechberger, Direktorder Zentralsparkasse (später: Bank Austria) Gottfried Stadler und Landesdirektor der WienerStädtischen Versicherung Hans Zechner.Seel KristanSik Messner Nebel Müller WeberDie Vereinsphilosophie lautet von Anfang an: Schaffung von hochwertigem studentischen Wohnraum(Qualität des Wohnens) in architektonisch modern gestalteten Häusern (Qualität des Bauens)– und das zu sozialen Preisen (Qualität des Wirtschaftens).Bereits in der ersten Vollversammlung am 2.3.1987 wurde auf Grund der Zusicherung von Mittelnder Wohnbauförderung aus dem Kontingent von Landeshauptmann-Stellvertreter Hans Gross(60% der Baukosten als günstiges Direktdarlehen des Landes Steiermark) und der Förderungszusagedes Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung (33% der Gesamtkosten alsverlorener Zuschuss mit der Auflage zum damals 50-, später 40-jährigen Betreiben des Studentenheimes)der Bau eines Studierendenwohnhauses beschlossen. Ein geeignetes Grundstückwurde in der Wiener Straße 58a gefunden, welches vom in Aussicht genommenen Bauträger, der„Gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft Neue Heimat“, zu diesem Zweck angekauft wurde.15


Aus dem Architektenwettbewerb ging DI Klaus Kada als Sieger hervor, der mit der Planung undBauleitung beauftragt wurde. Das Heim sollte den Vorgaben der <strong>WIST</strong> für das neue studentischeWohnen Rechnung tragen. Daher wurden Wohneinheiten für drei bis fünf Studierende in Ein- undZweibettzimmern mit Wohnküche und den erforderlichen Sanitärbereichen geschaffen. Nebenden Gemeinschaftseinrichtungen wie Studier- und Musikräumen, Fitnessraum und Sauna warenauch ein Veranstaltungssaal und ein Kaffeehaus vorgesehen. Der Entwurf entsprach den Vorstellungender <strong>WIST</strong> im Hinblick auf ein ansprechendes architektonisches Konzept. Das Haus wurdenach seiner Fertigstellung mit dem Landesarchitekturpreis ausgezeichnet und fand in nationalensowie internationalen Fachzeitschriften Beachtung.v.l.: Sektionschef Dr. Wolf Frühauf, Univ.-Prof. Dr. Helmut Seel,Erster Landeshauptmann-Stellvertreter Hans Gross, Bürgermeister Alfred Stingl,Bundesminister Dr. Heinz FischerDer Spatenstich, an dem unsernunmehriger BundespräsidentDr. Heinz Fischer teilnahm, fandim Juli 1989 statt; in seinerEigenschaft als Wissenschaftsministerhatte er die Bundesförderungfür den Heimbaugenehmigt. Die Arbeiterkammerfür Steiermark unterstützte dasVorhaben durch den Erwerbeiner größeren Zahl von Einweisungsrechtenganz maßgeblich.Die Realisierung des Projektesgelang nicht zuletzt infolge desEngagements von Dr. FranzHuber, dem Geschäftsführer der„Neuen Heimat“.Die Vollversammlung im Dezember 1989 brachte einige Veränderungen im Vorstand mit sich, daDr. Nebel ausschied: Dr. Weber übernahm die Funktion des Kassier-Stellvertreters, OberamtsratHerbert Nichols-Schweiger kam als Schriftführer neu hinzu.Wiener Straße 58aIm Oktober 1991 wurde das Studierendenwohnhaus in der WienerStraße bezogen, 224 Studierende finden hier seither eine Unterkunft.Die feierliche Eröffnung erfolgte im Juni 1992. Dem Betrieb lagendie Bestimmungen des Studentenheimgesetzes 1986 zu Grunde:Vergabe und Verlängerung der Heimplätze nach den Kriterien sozialeBedürftigkeit und Studienerfolg, Wahl einer Heimvertretung (einesHeimausschusses) zur Vertretung der Interessen der HeimbewohnerInnen.Die Studierendenwohnhäuser der <strong>WIST</strong> sollen auch ein LernundPraxisfeld der Demokratie sein. In einer guten Tradition wird dieVorstellung der neu gewählten HeimsprecherInnen und Heimausschüsseim Herbst des jeweiligen Studienjahres mit einer Diskussionüber wünschenswerte Veränderungen in der Raumnutzung undErgänzungen der Ausstattung in den einzelnen Häusern verbunden.16


Den Heimausschüssen wird außerdem jährlich ein autonomes Budget (derzeit c 7,50 je HeimbewohnerIn)zur Verfügung gestellt, damit gemeinschaftliche Initiativen umgesetzt werden können.Keplerstraße 75–77Die zahlreichen Bewerbungen um Heimplätze in der Wiener Straße verdeutlichten die große Nachfragein Graz. Der Vorstand prüfte daher die Möglichkeiten, rasch weitere Kapazitäten schaffenzu können. Im Frühjahr 1992 wurde in Zusammenarbeit mit der „Neuen Heimat“ der Erwerbder renovierten Wohnhäuser in der Keplerstraße 75 und 77 beschlossen. Die Finanzierung vonAnkauf, Adaptierung und Einrichtung erfolgte aus Mitteln des Bundes und des Landes Steiermarksowie mit Unterstützung zahlreicher Kontingentnehmer. Die Umgestaltung zu einem Studentenheimüber den Sommer 1992 erwies sich als eine besondereHerausforderung, da die Raumstrukturen und Wohnungsgrößenvorgegeben waren und nicht immer jenen Relationen zwischenFläche und BewohnerInnen entsprach, die bei Neubauten fürdie Erreichung günstiger Zimmerpreise zu Grunde gelegt werdenkönnen. Auch die Schaffung der technischen Infrastruktur (wieTelefon und Internet) bereitete Schwierigkeiten und benötigte Zeit.Jedoch: Ab Oktober 1992 war die <strong>WIST</strong> in der Lage, den Studierendenin Graz weitere 81 Heimplätze bereitzustellen.Das Angebot war in Graz aber weiterhin prekär. Im Vergleich mit den anderen Hochschulorten inÖsterreich war die Versorgung in Graz am schlechtesten: nur für 7,14 % der Studierenden standenHeimplätze zur Verfügung. In Linz gab es für 14,87 % der Studierenden Heimplätze, in Salzburgfür 14,19 %, in Leoben für 13,09 %, in Innsbruck für 11,22 % und sogar in Wien noch für 9,19 %.Die Gründung der Fachhochschulen ab dem Jahr 1993 verschärfte die Situation weiter und ließzusätzlichen Heimplatzbedarf an neuen Standorten, wie St. Pölten, Wiener Neustadt oder Kapfenberg,entstehen. Bund und Land Steiermark vereinbarten daher 1993, die Errichtung von vorerst500 und dann sogar 800 Heimplätzen in der Steiermark zu fördern. Der <strong>WIST</strong> stellte man davoneinen Anteil von rund 300 Plätzen in Aussicht.Heimplatzangebot in Österreich 1992 im Verhältnis zu den Studierendenzahlen 14,87% 14,19% 13,09% 11,22% 9,19% 7,14% Linz Salzburg Leoben Innsbruck Wien Graz Die <strong>WIST</strong> nahm diese Herausforderung an und machte sich auf die Suche nach erschwinglichenBaugründen, möglichst in Universitätsnähe und gut an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden.17


Moserhofgasse 34Sie wurde bei der „Gemeinnützigen Grazer Wohnungsgenossenschaft(GGW)“ fündig, welche über Grundstücke in der Moserhofgasse verfügte.Nach der Einigung über den Kaufpreis wurde die Errichtungeines Studierendenwohnhauses in der Moserhofgasse 34 in Kooperationmit der „GGW“ als Bauträger beschlossen. Architekt DI AlfredBramberger hatte dafür bereits einen Planungsauftrag, sodass keinWettbewerb durchgeführt werden musste. Das Konzept, das er nachden Vorgaben der <strong>WIST</strong> entwickelte, fand die Zustimmung des Vorstandesin dessen Bemühen um eine interessante architektonischeGestaltung der Häuser. Das Bauvorhaben sollte 152 Wohnplätze(davon 87 in Einzelzimmern) in 32 Geschosswohnungen und Maisonettenumfassen und über Musik-, Fitness- und Partyraum verfügen.Auch ein Veranstaltungssaal, ein Kaffeehaus und Räume für die<strong>WIST</strong>-Geschäftsstelle wurden vorgesehen. Der Spatenstich erfolgteim März 1995.Moserhofgasse 20–22Das Grundstück Moserhofgasse 20–22 wurde von der „GGW“ andie „Neue Heimat“ veräußert. Auf diesem errichtete die <strong>WIST</strong> einweiteres Studentenwohnhaus mit 267 Plätzen. Mit dem Entwurf warbereits Architekt DI Manfred Zernig beauftragt; auch er präsentierteeine gelungene architektonische Lösung, welche die Zustimmungder <strong>WIST</strong> erhielt. 63 Wohneinheiten in Geschoss- und Maisonettenbauweisemit 221 Einzel- und 23 Doppelzimmern wurden geplant.Nach der Genehmigung des Bauvorhabens durch die Baubehördeund die Landesregierung folgten der Baubeginn im Herbst 1995, dieFertigstellung und der Bezug im Herbst 1997.Vom Institut für Wärmetechnik der Technischen Universität wurde ein – über den damaligen Standardim sozialen Wohnbau weit hinausgehendes – Maßnahmenpaket für zusätzliche Energieeinsparungenin den beiden Studierendenwohnhäusern in der Moserhofgasse erstellt. Umgesetzt wurdendie Verbesserung des K-Wertes der Gebäudehülle durch doppelte Wärmedämmung und Wärmeschutzverglasungsowie die aktive Nutzung der Sonnenenergie zur Warmwasseraufbereitung durchdie Errichtung von rund 100 m 2 Kollektorfläche und eines 5000-Liter-Warmwasserspeichers.Der Vorstand der <strong>WIST</strong> hatte sich 1990, 1992 und 1993 personell verändert. In der Vollversammlung1995 wurde folgendes Leitungsorgan gewählt: Vorsitzender Dr. Seel, StellvertreterDr. Sik und Dr. Müller, Kassier Dr. Weber, Stellvertreter Dr. Wolfgang Muchitsch, SchriftführerOAR Nichols-Schweiger, Stellvertreter DI Hans Pressl. Das Präsidium bestand nun aus LandesratIng. Hans-Joachim Ressel, Vizepräsident des Steiermärkischen Landtages Dr. Christoph Klauser,Bürgermeister Stingl, Vizepräsidentin des Steiermärkischen Landtages a.D. Zdarsky, Präsident derArbeiterkammer Walter Rotschädl und Direktor Zechner.Im Rahmen der Initiative zur Schaffung 800 neuer Heimplätze in Graz, wie sie von Bund undLand 1993 paktiert wurden, war auch die Errichtung eines Studentenheims mit circa 300Plätzen durch die „Studentenförderungsstiftung“ als Heimbetreiber und die „Österreichische18


Wohnbaugenossenschaft (ÖWG)“ als Bauträger vorgesehen. Das Bauvorhaben in der Ghegagassewar nach einer Planung des Architekturbüros Krisper bereits in Angriff genommen, als sich die„Studentenförderungsstiftung“ vom Projekt zurückzog. Der <strong>WIST</strong> wurde angeboten, an ihrer Stellein das Vorhaben einzutreten. Trotz der sich abzeichnenden Problematik, im Herbst 1997 zweineue Studentenheime eröffnen zu müssen, gingen die <strong>WIST</strong> und die ÖWG im Herbst 1995 eineKooperation zur Realisierung der Ghegagasse ein. Ein wichtiges Motiv für diese Entscheidung wares, die für Graz zugesagten Bundesmittel nicht zu verlieren.Ghegagasse 9–19Denn der Bedarf an studentischem Wohnraum nahm in Graz, wie ananderen Standorten der hohen Schulen, im letzten Jahrzehnt des 20.Jahrhunderts – trotz der geförderten intensiven Baumaßnahmen –weiter zu. Grund dafür war die steigende Zahl der Studierenden.Durch den Fall des „Eisernen Vorhanges“ wurde die steirische Landeshauptstadt,speziell für junge Menschen aus dem ehemaligenOstblock und vom Balkan, ein naher und attraktiver Studienort. Diezwischenstaatlichen Austauschprogramme, wie Erasmus, wurdenimmer stärker angenommen, überdies schufen die neuen Fachhochschuleneine zusätzliche Nachfrage. So mussten von der <strong>WIST</strong>,die durch diese Entwicklung auch ein „internationaler Heimträger“geworden war, in manchen <strong>Jahre</strong>n mehr als 500 BewerberInnen füreinen Heimplatz abgewiesen werden.Im Herbst 1996 wurde das Haus Moserhofgasse 34 fertig gestellt. Das neue Verwaltungsbüro der<strong>WIST</strong> wurde im Frühjahr 1997 bezogen, ebenso das Kaffeehaus mo.xx, das von einer Pächterinbetrieben wird, und der Veranstaltungssaal mit einer besonderen akustischen Ausgestaltung fürdie Nutzung durch die Musikuniversität. In der Reihe der Baudokumentationen des Hauses derArchitektur in Graz wird das Haus Moserhofgasse 34 in Band 12 reich bebildert vorgestellt.Mit Beginn des Wintersemesters 1997/98 wurden die Studierendenwohnhäuser Moserhofgasse20–22 (267 Plätze) und Ghegagasse (309 Plätze, davon 201 Einzelzimmer) bezogen. Die Entscheidungzum Einstieg in die Ghegagasse erwies sich nachträglich als richtig, da die Erstvergabeder 576 Heimplätze mit Oktober 1997 keinerlei Schwierigkeiten bereitete. Die Eröffnung desHauses Moserhofgasse 20–22 erfolgte gemeinsam mit der Feierdes zehnjährigen Bestehens der <strong>WIST</strong> Steiermark am 6.11.1997.Das Studentenhaus in der Ghegagasse wurde im Mai 1998 feierlicheröffnet.Moserhofgasse 36Im Zuge dieser ersten erfolgreichen Zusammenarbeit mit der ÖWGentstand der Plan, auf dem in deren Besitz befindlichen GrundstückMoserhofgasse 36, also in unmittelbarer Nachbarschaft derMoserhofgasse 34, ein weiteres Studierendenwohnhaus zu errichten.Der Beschluss dazu datiert vom 31.10.1997. Die bereits vorliegendeEinreichplanung wurde von Architekt DI Zernig im Sinnder „<strong>WIST</strong>-Philosophie“ adaptiert. Baubeginn war im Jänner 1999,im Herbst 2000 waren das Haus und mit ihm der „<strong>WIST</strong>-Campus19


Moserhofgasse“ fertig gestellt und vermehrt seither das Angebot der <strong>WIST</strong> um 131 Einzelzimmerin 29 Wohneinheiten.Im Jahr 2000 verfügte die <strong>WIST</strong> somit über 1164 Heimplätze in ihren sechs Grazer Studierendenwohnhäusern.Ein weiteres Wachstum erschien dem Vorstand nicht mehr sinnvoll understrebenswert, um die volle Auslastung, die eine wichtige Voraussetzung für günstige Heimpreisedarstellt, nicht zu gefährden. Der Phase der Expansion sollte nun eine Phase der Qualitätserhaltungbzw. Qualitätsverbesserung folgen. Diese Absicht der <strong>WIST</strong> blieb aber auf Graz beschränkt.Denn bereits im Herbst 1998 hatte die Stadt Kapfenberg als neuer Standort von Studiengängender Fachhochschule Joanneum ihr Interesse an der Errichtung eines Studentenheimes an die<strong>WIST</strong> herangetragen.<strong>WIST</strong>Verwalt.M 36M 34M 20M 22<strong>WIST</strong>-CampusMoserhofgasse 34, 20–22 und 36650 HeimplätzeKapfenberg, Krottendorf 8Die Suche nach einem geeigneten Grundstück erwies sich als langwierigerals ursprünglich vermutet. Erst im Juli 1999 konnte daherein Beschluss über den Bau eines Studierendenwohnhauses in Kapfenbergdurch die <strong>WIST</strong> gefasst werden. Da die Stadt unter Hinweisauf die große Nachfrage auf eine rasche Fertigstellung dieses Vorhabensbesonderen Wert legte, wurde im Einvernehmen mit dem Bauträger„Neue Heimat“ beschlossen, das Haus in Holzriegelbauweisezu errichten. Damit wurde durchaus ein gewisses Risiko eingegangen,da nur begrenzte Erfahrungen mit Geschossbauten in Holz vorlagenund österreichweit noch kein Studentenheim mit dieser Technologieerrichtet worden war. Vor allem fehlten – und fehlen nochimmer – Erfahrungen über die langfristige Erhaltung von Holzbauten20


dieser Größe. Statt eines baukünstlerischen Wettbewerbs wurde aus Gründen des Zeitgewinnsein Gutachterverfahren durchgeführt, aus dem die Architekten DI Georg Moosbrugger und DIChristian Andexer als Sieger hervorgingen und mit der Planung beauftragt wurden. Vorgesehenwurde die Errichtung von 81 Heimplätzen in 27 Wohneinheiten durchwegs mit Einzelzimmern.Der Spatenstich erfolgte im September 2000, das Haus konnte im September 2002, also im 15.Jahr des Bestehens der <strong>WIST</strong>, bezogen werden.Unbebautes Grundstück, Leoben,Roseggerstraße 10Ungefähr zeitgleich mit den Planungen für Kapfenberg wurde dieStadt Leoben wegen der Schaffung von zusätzlichen studentischenWohnmöglichkeiten bei der <strong>WIST</strong> vorstellig. Auch von der Montan-Universität wurde ein solches Vorhaben wegen der steigenden Inskribentenzahlenunterstützt. Zunächst wurde an die Renovierung sowieden Um- und Ausbau des Internats der Berg- und Hüttenschulen,einer Höheren technischen Lehranstalt, gedacht. Ende 2000 musstendiese Überlegungen jedoch als nicht realisierbar aufgegeben werden.Von der Stadt Leoben wurde der <strong>WIST</strong> in der Folge ein Grundstückin zentraler Lage zum Kauf angeboten. Die symbolische Übergabedes Kaufvertrages durch Vizebürgermeister Rudolf Pawlitschkowar Teil der 15-Jahr-Feier der <strong>WIST</strong> am 13.11.2002.Leoben, Roseggerstraße 10Als Baurechtsnehmer und Bauträger entschied sich die <strong>WIST</strong> – erstmalswar sie ja auch Grundeigentümerin – für die obersteirischeMuttergenossenschaft der „Neuen Heimat“, die „GemeinnützigeWohn- und Siedlungsgenossenschaft Ennstal (SG ennstal)“. VonSeiten der Stadt Leoben wurde auf eine rasche Umsetzung desBauvorhabens gedrängt. Um Zeit zu gewinnen, wurde die Direktbeauftragungeines Architekten vorgeschlagen. Die <strong>WIST</strong> entschiedsich im August 2003 für DI Bramberger, der auch sofortmit Planungen begann. Die Wohnbauabteilung des Amtes derSteiermärkischen Landesregierung bestimmte jedoch im September,dass ein Gutachterverfahren mit geladenen Architektendurchzuführen sei. DI Bramberger beteiligte sich am Wettbewerbund ging daraus als Sieger hervor. Er wurde nun endgültig mit der Planung des Heimsals Niedrigenergiehaus und dessen Einrichtung beauftragt. Zu den Kosten hat die <strong>WIST</strong>c 146.500,- für Energie sparende Maßnahmen, wie kontrollierte Raumlüftung und Solaranlage,aus eigenen Mitteln beigetragen. Das Haus wurde im Herbst 2005 fertig gestellt, mit 80 Studierendenbesiedelt und noch im November 2005 feierlich eröffnet.Im Zusammenhang mit der Idee der Entwicklung eines Campus der Fachhochschule Joanneumin Graz-Eggenberg wurde im Vorstand der <strong>WIST</strong> die Überlegung diskutiert, eventuell im BereichEggenberg ein neues Haus zu errichten und damit auch Ersatzplätze für die Keplerstraße zu schaffen.In diesen Altbauten war nur mit hohem finanziellen Aufwand und beträchtlichen organisatorischenAnstrengungen jener Standard des Wohnens zu erreichen, der die <strong>WIST</strong>-Heime auszeichnet.Auch erwies sich die Instandhaltung der Gebäude als immer aufwändiger. In Eggenberg wurdeder <strong>WIST</strong> von der Siemens AG Österreich ein Grundstück angeboten. Die Verkaufsverhandlungen21


endeten jedoch nach längerer Zeit ohne Abschluss – auch, weil in unmittelbarer Nachbarschaftmit der Greenbox ein Studentenheim errichtet wurde und die <strong>WIST</strong> zu diesem Vorhaben nicht inKonkurrenz treten wollte.Das Jahr 2002 brachte eine Reihe von vereinsinternen Veränderungen für die <strong>WIST</strong>. Durch dieNovellierung des Studentenheimgesetzes wurde die <strong>WIST</strong>, als Heimträger mit mehr als 500 Plätzen,verpflichtet, einen <strong>Jahre</strong>sabschluss (eine Bilanz) von einem Wirtschaftstreuhänder erstellenzu lassen. Dadurch wurde eine Verlegung der Vollversammlung notwendig, die bis zu diesemZeitpunkt immer gegen Ende des Geschäftsjahres abgehalten wurde. Diese mussten nun aufden Herbst des Folgejahres verschoben werden. Der Übergang fand 2002 statt. In der Vollversammlungam 2.5.2002 wurde der Arbeitsbericht für 2001 vorgelegt und überdies eine Statutenänderungbeschlossen, durch die der Name des Vereins auf „Wirtschaftshilfe für StudierendeSteiermark“ geändert und die Größe des Vorstandes mit fünf Personen neu festgesetzt wurden.In der nächsten Vollversammlung am 13.11.2002 wurde der Rechnungsabschluss für 2001vorgelegt und die Neuwahlen in den Vorstand durchgeführt; gewählt wurden: Dr. Seel als Vorsitzender,Dr. Sik und Dr. Müller als seine Stellvertreter, Dr. Weber als Kassier und Dr. Muchitschals sein Stellvertreter. Die Funktion des Schriftführers wird von einem Vorstandsmitglied in Personalunionwahrgenommen (Dr. Müller bis 2011, seither OAR Nichols-Schweiger).Im Sommer 2002 wurde auf der Grundlage der geänderten Statuten eine Geschäftsordnungbeschlossen. Die wachsende Zahl der MitarbeiterInnen in der <strong>WIST</strong> führte überdies zur Notwendigkeit,mit 1.9.2002 ein einheitliches Gehaltsschema an die Stelle der bisherigen individuellenVereinbarungen treten zu lassen. Das Einkommen der <strong>WIST</strong>-MitarbeiterInnen richtet sich nachdem Kollektivvertrag der Handelsangestellten und wird durch eine <strong>WIST</strong>-Zulage ergänzt, derenAuszahlung allerdings von der wirtschaftlichen Lage der <strong>WIST</strong> und vom Arbeitserfolg abhängigist, was bisher immer der Fall war. Damit erreichen die <strong>WIST</strong>-MitarbeiterInnen ein Gehalt ähnlichdem der Landesvertragsbediensteten.Aus Anlass der Feier des 15-jährigen Bestehens am 13.11.2002 im Saal in der Moserhofgassewidmete die <strong>WIST</strong> c 15.000 für Sozialstipendien. Auf deren Ausschreibung hin gingen 97 Bewerbungenein, von denen 40 Studierende nach dem Kriterium der Bedürftigkeit ausgewählt wurdenund jeweils einen Betrag von c 375,- erhielten. Bei der feierlichen Übergabe der Stipendiendurch den nunmehrigen Landeshauptmann Mag. Franz Voves am 12.5.2003 im Roten Saal inder Wiener Straße stiftete dieser spontan weitere 15 Stipendien. Ferner wurden den Rektorender Grazer Universitäten je zwei Freiplätze in <strong>WIST</strong>-Heimen für fünf <strong>Jahre</strong> zur Verfügung gestellt.Der gelungene Verlauf der Jubiläumsveranstaltung führte zum Vorstandsbeschluss, alljährlich imSpätherbst ein Begrüßungsfest für die neuen HeimbewohnerInnen durchzuführen.Ende 2002 schied der langjährige Geschäftsführer der <strong>WIST</strong>, Ing. Christian Laufer, über eigenenWunsch aus dem Dienstverhältnis aus. Im Juni 2003 übernahm Mag. a Doris Peitler, die vorherdas Haus Ghegagasse betreut hatte, interimistisch die Leitung der Geschäftsstelle. Weil siedamals aus familiären Gründen in Teilzeit beschäftigt war, wurde ihr Sandra Prepeluh - bis 2007 -assistierend zur Seite gestellt. In der Vollversammlung am 30.10.2003 fand die Neuordnung allgemeineZustimmung. Der Rechnungsabschluss für das Jahr 2002 wurde einstimmig angenommen.22


Im Herbst 2004 erlangte die <strong>WIST</strong> Steiermark davon Kenntnis, dass die „Wirtschaftshilfe derStudenten Oberösterreichs“ beabsichtigt, ihr Heim in Graz in der Fröbelgasse 2006 zu schließen.Da seitens des oberösterreichischen Schwestervereines keine Vorsorge für den Annuitätensprungin der Rückzahlung der Wohnbauförderung getroffen worden war, hätte die ab dem 21. <strong>Jahre</strong>rheblich höhere Rate für das Landeswohnbaudarlehen im Heimpreis ihren Niederschlag findenmüssen und diesen schlagartig um c 60,- bis c 80,- verteuert. Die <strong>WIST</strong> Steiermark wollte diesenVerlust von 68 Heimplätzen in Graz vermeiden und erklärte sich bereit, das Haus Fröbelgasseweiterzuführen. Die Erhöhung der Heimpreise auf Grund des Annuitätensprunges wurde bzw.wird, da sie nur teilweise weitergegeben werden kann, durch vorübergehende Umwidmung vonRücklagen – als unverzinste Zwischenfinanzierung – abgefangen.In der Vollversammlung am 4.11.2004 wurde die Bilanz für 2003 genehmigt und Dr. in AndreaRotschädl in den Vorstand kooptiert. Am 1.12.2004 wurde das Begrüßungsfest für die neu eingezogenenStudierenden mit einem Konzert von Jan-Pieter Martens veranstaltet.2005 wurden die Verhandlungen für den Erhalt der Fröbelgasse fortgesetzt. Zusätzlich zur Stützungdes Heimpreises erwies sich eine Generalsanierung – mit Erneuerung der Heizung, derSanitärräume, der Böden und der Einrichtung – als unumgänglich. Mit dem Ministerium wurdenVorgespräche wegen der Förderung dieser Maßnahmen geführt. Weil sich der Eintritt der <strong>WIST</strong>Steiermark in den Generalmietvertrag mit der ESG Villach als nicht zielführend herausstellte,wurde der Kauf des Hauses durch die <strong>WIST</strong> Steiermark in Erwägung gezogen.In der Vollversammlung am 24.11.2005 fand nach der einstimmigen Annahme des Rechnungsabschlussesfür das Jahr 2004 die Neuwahl des Vorstandes und des Präsidiums statt. Der Vorsitzende(Dr. Seel) und seine Stellvertreter (Dr. Sik und Dr. Müller) und der Kassier (Dr. Weber) wurdenfür die Funktionsperiode 2005 bis 2008 wiedergewählt; neuer Kassier-Stellvertreter wurdeMag. Michael Schickhofer. Frau Dr. in Rotschädl schied aus dem Vorstand aus, Dr. Muchitschwurde kooptiert. Die Wahl des Präsidiums brachte folgendes Ergebnis: Landtagsvizepräsidentina.D. Zdarsky, Zweiter Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Kurt Flecker, AK-Präsident Rotschädl,Vorstandsdirektor Dr. Messner und Landesdirektor Otmar Gall.In der Vollversammlung am 22.11.2006 schied Frau Landtagsvizepräsidentin a.D. Zdarsky ausAltersgründen aus dem Präsidium aus. An die Stelle des verstorbenen Landesdirektors der WienerStädtischen Versicherung Gall wurde sein Nachfolger Dr. Gerhard Krainer gewählt. Am selbenAbend war auch das nun schon traditionelle Begrüßungsfest für die neuen HeimbewohnerInnen.Im Sommer 2007 begann die Zusammenarbeit mit dem„UniT Kulturverein“, der den Roten Saal im Haus WienerStraße für die Durchführung seiner Theater- und Konzertveranstaltungenanmietete. Er übernahm in der Folge auchdas Kaffeehaus, das zuvor von verschiedenen Pächternmit eher mäßigem Erfolg betrieben worden war.Mag. a Edith Draxl und Dr. in Constanze Dennig freuen sich überdie Realisierung des „Theater am Lend“.23


Fröbelgasse 34Gestützt auf die Förderungszusagen hatte der Vorstand am28.6.2005 den Beschluss gefasst, das Objekt Fröbelgasse zumPreis von rund c <strong>25</strong>0.000,- in bar bei Übernahme des aushaftendenWohnbauförderungsdarlehens zum 1.7.2007 anzukaufen undüber den Sommer die notwendigen Sanierungen durchzuführen. DerVorvertrag über den Kauf wurde mit der BUWOG, die mit 1.1.2006die Führung der ESG Villach übernommen hatte, am 10.1.2007abgeschlossen. Die Renovierung mit einem geschätzten Kostenrahmenvon c 600.000,- wurde Architektin DI. in Elisabeth Lechnerübertragen und termingerecht ausgeführt. Im September 2007 gingdie neu gestaltete Fröbelgasse als deren 7. Studierendenwohnhausin Graz wieder in Betrieb.Im Vorstand der <strong>WIST</strong> ergaben sich 2007 Veränderungen, weil Dr. Sik mit 1.2.2007 seine Funktionals Stellvertreter des Vorsitzenden zurücklegte und am 27.8.2007 auch Mag. Schickhoferseinen Rücktritt bekannt gab. In dessen Nachfolge wurde Frau Barbara Griser kooptiert.Dr. Sik wurde am 22.5.2007 im Kreis der Vorstandsmitglieder und MitarbeiterInnen verabschiedet.Der Vorsitzende dankte ihm herzlich für seine 20-jährige Mitarbeit in der <strong>WIST</strong>, bei der ihmdie Sicherstellung der architektonischen Qualität der Studierendenwohnhäuser ein besonderesAnliegen war. Auch für die Pflege der kulturellen Aktivitäten der <strong>WIST</strong>, insbesondere des Konzertprogramms,ist ihm der Verein zu großem Dank verpflichtet.Am 19.10.2007 feierte die <strong>WIST</strong> ihr 20-jähriges Bestehen im Beisein von BundespräsidentDr. Heinz Fischer, Landeshauptmann Mag. Franz Voves, der zum Jubiläum auch einen Landesempfangausrichtete, sowie zahlreicher Festgäste und Freunde aus ganz Österreich. Auf diesenAnlass wurde auch eine umfangreiche Vereinschronik herausgegeben und am 29.11.2007 in denSälen der Kammer für Arbeiter und Angestellte Steiermark in der Strauchergasse der 1. <strong>WIST</strong>-Ballabgehalten, mit dem eine neue Tradition begründet werden sollte.Der Vorsitzende Prof. Seel überreichtBundespräsident Dr. Heinz Fischer die Vereinschronik.1. <strong>WIST</strong>-Ball am 29.11.2007Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer zeichnete Dr. Seel, Dr. Weber, Dr. Sik und Dr. Müller für ihr20-jähriges Wirken im Vereinsvorstand durch die Verleihung des „Bundes-Ehrenzeichens“ aus.24


Die feierliche Überreichung der Insignien nahm Landeshauptmann Mag. Voves im Weißen Saalder Grazer Burg vor.Seel Weber Sik MüllerAm 2.12.2010 gedachte die <strong>WIST</strong> im Anschluss an die Vollversammlung der Gründung der „Wirtschaftshilfefür Arbeiterstudenten“ in Graz im Jahr 1950. Alle ehemaligen Vorstandsmitglieder derWIHAST und der <strong>WIST</strong> waren dazu eingeladen. Eine besondere Freude für alle TeilnehmerInnenwar es, dass auch der Gründungsobmann der WIHAST, Herr Dr. Hans Winter, Generaldirektora.D., erschienen war und in beeindruckender freier Rede seine Lebensgeschichte und die Entstehungder WIHAST vor 60 <strong>Jahre</strong>n darlegte.Im Herbst 2010 wurde vom <strong>WIST</strong>-Vorstand – erstmalig und einzigartig unter den gemeinnützigenHeimträgern – unter acht Studierendenwohnhäusern der <strong>WIST</strong> in Graz, Kapfenberg und Leobenmit ihren circa 1300 BewohnerInnen ein Energiesparwettbewerb ausgelobt. Das gemeinsame Ziellautete, so viel an Energie (Strom und Heizungsaufwand) einzusparen, dass eine der jährlichenHeimpreiserhöhungen entfallen kann. Im November 2010 fand die erste Vorbesprechung mit denneu gewählten Heimvertretungen, den wichtigsten AnsprechpartnerInnen und MultiplikatorInnen,statt. Das Echo der Studierenden war so positiv und ihr Engagement von Anfang an so groß, dassbereits im Dezember mit dem Wettbewerb begonnen wurde. Er dauerte bis Juni 2012.Bereits 2007 hatte die enw der <strong>WIST</strong> den Vorschlag unterbreitet, im Rahmen des städtebaulichenGroßprojektes „Messequartier Graz“ ein Studierendenwohnhaus in Passivhausbauweise zu errichten.Der Vorstand trat dem Vorhaben auch mit der Absicht näher, durch das neue Haus die Keplerstraßezu ersetzen. Daher wurde zunächst die Zustimmung des Wissenschaftsministeriums für dieÜbertragung der Förderung und die Subventionierung der zusätzlichen Heimplätze auf dem Messegrundeingeholt. Nachdem diese vorgelegen hatte, wurde vom Vorstand mit Architekt DI MarkusPernthaler rasch das Raumkonzept entwickelt. Mit der Möblierungsplanung wurde Architektin DI. inElisabeth Lechner beauftragt. Langwierig und intensiv gestalteten sich danach die Finanzierungsverhandlungenmit dem Bauträger. Der Aufwand für die nicht geförderten Baukostenanteile und dienicht benötigten Tiefgaragenplätze hätten für die <strong>WIST</strong> eine nicht tragbare wirtschaftliche Belastungbedeutet. In bewährter Partnerschaft konnte schließlich doch ein Konsens mit der enw gefundenwerden, der ein weiteres – auch energetisch richtungsweisendes – <strong>WIST</strong>-Haus entstehen ließ.Die <strong>WIST</strong> schafft durch ihre neuen Häuser, wie jenes im Messequartier, nicht nur zusätzlichenWohnraum für Studierende, sie bemüht sich auch ständig um die Erhaltung und Verbesserung derQualität ihrer Objekte. So wurden von 2009 bis 2011 rund € 500.000 in der Wiener Straße und2010 weitere € 100.000 in der Moserhofgasse 34 in die Bausubstanz investiert.<strong>25</strong>


Münzgrabenstraße 84a und 84cIn der Vollversammlung am 20.6.2011 übergab der Gründungsobmann der <strong>WIST</strong>, NAbg. a.D.em. Univ.-Prof. Dr. Helmut Seel, nach 24-jährigem Wirken seine Funktion als Vorsitzender anSR i.R. Ing. Mag. Dr. Kurt Weber. Als „einfaches“ Vorstandsmitglied und als erstes Ehrenmitgliedbleibt Dr. Seel dem Verein erhalten. Der Wechsel an der Spitze führte zu weiteren Veränderungenim Leitungsorgan: Dr. Müller (stellv. Vorsitzender und Kassier), Nichols-Schweiger (stellv. Vorsitzenderund Schriftführer), Dr. Seel (Beirat und Schriftführer-Stellvertreter) und Mag. Just (Beiratund Kassier-Stellvertreter).Prof. Seel mit der Ehrenurkunde imKreis der <strong>WIST</strong>-FunktionärInnenDas Studierendenwohnhaus Keplerstraße wurde ab Juli 2011 nicht mehr betrieben und in derFolge von der enw verkauft. An seiner Stelle wurde am 1.10.2011 das StudierendenwohnhausMünzgrabenstraße-Messequartier mit 97 Einzelzimmern in 24 Wohneinheiten bezogen. Die enwlud am 7.5.2012 zur feierlichen Eröffnung des 1. Abschnittes des „Messequartier Graz“ mit Herrn26


Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer. Im Zuge des Rundgangs besuchte er auch das <strong>WIST</strong>-Studierendenwohnhaus.Landeshauptmann Mag. Franz Voves hatte es schon am 14.11.2011 besichtigtund die Neuankömmlinge herzlich willkommen geheißen.7.5.2012:Bundespräsident Dr. Heinz Fischerim Kreise der <strong>WIST</strong>-Vorstandsmitgliederund Mitarbeiterinnen14.11.2011:LH Mag. Voves zu Besuchim StudierendenwohnhausMünzgrabenstraßeStudierendenwohnhausMünzgrabenstraße 84a und 84c27


Mit Oktober 2011 hat die <strong>WIST</strong> die 1400-Bewohner-Grenze überschritten! Ein weiterer Meilensteinin der Geschichte des größten Heimträgers mit einem flächendeckenden Angebot an denUniversitäts- und Fachhochschulstandorten in der Steiermark. So trat die <strong>WIST</strong> auf einem neuenHöhepunkt ihrer Entwicklung in das <strong>25</strong>. Bestandsjahr ein, in dem sie ihr Gründungsjubiläum mitmehreren Veranstaltungen festlich beging.Entwicklung der Heimplätze der <strong>WIST</strong> Steiermark 1033 1164 131 1245 81 13<strong>25</strong> 80 1991 224 2241992 224 81 3051996 305 152 4571997 457 576 10332000 1033 131 11642001 1164 81 12452005 1245 80 13<strong>25</strong>2007 13<strong>25</strong> 61 13862011 1386 16 14021386 1402 61 16 576 457 224 305 152 81 224 224 305 457 1033 1164 1245 13<strong>25</strong> 1386 1991 1992 1996 1997 2000 2001 2005 2007 2011 Den Auftakt bildete am 19. April eine interessante und gut besuchte Podiumsdiskussion. Unterdem Motto „Studieren im Jahr 2012“ referierten ao. Univ.-Prof. Dr. Hans Pechar, UniversitätKlagenfurt, und Mag. Martin Unger, Institut für Höhere Studien, Wien. Im Anschluss daran diskutiertenüber die Thematik der Studiengebühren durchaus kontroversiell Vertreter der Universitätenund Fachhochschulen mit Funktionären der Hochschülerschaften. Die beiden Referate und weitereFachbeiträge dazu können in der <strong>Festschrift</strong> ab Seite 34 nachgelesen werden.Podiumsdiskussion 19.4.2012v.l.: Bischof, Frühauf, Polaschek,Just, Pfeiffer, Schulz, Thum undFandlerDer Höhepunkt im Festreigen folgte am 21. Juni, unmittelbar nach der Vollversammlung, in derdie Arbeitsberichte von Vorstand und Geschäftsstelle sowie der Rechnungsabschluss von Kassierund Wirtschaftsprüfer einhellig zur Kenntnis genommen und über Antrag der Rechnungsprüferdem Vorstand unter ausdrücklichem Hinweis auf die erneut bewiesene wirtschaftliche und sparsameGeschäftsführung einstimmig die Entlastung erteilt worden waren.Im Anschluss daran fand im „Roten Saal“ in der Wiener Straße der eigentliche Festakt statt, dender „<strong>WIST</strong>-Haufen“ schwungvoll musikalisch umrahmte. Landeshauptmann Mag. Franz Voves,28


Landeshauptmann-Stellvertreter Siegfried Schrittwieser, Landesrätin Dr. in Bettina Vollath undLandtags-Vizepräsidentin Mag. a Ursula Lackner führten die zahlreich erschienenen Ehrengästeaus nah und fern an. Als „Jubiläumsgeschenk“ überbrachte der Herr Landeshauptmann, der auchdie Laudatio hielt, die Ehrenurkunde über den einstimmigen Beschluss der SteiermärkischenLandesregierung vom 22.3.2012, der <strong>WIST</strong> in Anerkennung ihres herausragenden gemeinnützigenWirkens das Recht zur Führung des Landeswappens zu verleihen. Diese Auszeichnungwird Vereinen ganz selten zuteil. Nach dem Verleihungsakt folgte die Prämierung der Sieger des<strong>WIST</strong>-Energiesparwettbewerbes.<strong>WIST</strong>-Vorsitzender Dr. Weber und LH Mag. VovesAls Sieger in der Kategorie Strom wurde das Studierendenwohnhaus Ghegagasse 9-19 mit 309BewohnerInnen (Einsparung: 279 kWh je Heimplatz), als Sieger in der Kategorie Heizung dasStudierendenwohnhaus Wiener Straße 58a mit 224 BewohnerInnen (Einsparung: 864 kWh jeHeimplatz) prämiert.Die SiegerInnen aus dem Energiesparwettbewerb nach der Prämierung:v.l.: LH-Stv. Schrittwieser, LH Mag. Voves, Heimsprecher Wiener Straße Florian Widmann, Heimsprecher-Stv. Moserhofgasse 34Florian Achleitner (Ehrenurkunde), Heimsprecher Moserhofgasse 20-22 Thomas Tscherner (Ehrenurkunde), Heimsprecher Ghegagasse 9-19Lukas Fritzer, stv. Vorsitzender der <strong>WIST</strong> Dr. Müller, Vorsitzender der <strong>WIST</strong> Dr. Weber29


Die Bilanz kann sich sehen lassen: 160.000 kWh Strom und 507.000 kWh an Heizungsaufwandwurden ohne Komfortverlust eingespart, was dem Energieverbrauch von rund 45 Drei-Personen-Haushalten,die in 120m 2 -Eigenheimen wohnen, entspricht. Somit konnte die Heimpreiserhöhungin den Studienjahren 2011/2012 und 2012/2013 um jeweils € 4 niedriger ausfallen. Wirhaben unser Ziel damit punktgenau erreicht.Abschluss und Ausklang des Jubiläums bilden zwei weitere Veranstaltungen. Zunächst die Präsentationder <strong>Festschrift</strong> „1987–2012 <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> Wirtschaftshilfe für Studierende Steiermark –Beiträge zur Infrastruktur des Studierens in der Steiermark“ am 8. November im <strong>WIST</strong>-Saal in derMoserhofgasse. Passend dazu wird Landesrätin Mag. a Elisabeth Grossmann zum Thema „Vomsekundären zum tertiären Sektor des Bildungssystems unter dem Aspekt der Chancengleichheit“ein Grundsatzreferat – auch als Botschaft an künftige Studierende – halten. Mit dem 5. <strong>WIST</strong>-Ballin den Kammersälen am 16.11.2012 – längst ein Geheimtipp in der Grazer Szene – unter demMotto „1402 … und eine Nacht“ werden hoffentlich viele junge und junggebliebene Mitglieder dergroßen <strong>WIST</strong>-Familie mit der Musik der skydogs beschwingt und heiter aus dem Jubiläumsjahrhinaustanzen.Das Jahr 2010 läutete weitreichende personelle Veränderungen in der <strong>WIST</strong>-Geschäftsstelleim Jubiläumsjahr ein. Die langjährigen und verdienten Mitarbeiterinnen Sandra Diaz, vormalsPrepeluh, und Carmen Michal, vormals Gartlehner, gingen in Mutterschafts- und Karenzurlaub.Beide schieden 2012 über eigenen Wunsch aus ihrem Dienstverhältnis aus.Heute präsentiert sich das hauptamtliche Team der <strong>WIST</strong> wie folgt:Mag. a Doris Peitler, Leiterin der Geschäftsstelle (seit 2003)Sonja Rupp, Verwalterin und Stellvertreterin der Leiterin der Geschäftsstelle (seit 2009)Claudia Egger, Verwalterin (seit 2010)Iris Pestemer-Lach, Assistenzkraft in Teilzeit (seit 2010)Cornelia Zelzer, geringfügig beschäftigte Assistenzkraft (seit 2011)Hermann Dorn, Haustechniker (seit 2005)Bernhard Kriegl, Haustechniker (seit 2009)Patrick Offenegger, geringfügig beschäftigte Kontaktperson in Leoben (seit 2009)Das <strong>WIST</strong>-Team auf dem 4. <strong>WIST</strong>-Ball 2011:v.l.: Dorn, Pestemer-Lach, Peitler, Rupp,Egger, Kriegl30


Schon unsere <strong>Festschrift</strong>en zum 10- und zum 20-Jahr-Jubiläum – und dies gilt auch für dasvorliegende Werk – enthielten den Hinweis, dass sie nur einen streiflichtartigen Überblick überdas erfolgreiche Wirken des Vorstandes und der MitarbeiterInnen der Geschäftsstelle vermittelnkönnen. Dahinter stehen die engagierte und kompetente Arbeitsleistung der MitarbeiterInnenund der außerordentliche ehrenamtliche Einsatz der Mitglieder des Vorstandes, die einen hohenpersönlichen und zeitlichen Aufwand einbringen.Der Vorstand im Jubiläumsjahr:v.l.: Just, Nichols-Schweiger,Seel, Weber, MüllerDie Teilnahme an den häufigen Vorstandssitzungen, an internen Beratungen, Gesprächen undVerhandlungen, das Einbringen von Fachwissen, Kreativität und Lebenserfahrung haben die<strong>WIST</strong> erst zu dem heranwachsen lassen, was sie heute ist: der größte Heimplatzanbieter derSteiermark, dem regelmäßig von zufriedenen Studierenden, den Vertretern der hohen Schulen,seinen Förderungsgebern und Kooperationspartnern bestätigt wird, dass er seiner gemeinnützigenZielsetzung in vorbildlicher Weise gerecht wird, indem er Wohnraum für nunmehr 1402 Studierendevon besonderer Qualität und zu den sozial verträglichsten Preisen in Graz, Kapfenberg undLeoben bereitstellt.Helmut-Theobald Müllerstv. Vorsitzender und Kassier der <strong>WIST</strong>31


Münzgrabenstraße 84a und 84c –das jüngste Haus der <strong>WIST</strong>Wieder neue Maßstäbeim studentischen Wohnen:Erstes Passivhaus der <strong>WIST</strong>aus Verantwortung uns selbstund der Umwelt gegenüberKann man Generationen verbinden?Ein Versuch im MessequartierStudierendenwohnhausKindergartenBetreutes WohnenEigentum und MieteGeschäftsflächen97 heimelige EinzelzimmerMein eigenes kleines Reich und doch nicht alleineIn lichtdurchfluteten Gemeinschaftsräumenlassen sich Kontakte leichter knüpfenEine Piazza als Zentrum und Angelpunktschön und kunstvoll gepflastertvielleicht auch Symbolfür ein konfliktfreiesgenerationenübergreifendes MiteinanderBauträger: Ennstal-Neue Heimat-Wohnbauhilfe, Theodor-Körner-Straße 120, 8010 GrazPlanung: Architekt DI Markus Pernthaler, Möblierungsplanung: Architektin DI in Elisabeth LechnerGesamtkosten: ca. € 6 Millionen, Erstbezug: Herbst 201132


20 <strong>Jahre</strong> Raum für KulturNeue Kunst beschäftigt sich immer mehr mit neuer Wissenschaft, und sie findet sich auch inKunsthäusern am richtigen Platz. Zu erinnern ist u. a. an Österreichs Paradephysiker Anton Zeilingerjüngst bei der documenta13 in Kassel. Das ist keine kurzatmige Mode, das ist – mit mehroder weniger Intensität – immer wieder so. Der in Odessa, in der Ukraine geborene ÖsterreicherPeter Weibel artikuliert sich in drei Berufen, die diese Interferenz sichtbar machen: Universitätsprofessor,Museumsdirektor und Künstler. Letzteres nicht zuletzt im Wiener Aktionismus, deminternational gesehen wesentlichsten Beitrag Österreichs zur Weltkunst in der zweiten Hälfte desvergangenen Jahrhunderts. Nicht nur der steirische herbst folgt dieser Linie, man kann auch anGoethes Faust denken. Studierende sehen diese „Verwandtschaft“, sagen wir einmal, entspannt.In ihrer Mehrzahl müssen sie ihren Platz in der Kunst erst finden. Gar nicht so wenige verfehlendieses Ziel lebenslang …Zurückzuführen ist das auf viele Defizite, die im Elternhaus, in der Schule, der Regierungspolitikund – an sich unerwartet – an den Hohen Schulen selbst zu verorten sind. In einem globalisiertenWirtschaftsraum - mit ständigen Forderungen nach mehr Innovationsfähigkeit und geistiger wieräumlicher Flexibilität an die Menschen - ist die nicht nur budgetäre Zurückhaltung gegenüberden sogen. weichen Faktoren, wie Bildung, Kultur, Umwelt sowie Wissenschaft und Forschung,schlicht unverständlich. Der enorme und vielfach fragwürdige Verschulungscharakter von derOberstufe des Sekundärsektors bis in den tertiären Bereich, verbunden mit einem engstirnigenNutzbarkeitsdenken, würde im Hinblick auf ein in Zukunft wachsend wechselhaftes Berufs- undPrivatleben den weit gefassten Einsatz künstlerischer bis wissenschaftlicher Intelligenz verlangen.Jazz at fiveJazztett Forum Graz & spezial guests33


Daran müssten die Angebote der Universitäten gefordert werden, mit ihnen auch die über dasLogis hinausreichenden Möglichkeiten in den Wohnhäusern für Studierende. Zeit und Platz gibtes dafür zwar wenig. Trotzdem gehen den Gründungen von (Fach-)Hochschulen intensive Recherchenund Überlegungen über den lokalen und regionalen geistigen Horizont voraus. Die seit 2008anhaltenden finanziellen und währungspolitischen Verwirrungen und Verwerfungen erlauben aufdiesem Sektor nur wenig Bewegung, überdies wurde der Süden Österreichs gegenüber der NordspangeWien-Linz-Salzburg immer schon benachteiligt. Das zeigt sich nicht nur an den vier österreichischenKunsthochschulen in Wien, Linz und Salzburg. Auch die Donau-Universität Kremshat einiges von diesem Kuchen bekommen, während das südliche Burgenland, die Steiermark,Kärnten und Osttirol davon abgehängt scheinen. Die in Mitteleuropa singuläre Ortweinschulewurde mit ihren Meisterschulen zwar in das Regelschulwesen aufgenommen, ist jedoch von denAnsprüchen einer hohen Schule deutlich entfernt. Das ist nicht ihr vorzuwerfen, sondern einerBildungspolitik, die sich zu viele <strong>Jahre</strong> an ein Vorarlberger Strickmuster hielt.Diese Haltung konnte sich großregional gegen eine Elternschaft halten, die an sich vom sogenannten1968er Geist geprägt sein sollte. Das stärkt die Annahme, dass von ihm hierzulandedoch nicht zu viel politische, schon gar nicht kulturpolitische Wirkung ausging – und wenn danneher eine Trivialisierung von Kunst, die gerne auch als ihre Demokratisierung ausgegeben wurde.Damit ist der Radius künstlerischer und kultureller Möglichkeiten rund um studentisches Wohnenumschrieben – und begrenzt. Dennoch hat die <strong>WIST</strong> seit 1991 rund um die Moserhofgasse, aberauch im Bezirk Lend eine beachtliche Dichte von Wohnungen für Studierende etabliert. Vorstandund Leitung bieten darin für einige künstlerische Sparten eine Heimat an: Theater, Literatur undMusik, im besonderen Jazz, nützen dieses Hausrecht und erreichen oft international beachtlicheErfolge. Bleibt zu wünschen, dass davon die Studierenden ausreichend Nutzen ziehen.Herbert Nichols-Schweigerstv. Vorsitzender und Schriftführer der <strong>WIST</strong>34


Beiträge zurInfrastruktur des Studierensin der Steiermark


Seit <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong>n besteht die <strong>WIST</strong> Steiermark und hat in dieser Zeit rund 1400Plätze in neun Studierendenwohnhäusern geschaffen, welche durch die Qualität des Wohnensund günstige Kosten gekennzeichnet sind. Die Bedeutung dieser Leistung soll durch einen Blickauf die aktuelle Situation der Studierenden gerechtfertigt werden. Die <strong>WIST</strong> hat daher als ersteVeranstaltung im Jubiläumsjahr ein Symposium mit dem Titel „Studieren im Jahr 2012“ durchgeführt,welches in der vorliegenden Publikation dokumentiert wird.Die Diskussion um die Wiedereinführung von Studiengebühren, welche durch die Regierungskoalitionvon ÖVP und FPÖ/BZÖ 2001 eingeführt wurde, ist wieder in Gang gekommen, nachdemder Verfassungsgerichtshof das Gesetz zu ihrer Abschaffung (Ausnahme Ausländer aus Nicht-EU-Staaten und Langzeitstudierende) aus dem Jahr 2008 wegen Verfahrensmängel aufgehobenund die Bundesregierung keine neue gesetzliche Lösung gefunden hat. Derzeit entscheiden dieUniversitäten unter Duldung durch den Wissenschaftsminister eigenständig, ob sie sich an dasGesetz von 2008 halten sollen.Zwei Vorträge sollten in die Thematik einführen. Zur Frage der Bedeutung von Studienbeiträgender Studierenden für die Finanzierung der Universitäten und Hochschulen nahm Hans Pechar(Universität Klagenfurt) in seinem Referat „Benötigen die Hochschulen neben öffentlichen auchprivate Einnahmen?“ Stellung. Zur Belastung der Studierenden durch Studiengebühren lieferte dasReferat von Martin Unger (IHS) „Die soziale Lage der Studierenden in der Steiermark“ wichtigeHintergrundinformationen.Die kontroversen Positionen über Bedeutung und Angemessenheit von Studiengebühren kamenin einer spannenden, von Mag. Bernhard Just souverän moderierten Diskussion zum Ausdruck.Das Podium war mit Horst Bischof (Vizerektor TU Graz), Wolf Frühauf (Sektionschef i. R.) KarlP. Pfeiffer (Rektor FH Joanneum), Martin Polaschek (Vizerektor KFU Graz), Georg Schulz (RektorKunstuniversität Graz), Stefan Thum (ÖH der KFU Graz) und Simon Fandler (ÖH der MedUniGraz) repräsentativ besetzt.Der Aufhellung des institutionellen Hintergrunds des „Studierens im Jahr 2012“ dienen dieanschließenden Beiträge von Wolf Frühauf („Benötigen die Hochschulen neben den öffentlichenauch private Einnahmen ?“), der die im Referat von H. Pechar angesprochene Problematik ausanderer Sicht beleuchtet, Werner Hauser („Die wichtigsten Änderungen des Fachhochschulstudiengesetzesseit 1993“), in welchem der Weg der Fachhochschulen von ihrer Einführung zur heutigenErscheinungsform dargestellt wird, und Helmut Seel („Die Pädagogischen Hochschulen“),der die neueste Institution des tertiären Sektors in Österreich charakterisiert.Im letzten Quartal des 20. Jahrhunderts erfuhr der tertiäre Sektor des Bildungswesens in Österreicheine weitreichende Erneuerung und Umgestaltung. Dies stand im Zusammenhang mit derAlleinregierung der SPÖ ab 1970, welche erstmals ein eigenes Ministerium für Wissenschaftund Forschung einrichtete. 1975 wurde im Rahmen des „Gesetzes über die Organisation derUniversitäten“ (UOG 1975) die Demokratisierung der Universitäten durch weitreichende Mitbestimmungsregelungenvorangetrieben. Kurien der Vertreter des akademischen Mittelbaus und derStudierendenvertreter wurden in allen Kollegialorganen (Senat, Fakultätskollegium, Institutskonferenz,Studienkommission) eingerichtet, die Professoren verloren die Mehrheit. Weiters wurden36


die bisherigen traditionellen Hochschulen für Technik, Montanistik, Welthandel, Veterinärmedizinund Bodenkultur zu Universitäten angehoben, was durchaus dem organisatorischen und wissenschaftlichenStatus dieser „alten“ Fachhochschulen entsprach. An den traditionellen Universitätenwurde der Differenzierung in den Wissenschaften durch neue Fakultäten Rechnung getragen,z.B. Teilung der Philosophischen Fakultät in Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften,Einrichtung von Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten neben den RechtswissenschaftlichenFakultäten. Die Studiengebühren an den Universitäten wurden 1971 abgeschafft.Im „Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten 1993“ (UOG 1993) wurden die Strukturender Universitäten, welche weiterhin Einrichtungen des Bundes blieben, den Bedingungender Massen-Universität angepasst. Die Funktionsträger wurden in ihrer Entscheidungskompetenzgestärkt, was notwendige raschere Entscheidungen ermöglichte. Den Kollegialorganen wurdenRichtlinien- und Kontrollkompetenzen zugeordnet. Die Leitung der Studien an den einzelnenFakultäten wurde eigenen Studiendekanen übertragen.Im „Allgemeinen Hochschulstudiengesetz“ (AHStG 1966) wurde die Studienstruktur aller Universitätenvereinheitlicht, wobei man sich an den „Fach“-Universitäten orientierte. Deren Diplom-Abschlüsse(Diplomingenieur, Diplomkaufmann) wurden verallgemeinert, auch die traditionellenUniversitätsstudien wurden nun mit der Diplomprüfung abgeschlossen (Magistergraduierung).Die Diplomabschlüsse wurden allgemeine Voraussetzung für den Zugang zum Doktoratsstudium.Im „Bundesgesetz über geisteswissenschaftliche und naturwissenschaftliche Studienrichtungen“(GNStG 1971) wurde auch das Studium zum Lehramt an höheren Schulen als akademischesDiplomstudium mit der Magistergraduierung eingerichtet. Vorher hatte das Lehramtsstudium ander Universität nur auf die Lehramtsprüfung als Staatsprüfung ohne akademische Graduierungvorbereitet. Eine studienrechtliche Erneuerung erfuhren die Universitäten durch das „Bundesgesetzüber die Studien an den Universitäten“ (UniStG 1997). An die Stelle der bisher vom zuständigenBundesministerium verordneten Studienordnungen für die einzelnen Studienrichtungen, welchedie Grundlage für die Erlassung der Studienpläne durch die Studienkommissionen bildeten, tratenBegutachtungsregelungen als Voraussetzung für die Erlassung der Studienpläne durch die Studienkommissionen.Das Bundesministerium behielt ein Einspruchsrecht. In einer Novellierung desUniStG 1997 wurde 1999 die Studienstruktur nach den Bologna-Vereinbarungen über den europäischenHochschulraum abgeändert. Die Dreistufigkeit der Universitätsstudien wurde eingeführt:Bakkalaureatsstudium 6 Semester – Magisterstudium 4 Semester – Doktoratsstudium 4 Semester.Durch das „Gesetz über die Organisation der Universitäten der Künste“ (KUOG 1998) wurden1998 die bisherigen Kunsthochschulen in Universitäten der Künste umgewandelt.Die Universitäten sind Träger der Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre sowie der Erschließungder Künste gemäß Artikel 17 bzw. 17 a des „Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte derStaatsbürger“ (StGG 1867)“ als Teil der österreichischen Bundesverfassung. Durch die Habilitationwird dieses Recht entsprechend qualifizierten Personen übertragen. Die Forschungsqualifikationwird im Doktoratsstudium vermittelt und durch die Promotion (Verleihung des Doktorgrades)bestätigt. Promotions- und Habilitationsrecht sind den Universitäten vorbehalten. Den Universitätenwird im Unterschied zu anderen postsekundären Bildungseinrichtungen die Satzungs- undWeisungsfreiheit per Verfassungsbestimmung zuerkannt. Die verfassungsrechtliche Grundlageerhielt dies durch die Bestimmungen im Artikel 81 c des „Bundes-Verfassungsgesetzes“: „Die37


öffentlichen Universitäten sind Stätten freier wissenschaftlicher Forschung, Lehre und Erschließungder Künste. Sie handeln im Rahmen der Gesetze autonom. Die Mitglieder der universitärenKollegialorgane sind weisungsfrei.“Durch das „Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien – Universitätsgesetz“(UG 2002) wurden die bisherigen Universitäten als Einrichtungen des Staates imZuge der politisch motivierten Autonomisierungs- und Privatisierungstendenzen in Körperschaftenöffentlichen Rechts umgewandelt. Sie sind gem. § 12 UG 2002 „vom Bund zu finanzieren“. AufGrund von Leistungsvereinbarungen erhalten die Universitäten ein Globalbudget. Die Bedienstetender Universitäten sind nun Privatangestellte mit einem eigenen Kollektivvertrag. Das UG2002 ersetzt das UOG 1993 und das UniStG 1997. Es folgt den Intentionen der Dienstleistungsrichtlinieder EU (Ausdehnung des Prinzips des freien Warenverkehrs auf den Bereich derDienstleistungen), welche insbesondere die Berufsbildung im Hochschulsektor als marktfähigeDienstleistung betrachtet, die ihren Preis hat. Dementsprechend wurden 2001 (Novellierung desHochschultaxen-Gesetzes) Studiengebühren eingeführt. Sie werden in § 90 UG 2002 in der Höhevon 363,36 Euro festgelegt. Langzeit-Studenten und Studenten aus Nicht-EU-Staaten zahlen dendoppelten Studienbeitrag.Die Mitbestimmung des akademischen Mittelbaus und der Studierenden wurde weitgehend abgeschafft.Die Universitäten werden im wesentlichen jeweils durch einen Universitätsrat geleitet(Genehmigung des Entwicklungsplans, des Organisationsplans und der Leistungsvereinbarung).Seine Mitglieder werden zu gleichen Teilen vom zuständigen Regierungsmitglied ernannt undvom Senat der Universität gewählt. Ein weiteres Mitglied wird in Übereinstimmung von beidenMitgliedergruppen bestimmt. Der Universitätsrat bestellt den Rektor aus einem Dreiervorschlagdes Senats der Universität. Die Finanzierung durch den Staat erfolgt nun auf Grund von Leistungsvereinbarungenmit dem Bund durch ein Globalbudget.Die Universitäten sind insbesondere bei der Gestaltung der Curricula autonom und werden dabei„im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig“ (UG 2002 § 59). Die Art der Studien wurde aus demUniStG 1997, Anhang 1, übernommen. Durch die Novelle 2005 zum UG 2002 wurde die Dreistufigkeitder Studien zwingend eingeführt: Bakkalaureat/Bachelor – Magister/Master – Doktor/PhD. Daneben bestehen auslaufend die alten Diplomstudien weiter. Die medizinischen Studienund das Lehramtsstudium sind von der neuen Gliederung ausgenommen. Gemäß § 54 Abs. 1 UG2002 sind neue Studiengänge nur in dieser neuen Gliederung einzuführen.In einer Novellierung der einschlägigen Gesetze wurden 2008 die Studiengebühren den Österreichernund EU-Bürgern in der Regelstudiendauer erlassen. In Novellierungen (2005, 2009)des UG 2002 wurden in Studienrichtungen, für welche in Deutschland „Numerus clausus“-Bestimmungenbestehen (insbesondere Human- und Tiermedizin, Pharmazie, Psychologie), dieMöglichkeit von Zugangsbeschränkungen eingeführt. Die Studieninteressenten haben sich einemAuswahlverfahren zu unterziehen, im Medizinstudium sind 75 % der verfügbaren Studienplätzeösterreichischen Studierenden vorbehalten.In der Steiermark bestehen fünf Universitäten: Karl-Franzens-Universität Graz (rd. 26.000Studierende) mit den Fakultäten für Geisteswissenschaften (21 Studienrichtungen in den38


kunstwissenschaftlichen, kulturwissenschaftlichen, historischen, sprach- und literaturwissenschaftlichenDisziplinen und der Philosophie), Naturwissenschaften (8 Disziplinen einschließlichder Psychologie), Rechtswissenschaften, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften (5 Studienrichtungeneinschließlich der Soziologie), Umwelt-, Regional- und Bildungswissenschaften (10Studienrichtungen) und Katholische Theologie. – Technische Universität Graz / Erzherzog-Johann-Universität(rd. 12.000 Studierende) mit 35 Studienrichtungen in den Fakultäten Architektur;Bauingenieurwissenschaften; Maschinenbau und Wirtschaftswissenschaften; Elektrotechnikund Informationstechnik; Technische Mathematik und Technische Physik; Technische Chemie;Verfahrenstechnik und Biotechnologie; Informatik (insgesamt 35 Studienrichtungen). – MedizinischeUniversität Graz (rd. 4.000 Studierende, 4 Studienrichtungen). – Montan-UniversitätLeoben (rd. 3.000 Studierende) mit 10 Studienrichtungen im Bereich der Geo-, Werkstoff- undBergbauwissenschaften. – Universität für Musik und darstellenden Kunst Graz (rd. 2.000 Studierendein 14 Studienrichtungen). Dazu kommt das Universitätszentrum Rottenmann, in welchemdie Universität Linz und die Technische Universität Graz in Kooperation drei Studiengänge in denGeowissenschaften anbieten sowie ein rechtswissenschaftliches Studium der Fern-UniversitätHagen (Deutschland) betreut wird.Ein wichtiger Ausbauschritt des tertiären Sektors erfolgte 1993 durch das „Gesetz über Fachhochschulstudiengänge“(FHStG 1993). Fachhochschulstudiengänge sollen eine praxisnahe Ausbildungauf akademischem Niveau anbieten, aber neben den damals noch staatlichen Universitätenals einzige Einrichtungen des tertiären Sektors nun als Institutionen in privater Trägerschaft.Auch die Bundesländer wurden als potentielle Träger angesehen, welche bereit waren, finanzielleMittel für die Einrichtung und Ausstattung einzusetzen. Schließlich wurde im Gesetz festgelegt,dass auch der Bund neben juristischen Personen des öffentlichen oder privaten Rechts als Trägervon Fachhochschulstudiengängen fungieren kann.Um den akademischen Anspruch zu sichern, wurde der Fachhochschulrat als akademischeBehörde geschaffen, welche die Studiengänge für jeweils sechs <strong>Jahre</strong> zu akkreditieren hat. ImFachhochschulrat sind Personen mit universitärer Lehrbefugnis und Experten aus der Praxis ingleicher Zahl vertreten. Fachhochstudiengänge sind am Bedarf der Wirtschaft orientiert, zunächstwurden daher vor allem technische und wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge eingerichtet.Erst später folgten auch sozialwissenschaftliche und pflegewissenschaftliche Studiengänge(z. B. Sozialarbeit). Die Einrichtung von Fachhochschulstudiengängen ist von einer Bedarfsprüfungabhängig. Sie werden auf Vorschlag des Fachhochschulrats vom zuständigen Bundesministermit einer bestimmten Zahl von Studienplätzen eingerichtet, für welche der Staat Kostenbeiträgeübernimmt.An der Entwicklung eines Studiengangs müssen Personen mit universitärer Lehrbefugnis beteiligtsein. Ursprünglich wurde festgelegt, dass ein Fachhochschulstudium mindestens drei <strong>Jahre</strong>(1.950 Lehrveranstaltungsstunden) umfassen soll, zu denen noch ein Berufspraktikum kommt.Nach Abschluss des Studiums wurde der akademische Grad eines Magister oder Diplomingenieursmit dem Zusatz „FH“ verliehen. Die akademischen Grade verleiht der Fachhochschulrat.Absolventen ist der Übergang in ein einschlägiges, um zwei <strong>Jahre</strong> verlängertes Doktoratsstudiuman Universitäten möglich.39


Als einzige organisationsrechtliche Regelung wurde in das Gesetz über die Fachhochschulstudiengängedie Bestimmung aufgenommen, dass Träger-Institutionen, die mehrere Studiengängeanbieten und die Organe zur akademischen Selbstverwaltung (Fachhochschulkollegien, u. a. mitdem Recht der Leiterwahl aus einem Dreiervorschlag des Erhalters) eingerichtet haben, als Fachhochschulendurch den Wissenschaftsminister auf Antrag des Erhalters und nach Stellungnahmedes Fachhochschulrates anerkannt werden können. Ihnen wird dann unter anderem die Verleihungder akademischen Grade übertragen. Die Träger der Fachhochschulstudiengänge dürfen diegleichen Studiengebühren wie die Universitäten einheben.In der Steiermark besteht in der Trägerschaft des Landes die Fachhochschule Joanneum anden Standorten Graz, Kapfenberg und Bad Gleichenberg mit den vier Fachbereichen InternationalBusiness – Information, Design & Technologie – Leben, Bauen, Umwelt – Gesundheitswissenschaftenmit insgesamt 44 Studiengängen (rd. 3.500 Studierende). In der FachhochschuleJoanneum werden keine Studiengebühren eingehoben. – Die Fachhochschule „Campus 02 –Fachhochschule der Wirtschaft“ in Graz bietet fünf technische und wirtschaftswissenschaftlicheStudienbereiche mit teilweise berufsbegleitenden Studiengängen an (rd. 1.000 Studierende).Seit 1999 („Bundesgesetz über die Akkreditierung von Bildungseinrichtungen als Privatuniversitäten“(UniAKKG 1999) existieren in Österreich auch Privatuniversitäten. Sie wurden von einemweisungsfrei agierenden Akkreditierungsrat anerkannt, wenn sie über ein entsprechend qualifiziertesPersonal verfügen, das Prinzip der Freiheit von Forschung und Lehre (Staatsgrundgesetz1867, Artikel 17) sowie die Verbindung von Forschung und Lehre und die Vielfalt der wissenschaftlichenTheorien, Methoden und Lehrmeinungen anerkennen. Sie dürfen akademische Gradewie die österreichischen Universitäten verleihen. Die Akkreditierung erfolgt jeweils auf die Dauervon fünf <strong>Jahre</strong>n. Seit 2011 ist gemäß dem „Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz“ (HS-QSG2011) der weisungsfreie „Board der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria“für die Anerkennung privater Universitäten zuständig.2005 wurde der tertiäre Sektor des österreichischen Bildungssystems durch die Schaffung derPädagogischen Hochschulen erweitert. Sie können als Institutionen sowohl in staatlicher alsauch privater Trägerschaft eingerichtet werden. Staatliche Pädagogische Hochschulen bestehenin allen Bundesländern mit Ausnahme des Burgenlands. Als private Träger treten Stiftungen (PHEisenstadt) und Religionsgemeinschaften (in erster Linie die Katholische Kirche) in Erscheinung.Genaueres findet sich dazu im Artikel „Die Pädagogischen Hochschulen“. In der Steiermarkbestehen die „Pädagogische Hochschule Steiermark“ (Studiengänge für Volksschullehrer, Hauptschullehrer,Sonderschullehrer und für Berufspädagogik) und die „Kirchliche Pädagogische Hochschule“der Diözese Graz-Seckau (Studiengänge für Volksschullehrer, Sonderschullehrer und Religionspädagogik),beide in Graz.40


Literatur:Berka, Walter (2008): Die Steuerung der autonomen Universität aus juristischer Sicht. In: Hauser/Kostal:Jahrbuch Hochschulrecht, NWF Wien – Graz, 53–65Bundesministerium f. Wissenschaft und Forschung Hsg. (o.J./1991): Die neue Universitätsstruktur –Reformkonzept. WienBundesministerium f. Wissenschaft und Forschung Hsg. (o. J./1993): Universitätsorganisationsgesetz1993 – Entwurf, Erläuterungen und Kostenberechnungen. WienErmacora, Felix, Hsg, (1990/4.Aufl.): Universitätsgesetz 1975 (UOG). Manz Verlag WienBundesministerium f. Wissenschaft und Forschung (1994): Bundesgesetz über die Organisation derUniversitäten (UOG 1993). WienHauser, Werner/Kostal, Mario (1997): Grundzüge des neuen UniStG1997. In: Juristische Ausbildung undPraxisvorbereitung (JAP) 8. Jg./1, 2, 48–55, 1<strong>25</strong>–132Hauser, Werner (1996): Grundstruktur und Sonderfragen des FHStG 1993. In: JAP 7. Jg.Höllinger, Sigurd/Hackl, Elsa/Brünner, Christian, Hsg. (1994): Fachhochschulstudien – unbürokratisch,brauchbar und kurz. Passagen Verlag WienKostal, Mario (2002): Die aktuelle Universitätsreform. In: Zeitschr. f. Hochschulrecht,Hochschulmanagement und Hochschulpolitik (zfhr) Heft 1. Springer Wien – New York, 37–46Kostal, Mario (2005/2.Aufl.): Universitätsgesetz 2002. Verlag Österreich WienPrisching, Manfred/Lenz, Werner/ Hauser, Werner, Hsg. (2000): Die Autonomie imFachhochschulbereich. Verlag Österreich WienPrisching, Manfred/Lenz, Werner/Hauser, Werner, Hsg, (2004): 10 <strong>Jahre</strong> FHStG.Verlag Österreich WienSeel, Helmut (1994): Expansionstendenzen und Expansionschancen des Fachhochschulsektors inÖsterreich – Perspektiven im Feld der Erziehungs-, Sozial-, Gesundheits- und Kulturberufe.In: Höllinger/Hackl/Brünner, Hsg.: Fachhochschulstudien – unbürokratisch, brauchbar und kurz.Passagen Verlag Wien, 167–18441


Benötigen die Hochschulen nebenöffentlichen auch private Einnahmen?Hans Pechar1. Hochschulzugang und Studiengebühren – zweihochschulpolitische KonfliktthemenSeit etwa zehn <strong>Jahre</strong>n gibt es in der österreichischen Hochschulpolitik zwei Konfliktthemen, dieauch in der Öffentlichkeit immer wieder zu heftigen Kontroversen führen. Das ist zum einen derHochschulzugang, also die Frage, ob es an den Forschungsuniversitäten weiterhin einen offenenZugang für MaturantInnen geben sollte; oder ob auch Forschungsuniversitäten – wie Kunstuniversitätenund Fachhochschulen – das Recht zu Zulassungsverfahren erhalten sollten. Das zweiteKonfliktthema ist die Hochschulfinanzierung und hier steht die Frage der Studiengebühren imMittelpunkt, aber auch das Ausmaß der öffentlichen Finanzierung ist ein ständiges Streitthema.Bei beiden Fragen gibt es eine starke Polarisierung, sowohl auf der parteipolitischen Ebene alsauch auf der Ebene der hochschulpolitischen Akteure. Die ÖVP tritt sowohl für Aufnahmeverfahrenals auch für Studiengebühren ein, die SPÖ (und die Grünen) lehnen beides strikt ab.Der Umstand, dass SPÖ und ÖVP eine Regierungskoalition bilden, macht die Behandlung dieserStreitfragen keinesfalls einfacher. Es ist nicht überraschend, dass die ÖH Studiengebührenablehnt und den offenen Zugang verteidigt. Auf der anderen Seite fordert die Mehrheit der Rektoratesowohl Zulassungsverfahren als auch Studiengebühren.Obwohl diese beiden Streitfragen in den letzten <strong>Jahre</strong>n mit etwa derselben Intensität diskutiertwurden, gibt es nach meiner Meinung einen grundlegenden Unterschied: Beim Hochschulzuganghandelt es sich um eine prinzipielle Frage, die einen grundlegenden Richtungswechsel erfordert.Beim derzeit erreichten Expansionsgrad der höheren Schulen in Österreich – 43 % eines Altersjahrgangsschließen derzeit eine Matura ab – ist das Konzept der „allgemeinen Studienberechtigung“nicht mehr aufrecht zu halten. Österreich ist innerhalb der OECD das einzige Land, das seinenForschungsuniversitäten nicht erlaubt, trotz einer so hohen Anzahl von Studienberechtigten Zulassungsverfahrendurchzuführen. Gerade jene Länder, die wegen ihrer hohen Akademikerquote hierzulandehäufig als Vorbild genannt werden (die nordischen sowie einzelne angelsächsische Länder)haben durchgängig Zulassungsverfahren. Die hohe Akademikerquote erreichen sie nicht über ihreForschungsuniversitäten, sondern hauptsächlich über andere Sektoren des tertiären Bereichs, dieteilweise gar keine Masterabschlüsse vergeben. Sowohl aus theoretischen Überlegungen als auchauf der Basis empirischer Vergleiche gelangt man zum Schluss, dass hohe Qualität an Forschungsuniversitätenunmöglich ist, wenn 43 % der Alterskohorte unbeschränkte Zugangsrechte haben.Beim Thema der Studiengebühren verhält es sich anders. Ob solche Gebühren eingeführt werdensollten, ist in meinen Augen keine prinzipielle, sondern eine pragmatisch zu entscheidendeFrage. Während der Verzicht auf Zugangsregelungen beim gegenwärtigen Expansionsgrad des42


Sekundarbereichs zwangsläufig zu Funktionsstörungen des Lehr- und Forschungsbetriebs führt,sind hervorragende Hochschulsysteme, die auf Studiengebühren verzichten, sowohl theoretischdenkbar als auch empirisch auffindbar. Im folgenden wird es daher um die Frage gehen, unterwelchen Bedingungen die Hochschulen eines Landes auch dann über ausreichende Mittel verfügen,wenn es keine Studiengebühren gibt. Und es wird zu diskutieren sein, ob diese Bedingungenin Österreich erfüllt sind.2. Hochschulfinanzierung im internationalen Vergleich – wo steht Österreich?Es gibt keinen absoluten Maßstab zur Definition eines ausreichenden Niveaus der Hochschulfinanzierung.Was angemessen ist, ergibt sich primär über wechselseitige Beobachtung der Hochschulsystemevon Ländern mit sozioökonomisch annähernd gleichem Niveau. Der wichtigsteIndikator für diesen internationalen Vergleich sind die Hochschulausgaben als Anteil des Bruttoinlandsprodukts(BIP). In dieser Kennziffer kommt zum Ausdruck, dass die Finanzierung derHochschulen von Wohlstandsniveau eines Landes abhängig sind. Und diese Abhängigkeit isteine doppelte: Zum einen kann das Kriterium für Angemessenheit nicht in absoluten Beträgenstandardisiert werden, sondern nur relativ, bezogen auf das Wohlstandsniveau. Zweitens aberkönnen (und müssen) reiche Länder einen höheren Anteil ihres BIP für Hochschulen ausgeben.Sie können, weil es ihr hohes Wohlstandsniveau erlaubt, sich den „Luxus“ eines gut entwickeltenHochschulsystems zu leisten. Und sie müssen, weil die Erhaltung und Steigerung dieses Wohlstandsniveaushochqualitative Forschung und Ausbildung erfordern.Was sind nun die aktuellen Benchmarks für die Hochschulausgaben in Prozent des BIP, und wosteht Österreich? Gemäß den aktuellen OECD-Indikatoren, die sich auf das Jahr 2008 beziehen,beträgt der Durchschnittswert innerhalb der OECD 1,5 %. Die Hochschulausgaben für Österreichliegen bei 1,3 % des BIP, also unter diesem Durchschnittswert (OECD 2011, 224). Man solltedas nicht überdramatisieren; aber der Vergleich macht doch sichtbar, dass es bei der HochschulfinanzierungHandlungsbedarf gibt. Österreich zählt zu den reichsten Ländern innerhalb der OECD,es muss also Spielraum nach oben vorhanden sein. Wirtschaftsforscher betonen seit langem dieWichtigkeit höherer Investitionen in den Tertiärbereich. Österreich zählt innerhalb der EU zu den„Innovation Followers“ (Abbildung 1). Für den Aufschluss zu den „Innovation Leaders“ sind höhereAusgaben für Forschung und tertiäre Ausbildung notwendig43


etween countries. The IUS 2011 may not fully capture theimpact of the economic and financial crisis on innovationperformance as there is a delay in data availability wheredata refer to 2009 or 2010 for 14 indicators and to 2007or 2008 for 10 indicators. The current composite indicatorconsists of 24 individual indicators since the last indicatoron “High-growth innovative enterprises as a percentage ofall enterprises” is being developed.Abbildung 1: EU Member States’ innovation performanceFigure 2: eu member StateS’ innovation PerFormance0.8000.7000.6000.5000.4000.3000.2000.1000.000LV BG LT RO PL SK MT GR HU ES CZ PT IT EE CY SI EU FR IE LU AT NL UK BE FI DE DK SEMODEST INNOVATORS MODERATE INNOVATORS INNOVATION FOLLOWERS INNOVATION LEADERSNote: Average performance is measured using a composite indicator building on data for 24 indicators going from a lowest possibleQuelle: Innovation Union Scoreboard der EUperformance of 0 to a maximum possible performance of 1. Average performance in 2011 reflects performance in 2009/2010 due to alag in data availability.Die österreichische Regierung ist sich dieses Umstandes durchaus bewusst – zumindest auf derEbene von Absichtserklärungen. Seit 2008 bekennt sie sich zum Ziel, die Hochschulausgaben aufPerformance groups2 % des BIP zu erhöhen. Ursprünglich wollte sie dieses Ziel bis zum Jahr 2020 erreichen, aberBased on their average innovation performance, theMember States fall into four performance groups(see section 3.1):später wurde diese zeitliche Bindung innovators’. aufgehoben, wodurch diese Absichtserklärung sicher nicht• The performance of Denmark, Finland, Germany andSweden is well above that of the EU27 average.These countries are the ‘Innovation leaders’.an Verbindlichkeit gewonnen hat. In der Tat kann man auf der Basis der jüngsten Budgetentscheidungennicht erkennen, dass wir uns diesem Ziel wenigstens vorsichtig nähern.Man sollte freilich anerkennen, dass es sich um ein äußerst ambitioniertes Ziel handelt, das nicht• Austria, Belgium, Cyprus, Estonia, France, Ireland,Luxembourg, Netherlands, Slovenia and the UKall show a performance close to that of the EU27average. These countries are the ‘Innovationfollowers’.einfach zu erreichen sein wird. Immerhin faster than sollen the more die Hochschulausgaben innovative Member States. um nahezu 50 % desderzeitigen Niveaus erhöht werden. Die Tragweite eines solchen Schrittes kann man daran ermessen,dass sich die Hochschulausgaben als Prozentwert des BIP in den vergangenen 20 <strong>Jahre</strong>nnur sehr geringfügig verändert haben. Schon 1995 betrugen sie 1,2 % des BIP. Dieser Hinweis• The performance of Czech Republic, Greece,Hungary, des Italy, BIP wäre Malta, ein Poland, Kinderspiel. Portugal,Slovakia and Spain is below that of the EU27average. These countries are ‘Moderateinnovators’.ist nötig, weil einige hochschulpolitische Akteure zu glauben scheinen, die Steigerung auf 2 %Im Übrigen stellt sich die Frage, ob Modest dieses innovators. Ziel nur durch eine Erhöhung der öffentlichen Ausgabenerreicht werden kann, oder ob dafür auch private Beiträge erforderlich sind. Im aktuellenRegierungsprogramm ist dazu zu lesen: „Als längerfristiges Ziel gilt es, den Budgetwert von 2 %des BIP öffentliche und private Ausgaben für den tertiären Bildungssektor anzustreben.“ (RepublikÖsterreich 2008, 214). Aber wie bereits erwähnt ist diese Frage innerhalb der Regierungumstritten, und ein Teil der Akteure geht davon aus, dass man die 2 % des BIP auch ohne Studiengebührenerreichen kann.• The performance of Bulgaria, Latvia, Lithuaniaand Romania is well below that of the EU27average. These countries are ‘ModestBulgaria, Estonia, Romania, Portugal and Sloveniaare the growth leaders with an average annualgrowth rate well above 5%. There continues to bea steady convergence, where less innovativeMember States have – on average – been growingThis convergence process however seems to beslowing down (see section 3.2). While the Moderateand Modest innovators clearly catch-up to thehigher performance level of both the Innovationleaders and Innovation followers, there is noconvergence between the different Member Stateswithin the Moderate innovators. Convergencebetween the Member States does take place withinthe Innovation leaders, Innovation followers andK618-290 Brochure IUS 2011.indd 7 29/03/12 11:0244


3. Welche Länder geben einen hohen Anteil des BIP für Hochschulen aus?Es sind vor allem zwei Gruppen 1 von Ländern, deren Hochschulausgaben deutlich über demOECD-Mittelwert liegen: die meisten englischsprachigen Länder, vor allem jene Nordamerikas,und die nordischen Länder Europas. Interessanterweise repräsentieren diese beiden Ländergruppensehr unterschiedliche Gesellschafts- und Sozialmodelle. In der vergleichenden Politikwissenschaftunterscheidet man verschiedene „Wohlfahrtsregime“ (Esping-Andersen 1990), dieangelsächsischen Länder bilden das liberale Wohlfahrtsregime, die nordischen Länder Europasdas sozialdemokratische oder universalistische Wohlfahrtsregime. Die Unterschiede zwischendiesen beiden Modellen sind offenkundig:■ starke Marktorientierung versus ein durch politische Regulierung „eingehegter“ Markt;■ ein minimalistischer versus ein stark ausgebauter Wohlfahrtsstaat;■ hohe versus niedrige Einkommensungleichheit (ausgedrückt im Gini-Koeffizient);■ niedrige versus hohe Steuern.Gemeinsam ist beiden Regimen der hohe Stellenwert der Bildung, und zwar in beiden Fällen unterdem Gesichtspunkt der Investition (nicht im Sinne einer „zweckfreien Bildung“). Der Unterschiedliegt darin, dass in den liberalen Ländern die private Investitionen stärker betont werden, währendin den nordischen Ländern Bildung stärker als gesellschaftliche Investition begriffen wird.Mit Verweis auf die hohen privaten Erträge erwartet man in den liberalen Ländern auch privateBeiträge der Nutzer von Hochschulbildung; und in der Tat sind die privaten Erträge in diesenLändern besonders hoch. Hingegen sind die privaten Erträge tertiärer Bildung in den nordischenLändern aufgrund der starken Einkommenskompression geringer. Bildung, auch tertiäre Bildung,wird stärker als öffentliches Gut betrachtet, welches auch aus öffentlichen Mitteln zu finanzierenBeiträge privater Haushalte 309ist. Abbildung 2 zeigt die Relationen privater und öffentlicher Ausgaben innerhalb der OECD für1,5 Prozent des BIP) anbelangt, so sind dies interessanterweise mit der einzigen AusnahmeJapans den Länder gesamten, aus dem Mittelfeld nicht nur der den öffentlichen tertiären Bildungsausgaben. Bildungsbereich. Für ein eindeutigesSubstitutionsverhältnis bzw. einer Komplementarität zwischen öffentlicher und privaterBildungsfinanzierung liefert dieser Querschnittsvergleich also keine Indizien. Deutschlandhat mit 0,9 Prozent des BIP die neunthöchsten privaten Bildungsausgaben innerhalb derOECD vorzuweisen und liegt damit klar über dem Durchschnitt von 0,7 Prozent. 4Abbildung 2: Private und öffentliche Bildungsausgaben (in % des BIP) in28 OECD-Staaten (2004)Abbildung 1: Private und öffentliche Bildungsausgaben (in Prozent des BIP) in 28OECD-Staaten 2004 5Quelle: Wolf 2010Quelle: Eigene Darstellung auf der Basis von Daten aus OECD 2007: 208Zwei Gruppen von Erklärungsfaktoren zeichnen insbesondere verantwortlich für die Variationder privaten Bildungsausgaben der wirtschaftlich entwickelten Demokratien (zum Folgen-454 Diese Zahlen für Deutschland im internationalen Vergleich sind nicht ganz mit den oben nach Verwendungszweckaufgeschlüsselten aus dem Bildungsbudget identisch, u.a. weil die OECD (noch) keine vergleichbarenDaten zu den Ausgaben privater Haushalte für Bildungsgüter und -dienstleistungen, die außerhalbvon Bildungseinrichtungen erworben werden, vorlegen kann.5 Die Daten zu den öffentlichen Bildungsausgaben Kanadas sowie zu den privaten Norwegens und Kanadasbeziehen sich auf 2003, diejenigen zu den privaten der Schweiz auf 2002. Legende der Ländernamen: AUSAustralien AUT Österreich BEL Belgien CAN Kanada CZ Tschechische Republik DK Dänemark F FrankreichFIN Finnland GER Deutschland GRE Griechenland HUN Ungarn IRL Irland ITA Italien JPN JapanKOR Südkorea MEX Mexiko NED Niederlande NZL Neuseeland NOR Norwegen PL Polen POR PortugalSLK Slowakei SPA Spanien SWE Schweden SWI Schweiz TIR Türkei UK Vereinigtes Königreich vonGroßbritannien und Nordirland USA Vereinigte Staaten von Amerika.


Abbildung 3 zeigt den Zusammenhang von Hochschulausgaben und Studiengebühren für diebeiden hier diskutierten Ländergruppen sowie für Österreich und die Niederlande. Die vertikaleLinie stellt den OECD-Durchschnitt dar, der im Jahr 2005 bei 1,4 % des BIP lag. Es wird deutlich,dass die Ausgaben sowohl der nordischen Länder als auch der hier dargestellten liberalen Länderüber dem OECD-Durchschnitt liegen (die Ausgaben der USA und Kanadas betragen annähernddas Doppelte), während Österreich darunter liegt. In den nordischen Ländern gibt es keine Studiengebühren,während diese Gebühren in den liberalen Ländern sehr hoch sind; in Österreich gabes 2005 noch Studiengebühren in der Höhe von b 363,- pro Semester.Abbildung 3: Hochschulausgaben (in % des BIP) und Studiengebühren (in US $)in ausgewählten Ländern (2005)OECD-SchnittQuelle: OECD , eigene ZusammenstellungWarum können sich einige Länder so hohe öffentliche Hochschulausgaben leisten? Die Antwortliegt auf der Hand: den hohen öffentlichen Ausgaben stehen hohe öffentliche Einnahmen gegenüber.Die nordischen Länder, weltweit die einzigen, welche ihre Hochschulsysteme unter Verzichtauf Studiengebühren großzügig finanzieren, haben auch weltweit die höchsten Steuerquoten;sie machen in Schweden und Dänemark nahezu die Hälfte des BIP aus. Umgekehrt haben diemeisten liberalen Wohlfahrtsregime innerhalb der OECD die niedrigsten Steuerquoten; in den USAliegt sie unter 30 %. Österreich liegt dazwischen, bei leicht über 40 %. Dieser Zusammenhangist in Abbildung 4 veranschaulicht.46


Abbildung 4: Hochschulausgaben und Steuerquote (jeweils in % des BIP)in ausgewählten Ländern (2005)50.0040.00Steuerquote30.0020.00OECD-SchnittQuelle: OECD, eigene ZusammenstellungIn Tabelle 1 ist der Gesamtzusammenhang von Hochschulausgaben, Studiengebühren undSteuerquote für die hier diskutierten Länder in Zahlenwerten dargestellt.Tabelle 1: Zusammenhang von Hochschulausgaben, Studiengebühren und SteuerquoteHochschulausgaben, % BIP Studiengebühren SteuerquoteGesamt Öffentlich Privat Öffentliche U PrivatuniUSA 2,9 1,0 1,9 5.670 20.500 28,0CAN 2,7 1,5 1,3 3.700 - 33,3AUS 1,6 0,8 0,8 4.000 7.900 30,6DK 1,7 1,6 0,1 - - 49,1S 1,6 1,4 0,2 - - 49,1FIN 1,7 1,6 0,1 - - 43,5NL 1,5 1,1 0,4 1.700 - 38,8A 1,3 1,2 0,1 8<strong>25</strong> - 41,7Quellen: OECD EAG 2009 + OECD, Revenue Statistics 1965–2007 (2008)Hochschuldaten beziehen sich auf 2005 (als es in A noch Studiengebühren gab), Steuerdaten auf 2007.Wir sind hier mit unterschiedlichen Politikmustern konfrontiert, und es ist meines Erachtens sinn-los, danach zu fragen, welches dieser Muster richtig oder falsch sei. Offenkundig gibt es historisch47


tief verwurzelte Traditionen, die im Fall der nordischen Länder ein hohes Vertrauen in staatlicheInstitutionen begründen und eine ebenso hohe Bereitschaft der Bevölkerung, diesen Staatmit hohen Steuermittel zu finanzieren. Auf der anderen Seite sehen wir in den USA ein hohesMisstrauen in staatliche Institutionen und eine entsprechende Tradition des Steuerwiderstands.Ein nicht geringer Teil der amerikanischen Bevölkerung hält bereits die vergleichsweise niedrigeSteuerquote von 30 % für zu hoch.Eine Diskussion der Gründe für diese unterschiedlichen Traditionen würde diesen Rahmen sprengen.In unserem Zusammenhang reicht der Hinweis, dass Steuereinnahmen und Studiengebührenin einem komplementären Verhältnis stehen. Bei einer sehr hohen Steuerquote können dieHochschulen ausschließlich über öffentliche Mittel großzügig finanziert werden. Falls es keineausreichenden Steuermittel gibt, sind ergänzend zur öffentlichen Finanzierung Studiengebührenerforderlich. Die meisten europäischen Länder, Österreich eingeschlossen, liegen bei der Steuerquotezwischen diesen beiden Extremfällen, weshalb die öffentlichen Hochschulausgaben hiernicht das Ausmaß der nordischen Länder erreichen. Der Umstand, dass es in diesen Ländernkeine – oder nur sehr geringe – Studiengebühren gibt, führt (relativ zu den nordischen und englischsprachigenWissensgesellschaften) zur Unterfinanzierung der Hochschulsysteme. Wie dasBeispiel der Niederlande zeigt, kann aber durchaus ein mittlerer Weg eingeschlagen werden: eineSteuerquote, die zwischen dem liberalen und dem nordischen Muster liegt, sowie vergleichsweisegeringe Studiengebühren, die aber doch spürbare Einnahmen generieren. Die Niederlandezählen – abgesehen von den nordischen Staaten – zu den am besten finanzierten europäischenHochschulsystemen.4. Konsequenzen für ÖsterreichWelche Konsequenzen lassen sich aus diesen Vergleich für die Debatte über die Hochschulfinanzierungin Österreich ziehen? Zunächst ist offenkundig, dass Österreich, was die Steuereinnahmenbetrifft, ähnlich wie die Niederlande zwischen dem nordischen und dem liberalen Muster angesiedeltist. Österreich ist gewiss kein Niedrigsteuerland, ist aber von der Steuerquote Schwedensoder Dänemarks weit entfernt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich Österreich in Richtungder nordischen Länder bewegen wird. Zwar gibt es eine Debatte über die Einführung vermögensbezogenerSteuern, aber diese würden, sofern sie eingeführt werden, nur einen vergleichsweisegeringen Betrag ausmachen.Für eine Beurteilung der fiskalischen Spielräume der öffentlichen Hochschulfinanzierungin Österreich reicht aber eine einnahmenseitige Betrachtung nicht aus. Man muss auch dieStruktur der öffentlichen Ausgaben betrachten. Eine Dimension, die für die Analyse wohlfahrtstaatlicherSysteme von grundlegender Bedeutung ist, ist die „Altersorientierung“ der sozialenAusgaben. Einige Länder – und erneut bildet der Norden Europas hier ein ziemlich kohärentesMuster – fokussieren ihre öffentliche Ausgaben auf Zukunftsinvestitionen, vor allem auf denBildungsbereich. Hingegen geben sie nur einen relativ geringen Anteil ihrer öffentlichen Ausgabenfür Pensionen aus. Demgegenüber geben vor allem die südeuropäischen Länder, aberauch Österreich, einen sehr hohen Anteil ihrer öffentlichen Sozialausgaben für Pensionen aus(vgl. Abbildung 5).48


Sowohl einnahmen- wie ausgabenseitig gibt es also zwischen Österreich und den nordischenLändern erhebliche Unterschiede bei den öffentlichen Haushalten. Der österreichische Fiskusverfügt nicht nur über einen geringeren Anteil des BIP als die Finanzminister der nordischenLänder, sondern Österreich gibt auch einen viel höheren Anteil als diese Länder für die Altersversorgungaus. Das bedeutet aber, dass für Investitionen in Bildung weniger zur Verfügung steht.Es ist also kein Zufall, dass der Anteil der Hochschulausgaben am BIP in den letzten beidenJahrzehnten – trotz häufiger gegenteiliger Beteuerungen – nur schwach gewachsen ist. Undangesichts der aktuellen Haushaltskrise gibt es nur wenig Grund zur Hoffnung, dass sich daranmittelfristig etwas ändern wird.Abbildung 5: Struktur der Sozialausgaben (in Prozent des BIP)Quelle: OECD 2011bEs gibt keine allgemeingültigen ökonomischen Gesetze, denen zufolge Hochschulsysteme füreine angemessene Finanzierung auf Studiengebühren angewiesen sind. Ob eine rein öffentlicheFinanzierung ausreicht, hängt von Rahmenbedingungen und politischen Traditionen ab, die nichtvon heute auf morgen geändert werden können. Auf der Basis der hier angestellten Überlegungenmuss man die Chancen als gering einschätzen, dass Österreich das angestrebte Ziel von 2 %des BIP für die Finanzierung der Hochschulen ausschließlich mit öffentlichen Mitteln erreichenwird. Es liegt daher nahe – ähnlich wie die Niederlande – Studiengebühren in moderater Höhezur Hochschulfinanzierung heranzuziehen.49


5. Ein Plädoyer für Studiengebühren aus pragmatischer SichtViele – überwiegend die Gegner, aber auch einige Befürworter – betrachten Studiengebühren alseine prinzipielle Frage, bei der Kompromisse unmöglich sind. Das ist der Hauptgrund für die hoheemotionale Aufladung des Themas. Meine bisherigen Ausführungen haben argumentiert, dass inÖsterreich Studiengebühren nicht aus Grundsatzerwägungen erforderlich sind, sondern weil angesichtsder politischen Rahmenbedingungen eine ausreichende Hochschulfinanzierung ohne dieseGebühren unwahrscheinlich ist. Aus diesem pragmatischen Ansatz heraus werde ich abschließendzu vier Schlüsselfragen in der Debatte über Studiengebühren Stellung beziehen.1. Sind Studiengebühren fair?Das ist zweifellos die Kernfrage. Als Kriterium der Fairness soll gelten, ob Gebühren für Studierendeaus einkommensschwachen Familien unüberwindbare finanzielle Barrieren errichtenoder ob sie „sozialverträglich“ – also nicht sozial selektiv – sind. Es ist klar, dass Gebühren eineBelastung darstellen, aber das widerspricht nicht dem Kriterium der Fairness, solange es keineunzumutbare Belastung ist. Es gibt zwei Wege, um Studiengebühren sozial verträglich zu gestalten.Der eine besteht darin, einkommensschwache StudentInnen von den Gebühren zu befreien.Dieser Weg wurde bei dem bis vor kurzem in Österreich geltenden Modell beschritten. Ca. einDrittel der Studierenden musste – vorwiegend deshalb, weil ihre Eltern die entsprechende Einkommensgrenzeunterschritten haben – keine Gebühren bezahlen. Tatsächlich hat es, wenn manvon den Übergangsphänomenen während der Einführung absieht, in den <strong>Jahre</strong>n 2001–2008keinen Rückgang in der Partizipation gegeben (wohl aber eine deutliche Verkürzung der Studiendauer).Der von Seiten der Gebührengegner behauptete Rückgang in den Studierendenzahlenwar in Wahrheit auf die Eliminierung studieninaktiver HörerInnen (vulgo ScheininskribentInnen)zurückzuführen. 2Der zweite Weg zu sozialverträglichen Gebühren besteht in einem einkommensabhängigen Darlehensmodell.Ein solches Modell wurde Ende der 1980er <strong>Jahre</strong> in Australien eingeführt (Pechar/Keber 1996). Die privaten Beiträge werden hier erst nach Abschluss des Studiums fällig, bisdahin werden sie durch einen öffentliches Darlehen zwischenfinanziert. Zur Bestimmung derSozialverträglichkeit wird hierbei nicht die Einkommenssituation im Elternhaus herangezogen,sondern jene der Studierenden, sobald sie im Erwerbsleben stehen. Dieses Modell ist einem direktenGebührenmodell deutlich überlegen, es hat aber den Nachteil, dass dabei eine relativ langeöffentliche Anschubfinanzierung nötig ist. Dadurch ist es in Zeiten größerer Haushaltsproblemefür Regierungen nicht sehr attraktiv.2. Können Studiengebühren nennenswerte Einnahmen generieren?Häufig wird behauptet, die Einnahmen aus Studiengebühren seien ohnehin zu vernachlässigen,daher möge man lieber die Finger davon lassen. Dieses Argument kommt zumeist von denselbenPersonen, welche die Belastung der StudentInnen durch Studiengebühren besonders drastischdarstellen. Wenn die Gebühr aber für den einzelnen eine so hohe Belastung ist, wie kann dann dieSumme aller Gebühren eine Bagatelle sein? Wer aus Studiengebühren eine Grundsatzfrage macht,tendiert zu „Alles oder nichts“ Lösungen. Mit Ausnahme der USA und einiger asiatischer Länderist die öffentliche Hochschulfinanzierung überall deutlich höher als die Einnahmen durch Gebühren.Ungeachtet dessen sind aber diese Einnahmen für die Universitäten selbst bei so geringenStudiengebühren, wie sie in Österreich bis vor kurzen galten, substantiell. Gerade gut finanzierte50


Hochschulsysteme zeichnen sich dadurch aus, dass sie über mehrere Einnahmequellen verfügen.Das Gesamtbudget setzt sich dann aus vielen Einzelpositionen zusammen, von denen einigerelativ gering, aber deswegen nicht bedeutungslos sind. In diesem Sinn können Studiengebührenauch in Österreich einen wichtigen Beitrag zur Hochschulfinanzierung leisten.3. Steuern oder Gebühren?Auch hierbei handelt es sich nicht um eine Prinzipienfrage. Zweifellos müssen reinöffentliche Güter, also die Kernfunktionen des Staates, über Steuern finanziert werden. AberHochschulbildung ist ökonomisch gesehen ein gemischtes Gut, und in welchem Verhältnisfür dessen Finanzierung öffentliche und private Quellen herangezogen werden sollten, ist einepragmatische Frage. Tatsächlich werden in Österreich einige Bildungsgüter, bei denen die meistenÖkonomen eine rein öffentliche Finanzierung befürworten würden, über Gebühren finanziert, diegroßteils viel höher sind, als die in Diskussion stehenden Studiengebühren. Beispiele sind derKindergarten oder die schulische Nachmittagsbetreuung. Diese Güter werden quer durch alleEinkommensschichten in Anspruch genommen, während die StudentInnen überproportional ausdem obersten Einkommensdrittel stammen. Weiter oben wurde gezeigt, dass eine Erhöhung deröffentlichen Hochschulausgaben an gewisse fiskalische Grenzen stößt. Aber auch innerhalb dieserGrenzen müsste man – gerade unter dem Gesichtspunkt sozialer Gerechtigkeit – der öffentlichenFinanzierung vorschulischer Bildung Priorität gegenüber den Hochschulen einräumen.Von mancher Seite wird die Einführung vermögensbezogener Steuern als Patentlösung allerProbleme der Hochschulfinanzierung betrachtet. Aber auch wenn solche Steuern kommensollten, kann niemand garantieren, dass die daraus erzielten Einnahmen hauptsächlich oder garausschließlich den Hochschulen zugutekommen werden. Denn für Steuereinnahmen gilt das„Gesamtdeckungsprinzip“, welches verhindert, dass einzelne Einnahmequellen für spezifischeSonderzwecke gebunden sind. Dieses Prinzip soll den Gestaltungsspielraum einer demokratischgewählten Regierung nicht beschneiden. Zwar gibt es zweckgebundene Steuern (zum BeispielMineralölsteuer), aber diese stellen die Ausnahme dar. Selbst bei der jüngst diskutiertenAkademikersteuer ist unklar, ob diese im Sinne einer Zweckbindung ausschließlich denHochschulen zugutekäme. Ausschließen kann man eine solche Zweckbindung bei allen derzeitdiskutierten Vermögenssteuern. Hingegen kommen die Einnahmen aus Gebühren ausschließlichden Hochschulen zugute, und zwar in Relationen zu deren Beanspruchung.4. Studiengebühren und andere private KostenDie Diskussion über die privaten Kosten eines Studiums ist in Österreich in unzulässiger Weise aufStudiengebühren eingeschränkt. Studiengebühren sind die direkten Kosten eines Studiums, denenindirekte Kosten oder Opportunitätskosten (Kosten des Verdienstentgangs) gegenüberstehen. DieHöhe dieser indirekten Kosten hängt zum einen vom Lohnniveau, zum anderen von der Dauer desStudiums ab. Die indirekten Kosten sind in den meisten Ländern höher als die Studiengebühren,aber in Österreich liegt der Verdienstentgang deutlich über dem OECD-Schnitt. Das hat vermutlichmit der langen Studiendauer zu tun, die ihrerseits durch mehrere Faktoren bedingt ist, wobeiaber die ungünstigen Betreuungsrelationen eine wichtige Rolle spielen. Diese Überlegungen legennahe, dass die ausschließliche Fixierung auf Studiengebühren nicht im Interesse der Studierendensein kann. Vielmehr wäre pragmatisch zu überlegen, ob nicht eine über Studiengebührenfinanzierte Verbesserung der Studienbedingungen bewirken könnte, dass der entscheidendeprivate Kostenfaktor, der Verdienstentgang, sich spürbar verringert.51


1 Diese Analyse konzentriert sich auf den OECD-Kernbereich. Es gibt sowohl in Asien (Korea) als auch in Lateinamerika(Chile) jüngere OECD-Mitglieder mit überdurchschnittlichen Hochschulausgaben. Sie werden hier auch deshalb nichtberücksichtigt, weil die großen Unterschiede in den Sozialsystemen und kulturellen Traditionen massive Vergleichsproblemeaufwerfen.2 Ich habe bereits im Jahr 2001 anhand der Studienstatistik gezeigt, dass die Zahl dieser studieninaktiven HörerInnen inderselben Größenordnung lag wie der Rückgang bei den Studierenden (vgl. dazu bm:bwk 2002, 146–149).Als studieninaktiv wurden dabei jene Person gewertet, die in zwei hintereinander folgenden <strong>Jahre</strong>n zu keiner Prüfungangetreten sind.Literaturbm:bwk (2002): Hochschul Bericht 2002. Wien: bm:bwkEsping-Andersen, Gosta (1990): The Three Worlds of Welfare Capitalism. Princeton: Princeton UP.OECD (2009): Education at a Glance 2009. OECD Indicators, Paris: OECDOECD (2011a): Education at a Glance 2011. OECD Indicators, Paris: OECDOECD (2011b): Society at a Glance 2011. OECD Social Indicators, Paris: OECDPechar, Hans/Keber, Christian (1996): Abschied vom Nulltarif. Argumente für sozialverträglicheStudiengebühren. Wien: Passagen.Pechar, Hans (2006): Bildungsökonomie und Bildungspolitik. Münster: Waxmann.Republik Österreich (2008): Gemeinsam für Österreich. Regierungsprogramm 2008–2013.http://www.austria.gv.at/DocView.axd?CobId=32965Wolf, Frieder (2010): Beiträge privater Haushalte. In: Heiner Barz (Hrsg.), Handbuch Bildungsfinanzierung,Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2010, 307–316.Ausgewählte PublikationenHigher-Education Policies and Welfare Regimes: International Comparative Perspectives. In: HigherEducation Policy, 2011, Vol. 24, p.<strong>25</strong>–52 (gemeinsam mit Lesley Andres)Bildungsgerechtigkeit in der Wissensgesellschaft, Wirtschaftspolitische Blätter 2/2011, S. 2<strong>25</strong>–237Die ständische Versäulung des österreichischen Bildungssystems. In: Josef Broukal &Erwin Niederwieser (Hg.), Bildung in der Krise. Warum wir uns Nichtstun nicht leisten können. Wien:Kremayr & Scheriau, 2010, S. 27–38Can research universities survive without control over admission? Reflections on Austria’s exceptionalismin higher education policy. In: Journal of Adult & Continuing Education, 2009, Vol.15, No.2, p.142–154.“The Bologna Process”: A European Response to Global Competition in Higher Education. In: CanadianJournal of Higher Education, 2007, Vol. 37, No. 3, p. 107–123.Dr. Hans Pechar, geboren am 5.5.1950, ist Professor für Hochschulforschung an der Universität Klagenfurt(Standort Wien). Seine Forschungsschwerpunkte sind der internationale Vergleich von Hochschulsystemen,Bildungsökonomie und Chancengerechtigkeit im Bildungssystem. Er war Fulbright Scholar ander University of California, Berkeley, und ist regelmäßiger Gastprofessor an der Universität of BritishColumbia, Vancouver. Er ist Mitglied des Vorstands des Demokratiezentrums Wien. Seit 2011 vertritt erÖsterreich im Governing Board von OECD-CERI.52


Soziale Lage der Studierendenin der SteiermarkMartin UngerDer vorliegende Text beschreibt kurz die wichtigsten Aspekte der sozialen Lage der Studierendenin der Steiermark anhand einer Sonderauswertung der Studierenden-Sozialerhebung 2009. 1Die Sozialerhebung wurde im Auftrag des Wissenschaftsministeriums (BMWF) vom Institut fürHöhere Studien (IHS) in Wien durchgeführt. An der Onlineumfrage beteiligten sich insgesamtmehr als 40.000 Studierende aller öffentlichen Universitäten, Fachhochschulen und PädagogischenHochschulen. Die folgenden Daten basieren auf Angaben von rund 6.500 Studierenden,die ein Bachelor-, Master- oder Diplomstudium in der Steiermark betreiben (also exklusiveDoktorandInnen).In der Steiermark leben 14,4 % der Bevölkerung in Österreich, 2 aber immerhin 17 % aller Studierendenin Österreich (exkl. DoktorandInnen) betreiben ihr Studium in der Steiermark (sieheAbbildung 1). 93,5 % davon studieren in Graz, 5 % in Leoben und die anderen 1 % verteilensich auf Bad Gleichenberg und Kapfenberg. Ziemlich genau die Hälfte aller Studierenden in derSteiermark (exklusive DoktorandInnen) studiert an der Karl-Franzens-Universität (KFU) in Graz.Mit 21 % aller steirischen Studierenden ist die TU Graz die zweitgrößte Hochschule des Landes,jeweils rund 8 % studieren an der Meduni Graz und der FH Joanneum, 5 % an der Montanuni,je 3 % an der Kunstuni und der FH Campus 02, 2 % an der PH Steiermark und weniger als einProzent an der KPH Graz.Abbildung 1: Studierende in der Steiermark Quelle: Studierenden-Sozialerhebung 2009.Rund 60 % aller Studierenden in der Steiermark sind auch in der Steiermark aufgewachsen, 40 %sind zum Studium zugezogen (12 % stammen aus Kärnten, 11 % aus Oberösterreich, 5 % ausSalzburg, 4 % aus dem Ausland und 10 % aus den anderen Bundesländern).53


Abbildung 2 verdeutlicht das Einzugsgebiet von Graz unter den StudienanfängerInnen des Studienjahres2008/09. Aus der Region Graz nahmen 85 % der AnfängerInnen ihr Studium auchin Graz auf, aus der West- und Südsteiermark 82 %, aus den anderen steirischen Regionen unddem Lungau wählten mehr als die Hälfte der AnfängerInnen Graz als Studienort, aus Unterkärntenmehr als 30 % und aus den anderen Regionen Kärntens, Osttirol, Pinzgau/Pongau, Traunviertel,Steyr-Kirchdorf und dem Südburgenland immerhin mehr als 10 %.Unter den Studierenden außerhalb der Steiermark stammen umgekehrt nur 4 % aus der Steiermark,und wenn Studierende aus der Steiermark nicht im Heimatbundesland studieren, gehensie zumeist nach Wien. Die Steiermark (bzw. insbesondere Graz) ist also nicht „nur“ der zweitgrößteStudienstandort, sondern ebenso wie Wien auch ein Hochschulstandort mit überregionalerBedeutung (die Einzugsgebiete der anderen Universitätsstädte außer Wien sind deutlich kleiner),während Studierende aus der Steiermark eher selten das Bundesland zum Studieren wechseln.Allerdings betrifft die überregionale Bedeutung der Steiermark als Studienstandort nur inländischeStudierende. Mit 3,7 % liegt der Anteil der im Ausland aufgewachsenen Studierenden deutlichunter dem restlichen Bundesgebiet (9,4 %) und seit der Erhebung 2009 dürfte diese Schere nochweiter aufgegangen sein.Abbildung 2: Graz als Zielregion der StudienanfängerInnen 2008/09Anteile der AnfängerInnen einer NUTS3-Region, die in Graz ihr Studium aufgenommen haben.Quelle: Studierenden-Sozialerhebung 2009.53 % aller steirischen StudienanfängerInnen des Wintersemesters 2008/09 waren Frauen. IhrAnteil ist somit etwas geringer als im österreichischen Durchschnitt (54 %) und deutlich geringerals unter KärntnerInnen (58 %). Je ländlicher die Herkunftsregion ist, desto höher ist der Frauenanteilunter den StudienanfängerInnen. AnfängerInnen aus der Region Graz sind dagegen zu je50 % männlich bzw. weiblich.Die Mehrheit der Studierenden nimmt ihr Studium innerhalb von 2 <strong>Jahre</strong>n nach Abschlussder Schule auf. Diese Gruppe wird hier als AnfängerInnen mit unmittelbarem Studienbeginn54


ezeichnet. In den letzten <strong>Jahre</strong>n nimmt allerdings der Anteil jener Studierenden zu, die erstverzögert (also mehr als 2 <strong>Jahre</strong> nach Erwerb der Studienberechtigung oder mit einer Studienberechtigungs-bzw. Berufsreifeprüfung) ihr Studium aufnehmen. In der Steiermark sind dies14 % aller StudienanfängerInnen, im restlichen Bundesgebiet 19 %. Unter allen Volluniversitätenin Österreich ist der Anteil dieser Studierendengruppe an der KFU mit 13,8 % der niedrigste (inKlagenfurt und Linz erreicht er fast 30 %).Im Schnitt sind die Studierenden in der Steiermark rund 1 Jahr jünger als in den anderen österreichischenBundesländern. Am jüngsten sind die Studierenden an der Montanuni (24,1 J.), derFH Joanneum und der KPH (je 24,2 J.), am ältesten jene der FH Campus 02 (27,9 J.) und derMeduni (<strong>25</strong>,9 J.), Studierende der anderen Hochschulen sind im Schnitt rund <strong>25</strong>,5 <strong>Jahre</strong> alt.Hochschulzugang und soziale HerkunftBei der Hochschulzugangsquote, also wieviel Prozent eines Altersjahrganges ein Studium aufnehmen,liegt die Steiermark genau im Mittelfeld der österreichischen Bundesländer. In Wien,Kärnten, Burgenland und Niederösterreich nehmen mehr Menschen ein Studium auf, in Salzburg,Oberösterreich und vor allem in Tirol und Vorarlberg weniger. Der Unterschied zu den NachbarländernNiederösterreich, Burgenland und Kärnten lässt sich vor allem durch eine niedrigereMaturantInnenquote in der Steiermark erklären, d.h. hier erwerben weniger junger Menschen eineStudienberechtigung und insbesondere im Vergleich zu Kärnten nehmen auch weniger MaturantInnenaus der Steiermark ein Studium auf. Wie in ganz Österreich, so gibt es auch in der Steiermarkbeim Hochschulzugang große Unterscheide zwischen Stadt und Land. Aus der Region Graznimmt mehr als die Hälfte eines Altersjahrganges ein Studium auf, aus der östlichen Obersteiermarkmehr als ein Drittel und aus den anderen steirischen Regionen etwa 30 %. 3Die soziale Herkunft der (inländischen) Studierenden wird in der Sozialerhebung mittels einesSchichtindex gemessen, der sich aus höchstem Bildungsabschluss und beruflicher Stellung beiderElternteile zusammensetzt. Demnach unterscheiden sich die Studierenden in der Steiermarkpraktisch nicht von den Studierenden in den anderen Bundesländern (siehe Abbildung 3). Auffälligsind jedoch Unterschiede in der sozialen Zusammensetzung der Studierenden nach Hochschulstandort.In Leoben studieren auffallend wenig Studierende aus niedriger Schicht, dafür umsomehr aus gehobener und hoher Schicht. Dagegen nahm an der Sozialerhebung 2009 kein/eStudierende/r aus Kapfenberg teil, dessen/deren Eltern der hohen Schicht zugeordnet wurden.Auch in Bad Gleichenberg sind Studierende der hohen Schicht unterrepräsentiert. Allerdingsbasieren die Daten zu diesen beiden Standorten nur auf relativ wenigen Fällen.Bezieht man auch die regionale Herkunft in die Betrachtung mit ein, so zeigt sich wiederum einStadt-Land-Gefälle. Da es im städtischen Raum mehr Arbeitsplätze für höher Ausgebildete gibtals auf dem Land, ist es wenig verwunderlich, dass 54 % der StudienanfängerInnen aus Grazund Umgebung aus bildungsnahen Schichten (hier: Vater mit Matura) kommen. Aus den anderensteirischen Regionen kommen dagegen etwa zwei Drittel der StudienanfängerInnen aus bildungsfernenSchichten (hier: Vater ohne Matura).55


Abbildung 3: Soziale Herkunft der Studierenden in der Steiermarknach Hochschulstandorten Nur Studierende, deren Eltern in Österreich geboren wurden.Angaben zu Kapfenberg basieren nur auf 36, zu Bad Gleichenberg nur auf 82 Fragebögen.Quelle: Studierenden-Sozialerhebung 2009.Wohnsituation21 % aller Studierenden in Österreich wohnen im Elternhaushalt, 20 % in einer Wohngemeinschaft,10 % in einem Studierendenheim und 49 % in einem eigenen Haushalt. In der Steiermarkwohnen – aufgrund des hohen Anteils an Zugezogenen – etwas weniger Studierende bei ihrenEltern (17 %), dafür umso mehr in einer Wohngemeinschaft (28 %) und dem Bundesschnittentsprechend 10 % in einem Wohnheim (siehe Abbildung 4). An den drei kleineren Hochschulstandortenhaben Wohnheime jedoch einen überproportionalen Anteil unter den Wohnformen:So wohnen in Kapfenberg 17 % der Studierenden, in Leoben 19 % und in Bad Gleichenberg31 % aller Studierenden in einem Studierendenwohnheim (Graz: 9 %). In Leoben wohnen zudembesonders viele Studierende in einer Wohngemeinschaft (31 %), während von den Studierendenin Kapfenberg mehr als ein Drittel bei den Eltern wohnt.56


Abbildung 4: Wohnform der Studierenden Anm: Angaben für Bad Gleichenberg und Kapfenberg basieren auf geringen Fallzahlen.Quelle: Studierenden-Sozialerhebung 2009.Etwa drei Viertel aller Studierenden in der Steiermark sind mit ihrer Wohnsituation zufrieden,knapp 10 % sind es nicht. Deutlich unzufriedener sind allerdings die BewohnerInnen von Wohnheimenund jene, die bei ihren Eltern wohnen („nur“ rund 60 % Zufriedene). Die Wohnzufriedenheitentspricht damit dem Bundesschnitt. In steirischen Studierendenwohnheimen sind Männeretwas überrepräsentiert, sie werden vor allem von jüngeren Studierenden bewohnt und besondershäufig auch von Studierenden aus gehobener und hoher sozialer Schicht (weil Studierende ausniedrigeren Schichten aufgrund eines zumeist alternativen Bildungsweges im Schnitt deutlichälter sind). 22 % aller WohnheimbewohnerInnen sind BildungsausländerInnen (haben also ihreStudienberechtigung im Ausland erworben).Die Wohnkosten für Studierende sind in der Steiermark etwas niedriger als im restlichen Bundesgebiet(siehe Tabelle 1): Sie betrugen im Jahr 2009 im Schnitt c 299,-, in anderen Bundesländernbezahlten Studierenden durchschnittlich c 331,-. Besonders günstig wohnten Studierende inLeoben (Ø c 262.-), was vor allem an den niedrigen Kosten für Wohngemeinschaften (Leoben:Ø c 235,-, Graz: Ø c 277,-, and. Bundesländer: Ø c 301,-) und Wohnheimen (Leoben: Ø c 211,-,Graz: Ø c 223,-, and. Bundesländer: Ø c <strong>25</strong>0,-) liegt. Über die Wohnkosten in Bad Gleichenbergund Kapfenberg können aufgrund der zu geringen Fallzahlen in den einzelnen Wohnformen keineAussagen getroffen werden. Zu beachten ist allerdings, dass seit dem Erhebungszeitpunkt 2009die Wohnkosten in allen Bundesländern deutlich gestiegen sind.57


Tabelle 1: Wohnkosten nach Wohnform und Hochschulstandort(ohne ElternwohnerInnen) im Sommersemester 2009Graz Leoben Steiermark Nicht-Steiermark ÖsterreichEinzelhaushalt 1 ) 343€ 302€ 341€ 373€ 368€Haushalt mit PartnerIn 326€ 333€ 326€ 353€ 347€WG 2 ) 277€ 235€ 274€ 301€ 295€Wohnheim 3 ) 223€ 211€ 222€ <strong>25</strong>0€ 245€Ø Kosten 302€ 262€ 299€ 331€ 3<strong>25</strong>€1) Inkl. Untermiete.2) Inkl. Studierender, die mit PartnerIn in einer Wohngemeinschaft leben.3) Studierendenwohnheim und andere Wohnheime zusammengefasst; inkl. Studierender, die mit PartnerIn in einemWohnheim leben.Aus Bad Gleichenberg und Kapfenberg liegen nicht genügend Fragebögen für eine Auswertung vor.Quelle: Studierenden-Sozialerhebung 2009.Auch die Wegzeiten, die die Studierenden von ihrem Wohnort zur Hochschule zurücklegen,unterscheiden sich deutlich nach Standort. Im Schnitt benötigen Studierende in Österreich hierfür32 Minuten, in der Steiermark sind es durchschnittlich <strong>25</strong> Minuten. Besonders schnell an ihrerHochschule sind Studierende in Bad Gleichenberg und Leoben (je 19 min), doppelt so lange benötigendagegen Studierende in Kapfenberg (39 min). Hier gibt ein Viertel der Studierenden sogaran, mehr als eine Stunde zur Hochschule zu benötigen, dies sind an den anderen Standortenweniger als 10 %.Studentische ErwerbstätigkeitIm Jahr 2009 waren 62 % der Studierenden in Österreich während des Semesters erwerbstätig,davon 46 % während des ganzen und 16 % gelegentlich während des Semesters. Anteil undAusmaß der Erwerbstätigkeit nehmen mit dem Alter der Studierenden deutlich zu. Mit steigendemAlter verändert sich die Lebenssituation der Studierenden (Auszug aus dem Elternhaus und/oderaus den „billigeren“ Wohnformen Wohngemeinschaft bzw. Wohnheim) und einzelne Beihilfen(v.a. Familienbeihilfe, Studienbeihilfe) laufen aus. Auch die finanziellen Unterstützungen der Elterngehen zurück. Viele Studierende weiten daher im Laufe ihres Studiums ihre Erwerbstätigkeit aus(so sie nicht von Anfang an berufsbegleitend studieren), worunter dann wiederum ihre Studienintensitätleidet: Unter den 20-Jährigen sind jeweils 20 % gelegentlich bzw. während des ganzenSemesters erwerbstätig (im Mittel gut 10h/Woche), unter den <strong>25</strong>-Jährigen sind ebenfalls 20 %gelegentlich, aber bereits 50 % während des ganzen Semesters erwerbstätig (Ø 17h/Woche) undunter den 30-Jährigen sind knapp 70 % das ganze Semester über und weitere 10 % gelegentlicherwerbstätig (Ø 27h/Woche).In der Steiermark – wo die Studierenden im Schnitt 1 Jahr jünger sind (siehe Seite 53) – betrugdie Erwerbsquote 56 %, was auf den niedrigeren Anteil an Studierenden, die während des ganzenSemesters erwerbstätig waren (39 %), zurückzuführen ist. Im Schnitt wendeten erwerbstätige Studierendein der Steiermark auch knapp drei Stunden weniger pro Woche für ihre Erwerbstätigkeit58


auf als ihre KollegInnen in den anderen Bundesländern. Sowohl die Erwerbsquote als auch dasErwerbsausmaß unterscheiden sich allerdings deutlich zwischen den Hochschulen: An der FHCampus 02, die überwiegend berufsbegleitende Studien anbietet, sind 78 % der Studierendenwährend des Semesters erwerbstätig, an der FH Joanneum, an der viele jüngere Studierendein Vollzeit-Programmen studieren, sind es 38 %. An der Karl-Franzens-Universität, der größtenHochschule des Landes, sind 59 % aller Studierenden während des Semesters erwerbstätig unddamit in etwa so viele wie im Bundesschnitt. Das Erwerbsausmaß ist allerdings auch unter denStudierenden der KFU signifikant geringer als im restlichen Bundesgebiet. Die Unterschiede imErwerbsanteil sind also vor allem auf das spezifische Studienangebot und den je nach Studiumunterschiedlichen Studierenden zurückzuführen. Dies gilt zwar auch für das Erwerbsausmaß,dieses ist aber (mit Ausnahme berufsbegleitender FH-Studien) niedriger als im Bundesschnitt.Tabelle 2: Anteil der erwerbstätigen Studierenden und durchschnittliches Ausmaß ihrerErwerbstätigkeit nach steirischen HochschulenFH Campus 02Kunstuni GrazPH SteiermarkKPH GrazkKFU GrazTU GrazMeduni GrazMontanuni LeobenFH JoanneumSteiermarkNicht-SteiermarkWährend desganzen Semesters 72% 29% 48% 50% 43% 36% 33% 31% 22% 39% 46%Gelegentlich währenddes Semesters 6% 39% 18% 10% 16% 18% 17% 15% 16% 17% 16%Nicht erwerbstätig 22% 33% 34% 40% 41% 47% 49% 54% 62% 44% 38%ø Ausmaß in h/Woche(nur Erwerbstätige) 38,8 15,0 14,8 n.a. 16,7 17,1 13,4 16,1 18,5 17,4 20,1n.a.: nicht ausgewiesen, da Fallzahlen < 30.Reihung nach Anteil der insgesamt Erwerbstätigen.Quelle: Studierenden-Sozialerhebung 2009.Der Zusammenhang zwischen Studienangebot und Anteil der erwerbstätigen Studierenden spiegeltsich auch im Selbstverständnis der Studierenden wieder (siehe Abbildung 5): An der FHCampus 02 bezeichnen sich zwei Drittel aller Studierenden als „Erwerbstätige, die nebenbeistudieren“, an der KPH Graz sind dies noch 26 %, an der PH Steiermark, der KFU und der TUzwischen 15 % und 13 %, an der Montanuni sowie der FH Joanneum sind es je 10 %, an derKunstuni 8 % und an der Meduni 7 %. Die Anteile dieser „Weiterbildungsstudierenden“ sindsomit insbesondere an den steirischen Universitäten geringer als an anderen österreichischenUniversitäten, allerdings sind alleine die 14 % der Studierenden der KFU (etwa 4.400 Personen)schon eine deutlich größere Gruppe als an manch anderen Hochschulen insgesamt studieren.59


Abbildung 5: Rolle von Studium und Erwerbstätigkeit im Leben der Studierendennach Hochschule100%90%80%70%60%50%40%30%20%10%0%66%CAMPUS 0226%KPH Graz15%PH Steiermark14%KFU Graz13%TU Graz10%MontanuniLeobenin erster Linie erwerbstätig erwerbstätig, aber in erster Linie Student/in nicht erwerbstätig10%FH JOANNEUM8%Kunstuni Graz7%Meduni Graz14%Steiermark20%Nicht-SteiermarkAnm: Angaben für Bad Gleichenberg und Kapfenberg basieren auf geringen Fallzahlen.Quelle: Studierenden-Sozialerhebung 2009.Zeitbudget, Vereinbarkeit von Studium und ErwerbstätigkeitStudierende in der Steiermark wenden während des Semesters im Schnitt 32,5 Stunden proWoche für ihr Studium auf, davon entfallen 14 Stunden auf Lehrveranstaltungen und knapp 19Stunden auf sonstigen Studienaufwand (Lernen, Bibliothek, Abschlussarbeiten etc.). Studierendein den anderen Bundesländern wenden dagegen im Schnitt „nur“ 30 Wochenstunden für ihrStudium auf. Der Unterschied liegt wiederum an der Zusammensetzung der Studierendenschaft,die in der Steiermark jünger und in geringerem Ausmaß erwerbstätig ist. Da die Studierenden inden anderen Bundesländern wöchentlich um drei Stunden mehr für Erwerbstätigkeit aufwenden,unterscheidet sich der wöchentliche Gesamtaufwand praktisch nicht mehr zwischen Studierendenin- und außerhalb der Steiermark. Welche Rolle Alter und Erwerbsausmaß auch für das studentischeZeitbudget spielen verdeutlicht Tabelle 3, in der nach Hochschulen unterschieden wird.Studierende der FH Joanneum, der Med- und der Kunstuni wenden demnach wöchentlich mehrals 40 Stunden für ihr Studium auf, jene der KFU im Schnitt dagegen weniger als 30 Stunden.Zählt man jedoch das durchschnittliche Erwerbsausmaß (hier berechnet über alle, also auch dienichterwerbstätigen Studierenden) hinzu, so haben die Studierenden der FH Campus 02 mit 61Wochenstunden den mit Abstand höchsten Gesamtaufwand 4 und mit Ausnahme der Studierendender Montanuni und der KFU liegt der wöchentliche Gesamtaufwand immer über 40 Stunden.60


Tabelle 3: Durchschnittlicher Zeitaufwand in Stunden pro Woche für Studium undErwerbstätigkeit nach HochschuleGesamtaufwandLehrveranstaltungenStudiumgesamtsonstigerStudienaufwandErwerbstätigkeitFH Joanneum <strong>25</strong>,3 19,0 44,4 6,9 51,3Meduni Graz 20,8 21,3 42,0 6,6 48,7Kunstuni Graz 12,1 29,6 41,7 9,8 51,5TU Graz 12,7 21,9 34,6 8,9 43,5KPH Graz 21,3 12,4 33,7 11,7 45,4PH Steiermark 20,9 12,5 33,4 9,4 42,8Montanuni 13,7 18,4 32,0 7,3 39,3FH CAMPUS 02 16,3 14,8 31,1 30,2 61,3KFU Graz 11,1 16,9 28,0 9,9 37,8Steiermark 13,9 18,7 32,5 9,6 42,2Nicht-Steiermark 12,5 17,5 30,0 12,5 42,5Österreich 12,7 17,7 30,4 12,0 42,4Erwerbsausmaß als Durchschnitt über alle Studierende (Nicht-Erwerbstätige = 0h).Quelle: Studierenden-Sozialerhebung 2009.Ab einem wöchentlichen Erwerbsaufwand von knapp 10 Stunden wird in der Regel der Aufwandfür das Studium reduziert, ab einem Erwerbsaufwand von mehr als 20 Stunden wird sogar deutlichweniger Zeit fürs Studium aufgewendet (Ausnahme: berufsbegleitende FH-Studien). 53 % derStudierenden in Österreich sind entweder nicht oder weniger als 10 Wochenstunden erwerbstätig,also in einem mit dem Studium weitgehend verträglichen Ausmaß. In der Steiermark sind diesmit 62 % fast 10 %-Punkte mehr. Anders formuliert, 39 % der Studierenden in der Steiermark(47 % außerhalb der Steiermark) sind in einem Ausmaß erwerbstätig, bei dem in der Regel derwöchentliche Studienaufwand deutlich geringer als bei nichterwerbstätigen Studierenden ist.Die Vereinbarkeit von Studium und Erwerbstätigkeit ist daher auch die größte Schwierigkeit, mitder Studierende in Österreich während ihres Studiums konfrontiert sind. An der FH Campus 02,der Meduni, der KFU, der Kunstuni, der TU und der Montanuni geben rund die Hälfte der erwerbstätigenStudierenden an, ihre Erwerbstätigkeit sei eher schlecht mit dem Studium vereinbar (ander Meduni vor allem aufgrund des hohen Studienaufwandes), an der FH Joanneum sind dies40 % und an der PH Steiermark rund 35 % (von der KPH liegen zu wenige Fragebögen für eineAuswertung dieser Frage vor).61


Finanzielle SituationDas mit dem Alter steigende Erwerbsausmaß spiegelt sich auch im Anteil der Studierenden wider,die angeben, (sehr) schlecht mit ihren finanziellen Mitteln auszukommen. Bis zum Alter von 21<strong>Jahre</strong>n sind dies weniger als 20 %, unter den <strong>25</strong>-Jährigen bereits 30 % und unter den 27- und28-Jährigen fast 40 %. Erst bei den Studierenden über 30 <strong>Jahre</strong> sinkt der Anteil wieder (weil vielein diesem Alter berufsbegleitend studieren und Zeit-, aber seltener finanzielle Probleme haben).Demzufolge unterscheidet sich der Anteil der Studierenden mit finanziellen Schwierigkeiten auchstark nach Hochschule, je nach der Zusammensetzung ihrer Studierendenpopulation: An derMeduni und der PH Steiermark gibt ein Drittel der Studierenden an, (sehr) schlecht mit ihrenfinanziellen Mitteln auszukommen, an der KFU, der FH Joanneum, der KPH Graz und der TU sindes fast 30 %, an der Kunstuni, der FH Campus 02 und der Montanuni rund 20 %.Psychische ProblemeEine noch weitgehend unbeachtete Entwicklung der sozialen Lage von Studierenden ist derwachsende Anteil mit psychischen Problemen (siehe Tabelle 4) und in der Folge auch psychischenErkrankungen (siehe Tabelle 5). Auf die Frage, ob ihr bisheriger Studienfortschritt durchfolgende Aspekte beeinträchtigt wurde, antworteten 21 % der Studierenden in der Steiermark„Ja, aufgrund von Leistungsdruck/Versagensängsten“, 19 % gaben depressive Stimmungen,16 % Existenzängste und 14 % Burnout an (Mehrfachnennungen möglich). Damit unterscheidensich die Studierenden in der Steiermark nicht von den Studierenden in anderen Bundesländern.Sehr wohl aber unterscheiden sie sich aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzungenwiederum nach Hochschule. Leistungsdruck/Versagensängste wird besonders häufig vonStudierenden der KFU (<strong>25</strong> %), der Meduni (22 %) und der Kunstuni (21 %) genannt, depressiveStimmungen vor allem von Kunststudierenden (27 %), aber auch von Studierenden der KFU(22 %). Existenzängste werden ebenfalls von den Studierenden dieser beiden Universitätenbesonders häufig genannt (je rund 20 %), während Burnout vor allem Studierende der Kunstuni(18 %) und der Meduni (16 %) anführen. Geringere Werte weisen hierbei vor allem Studierendeder FH Campus 02 und der KPH Graz auf, letztere allerdings mit Ausnahme von depressivenStimmungen.62


Tabelle 4: Anteil der Studierenden mit psychischen ProblemenDepressiveStimmungenExistenzängsteBurnoutLeistungsdruckVersagensängsteMeduni Graz 17% 15% 16% 22%Montanuni Leoben 17% 12% 12% 19%TU Graz 16% 14% 13% 18%KFU Graz 22% 19% 15% <strong>25</strong>%Kunstuni Graz 27% 20% 18% 21%FH CAMPUS 02 11% 7% 10% 14%FH JOANNEUM 15% 11% 14% 17%PH Steiermark 14% 11% 7% 10%KPH Graz 17% 7% 7% 14%Nicht-Steiermark 20% 16% 15% 22%Steiermark 19% 16% 14% 21%Gesamt AT 20% 16% 15% 22%Mehrfachnennungen möglich.Quelle: Studierenden-Sozialerhebung 2009.Neben psychischen Problemen werden in der Sozialerhebung auch Behinderung/chronische,psychische und sonstige Erkrankungen erfasst (siehe Tabelle 5). 14 % aller Studierenden in Österreichhaben eine derartige Beeinträchtigung, die sich (ihren Angaben zufolge) studienerschwerendauswirkt. In der Steiermark sind es 15 %. Neben Allergien und Atemwegserkrankungen,die sich häufig „nur“ zeitweise im Studium negativ auswirken, stellen psychische Erkrankungen(als eigenständige Erkrankung oder in Kombination mit anderen Beeinträchtigungen) die größteGruppe nach Beeinträchtigungsarten dar. Ihre Erkrankung wirkt sich auch besonders häufig sehrstark im Studium aus und sie tragen zur großen Gruppe jener bei, die angeben, ihre Behinderung/Erkrankung sei zumeist nicht durch Dritte wahrnehmbar. Häufig wollen die Betroffenen allerdingsaus Angst vor Stigmatisierung auch nicht, dass ihre Erkrankung an der Hochschule bekannt wird.Nur ein geringer Anteil der Betroffenen bezeichnet seine/ihre Erkrankung selbst als „Behinderung“und nur wenige haben eine amtliche Einstufung des Grades ihrer Behinderung vornehmen lassenbzw. einen Behindertenpass beantragt.Aus gesundheitlichen Gründen im Studium Beeinträchtigte haben je nach Art ihrer Beeinträchtigungsehr unterschiedliche Schwierigkeiten im Studium, besonders häufig werden jedoch Studienunterbrechungenaufgrund von Krankheitsschüben, Schwierigkeiten mit den Prüfungsmodi,starke Belastungen aufgrund der Prüfungsdichte und starren Vorgaben im Studienablauf alsProbleme genannt. Hinzu kommen häufig Schwierigkeiten außerhalb der Hochschule, etwa eineeingeschränkte Erwerbsfähigkeit und überdurchschnittlich häufig finanzielle Probleme.63


Tabelle 5: Anteil der im Studium beeinträchtigten Studierenden nach Art dergesundheitlichen Beeinträchtigung und HochschuleMobilitätsbeeinträchtigung,KörperbehinderungSehbeeinträchtigungSprach-, Sprechbehinderung,HörbeeinträchtigungPsychischeErkrankung/StörungAllergie,AtemwegserkrankungChronische ErkrankungAndere gesundheitlicheBeeinträchtigungMehrfacheBeeinträchtigungim Studium beeinträchtigteStudierendeMeduni Graz 0,6% 0,5% 0,6% 1,9% 5,3% 2,6% 1,9% 1,8% 15%Montanuni Leoben --- 1,0% 0,3% 1,8% 4,5% 1,1% 1,5% 2,6% 13%TU Graz 0,3% 0,9% 0,4% 0,9% 5,2% 1,5% 1,8% 1,9% 13%Uni Graz 0,5% 0,7% 0,4% 3,2% 4,5% 1,2% 2,8% 2,7% 16%FH JOANNEUM 0,1% 0,4% 0,2% 1,4% 3,8% 1,2% 2,7% 2,2% 12%Kunstuni Graz n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 22%FH Campus 02 n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 7%PH Steiermark n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 11%KPH Graz n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. n.a. 14%Steiermark 0,4% 0,7% 0,4% 2,2% 4,8% 1,3% 2,5% 2,4% 15%Nicht-Steiermark 0,5% 0,6% 0,3% 2,7% 4,2% 1,2% 2,4% 2,3% 14%n.a.: Nicht ausgewiesen, da Fallzahlen


Abbildung 6: Einschätzung des StudienfortschrittsQuelle: Studierenden-Sozialerhebung 2009.FazitDie soziale Lage der Studierenden in der Steiermark unterscheidet sich nur geringfügig von derSituation der Studierenden in anderen Bundesländern. Sie haben im Schnitt etwas geringereWohnkosten und sind in etwas geringerem Ausmaß erwerbstätig. Finanzielle Schwierigkeiten,psychische Probleme und Schwierigkeiten, Studium und Erwerbstätigkeit zu vereinbaren, tretendagegen im selben Ausmaß auf wie in anderen Bundesländern. Hinzu kommen auch – hier nichtthematisierte – Aspekte wie zum Beispiel Studium mit Kind, Studium als „Weiterbildungsstudierende/r“an einer Universität oder Studium ohne finanzielle Unterstützung von Familie und Staat,die sich ebenfalls in der Steiermark nicht grundlegend unterscheiden dürften. Derartige Themenwerden in den Berichten der Studierenden-Sozialerhebung ausführlich behandelt, die alle unterwww.sozialerhebung.at zugänglich sind.Die jüngste Sozialerhebung ist im September 2012 erschienen und ebenfalls auf der angegebenenHomepage veröffentlicht.1 Unger et al. (2010), Studierenden-Sozialerhebung 2009, IHS-Projektbericht. www.sozialerhebung.at2 Quelle: Statistik Austria. http://www.statistik.at/web _ de/services/wirtschaftsatlas _ oesterreich/oesterreich _ und _seine _ bundeslaender/index.html3 Auf die Angabe exakter Werte wird hier verzichtet, da der Hochschulzugang in den letzten drei <strong>Jahre</strong>n starkzugenommen hat und die vorliegenden Werte von 2008/09 nicht mehr aktuell sind. Die beschriebenen Tendenzengelten jedoch weiterhin.4 Zudem umfasst ein Semester in berufsbegleitenden FH-Studien in der Regel mehr Wochen als in Vollzeitprogrammenoder an Universitäten.65


Martin Unger, geboren am 15.7.1969, Studium der Soziologie (Sowi) in Wien (1996); anschließendPostgradualer Lehrgang Soziologie am IHS (1998). Während des Studiums Mitarbeit an Berichtendes Wissenschaftsministeriums (Hochschulbericht, Sozialbericht der Studierenden etc.), an Projektenim Programmbereich Hochschulforschung am iff (inzwischen Univ. Klagenfurt) und seit 1998 alsForschungs assistent an Projekten des IHS im Bereich Hochschulforschung. Seit 2004 Lektor an derWU Wien (empirische Sozialforschung), seit 2006 Lektor an der Univ. Wien (empirische Sozialforschung,Bildungssoziologie). Forschungsschwerpunkte: Soziale Lage der Studierenden in Österreich und iminternationalen Vergleich, Finanzierung von Hochschulen, AbsolventInnenmonitoring66


Benötigen die Hochschulen nebenöffentlichen auch private Einnahmen?Wolf FrühaufDiese Frage 1 kann wohl aus verschiedenen Gründen bzw. Begründungen und grundsätzlich nurmit „JA“ beantwortet werden. Und zwar insofern, als es unter dem Gesichtspunkt der „Ressourcenmaximierung“selbstverständlich nur wünschenswert sein kann, dass die Hochschulen, undinsbesondere die Universitäten in Österreich 2 , neben öffentlichen Einnahmen, d.h. zusätzlich zurstaatlichen Finanzierung, auch über private Einnahmen bzw. Zuwendungen verfügen. Etwas,was mit unterschiedlichem gesetzlichen Rahmen und Umfang immer schon der Fall war, wennman etwa an die seinerzeitige „Drittmittelfähigkeit“ der Universitäten und Hochschulen denkt. 3Eine andere Frage ist die nach „benötigen“ (im engeren Sinn), doch dazu unten mehr. Allerdingsbedarf es für eine nähere Erörterung und Beantwortung dieser Frage bzw. Fragestellung vorwegeiniger Abklärungen.Hochschulen (Universitäten) in staatlicher TrägerschaftBei der Frage nach „Hochschulen“ ist auf solche in staatlicher Trägerschaft abzustellen, also aufstaatliche (d.h. in Österreich in Hinblick auf Art. 14 B-VG „bundesstaatliche“) Einrichtungen 4 , inwelcher rechtlichen Verfasstheit auch immer, da eben vorrangig bei diesen „neben öffentlichenauch private Einnahmen“ einen Sinn machen. Für Hochschulen in privater, nicht staatlicherTrägerschaft ist bereits eo ipso davon auszugehen, dass solche, bei allen denkbaren öffentlichenFördermöglichkeiten, grundsätzlich aus „privaten“ Mitteln („Einnahmen“/Zuwendungen) finanziertwerden. Für Österreich bedeutet dies, dass alle Privat-Universitäten, d.h. Universitäten in privaterTrägerschaft gemäß dem Bundesgesetz über die Akkreditierung von Bildungseinrichtungen als„Privatuniversitäten“ 5 nicht unter diese Fragestellung fallen können, weil sie naturgemäß durchprivate Finanzierung begründet sind. Überdies gilt für sie ein „Finanzierungsverbot des Bundes“,ausgenommen vertraglich vereinbarte Gegenleistungen für die Erbringung bestimmter Lehr- undForschungsleistungen, die der Bund zur Ergänzung des Studienangebotes der staatlichen Universitätenbei Bedarf mit einer Privatuniversität abschließt. 6 Eine gewisse „Mischform“ stellenzweifellos die Fachhochschulen bzw. Fachhochschul-Studiengänge dar, weil neben dem Bund undanderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, auch „juristische Personen des privatenRechts Erhalter von Fachhochschul-Studiengängen sein können, soweit deren Unternehmensgegenstandüberwiegend die Errichtung, Erhaltung und der Betrieb von Fachhochschul-Studiengängenist“. 7 Darüber hinaus bedürfen sie einer „Akkreditierung“, für die u.a. auch „der Nachweisder erforderlichen Personal- Raum- und Sachausstattung“ Voraussetzung ist 8 , wie dies auch beiPrivatuniversitäten der Fall ist. Hinsichtlich der Pädagogischen Hochschulen wird auf das Bundesgesetzüber die Organisation der Pädagogischen Hochschulen und ihre Studien (Hochschulgesetz2005) 9 verwiesen, wo es neben der überwiegenden Zahl der Pädagogischen Hochschulen in67


staatlicher Trägerschaft auch welche in privater/kirchlicher sowie Stiftungs-Trägerschaft gibt. Eswird daher nachfolgend die Erörterung von privaten Einnahmen im Wesentlichen auf die (staatlichen)Universitäten („juristische Personen des öffentlichen Rechts“, § 2 UG 11 ) fokussiert.Zum Zweiten ist in der Frage nach „benötigen“ von privaten Einnahmen doch auch zuvor nocheinmal – zumindestens in der durch den Umfang dieses Beitrags allerdings gebotenen Kürze – aufdie „öffentliche“ (staatliche) Finanzierung der Universitäten einzugehen.„Öffentliche“ (staatliche) EinnahmenDie in Österreich bestehenden (staatlichen) Universitäten werden durch das Universitätsgesetz2002 – UG 10 geregelt, sind juristische Personen des öffentlichen Rechts 11 und durch dieses Bundesgesetzin ihrem Bestand auch eingerichtet. 12 Wie in den Erläuterungen zur Regierungsvorlageauch festgestellt, sind „die Universitäten als Einrichtungen des Bundes garantiert und daher auchdurch diesen zu finanzieren“. 13 In diesem Sinne wird im 2. Unterabschnitt des UG 2002 mit derBezeichnung „Finanzierung, Leistungsvereinbarung und Qualitätssicherung“ nur eine „Universitätsfinanzierungaus Bundesmitteln“ angeführt. § 12 Abs. 1 UG: „Die Universitäten sind vomBund zu finanzieren. Dabei sind die finanziellen Leistungsmöglichkeiten des Bundes, seine Anforderungenan die Universitäten und die Aufgabenerfüllung der Universitäten zu berücksichtigen.“Daraus ergibt sich jedenfalls dem Grunde nach eine vollständige Verpflichtung des Bundes, „seine“Universitäten zu finanzieren („... sind zu finanzieren …“). Wesentliche Bedingung, man könnteauch von einer „Begrenzung“ dieser Verpflichtung sprechen, sind gemäß § 12 Abs.1. UG „diefinanziellen Leistungsmöglichkeiten des Bundes“, sowie, dass bei der Finanzierung weiter auchzu berücksichtigen ist, welche „Anforderungen“ an die Universitäten (Anmerkung: d.h. die Leistungender Universität, insbesondere Studienrichtungen, Umfang der Lehre und Forschung …)gestellt werden und wie die „Aufgabenerfüllung“ (Anmerkung: Qualität, Quantität etc.) sein soll.Dies hat in den sogenannten „Leistungsvereinbarungen“ zu geschehen, soweit dies realistischerWeise in einem relativ knapp zu haltenden, umfangmäßig begrenzten (öffentlich-rechtlichen)Vertrag eben möglich ist.Die gesetzlich gebotene, grundsätzliche Verpflichtung des Bundes „zu finanzieren“, lässt zunächsteinmal die Fragestellung nach „benötigen …“ (private Einnahmen), nicht zwingend mit „JA“ beantworten,denn die Finanzierung der Universitäten sollte jedenfalls in gesetzeskonformer Erfüllungdurch den Bund „gesichert“ sein. Die „finanziellen Leistungsmöglichkeiten“ sind zwar ein sogenannter„unbestimmter Gesetzesbegriff“, der zu interpretieren und gewiss von den finanziellenund budgetären Möglichkeiten des Staates abhängig ist, wobei diese „Leistungsmöglichkeiten“wohl unter Berücksichtigung aller Aufgaben des Staates, aber im Sinne einer politischen Prioritätensetzungauf der Basis eines gesamtwirtschaftlichen BIP zu sehen sind.Der offizielle Universitätsbericht 2011 des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung 14enthält diesbezüglich u.a. folgende interessante Feststellung: „Im Vergleich ist das Bruttoinlandsproduktseit 2000 nominell um 37 % und seit 2007 um 4,5 % gewachsen, während sichdie Bundesausgaben (Anmerkung: Bundesausgaben für das „Hochschulbudget“ = Ausgabendes Bundes für Universitäten und Fachhochschulen sowie die Ausgaben zur Unterstützung von68


Studierenden, z.B. Studienförderung) seit 2000 um 15 % erhöht haben, wobei hier ab 2009im Zuge der Budgetkonsolidierung Rückgänge zu verzeichnen sind“ 15 . Dies bedeutet im Klartextnicht mehr und nicht weniger, als dass die Hochschulausgaben des Bundes vergleichsweise imZeitraum 2000 bis 2007 (und später) hinter der Entwicklung des BIP zurückgeblieben sind, eineder Ursachen der „Unterfinanzierung“ der Universitäten im internationalen Vergleich. Was auchangesichts der Kürzungen des Hochschulbudgets in den ersten 2000er-<strong>Jahre</strong>n und infolge der„Budgetkonsolidierung“, durch zusätzlich noch (nicht näher angegebene) „Rückgänge, die zuverzeichnen waren“, nicht überraschend ist.Vergleicht man also das Wachstum des BIP mit jenem der Bundesausgaben für Universitäten,so könnte man jedenfalls nur schwerlich erklären, dass „mangelnde Leistungsmöglichkeiten desBundes“ eine wünschenswert stärkere (öffentliche) Finanzierung verhindert hätten. Dies umsomehr, wenn bei Anerkennung aller, auch einander konkurrierender staatlicher Aufgabenerfüllung,der vielfach in Entschließungen des Nationalrates und in Regierungsprogrammen enthaltenenZielsetzung der 2 %-BIP-Aufwendungen für den Tertiär-Bereich („Hochschulquote“) allein schonim öffentlichen Finanzierungsbereich stärker nachgekommen worden wäre, d.h. die Aufwendungenfür den Tertiär-Bereich könnten schon erfolgreicher auf dem Weg zum 2 %-BIP-Ziel unterwegssein. Bemerkenswert ist jedenfalls das Argument (siehe so z.B. Universitätsbericht 2011 16 ),dass vor allem „der niedrige private Anteil von 0,1 % an den tertiären Bildungsausgaben“ für„die Positionierung im hinteren Feld“ für Österreich im internationalen Vergleich verantwortlichgemacht wird.Und unter der Überschrift „Ausgaben für den Tertiärbereich im internationalen Vergleich“ findensich im Universitätsbericht 2011 folgende Feststellungen: „Vergleicht man die (öffentlichen undprivaten) Ausgaben für tertiäre Bildungseinrichtungen im Jahr 2008, liegt der Durchschnitt derOECD-Länder bei 1,5 % Anteil am BIP; Österreich liegt mit 1,3 % unter dem OECD-Durchschnittund am 19. Rang jener 29 OECD-Länder, die Daten gemeldet haben... Für die Positionierung imhinteren Feld ist vor allem der niedrige private Anteil von 0,1 % an den tertiären Bildungsausgabenverantwortlich, womit Österreich auf den 24. Rang der OECD-Länder und auf den 15. Rangder EU-Länder kommt. Betrachtet man nur die öffentlichen Ausgaben für tertiäre Bildungseinrichtungen,positioniert sich Österreich um jeweils 10 Ränge besser und liegt mit 1,2 % über demEU-Durchschnitt und über dem OECD-Durchschnitt (1,0 %).” 17Anzumerken ist, dass der zuletzt angeführte Vergleich von öffentlichen und privaten Aufwendungenfür Universitäten die unterschiedlichen und vor allem auch historisch bedingten Hochschulsystemeder einzelnen OECD-Ländern völlig außer Betracht lässt. So ist insbesondere zuerkennen, dass es in zahlreichen OECD-Ländern eine ausgeprägte, teilweise überwiegende Zahlvon Universitäten in privater Trägerschaft oder konstitutiv mit privater Finanzierung gibt (siehez.B. in den USA fast die Hälfte und einnahmens-/vermögensseitig mehr als die Hälfte). Insgesamterhärtet gerade der internationale Vergleich von Universitäten in staatlicher Trägerschaft dieTatsache einer in allen Belangen für Österreichs Universitäten geringeren finanziellen Ausstattung(„Unterfinanzierung“), insbesondere aus öffentlichen Mitteln; man vergleiche nur z.B. ETH Zürichoder auch deutsche Universitäten.69


In diesem Zusammenhang wäre auch noch zu vermerken, dass – bei allen vielfach erhobenenForderungen seitens der Universitäten nach besserer (öffentlicher) Finanzierung – der Hinweisauf das gesetzliche Gebot („… sind zu finanzieren“) und die (Anmerkung: keinesfalls „geringe“)Leistungsmöglichkeit des Bundes in der öffentlichen Diskussion viel zu wenig Beachtung finden.Private Einnahmen für Universitäten„Private Einnahmen“ der Universitäten werden als solche expressis verbis im UG 2002 nichtangeführt, sondern können wohl nur erschlossen werden. Einmal aus der Rechtsform der Universitätenals juristische Person des öffentlichen Rechts gemäß § 4 UG, durch die ihnen – imRahmen der gesetzlichen Rahmenbedingungen – eine volle Rechtsfähigkeit zuerkannt wird, dieim gesetzlichen Rahmen „private Einnahmen“ ermöglichen. Die Erläuterungen zum Gesetzentwurfgeben jedenfalls den Hinweis, dass die Universitäten „als autonome Einrichtungen über eineumfassende Geschäftsfähigkeit verfügen …“, mit dem weiteren Hinweis, dass „diese Aktivitätender wissenschaftlichen Forschung und Lehre bzw. der Entwicklung und Erschließung der Künstesowie der Vermittlung der Kunst zu dienen haben …“ 18 Schließlich gibt die Univ.RechnungsabschlVO19 mit der „Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung“ Auskunft über mögliche „privateEinnahmen“, indem neben den Globalbudgetzuweisungen des Bundes insbesondere verschiedeneErlöse, betriebliche Erträge, Erträge aus Finanzmitteln und Beteiligungen, außerordentlicheErträge, etc. angeführt werden.Im Universitätsbericht 2011 20 werden „private Einnahmen“ als „private Mittel“ bereits im Kapitel1, Entwicklung des österreichischen Hochschulraums, unter dem Aspekt der „Sicherung ausreichenderRessourcen“ etwas kryptisch wie folgt angesprochen: „Zur Sicherung ausreichenderRessourcen zählen die künftigen Einnahmen. Diese sind in öffentliche und private Mittel gegliedertund sollen vorwiegend zur Grundausstattung dienen. Daneben (Anmerkung: Zumindestensin redaktioneller Hinsicht stellt sich die Frage, wie das „daneben“ zu verstehen ist? Neben „was“muss es das Ziel sein? Offenbar neben „öffentlichen“ Mittel?) muss es jedoch das Ziel sein,auch die Mittel aus privaten Quellen zu erhöhen, um weitere Ressourcen zu schaffen und vorOrt individuelle inhaltliche Impulse setzen zu können. Finanzielle Sicherheit (Anmerkung: Durchprivate Mittel?) fördert Freiheit und bewirkt, dass das gestalterische Potential an ÖsterreichsHochschulen kreativ und konstruktiv in Lehre in Lehre, Wissenschaft und Forschung investiertwerden kann.“ 21Abgesehen von der Frage, wie dieser Text mit diesen Formulierungen interpretiert werden muss,ist diesen Feststellungen des Universitätsberichts und damit des zuständigen Bundesministersjedenfalls nicht zu entnehmen, wie (mit welchen Größenordnungen) die Finanzierung der Universitätentatsächlich erfolgen soll. Neben „Rahmenbedingungen – Strukturen verbessern, Potentialeaktivieren“ wird auf den (österreichischen) „Hochschulplan als gestaltender Faktor“ verwiesen.Was letzteren betrifft, so wurde er zwar in seinen „Grundlinien“ vorgestellt, enthält aber außerÜberschriften und Schlagworte bislang keine wirklich inhaltlichen Aussagen. 22 Zu Finanzierungszielenwird im Universitätsbericht 2011 lediglich unter „Der Dialog Hochschulpartnerschaft2009/10“, mit folgenden Feststellungen auf das Arbeitsforum 5 (Finanzierung) verwiesen: 23„Im Arbeitsforum 5 schließlich wurden – neben dem bekannten Ziel, 2 % des BIP für tertiäre70


Bildung – die Arten der Hochschulfinanzierung diskutiert. Anhand internationaler Beispiele sprachsich das Forum für einen optimalen Mix von Basisfinanzierung und kompetitiver Projektfinanzierungaus. Im Bereich der Lehre herrschte Konsens über den Wunsch nach einer Studienplatzfinanzierungan den Universitäten, die mehr Transparenz bringen soll und im Kontext des Ziels derErhöhung von AbsolventInnenzahlen zu sehen ist“.WIFO: Hochschulen 20<strong>25</strong>: eine EntwicklungsvisionMehr Überlegungen zu privaten Finanzierungsquellen, die es so „nachhaltig zu verbessern gilt, umauch im internationalen Vergleich besser zu werden“, bringt eine im Auftrag des BMWF erstellteStudie des Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung – WIFO „Hochschulen 20<strong>25</strong>: eineEntwicklungsvision“, 24 die Mitte Juli d.J. vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschungund dem WIFO-Chef vorgestellt wurde. Insoweit jedenfalls eine interessante und verdienstvolleUntersuchung, als sie von der Zielsetzung der Erreichung der 2 % der BIP-Aufwendungen für dentertiären Bereich bis zum <strong>Jahre</strong> 2020 ausgeht und die zusätzlichen Finanzierungsnotwendigkeitenaufzeigt; einen „Budgetpfad“, den zu erstellen vom BMWF im Rahmen des Hochschuldialogs2009/10 noch abgelehnt wurde. Zum anderen ist diese Studie aber allein schon deshalb bemerkenswert,weil zur Erreichung dieses 2 %-Zieles – ganz im Sinne der oben zitierten Aussagendes Universitätsberichtes 2011 – unter Berufung auf „schwierige (Anmerkung: öffentliche finanzielle)Rahmenbedingungen“ die Berechnungen zur Erreichung des 2 %-Zieles vor allem auf dieErhöhung eines privaten Finanzierungsanteils, und hier wiederum schwerpunktmäßig auf Studiengebühren,abgestellt werden. Die Hauptaussagen der WIFO-Entwicklungsvision stellen sichdemzufolge wie folgt dar: <strong>25</strong>■ „… Um im Jahr 2020 das Ziel von 2 % des BIP zu erreichen, müssten die jährlichen Hochschulausgabenvon derzeit ca. b 4,4 Mrd. auf ca. b 8,4 Mrd. um ca. 7,8 % jährlich wachsen. Diesimpliziert jährliche Mehrausgaben von anfänglich b 300 Mio. bis b 600 Mio. gegen Ende desJahrzehnts …■ Derzeit beträgt der öffentliche Finanzierungsanteil an den gesamten Hochschulausgaben 89 %bzw. 97 % (je nachdem, ob öffentliche Subventionen für private Haushalte und Unternehmeneingerechnet werden oder nicht). Der EU-Durchschnitt ohne Subventionen beträgt 78 %, derOECD-Durchschnitt 69 %. Bleiben die öffentlichen Ausgaben konstant (Anmerkung: d.h. beigleichbleibendem %-Anteil) auf dem heutigen Niveau (89 %), werden im Jahr 2020 bei Zielerreichungknapp b 7,5 Mrd. ausgegeben (Anmerkung: richtigerweise wohl: „auszugeben sein“)(jährliche Wachstumsrate 7,7 %). Die Senkung des öffentlichen Finanzierungsanteils auf EU-Niveauimpliziert Ausgaben von b 6,8 Mrd. , auf OECD-Niveau Ausgaben von b 5,8 Mrd. ...“Dies würde – d.h. um einmal die Größenordnungen zu kennen – je nach Annahme bzw. Berechnungsarteines öffentlichen Finanzierungsanteils einen „privat“ zu finanzierenden Anteil vonjeweils b 0,9 Mrd. bis b 2,6 Mrd. bedeuten. Was selbstverständlich die Frage induziert, wiedieses „Delta“ privat finanziert werden kann.71


Die WIFO-Entwicklungsvision 20<strong>25</strong> kommt daher zu der Überlegung, wonach „je nach gewünschtenDeckungsgrad des privaten Finanzierungsanteils durch Studiengebühren (sic!) sich so notwendigeGrößenordnungen für andere private Finanzierungsquellen (Anmerkung: z.B. durchErlöse aus Leistungen und Verwertung von Wissen, sowie Stiftungseinkünfte, Alumnispenden,fundraising der Hochschulen etc.) ergeben …“ Bei einer Annahme von einer 50 %-genAbdeckung des privaten Finanzierungsanteils durch Studiengebühren (sic!) werden demnach„b 300,- zu Beginn des Zeithorizonts und ca. b 600,- pro Semester gegen Ende des Zeithorizontsals notwendig“ errechnet, mit einer „einmaligen Anpassung im Jahr 2015“. Und um das 2 %-Ziel zu erreichen müssten durch andere (private) Finanzierungsquellen jeweils zusätzlich bis zuca. b 600 Mio. aufgebracht werden.“ 26Um die „Größenordnungen möglicher privater Finanzierungsquellen, insbesondere von Studiengebühren“zu berechnen sowie um „die privaten Finanzierungsquellen in unterschiedlichenDeckungsgraden“ („Finanzierungslücken“) darzustellen, wird von der WIFO-Studie – „nicht alsEmpfehlung für die Höhe von Studiengebühren, sondern als Veranschaulichung der notwendigenDimension von privaten Finanzierungsquellen, um unterschiedliche private Finanzierungsanteilezu erreichen“ (Anmerkung: wobei die Studiengebühren als variable Parameter innerhalb derunterschiedlichen Finanzierungsquellen, wie z.B. Einnahmen aus Patenten, Lizensierungen, philanthropischeSpenden, Forschungsaufträge, etc., angenommen werden) – eine „große Bandbreitefür Studiengebühren“ („Varianten“) dargestellt: 27 „Sollten die Studiengebühren 100 % (sic!)der Finanzierungslücke abdecken – d.h., die die privaten Ausgaben von Haushalten und Einheitenwachsen nicht stärker als angenommen – müssten sie bei einem konstanten Finanzierungsanteilszielim <strong>Jahre</strong> 2020 e 480,- pro Semester betragen, beim EU-21-Durchschnittsziel(Anmerkung: was als Ziel offenbar auch von so manchem Hochschulpolitiker als erstrebenswertangesehen wird – siehe dazu z.B. Hochschulbericht 2011) b 1.840,- pro Semester undbeim OECD-Durchschnittsziel e 2.971,-“. Und weiter: „Sollen die Studiengebühren nur 50 %(Anmerkung : der als privat angedachten Mittel zur Finanzierung des Tertiären Bereiches) abdecken,halbieren sich die errechneten Studiengebühren entsprechend und die Finanzierungslücke,die durch alternative Finanzierungsquellen gedeckt werden müsste (Spenden, Aufträge,Technologieverwertungseinnahmen, etc.), beläuft sich im Jahr 2020 auf Beträge von e 165Mio. (konstanter privater Finanzierungsanteil), b 634 Mio. (EU-21-Ziel) und b 1.024,- (OECD-Ziel).“ Bei konstanten Studiengebühren von b 500,- pro Semester würde sich dann bei konstantemAnteilsszenario (Anmerkung: d.h. bei derzeitiger öffentlicher Finanzierung von 89 bzw.97 % – siehe oben) sogar „ein kleiner Überschuss ergeben, im EU-21-Szenario eine Lücke vonb 924 Mio. und im OECD-Szenario eine Lücke von b 1,7 Mrd.. Berechnet ohne Studiengebühren wird„eine Finanzierungslücke zwischen b 331 Mio. (konstanter öffentlicher Anteil) und b 2.048 Mio.(OECD-Szenario)“ angegeben. 28Ohne in diesem Beitrag auf die Debatte über „Studiengebühren Ja oder Nein“ und soziale Argumentenäher eingehen zu können, erweist aber jedes der „errechneten Szenarien“, dass realistischerWeise Studiengebühren Universitäten – auch in einem jeweils angenommenen privaten Anteil –nicht zu finanzieren vermögen und bestenfalls irgendwelche „Finanzierungslücken“ abzudeckenhelfen könnten. „Studiengebühren von b 500,- pro Semester führen nicht zu einer signifikantenSteigerung des privaten Anteils, wenn das 2 %-Ziel erreicht werden soll“, 29 so u.a. die WIFO-Studie,weshalb auch höhere Studienbeiträge – siehe oben – zwar nicht empfohlen, aber jedenfalls72


erechnet werden. Schuldig bleibt die WIFO-Hochschulvision 20<strong>25</strong>, ob die errechneten Einnahmenaus Studiengebühren in der jeweils angegebenen Höhe auch tatsächlich zu erzielen wären,wenn unumgänglich notwendige soziale Befreiungstatbestände und auch der mit der Einhebungeiner Studiengebühr verbundene administrative Aufwand, aber letztlich eine umfassende (soziale)Studienförderung in die Berechnungen mit einbezogen werden würden. WIFO-Studie: „Dabei giltes zu beachten, dass die hier gezeigten Berechnungen von öffentlichen Zusatzkosten abstrahieren,d.h. abhängig von der Höhe der Studiengebühren werden zur Abfederung höhere Stipendien undein Bildungskreditsystem notwendig sein.“ 30 Zusätzlich zu ökonomischen Überlegungen müsstenin politischer Hinsicht wohl auch alle gesamtgesellschaftlichen, sozialen und bildungspolitischenAuswirkungen „gegengerechnet““ werden – und damit soll in diesem Rahmen (und um diesennicht zu sprengen) eine weitere Erörterung von Studiengebühren hintangestellt bleiben.Aus der Tatsache, dass „Studierende finanzierungsbeschränkt sind“ und „Studiengebühren dieBeteiligung an Hochschulbildung bei einkommensschwächeren Schichten dämpfen können,gerade im österreichischen Hochschulfinanzierungssystem, das stark auf der Finanzierung derStudierenden durch ihre Familien aufbaut“, kommt jedenfalls auch die WIFO-Studie zu derErkenntnis, dass „deshalb die Einführung von Studienbeiträgen begleitende Finanzierungsinstrumenteerfordert“. Und vermutlich auch deshalb: „Die Kombination von einkommensabhängigrückzahlbaren Bildungskrediten mit Stipendien für Studierende aus einkommensschwachenSchichten erscheint aufgrund der vorliegenden Evidenz als bestgeeignetes Instrument, um dieseAnforderungen zu erfüllen.“ 31 „Bildungskredite“ werden insbesondere damit begründet, dassHochschulabsolventen im Berufsleben höhere Einkommen erzielen würden als Berufstätige ohneHochschulstudium. Zu Letzterem: Tatsache ist zum einen, dass es keineswegs der Realität entspricht,dass Hochschulabsolventen in jedem Fall am Arbeitsmarkt höhere Einkommen erzielenkönnen, und zum anderen, dass im Falle höherer Einkommen diese ohnedies mit einer höherenSteuerleistung belegt werden. Und: Bildungskredite würden durch die Phasenverschiedenheit vonInanspruchnahme und Rückzahlung entweder den Universitäten oder dem Staat als Kreditgeberunmittelbar keine Einnahmen bringen und im Falle einer Fremdfinanzierung nur Kreditinstituten„ein Geschäft“ ermöglichen. Bildungskredite können letztlich für Hochschulabsolventen nur eineHypothek beim Start in ein Berufsleben bedeuten, insbesondere gegenüber jenen, die einensolchen „Bildungskredit“ nicht in Anspruch nehmen (müssen), und keineswegs als sozial gerechtoder ausgewogen bezeichnet werden.„Private Einnahmen“ für Universitäten (ausgenommen Studiengebühren)Auf die denkbaren und möglichen privaten Einnahmen für Universitäten wurde schon unterBezugnahme auf den rechtlichen Rahmen der Uni.RechnungsabschlussVO 19 hingewiesen:Umsatzerlöse sowie Erträge aller Art. Zusammenfassend ist jedenfalls festzustellen, dass essich einerseits um Erträge aus Leistungen der Universität, insbesondere ihrer verschiedenenwissenschaftlichen Leistungsmöglichkeiten, wie z.B. wissenschaftliche Leistungen im AuftragDritter, Forschungsaufträge, Einnahmen aus Patenten und Lizensierungen, sowie andererseits um(einseitige) Zuwendungen an die Universitäten aus den unterschiedlichsten Gründen und Titeln,wie z.B. fundraising, Stiftungseinkünfte, Alumnispenden, Schenkungen, letztwillige Verfügungen,etc., handeln kann.73


Aber: „Wo sind die Sponsoren? Wie können die Hochschulen Österreichs zu privaten Einnahmenkommen? Wo können realistischer Weise für die österreichischen Universitäten jene privatenEinnahmen lukriert werden, die es so nachhaltig zu erhöhen gälte, um auch im „internationalenVergleich besser zu werden“? Und: Warum sollten Private Hochschulen finanzieren?Von jenen, die eine „Erhöhung der privaten Einnahmen“ so global ansprechen, sind bisherjedenfalls wenig konkrete Ansätze und Vorschläge gekommen. Sowohl der Universitätsbericht2011, in dem mehrfach die „privaten Mittel“ angesprochen werden, als vor allem auch dieWIFO-20<strong>25</strong>-Entwicklungsvision geben nur allgemeine „Ressourcen-Hinweise“, bleiben aber vorallem eine realistische Analyse oder gar den Versuch einer Quantifizierung der denkbaren Finanzierungsquellenschuldig. Anlässlich der Pressekonferenz, 32 in der die WIFO-Studie vorgestelltwurde, mit dem Beklagen eines „großen Mangels“ an privater Finanzierung und dass „etwaprofessionelles Spendensammeln an heimischen Unis nicht üblich sei“, war die zentrale Aufforderungvon Wissenschaftsminister und WIFO-Chef: „Die Universitäten sollen Sponsoren suchen“.Und: „Warum soll es attraktiver sein, in einen Fußballklub zu investieren, als eine Universität zuunterstützen? Hier müssen wir ansetzen“, meinte der Wissenschaftsminister. 33Um solche Aufforderungen zu privaten Einnahmen bzw. Finanzierungsquellen seriös weiter zu verfolgen,wäre doch einmal eine Analyse möglicher, aber auch realistischer Finanzierungs quellen“,eine Diskussion mit Quantifizierungsaspekten, ebenso wie eine entsprechende und vor allemnotwendige Motivation von privaten Finanzierungsquellen erreicht werden könnte, sinnvoll. Seitlängerem sind dies bereits Themen, die Universitäten in Europa nachhaltig beschäftigen undwofür auch bereits (erste) Analysen und Berichte von Erfahrungen von europäischen Universitätenvorliegen. 34Ohne in diesem Rahmen Vollständigkeit bieten zu können, einige Überlegungen: Gewiss könntendie Universitäten mehr „Marketing“ für ihre (möglichen) wissenschaftlichen Leistungen machen,diese umfangreicher „verkaufen“, ohne deshalb sich selbst in ihren Grundfesten, (leitenden)Grundsätzen und Aufgaben, 35 derentwegen sie eingerichtet sind, aufzugeben oder „verraten“ zumüssen und die „Hoheit“ über wissenschaftliche Themen- und Methodenauswahl nicht beizubehalten.Das an den Universitäten vorhandene Wissen hat vielfache wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeitenund könnte sicher noch verstärkt im Interesse eines Wissens-, Technologie- undInnovationstransfers angeboten bzw. eingesetzt werden. Weiter wäre auch noch eine nochmalsverstärkte Einwerbung von nationalen, europäischen und internationalen Forschungsmitteln denkbar,wiewohl die Universitäten in Österreich bzw. ihre Wissenschaftler in diesem Segment sichrecht gut entwickeln konnten.Zieht man internationale Vergleiche betreffend private Mittel für Universitäten, insbesondere mitdem anglo-amerikanischen Raum heran, so erkennt man „einen Bereich, der von kontinentaleuropäischenund damit insbesondere auch von österreichischen Universitäten viel zu wenig ernstgenommen wird: die Bemühung um ‚echte‘ Drittmittel, nämlich Sponsorengelder, Schenkungen,Legate“, wie dies erst kürzlich von (o. Univ.-Prof.) Karl Heinz GRUBER in einem Kommentar im„Der Standard“ mit dem Titel „Dankbare Absolventen – Drittmittel für die Universitäten – Lettersfrom Oxford“ komprimiert, aber eindrucksvoll und zum Nachdenken animierend dargestelltwurde: 36 „Es stimmt, dass Oxford von der angloamerikanischen Praxis profitiert, nach der zum74


Reichtum gelangte Personen und Unternehmen einen Teil ihres Vermögens über karitative Stiftungenan Sozialprojekte und Non-Profit-Institutionen zurückgeben. Englischen Universitätenkommt ferner zugute, dass solche Spenden in unbegrenzter Höhe steuerlich absetzbar sind“.(Anmerkung: Die steuerliche Begünstigung von Vermögen, das „gespendet“ wird, insbesondereim Falle eines Erbganges mit hoher erbschaftsteuerlicher Belastung kommt auch ganz besondersUS-amerikanischen und australischen Universitäten zugute.) Und weiter: „Die Oxforder Universitätsverwaltungbemüht sich jedoch höchst effizient und professionell, das gesamte Spektrumsteuerbegünstigter Zuwendungen, von individuellen und Firmenspenden bis hin zu Vermächtnissenan die Universität in Testamenten, optimal zu nutzen. Spendenbereitschaft beruht aufden Motiven: Dankbarkeit, Großzügigkeit und – tja – Eitelkeit. ‚Die klassische‘ Begründung fürindividuelle Schenkungen lautet: ‚I want to return something to the institution that founded mycareer‘. … Viele Spenden stammen … von Personen und Firmen, die einen Beitrag zur Erforschungbestimmter Probleme (Rheuma, Migration, Artenschutz, Europäischer Rechtsvergleich,Archäologie …) oder, durch gezielte Widmungen … zur Erhaltung von Kulturgütern leisten wollen.… Dass reiche Spender danach trachten, sich ein prestigeträchtiges Denkmal zu setzen, hat inOxford eine lange Tradition …“Eine „Tradition“, „eine Kultur des Mäzenatentums“, die im kontinentaleuropäischen und insbesondereim österreichischen Bereich nur sehr gering war, zumindestens in der jüngeren Vergangenheitbis in die Gegenwart, was seine Ursachen teilweise in Vermögensverlusten nach zwei Weltkriegenund Wirtschaftskrisen, aber auch in geringer bewusster Tradition bzw. einer mangelnden „Kulturdes Mäzenatentums“, sicher auch in den allgemeinen gesellschaftlichen Rahmenbedingungenhaben mag. Vor allem würde dies aber auch einen geradezu grundlegenden Paradigmenwechselbei jenen potentiellen Vermögenden voraussetzen, die in der Lage wären, den UniversitätenZuwendungen, welcher Art auch immer, zukommen zu lassen. Wobei ohne Frage Österreichheute nach dem Zweiten Weltkrieg, nach mehr als einem halben Jahrhundert ungestörten Vermögensaufbauauch im internationalen Vergleich zu den „wohlhabenden Staaten und Gesellschaften“zählt und ein solches Mäzenatentum nicht auszuschließen wäre. Aber: Wo sind die Mäzene? Wosind die Sponsoren?Erst kürzlich, Ende Juni d.J., erschien im “trend“ 37 ein Artikel über „Die 100 reichsten Österreicher“,gleichsam als „Spitze eines Eisberges“ von Vermögenden in Österreich, die nahezu ausschließlichihr ansehnliches Vermögen in Privatstiftungen organisiert haben und die zusammenmit den übrigen mehr als 3.000 Privatstiftungen in Österreich ein beachtliches privates Vermögenrepräsentieren. Allerdings weist eine bereits im <strong>Jahre</strong> 2010 im „GEWINN“ 38 veröffentlichteStudie nach, dass nur eine sehr geringe, leider müsste man sagen: eine zu vernachlässigendeZahl an Privatstiftungen „gemeinnützigen“ oder „wohltätigen Zwecken“ dient oder gewidmetist. „Das Gros der in Österreich gegründeten Stiftungen ist sehr (auch juristisch so bezeichnet)‚eigennützig‘, hat mehr das eigene Wohl als das Gemeinwohl im Sinn“ und dient vor allem demErhalt und Mehren des Vermögens und hat immer noch besondere steuerliche Vorteile ohneLeistungen an die Allgemeinheit. Nach ausländischen Vorbildern, insbesondere des sehr kapitalgeprägtenangloamerikanischen Raumes, könnte doch von Staat und Politik überlegt (und imSpeziellen in der weiteren Folge in der Anwendung durch Universitäten entsprechend umgesetzt)werden, wie durch geeignete, insbesondere steuerliche Regelungen (entsprechende Besteuerungmit Begünstigungen bei „Wohltätigkeit“) Universitäten, Wissenschaft und Forschung, und auch75


kulturelle und sonstige „karitative Zwecke“ mehr als bisher gefördert werden könnten. Ohne Fragekönnten sich bei einer konzertierten Aktion neue Wege eröffnen. Überlegungen, die allerdings –wenn überhaupt – und diesem pessimistischen Ansatz wird man sich nicht verschließen können,bestenfalls nur sehr langfristig erfolgreich sein werden. Womit allerdings auch der WIFO-Hochschulen20<strong>25</strong> – Entwicklungsvision die Realität für private Finanzierungsquellen im als notwendigaufgezeigten Ausmaß fehlt und die Studie selbst eingestehen muss, dass „mehrere Elemente derprivaten Ausgaben (Anmerkung: d.h. Einnahmen, und zwar solche, die nicht Studiengebühren)für Hochschulen nur mittel- bis langfristig substantiell steigerbar sein werden“. 39Und was steuerliche Rahmenbedingungen betrifft, so sollte nicht übersehen werden, dass sichÖsterreich z.B. im Gegensatz zu den allermeisten Staaten, insbesondere auch zu den so kapitalorientiertenUSA, den Luxus leistet, seit wenigen <strong>Jahre</strong>n keine Erbschaftssteuer mehr einzuheben.Wenn man z.B. das zuletzt erzielte Aufkommen aus der Erbschaftsteuer vor seinem ersatzlosenAuslaufen heranzieht, so entsprach es mit seinen etwa b 150 Mio. ziemlich genau dem, waszuletzt die Einnahmen des (abgeschafften) Studienbeitrags betrugen, womit z.B. Studiengebühren„gegenfinanziert“ werden könnten. Falls man sich doch wieder zu einer Erbschaftsbesteuerung entschließenkönnte, wäre z.B. nach ausländischen Vorbildern eine steuerliche Begünstigung letztwilligerVerfügungen zugunsten „charity“ – wie dies so schön heißt – denkbar. Vor allem aber müsstesich erst eine umfassende Gesinnung der „Wohltätigkeit“ zugunsten von Universitäten, Bildung,Wissenschaft und Forschung in Österreich entwickeln. 40ResümeeUm schlussendlich die Antwort auf „benötigen“ zu geben, muss zunächst einmal unabdingbar verlangtwerden, dass die Universitäten ausreichende öffentliche (staatliche) Finanzierung erhalten,und zwar im internationalen Vergleich mit absoluten Werten und dass nicht mit relativen EU- oderOECD-Durchschnitts-Anteilsfinanzierungen „herumgetrickst“ wird, womit sich möglicherweise dieöffentliche Finanzierung in Österreich reduzieren ließe. In diesem Sinne gibt es übrigens auch klarePositionen von der Europäischen Kommission sowie von der European University Association. 41Wie die WIFO-Berechnungen deutlich machen, gilt es zur Erreichung des 2 %-Zieles, dass dieAufwendungen für den Tertiär-Bereich von b 4,4 Mrd. auf b 8,4 Mrd. voraussichtlich fast verdoppeltwerden müssen. Mit einer (einmaligen) „Uni-Milliarde“, die noch dazu keine volle ist,wird es wohl nicht getan sein. Mit aller umfangmäßigen Begrenzung kann in Beantwortung derFrage „Benötigen die Hochschulen neben öffentlichen auch private Einnahmen?“ – immer inVerbindung mit dem allgemein anerkannten 2 %-Ziel des BIP für den Tertiär-Bereich (einerlei, obZielerreichung schon 2020 oder allenfalls auch zu einem späteren Zeitpunkt) – zusammenfassendfolgendes Resümee gezogen werden:■ „Benötigen“, im Sinne „unabdingbar notwendig“ dann nicht, wenn die gesetzliche Verpflichtungdes § 12 Abs. 1 UG („Die Universitäten sind vom Bund zu finanzieren …“) einigermaßen so verstandenwerden sollte, dass eine weit überwiegende öffentliche Finanzierung für seine staatlichenUniversitäten (in staatlicher Trägerschaft) in absoluten Zuwendungen stärker als bisher, aber mitetwa einem gleichartigen öffentlichen Finanzierungsanteil durch den Staat, als Ausdruck einer76


(gesamt)gesellschaftlichen Gemeinschaftsaufgabe gewährleistet sein würde. Eine Voraussetzung,die angesichts begrenzter öffentlicher Haushalte („Budgetkonsolidierung“, „Sparbudgets“) sichereine „Herausforderung“ ist, aber machbar wäre, allerdings nur bei deutlicher Prioritätensetzungerreichbar sein dürfte.■ Unabdingbar „benötigt“ werden (gegenüber derzeit: erweiterte) private Einnahmen insbesonderedann sein, wenn der öffentliche Anteil der Universitätsfinanzierung von 89 % bzw. 97 %(siehe oben) nicht beibehalten werden sollte, insbesondere aber, wenn ein weiteres, entsprechendesAnsteigen der öffentlichen Budgetmittel in den nächsten <strong>Jahre</strong>n nicht im ausreichendemMaße erfolgen sollte. Wenn die gesetzliche Verpflichtung des § 12 Abs. 1 UG („Die Universitätensind vom Bund zu finanzieren …“) nicht so verstanden werden sollte, dass eine überwiegendeFinanzierung für seine staatlichen Universitäten (in staatlicher Trägerschaft) wie bisher durch denStaat als Ausdruck einer (gesamt)gesellschaftlichen Gemeinschaftsaufgabe gewährleistet würde.■ „Benötigen“ im realen Sinne, d.h. grundsätzliche Bereitschaft des Staates zur (überwiegendenstaatlichen) Finanzierung und damit Entsprechung eines grundsätzlichen Gesetzesauftrags vorausgesetzt,allerdings nicht in jenem vollem Umfang, wie dies allgemein/von den Universitätenals notwendig angesehen wird, bzw. mit einer geringeren Annahme der „Leistungsmöglichkeitendes Bundes“: Für diesen Fall wären erweiterte „private Einnahmen“ der Hochschulen (Universitäten)wohl unerlässlich, ohne dass dies schon eine Entscheidung zugunsten einer bestimmtenprivaten Finanzierungsquelle bedeuten würde. Durch die Politik wäre jedenfalls zu klären, welchenprivaten Finanzierungsquellen, auch unter dem Prinzip der besten (sozialen) Verträglichkeit undAusgewogenheit allenfalls der Vorzug gegeben werden sollte, oder auch, wie die Erzielung privaterFinanzierungsmöglichkeiten gefördert, ebenso wie motiviert und die Universitäten selbst inRichtung eigenständiger Erzielung privater Einnahmen mittels ihrer Möglichkeiten bewegt werdenkönnten. Eine andere Frage würde aber auch sein, ob solchermaßen als notwendig berechneteprivate Einnahmen auch tatsächlich erzielt werden (können).■ „Benötigen“, im Sinne von „sehr wünschenswert“, und zwar zusätzlich zu einer möglichst optimalen,voll verantwortlichen öffentlichen Finanzierung: Hier könnten „private Einnahmen“, die nebeneiner (besseren) Verwertung des an den Universitäten vorhandenen Wissens sowie Kooperationenmit Wirtschaft und Gesellschaft im Wesentlichen auf einseitige Zuwendungen („charity“) und aufeine privates Mäzenatentum mit (gewissen Ausnahmen) welcher Motivation auch immer geradezuunbegrenzt angenommen werden. Dies mit dem deutlichen Hinweis, dass für Universitäten,Bildung, Wissenschaft und Forschung – siehe „Ressourcenmaximierung“ – wohl eine „nie endenwollende“ finanzielle Ausstattung zur Verfügung stehen könnte. Daher ist auch die Fragestellungnach privaten Einnahmen verbunden mit „neben“ richtig!Nur: Wo sind ausreichende private Finanzierungsquellen für Österreichs Universitäten? ErnsthaftesBemühen darum wird die Herausforderung, Skepsis allerdings wird hinsichtlich der zuerzielenden Höhe der „privaten Einnahmen“ zur Finanzierung der Universitäten in Österreichangebracht sein!77


781 Diese Frage, wie sie dem Autor gestellt wurde, war auch Generalthema einer Veranstaltung der <strong>WIST</strong> Steiermark ausAnlass „<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> Wirtschaftshilfe für Steiermark 1987–2012, Studieren im <strong>Jahre</strong> 2012“, am 19. April 2012 in Graz, <strong>WIST</strong>Veranstaltungssaal, Moserhofgasse. Ergänzend soll hinzugefügt werden, dass seit diesem Zeitpunkt bis zur Abgabe diesesManuskriptes Anfang August insoweit eine interessante Entwicklung zu verzeichnen ist, als verschiedene Überlegungen zu„privaten Einnahmen“ weiterverfolgt werden, eine WIFO-Studie erschien und auch die Politik seit kurzem die Universitätenbewegen möchte, sich um private Einnahmen durch Sponsoring, Schenkungen etc. sowie private Zuwendungen aller Art zubemühen; siehe dazu auch die Anmerkungen 32 und 33.2 Dies kommt zwar in der Fragestellung nicht unmittelbar zum Ausdruck, es darf aber davon ausgegangen werden, dass vorallem die Situation in Österreich zu verstehen ist.3 Das Universitäts-Organisationsgesetz – UOG 1975 sah unter dem Oberbegriff „Rechtsstellung“ in § 2 Abs. 2 vor: „DenUniversitäten, Fakultäten, Instituten sowie besonderen Universitätseinrichtungen kommt insofern Rechtspersönlichkeitzu, als sie berechtigt sind: a) durch unentgeltliche Rechtsgeschäfte Vermögen und Rechte zu erwerben und hievon imeigenen Namen zur Erfüllung ihrer Zwecke Gebrauch zu machen …“ Diese Rechtsstellung wurde durch die UOG-Novelle1987 insbesondere um die „Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten im Auftrag Dritter“ sowie weiter durch die sogen.„Teilrechtsfähigkeit“ des Universitäts-Organisationsgesetzes – UOG (19)93 erweitert, ehe das Universitätsgesetz – UG 2002 –siehe unten – die volle Rechtsfähigkeit der Universitäten brachte.4 Das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG enthält in seinem Art. 14 Abs. 1 die Zuständigkeit des Bundes für Universitäten undHochschulen.5 Bundesgesetz über die Akkreditierung von Bildungseinrichtungen als Privatuniversitäten(Universitäts-Akkreditierungsgesetz – UniAkkG), BGBl I 1999/168 igF6 siehe § 8 UniAkkG: „Einer Privatuniversität dürfen keine geldwerten Leistungen des Bundes zuerkannt werden, mitAusnahme von Gegenleistungen aus Verträgen über die Erbringung bestimmter Lehr- und Forschungsleistungen einerPrivatuniversität, die der Bund zur Ergänzung des Studienangebotes der staatlichen Universitäten bei Bedarf mit einerPrivatuniversität abschließt.“7 Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge / Fachhochschul-Studiengesetz – FHStG, BGBl. I 1993/340 igF;so § 2 Abs. 1.8 siehe § 12 Abs. 2 Z 10 FHStG oder § 2 Abs. 1 Z 4 UniAkkG.9 siehe Bundesgesetz über die Organisation der Pädagogischen Hochschulen und ihre Studien (Hochschulgesetz 2005),BGBl. I Nr. 2006/30 igF: Gemäß § 2 „Rechtsstellung“ sind die in § 1 Abs. 1 angeführten Pädagogischen HochschulenEinrichtungen des Bundes, denen eine Rechtspersönlichkeit nach Maßgabe der Bestimmungen des § 3 zukommt;§§ 4f regeln die Anerkennung als private Pädagogische Hochschule.10 Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG), BGBl. I Nr.2002/120 igF) siehe § 4 UG11 siehe § 4 UG12 siehe § 6 UG13 Erläuterungen zur Regierungsvorlage – ErläutRV 02, 1134 Blg. Sten. Prot. NR 21, insbesondere zu § 1214 Universitätsbericht 2011, dem Nationalrat vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung gemäß § 11Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr.120/2002, vorgelegt. Dieser Bericht wurde vom Ausschuss für Wissenschaft undForschung in seiner Sitzung vom 29. Juni 2012 behandelt und „enderledigt“, d. h. gelangte gemäß der Geschäftsordnungdes NR nicht mehr zu einer Verhandlung in das Plenum des NR, was ebenso bedauerlich ist, als er auch in einer breiterenÖffentlichkeit nicht weiteres Interesse fand.15 Universitätsbericht 2011, S. 4416 ebenda S. 4617 ebenda S. 4618 siehe ErläutRV 02 zu § 4 UG19 siehe Verordnung der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Rechnungsabschluss derUniversitäten (Univ.RechnungsabschlVO), BGBl. II 2003/292, insbesondere § 2 „Gliederung der Gewinn- undVerlustrechnung“20 siehe Universitätsbericht 2011, S. 11 und 3921 ebenda S. 3922 zum „Österreichischen Hochschulplan“ siehe BMWF-Internetseite www.bmwf.gv.at. Im Rahmenkonzept für einenHochschulplan wird u.a. ein „Stakeholder-Ansatz“ empfohlen, „der in erster Linie dazu dienen soll, das Potential zusätzlicherEinnahmen für den Hochschulbereich abzuschätzen.“ Als „Stakeholder“ werden identifiziert: Bund, ausländische Staaten,Bundesländer, Wirtschaft und Studierende. Die in diesem Zusammenhang angegeben Beträge sind verbal begründete,nicht näher nachzuvollziehende Schätzungen. Für die Bundesländer wird z.B. „ein Betrag von rund b 100 Mio.“ fürBeteiligung der Länder an Infrastrukturkosten“ angegeben. Die Länder haben aber bereits umgehend abgewinkt und betont,dass die Universitäten eine Angelegenheit des Bundes seien.23 siehe Universitätsbericht, S. 6224 Hochschulen 20<strong>25</strong>: eine Entwicklungsvision, Autoren: Jürgen Janger, Werner Hölzl, Kathrin Hranyai, Andreas Reinstaller,Juli 2012, (Monographien, 10.7.2012 12:00, 229 Seiten) Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Im Auftrag desBundesministeriums für Wissenschaft und Forschung<strong>25</strong> ebenda, S. 10, 73f, 101, u.a.26 ebenda, S. 9527 ebenda, S. 9528 ebenda, S. 95/9629 ebenda, S. 9730 ebenda, S. 9731 ebenda, S. 11, 97, u.a.


32 siehe dazu die umfangreichen Pressemitteilungen vom 11. 07. 201233 siehe z. B. „Die Presse“ vom 17.07.2012, Seite 4, u.a.34 siehe z.B. das „EUDIS-Projekt („European Universities Diversifying Income Streams“) der European University Association –EUA, publiziert als „EUA PUBLICATION 2011 – Financially SustainableUniversities II – European universities diversifyingincome streams, Thomas Estermann & Enora Bennetot Pruvot“ (Unterstützt aus dem EU Lifelong Learning Programmeder Education and Culture DG); elektronische Version ist auf www.eua.be verfügbar. Im Juni 2012 wurde von der EUA inSalzburg ein erstes sogen. „Funding Forum“ abgehalten35 siehe insbesondere §§ 1 bis 3 UG36 Karl Heinz Gruber, „DER STANDARD“,24./24. Juni 2012, Seite K2637 „trend“ DAS ÖSTERREICHISCHE WIRTSCHAFTSMAGAZIN, 7/2012, S. 40f. In diesem Zusammenhang sollten jedoch alszwei Beispiele von mehreren von im „trend“ Genannten nicht unerwähnt bleiben, dass z. B. Dietrich Mateschitz („RedBull“) sich nicht nur im Sportbereich (Formel 1, Fußball,etc.) engagiert, sondern zu Anfang des <strong>Jahre</strong>s 2012 der privatenMedizinuniversität „Paracelsus“ in Salzburg b 70 Mio. gespendet und Dr. Hannes Androsch schon vor einigen <strong>Jahre</strong>n eineStiftung zugunsten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften u.a. errichtet hat.38 „GEWINN“, 4/10, S. 72f.39 WIFO, Hochschulen 20<strong>25</strong>: eine Entwicklungsvision, S. 9740 siehe EUA PUBLICATIONS 2011 „Financially Sustainable Universities II“41 Eine klare Aussage dazu hat die European University Association -EUA in ihrem „Policy Positions“ vom April 2011 „Workingtogether towards financial sustainability for European universities“ – wie auch die Europäische Kommission – formuliert:„Public authorities play a key role in supporting universities financial sustainibility by providing the right frameworkconditions, removing barriers and setting incentives. Public authorities should first and foremost provide sufficient andreliable funding, aiming at achieving the 2 % GDP target of investment in higher education proposed by the EuropeanCommission. (Communication from the Commission of 20 April 2005 – Mobilising the brainpower of Europe: enablinguniversities to make their full contribution to the Lisbon Strategy (COM(2005) 152 final). The attraction of additionalincome by universities should not lead public authorities to reduce investment in higher education.“Siehe dazu auch die Internet-Seite der EUA: www.eua.be.Dr. Wolf Frühauf, geboren am 27.4.1943, Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wienmit Promotion zum Dr. jur. 1966. Nach Gerichtspraxis und Tätigkeit in der Privatwirtschaft von 1968 bis1970 Universitätsassistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wie (bei Univ.Prof. Dr. Ermacora). 1970 Einberufung in das Bundesministerium für Unterricht bzw. Wissenschaft undForschung, 1970 bis 1983 Sekretär und Leiter des Ministerbüros der Frau Bundesminister für Wissenschaftund Forschung Dr. Hertha Firnberg, seit 1975 auch Abteilungs- und Gruppenleiter; seit 1983Leiter der Präsidialsektion und Sektionschef im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung bis2009; seit 2010 Büro Wien des Österreichischen Institut für Europäische Rechtspolitik. Ehrensenatorder Universität Wien und Ehrenbürger der Universität Innsbruck, österreichische und ausländischeAuszeichnungen.Publikationen aus dem Bereich Staats- und Verwaltungsrecht, Wissenschafts-, Forschungs- und Universitätsrechtund -politik.79


Die wichtigsten Änderungen desFachhochschul-Studiengesetzes seit 1993Werner Hauser1. EinleitungDas so gennannte Fachhochschul-Studiengesetz (BGBl 1993/340; im Folgenden kurz: FHStG)ist seit 1.10.1993 in Kraft; es wurde bislang elf Mal novelliert. Während die erste, vierte, fünfte,achte und zehnte Novelle eine Reihe von teilweise einschneidenden Änderungen mit sich gebrachthaben, wurden die zweite 1 und dritte Novelle 2 im Zuge der Euroumstellung bzw der Erlassungdes Bildungsdokumentationsgesetzes erforderlich und brachten keine erheblichen materiell-inhaltlichenÄnderungen mit sich; auch im Gefolge der sechsten, 3 siebenten 4 , neunten 5 und elften 5aNovelle zum FHStG haben sich keine bedeutsamen Änderungen ergeben. Im Folgenden sollendie wesentlichsten Inhalte der ersten, vierten, fünften, achten und zehnten Novelle dargestelltwerden.2. Die wesentlichen Inhalte der ersten Novelle zum FHStGDurch die erste Novelle zum FHStG 6 wurde eine Reihe von „administrativen Korrekturen“ 7vorgenommen. Darüber hinaus wurde die Möglichkeit geschaffen, den Zugang zu einzelnenFachhochschul-Studiengängen auf eine bestimmte Zielgruppe zu beschränken, sofern das wissenschaftlicheund didaktische Konzept des Fachhochschul-Studienganges auf Berufserfahrungaufbaut; an solchen Fachhochschul-Studiengängen ist die Studiendauer um bis zu zwei Semesterzu reduzieren. Durch diese Bestimmung reagierte der Gesetzgeber auf die vor allem vonden Standesvertretungen der Ingenieure geforderte Einrichtung von so genannten „Nachqualifizierungsangeboten“für HTL-AbsolventInnen mit mehrjähriger Berufserfahrung. Im Bericht desWissenschaftsausschusses 8 ist diesbezüglich ua ausgeführt, dass derartige Fachhochschul-Studiengänge„auf Grund ihrer spezifischen Gestaltung“ auf Angehörige der jeweiligen Zielgruppebeschränkt werden müssen.Am wohl bemerkenswertesten an der ersten Novelle zum FHStG ist, dass in deren Rahmenauch die Entscheidungsfrist betreffend das Verfahren zur Akkreditierung von Fachhochschul-Studien gängen – in Abweichung von § 73 Abs 1 AVG – mit neun Monaten festgelegt wurde 9(§ 17 Abs 1 FHStG). In den Parlamentarischen Dokumenten 10 ist dazu ausgeführt, die Anerkennungspraxishabe gezeigt, dass das Anerkennungsverfahren Besonderheiten aufweist, welche diesechsmonatige Frist als nicht ausreichend erscheinen lassen: So sei das Anerkennungsverfahren –im Gegensatz zu typisch hoheitsrechtlichen Verfahren – kein bloßes „Rechtsfindungsverfahren“,sondern weise ausgeprägte Züge einer gutachterlichen Tätigkeit mit planerischen Aspekten auf.80


3. Die wesentlichen Inhalte der vierten Novelle zum FHStGDie wohl zentralste Neuerung, welche durch die vierte Novelle zum FHStG 11 bewirkt wurde,besteht in der Eröffnung der Möglichkeit zur Durchführung von Bachelor-Studien im Fachhochschul-Bereich.Weitgehend analog zu den Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002 12 wurdediesbezüglich vorgesehen, dass der einzelne Erhalter von Fachhochschul-Studiengängen die Möglichkeithat, entweder Fachhochschul-Bachelorstudiengänge im zeitlichen Umfang von sechsSemestern und darauf aufbauend Fachhochschul-Masterstudiengänge im zeitlichen Umfangvon zwei bis vier Semestern einzurichten oder – wie bisher – Fachhochschul-Diplomstudiengänge13 im zeitlichen Ausmaß von acht bis zehn Semestern zu führen. In den Erläuterungen zurRegierungsvorlage 14 ist diesbezüglich festgehalten, dass die jeweils vorgesehene Studiendauer anFachhochschul-Bachelorstudiengängen, Fachhochschul-Masterstudiengängen bzw an Fachhochschul-Diplomstudiengängenan den Rahmenbedingungen der „Bologna-Deklaration“ ausgerichtetist und dadurch überdies „gleich den Universitäten die Gleichwertigkeit von Diplomstudium unddie Kumulation von Bachelor- und Masterstudium betont werde“. Zu beachten ist, dass kraftausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung in § 3 Abs 2 Z 2a FHStG Fachhochschul-Bachelorstudiengängenur in Verbindung mit Fachhochschul-Masterstudiengängen oder Fachhochschul-Diplomstudiengängendesselben Erhalters eingerichtet werden dürfen. Diese Vorgabe, derzufolgeErhalter nicht ausschließlich Fachhochschul-Bachelorstudiengänge anbieten dürfen, soll dazubeitragen, entsprechende Qualitätsstandards zu sichern und gleichzeitig den Studierenden einbreites Studienangebot zur Verfügung zu stellen. 15Während bislang AbsolventInnen eines Fachhochschul-Studienganges berechtigt waren, ein umzwei Semester verlängertes Doktoratsstudium an einer Universität aufzunehmen, berechtigt nachdem Inkrafttreten der vierten Novelle zum FHStG 16 nunmehr generell der erfolgreiche Abschlusseines Fachhochschul-Masterstudienganges oder eines Fachhochschul-Diplomstudienganges zurAufnahme eines facheinschlägigen Doktoratsstudiums an einer Universität. Dieses ist lediglichim Falle einer im Vergleich mit den facheinschlägigen Master- oder Diplomstudien an den Universitätenkürzeren Studiendauer des Fachhochschul-Masterstudienganges bzw des Fachhochschul-Diplomstudiengangesum die Differenz zu verlängern (§ 6 Abs 4 FHStG).Einen weiteren wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der „Bologna-Deklaration“ in Österreichbildet die Einführung des European Credit Transfer System (ECTS) durch § 12 Abs 2 Z 2 FHStGidF der vierten Novelle zum FHStG (jetzt: § 8 Abs 3 Z 3 FHStG). ISd Richtlinie <strong>25</strong>3/2000 17 sinddem Arbeitspensum eines Studienjahres 60 Anrechnungspunkte und dem Arbeitspensum einesSemesters jeweils 30 Anrechnungspunkte zuzuteilen. Somit sind in einem Studium, welches achtSemester umfasst, 240 Punkte zu vergeben, welche auf alle Studienleistungen einschließlichPraktikum, Diplomarbeit und Selbststudium aufzuteilen sind. In Verbindung mit der Festlegungder Arbeitszeit der Studierenden je Studienjahr sollen die ECTS-Punkte Informationen über den„relativen Arbeitsaufwand“ bieten. 18Als weitere Änderung, welche die Studienbestimmungen betrifft, ist auf die neue Z 3 des § 3 Abs2 FHStG zu verweisen, in der nunmehr – im Gegensatz zur bisherigen Regelung – die ausdrücklicheVerpflichtung aufgenommen ist, im Rahmen von Fachhochschul-Bachelorstudiengängen undFachhochschul-Diplomstudiengängen den Studierenden ein Berufspraktikum vorzuschreiben, das81


einen ausbildungsrelevanten Teil des Studiums darstellt. Entgegen der bisherigen Regelung verlängertdie Dauer des Berufspraktikums die Studienzeit nicht. Dies wird in den Erläuterungen damitbegründet, dass vermieden werden soll, anlässlich der Einführung des Bachelors eine generelleStudienzeitanhebung im Fachhochschul-Bereich auszulösen. 19Bemerkenswert ist des Weiteren, dass die bisherige Bestimmung des § 3 Abs 2 Z 4 FHStG, derzufolgedie Gesamtstundenzahl der Pflicht- und Wahlfächer zumindest 1.950 Lehrveranstaltungsstundenzu betragen hat, ersatzlos gestrichen wurde. Nunmehr ist lediglich vorgesehen, dass die<strong>Jahre</strong>sarbeitsleistung der einzelnen Studierenden 1.500 Stunden nicht überschreiten darf.Im Zusammenhang mit der Fragestellung, wer als Erhalter von Fachhochschul-Studiengängen inFrage kommt, sieht § 2 FHStG idF der vierten Novelle zum FHStG vor, dass neben dem Bund undanderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts juristische Personen des privaten Rechtsnur dann Erhalter von Fachhochschul-Studiengängen sein können, soweit deren Unternehmensgegenstandüberwiegend die Errichtung, Erhaltung und den Betrieb von Fachhochschul-Studiengängenbildet. Diesbezüglich ist in den Erläuterungen 20 ausgeführt, dass es im Hinblick aufdie Sicherstellung des Studienbetriebes erforderlich erscheint, eine zu starke Vermischung vonUnternehmensgegenständen zu vermeiden.4. Die wesentlichen Inhalte der fünften Novelle zum FHStGAls wesentliche studienrechtliche Neuerung, welche durch die fünfte Novelle zum FHStG 21bewirkt wurde, ist die Einführung von so genannten „Doppeldiplom-Programmen“ (jetzt: „gemeinsameStudienprogramme“) vorgesehen. Dabei handelt es sich um Studien, die auf Grund vonVereinbarungen zwischen einem oder mehreren österreichischen Erhalter(n) von Universitäten,Fachhochschul-Studiengängen, Privatuniversitäten oder Pädagogischen Hochschulen sowie ausländischenanerkannten postsekundären Bildungseinrichtungen gemeinsam durchgeführt werden.Gemäß § 3 Abs 2 Z 10 FHStG ist bei derartigen Vereinbarungen festzulegen, welche Leistungendie betreffenden Studierenden an den beteiligten Einrichtungen zu erbringen haben.Ganz offensichtlich über Initiative des Plenums des Nationalrates wurde im Zuge der 5. Novellezum FHStG den Erhaltern die Berechtigung eingeräumt, im Rahmen der bei ihnen akkreditiertenFachhochschul-Studiengänge auch so genannte „Lehrgänge zur Weiterbildung“ anzubieten.Im Studienplan eines Lehrganges zur Weiterbildung dürfen im jeweiligen Fach internationalgebräuchliche Mastergrade festgelegt werden, sofern die Zugangsbedingungen, der Umfang unddie Anforderungen des jeweiligen Lehrganges mit entsprechenden ausländischen Masterstudienvergleichbar sind; überdies ist die Qualität der Lehre durch ein wissenschaftlich und didaktischqualifiziertes Lehrpersonal sicherzustellen. Sofern ein Mastergrad nicht verliehen werden kann,kann an die AbsolventInnen von Lehrgängen zur Weiterbildung, die zumindest 60 ECTS-Anrechnungspunkteumfassen, die Bezeichnung „Akademische (...)“ bzw „Akademischer (...)“mit einem die Inhalte des jeweiligen Lehrganges charakterisierenden Zusatz festgelegt werden(§ 14a Abs 3 FHStG).82


Die gänzlich neue Bestimmung des § 2 Abs 3 FHStG verpflichtet die Erhalter dazu, ein eigenesQualitätsmanagementsystem zur Leistungs- und Qualitätssicherung zu etablieren. DieseBestimmung soll dem Erfordernis Rechnung tragen, dass einerseits der optimierte Betrieb vonFachhochschul-Studiengängen bzw Fachhochschulen die Einrichtung von entsprechenden Qualitätssicherungssystemenerforderlich macht und dass dabei andererseits auf die im Rahmen dereinzelnen Erhalter von Fachhochschul-Studiengängen bzw Fachhochschulen bestehenden besonderen„kulturellen“ Gegebenheiten umfassend Rücksicht genommen werden kann.Dem bereits seit langem durch die einschlägige Lehre 22 monierten Aspekt, dass die Verleihungder Bezeichnung „Fachhochschule“ durch die zuständige Bundesministerin bzw den zuständigenBundesminister in der Rechtsform der Verordnung vorgenommen wird, wurde endlich Rechnunggetragen: In Hinkunft soll – ohne dass sich an den Voraussetzungen etwas ändert – die Verleihungder Bezeichnung „Fachhochschule“ in Bescheidform vorgenommen werden.Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist eine terminologische Änderung, welche durch dievorliegende Novelle intendiert war: Der bislang an den verschiedensten Stellen des FHStG verwendeteBegriff „Lehrkörper“ wurde durch den neuen Begriff „Lehr- und Forschungspersonal“ersetzt. Damit wird deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sich die Aktivitäten des akademischenFachhochschul-Personals neben der Lehre insbesondere auch auf die Forschung erstrecken.Aus systematischen Gründen zielte der vorliegende Entwurf ua darauf ab, die bislang in § 11bHochschul-Taxengesetz 23 festgelegte Berechtigung zur Einhebung eines Studienbeitrages in Höhevon 363,36 Euro je Semester durch die Erhalter in die neue Bestimmung des § 2 Abs 2 FHStGzu integrieren. In den Erläuterungen 24 ist ua darauf verwiesen, dass die einzelnen Erhalter – imRahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes – über entsprechende Spielräume für die konkreteAusgestaltung der Studienbeitragserhebung verfügen.Vor allem zur Bereinigung einer rechtsunsicheren Situation sind die Erhalter von Fachhochschul-Studiengängenund Fachhochschulen seit der fünften Novelle zum FHStG ausdrücklich dazuermächtigt, die Verwendung von personenbezogenen Bezeichnungen des Universitätswesens zuermöglichen. Dabei können die gemäß UG 2002 zulässigen Bezeichnungen (zB Rektor, Professor)Verwendung finden, wenn die Personen unter vergleichbaren Voraussetzungen beschäftigt sind.Jedenfalls muss der Zusatz „FH“ bzw „(FH)“ oder „Fachhochschul-(...)“ verwendet werden.Schließlich verfolgte die fünfte Novelle auch eine Neuformulierung der einschlägigen Strafbestimmung.Ab 1.2.2004 steht das vorsätzliche Verleihen, Vermitteln oder Führen von den demFachhochschulwesen eigentümlichen Bezeichnungen oder der Abkürzung „FH“ oder der imFHStG genannten akademischen Grade unter Strafe. In den Erläuterungen <strong>25</strong> ist dazu ausgeführt,dass durch diese Bestimmung vermieden werden soll, dass Einrichtungen, welche außerhalbder gesetzlichen Grundlage des FHStG Bildungsangebote etablieren, durch die Verwendung derAbkürzung „FH“ einen entsprechenden Nahebereich zum Fachhochschul-Sektor suggerieren.83


5. Die wesentlichen Inhalte der achten Novelle zum FHStGIm Mittelpunkt der achten Novelle zum FHStG, 26 die notabene auf einem Initiativantrag desNationalrats basierte, standen die Etablierung einer Studierendenvertretung im österreichischenFachhochschul-Bereich sowie die Regelung (arbeits-)rechtlicher Standards (nebenberuflicher)Lehrbeauftragter im Fachhochschul-Bereich.Bei den Erhaltern von Fachhochschul-Studiengängen sind gemäß § 5 Abs 2 FHStG eine Fachhochschul-Studienvertretung(gewissermaßen als fachhochschulinterne „Spitzenvertretung“)sowie weiters Studiengangsvertretungen und Jahrgangsvertretungen einzurichten. Dabei gilt, dassdie Jahrgangsvertretungen sowie die Studiengangsvertretungen direkt von den Studierenden zuwählen sind (§ 5 Abs 4 FHStG iVm § 34 Abs 1 Hochschülerschaftsgesetz 1998). Aktiv undpassiv wahlberechtigt sind gemäß § 5 Abs 4 FHStG grundsätzlich alle Studierenden des jeweiligen„Wirkungsbereiches“. Die Anzahl der Jahrgangs- und StudiengangsvertreterInnen ist in der (vonder Fachhochschul-Studienvertretung) zu erlassenden Satzung festzulegen. Sowohl die einzelneJahrgangs- als auch die einzelne Studiengangsvertretung wählen aus ihrer Mitte jeweils eineVorsitzende/einen Vorsitzenden 27 (§ 5 Abs 4 FHStG). Gemäß § 5 Abs 3 iVm § 17 Abs 1 HSG1998 kann die Fachhochschul-Studienvertretung beschließen, dass (mehrere) Studien zu einerStudiengangsvertretung zusammengefasst werden; derartige Beschlüsse bedürfen der Zweidrittelmehrheit.Die Fachhochschul-Studienvertretung wird von allen Vorsitzenden der Studiengangsvertretungengebildet (§ 5 Abs 3 FHStG); diese wählt eine Vorsitzende/einen Vorsitzenden sowievier StellvertreterInnen; bemerkenswert ist, dass das passive Wahlrecht dafür allen Studierendendes jeweiligen Erhalters zusteht (§ 5 Abs 4 letzter Satz FHStG). Sofern an einem Erhalter wenigerals fünf Studiengänge eingerichtet sind, sind zusätzlich zu den Vorsitzenden der Studiengangsvertretungauch alle Vorsitzenden der Jahrgangsvertretungen Mitglieder der erhalterweiten Fachhochschul-Studienvertretung(§ 5Abs 3 FHStG). Zur näheren Regelung der einzelnen Belange derStudierendenvertretung an einem einzelnen Erhalter hat die Fachhochschul-Studienvertretung mitZweidrittelmehrheit eine Satzung zu erlassen; in dieser Satzung können auch weitere Vertretungseinrichtungen(wie zB Standortvertretung, Gruppenvertretung oder „Referate“) eingerichtet werden(§ 5 Abs 3 FHStG). 28 Gemäß § 5 Abs 1 letzter Satz FHStG ist auch eine Vorsitzendenkonferenzder Fachhochschul-Studierenden einzurichten, wobei diesbezüglich § 7a HSG 1998 sinngemäßzur Anwendung gelangt. In der genannten Bestimmung des § 7a HSG 1998 ist normiert,dass die Vorsitzenden der einzelnen Hochschulvertretungen sowie die/der Vorsitzende der Bundesvertretungeinen Ausschuss bilden, welcher der Beratung der Bundesvertretung und der Koordinierungder Aufgaben und Tätigkeiten der Hochschulvertretungen dient. Den Vorsitz in derVorsitzendenkonferenz führt die/der Vorsitzende der Bundesvertretung, die bzw der die Vorsitzendenkonferenzmindestens einmal pro Semester einzuberufen hat. Die Bundesvertretung der Studierendenhat ihren Sitz in Wien; sie stellt gewissermaßen das „Dach“ der österreichischenHochschülerinnen- und Hochschülerschaft dar. Dieser Bundesvertretung sollen gemäß § 5 Abs 3FHStG (iVm § 7 Abs 1 Z 4 HSG 1998) auch die Vorsitzenden der jeweiligen Fachhochschul-Studienvertretungvon Erhaltern mit mindestens 200 Studierenden angehören. Von Bedeutung istdabei, dass die Fachhochschul-VertreterInnen lediglich mit „beratender Stimme und Antragsrecht“ausgestattet sind. Weiters haben gemäß § 5 Abs 5 FHStG iVm § 35a Abs 3 HSG 1998 die Fachhochschul-Studienvertretungenvon Erhaltern mit mindestens 1.000 Studierenden eine/n StudierendenvertreterIn(sowie eine Ersatzperson) in die Bundesvertretung der Studierenden zu wählen;84


diese/r StudierendenvertreterIn hat (gemäß § 5 Abs 5 FHStG iVm § 7 Abs 1 und § 35a Abs 3HSG 1998) volles Stimmrecht in der Bundesvertretung. Fachhochschul-Studienvertretungen vonErhaltern mit weniger als 1.000 Studierenden bilden eine Wahlgemeinschaft iSv § 35a Abs 4HSG 1998. 29 Die gesetzlich vorgesehenen Wahlen im Rahmen der Studierendenvertretung imFachhochschul-Bereich finden auf der Grundlage des allgemeinen, gleichen und geheimen Verhältniswahlrechtesstatt (§ 5 Abs 4 FHStG iVm § 34 Abs 1 HSG 1998). Von grundlegenderBedeutung ist, dass durch § 5 Abs 4 4. Satz FHStG ausdrücklich normiert ist, dass für die Durchführungder Wahlen der Erhalter von Fachhochschul-Studiengängen bzw eine von diesembestimmte Person zuständig ist. Was die zeitliche Dimension der durchzuführenden Wahlenbetrifft, so ist gesetzlich grundgelegt, dass die Wahlen der Jahrgangsvertretungen und der Studiengangsvertretungenjährlich in den beiden letzten Monaten des Studienjahres stattzufindenhaben. Lediglich die Studierenden des ersten Studienjahres haben ihre Jahrgangsvertretung innerhalbdes ersten Monats zu wählen. Die Fachhochschul-Studienvertretung, die sich – wie bereitserwähnt – aus allen Vorsitzenden der Studiengangsvertretungen zusammensetzt, hat innerhalbeines Monats nach der Wahl der Studiengangsvertretungen eine/n Vorsitzende/n sowie vier StellvertreterInnenzu wählen; von Bedeutung ist dabei, dass das passive Wahlrecht zur Fachhochschul-Studienvertretungallen Studierenden des jeweiligen Erhalters zukommt (§ 5 Abs 4 FHStG).Betreffend die Rechtsstellung der Studierendenvertretung finden sich in der gegenständlichenNovelle zum FHStG (insb in § 5 Abs 1 und Abs 3 FHStG) entsprechende (mehr oder wenigerlückenhafte) Verweise zum HSG 1998, wodurch eine weitestgehende Gleichstellung zur Rechtsstellungder Studierendenvertretung im Universitätsbereich etabliert wird. Im Einzelnen ist uanormiert, dass die Studierendenvertretung berechtigt ist, Veranstaltungen an „allen Bildungseinrichtungen“durchzuführen (§ 5 Abs 1 FHStG iVm § 4 HSG 1998). Desgleichen gilt, dass derjeweiligen Studierendenvertretung die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Räume sowieeine dem Standard der zentralen Verwaltung entsprechende Büroausstattung zur Verfügung zustellen ist. Des Weiteren hat der/die zuständige BundesministerIn – nach Maßgabe der budgetärenMöglichkeiten – Beiträge zum Verwaltungsaufwand der Studierendenvertretung, weiters zurSchulung von StudierendenvertreterInnen sowie zur fachlichen Information der Studierenden zuleisten. § 5 Abs 1 FHStG verweist ua auf die sinngemäße Geltung von § 5 Abs 1 HSG 1998.Darin ist normiert, dass auf der Grundlage der Evidenz der Studierenden „die Rektorin oder derRektor der österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft in jedem Semester einVerzeichnis der Studierenden, über Antrag auch auf elektronischen Datenträgern, ehest möglichzur Verfügung zu stellen“ hat. Dieses Verzeichnis hat Angaben über Namen, Matrikelnummer,Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum, Anschrift am Studien- und Heimatort, und wennvorhanden, die E-Mail-Adresse sowie über die Zulassung zum Studium zu enthalten. Was dieRechtsstellung der StudierendenvertreterInnen betrifft, ist diesbezüglich durch entsprechende(mehr oder weniger plausible) Verweise eine weitgehende Gleichstellung zu den StudierendenvertreterInnenim Universitätsbereich feststellbar. Diesbezüglich verweist § 5 Abs 3 FHStG auf dieBestimmungen der §§ 21 und 22 HSG 1998, welche sinngemäß anzuwenden sind. In dengenannten Normen finden sich sowohl Rechte als auch Pflichten der StudierendenvertreterInnen.So gilt etwa auch für StudierendenvertreterInnen des Fachhochschul-Bereiches, dass sie ihreAufgaben „gewissenhaft und uneigennützig“ zu erfüllen haben. Überdies gilt, dass die StudierendenvertreterInnenihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben; sie haben jedoch Anspruch auf Ersatz desihnen aus ihrer Tätigkeit erwachsenden Aufwandes. Dieser Ersatz kann (in Hinblick auf dieBedeutung der Funktion und auf den damit üblicherweise verbundenen Aufwand) durch Beschluss85


der Bundesvertretung oder der Hochschulvertretung in Form einer laufenden pauschalierten Entschädigunggewährt werden; derartige Beschlüsse sind der Kontrollkommission unverzüglich zurKenntnis zu bringen. Schließlich ist durch die sinngemäße Anwendung der Bestimmung des § 22HSG 1998 auf StudierendenvertreterInnen im Fachhochschul-Bereich ua sichergestellt, dass dieals StudierendenvertreterIn zurückgelegten Zeiten in diversen Fällen (zB Verlängerung des Anspruchesauf Studienbeihilfe etc) Berücksichtigung finden. In § 5 Abs 3 letzter Satz FHStG ist diesbezüglichausdrücklich festgehalten, dass die lehrveranstaltungsbezogene Anwesenheitsvorgabe(im Fachhochschul-Bereich) nicht gilt.§ 6 Abs 1 FHStG besagt, dass das Lehr- und Forschungspersonal an Fachhochschulen undan Fachhochschul-Studiengängen aus hauptberuflich und aus nebenberuflich tätigen Personenbesteht. § 6 Abs 2 FHStG definiert nebenberuflich tätige Personen als solche, die ausschließlichin der Lehre tätig sind und nicht mehr als sechs Semesterwochenstunden lehren sowie nachweislicheiner anderen, voll sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen. Darüberhinaus bestimmt § 6 Abs 3 FHStG, dass sich nebenberufliches Lehrpersonal gemäß Abs 2 vonanderen geeigneten Personen vertreten lassen kann. § 6 Abs 4 FHStG erweitert das personelleInformationsrecht des § 98 Arbeitsverfassungsgesetz auf die Gruppe der nebenberuflich tätigenPersonen, selbst wenn ein freies Dienstverhältnis oder eine andere selbständige Tätigkeit vorliegen.Schlussendlich sah sich der Gesetzgeber im Zuge der genannten Novelle auch veranlasst, dieWeisungsbefugnis der Leiterin/des Leiters des (Fachhochschul-)Kollegiums auf hauptberuflichesLehrpersonal einzuschränken (§ 10 Abs 4 Z 1 FHStG).6. Die wesentlichen Inhalte der zehnten Novelle zum FHStGDurch die zehnte Novelle 30 zum FHStG sollte dieses insbesondere an das neue Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz(BGBl I 2011/74; im Folgenden kurz: HS-QSG) 31 angepasst werden; darüberhinaus sollten laut den Erläuterungen 32 „einige Bereiche klarer gestaltet“ werden, für die „nachmehr als 15 <strong>Jahre</strong>n des Bestehens des Fachhochschulsektors Regelungsbedarf besteht“. 33 ImKern zielten die Adaptionen des FHStG darauf ab, das Akkreditierungs- und Qualitätssicherungswesenumfassend neu zu gestalten. Diesbezüglich traten im Wesentlichen die neuen Bestimmungendes HS-QSG an die Stelle der bislang im FHStG geregelten einschlägigen Standards.Des Weiteren fanden (rudimentäre) Adaptionen im Organisationsbereich statt und wurden – diebislang (weitestgehend ohne gesetzliche Grundlage) in den vom Fachhochschulrat verordneten sogenannte „Akkreditierungsrichtlinien“ grundgelegten Standards zum Prüfungs- und Studienwesenauf gesetzliche Ebene gehoben. Schließlich wurden im Zuge der zehnten FHStG-Novelle weitereThemenstellungen, wie Begriffsadaptionen bzw -anpassungen sowie etwa ua die Ermöglichungvon akademischen Ehrungen, im Fachhochschul-Bereich legistisch umgesetzt; von grundlegenderBedeutung sind dabei insbesondere Neuregelungen im so genannten „Gender-Bereich“, indemetwa im neuen § 2 Abs 5 Satz 1 FHStG geregelt wurde, dass „die Erhalter (…) die Gleichstellungvon Frauen und Männern sowie die Frauenförderung zu beachten“ haben.Da der Gesetzgeber – wie erwähnt – die studien- bzw prüfungsrechtlichen Regelungen demGrunde nach lediglich von der bisherigen „Verordnungsebene“ auf eine „gesetzliche Ebene“ transformierthat, ohne dass sich damit umfassende inhaltliche Änderungen verbunden haben, wird86


auf eine Darstellung der diesbezüglichen gesetzlichen Standards verzichtet; 34 im Folgenden sollenlediglich die maßgeblichen Aspekte der Neugestaltung zu Akkreditierung und Qualität im Fachhochschulsektorsowie zu Neuregelungen im Organisationsbereich betrachtet werden.Bis zur zehnten FHStG-Novelle war der Fachhochschulrat das für die Akkreditierung im Fachhochschul-Bereichzuständige Organ, welches als weisungsfreie Behörde eingerichtet war. Seitder genannten Novelle ist für die Akkreditierung, die Verlängerung bzw den Widerruf derselben(ebenso wie für die Verleihung der Bezeichnung „Fachhochschule“) das so genannte Board derAgentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (im Folgenden kurz: AQA.Austria)zuständig; dabei sind sowohl die einschlägigen Bestimmungen des FHStG (insbesondere § 8) alsauch des HS-QSG (insbesondere § 23) zu beachten. Das Board der AQA.Austria ist – insbesonderein Angelegenheiten der Akkreditierung – als weisungsfreie Behörde eingerichtet (§ 9 Abs 2 iVm <strong>25</strong>Abs 1 HS-QSG). Gemäß § <strong>25</strong> Abs 3 HS-QSG haben die Akkreditierung, die Verlängerung bzw derWiderruf derselben in Bescheidform zu ergehen. In § <strong>25</strong> Abs 5 HS-QSG ist festgehalten, dass einordentliches Rechtsmittel gegen diese Bescheide nicht zulässig ist. Gemäß § <strong>25</strong> Abs 6 HS-QSGsind auf das Akkreditierungsverfahren das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz sowie dasZustellgesetz anzuwenden. Festzuhalten gilt es weiters, dass der (Re-)Akkreditierungsbescheidbzw dessen Widerruf unter einem Genehmigungsvorbehalt des zuständigen Bundesministers/der zuständigen Bundesministerin steht (§ <strong>25</strong> Abs 3 HS-QSG). Die Genehmigung ist zu versagen,wenn der Bescheid gegen die einschlägigen Gesetze verstößt oder „im Widerspruch zu nationalenbildungspolitischen Interessen“ steht. Gemäß § 23 Abs 7 HS-QSG ist eine einmalige Verlängerungder so genannten institutionellen Akkreditierung für die Dauer von sechs <strong>Jahre</strong>n zulässig, sofernein entsprechender Antrag gestellt wird und die geforderten Voraussetzungen gemäß § 23 Abs 1und Abs 3 HS-QSG weiterhin gegeben sind. Die Verlängerung dieser Akkreditierung umfasst auchdie bis zu diesem Zeitpunkt akkreditierten Studien. Der Verlängerungsantrag ist spätestens neunMonate vor Ablauf des (ursprünglichen) Genehmigungszeitraumes, welcher ebenfalls sechs <strong>Jahre</strong>beträgt, zu beantragen. Sofern die institutionelle Akkreditierung nicht verlängert wird, sind auchalle so genannten Programmakkreditierungen (gemäß § 23 Abs 4 HS-QSG) durch die AQA.Austriazu widerrufen. Nach ununterbrochener Akkreditierungsdauer von 12 <strong>Jahre</strong>n ist die Bildungseinrichtungeinem so genannten Audit gemäß § 22 HS-QSG zu unterziehen. In weiterer Folge findet(lediglich) alle sieben <strong>Jahre</strong> (nach dem zeitlich zuletzt erfolgten Audit) ein weiteres Audit statt. Beipositiver Absolvierung des Audits bzw positiver Zertifizierung des Qualitätsmanagementsystemsder betroffenen Bildungseinrichtung gemäß § 22 HS-QSG bleibt die (ursprünglich erteilte) Akkreditierungweiterhin bestehen. Sofern im Rahmen eines durchgeführten Audits eine Zertifizierung bloßmit Auflagen erteilt wird, hat der Erhalter der AQA.Austria ein Entwicklungskonzept vorzulegenund innerhalb eines Zeitraumes von zwei <strong>Jahre</strong>n nachzuweisen, dass die erteilten Auflagen desBoards der AQA.Austria erfüllt wurden. Sofern die Zertifizierung auch nach einem Re-Audit gemäߧ 22 Abs 6 HS-QSG verweigert wird, erlischt die institutionelle Akkreditierung zwei <strong>Jahre</strong> nachMitteilung der Verweigerung, sofern nicht eine neuerliche institutionelle Akkreditierung in diesemZeitraum erteilt wird. Das Erlöschen der Akkreditierung ist durch das Board der AQA.Austria inBescheidform festzustellen; ein ordentliches Rechtsmittel dagegen steht nicht zu, jedoch könnendie Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (VwGH und VfGH) angerufen werden.Bei den im FHStG konkret geregelten organisationsrechtlichen Aspekten bestehen seit derNovelle BGBl I 2011/74 keine grundsätzlichen Unterschiede mehr zwischen Erhaltern, denen87


die Bezeichnung „Fachhochschule“ verliehen wurde und jenen Erhaltern, denen diese Bezeichnungnicht verliehen wurde. Betreffend die für (alle) Erhalter von Fachhochschul-Studiengängenzu beachtenden organisationsrechtlichen Aspekte gilt es zunächst auf die Bestimmung des§ 8 Abs 3 Z 5 FHStG zu verweisen, worin normiert ist, dass das den Fachhochschul-Studiengangdurchführende Lehr- und Forschungspersonal eine den Hochschulen entsprechende Autonomiebesitzen muss und überdies eine entsprechende Mitbestimmung der Studierenden zu gewährleistenist. Weiters ist von Bedeutung, dass gemäß § 8 Abs 5 Z 2 FHStG im Zuge der Akkreditierungvon Fachhochschul-Studiengängen eine so genannte Studiengangsleitung zu benennen ist, die imEinzelfall über Anliegen von StudienwerberInnen und Studierenden zu entscheiden hat; das bedeutet,dass das FHStG die Etablierung der organisatorischen Ebene „Studiengangsleitung“ zwingendvorschreibt. Dieser obliegt gemäß § 10 Abs 5 Z 1 bis 5 FHStG die Zulassung zu Prüfungen, dieZuteilung von PrüferInnen, die Festsetzung von Prüfungsterminen (Z 1), die Anerkennung von Studienund Prüfungen im Einzelfall (Z 2), die Aberkennung von Prüfungen (Z 3), die Entscheidung instudienrechtlichen Angelegenheiten gemäß §§ 11 bis 21 FHStG (Z 4) sowie ua die Entscheidungbetreffend Gleichwertigkeiten bzw Ergänzungsprüfungen im Zuge der Studienzulassung gemäߧ 4 Abs 4, Abs 5 Z 3, Abs 6 und Abs 7 FHStG (Z 5). Nähere Hinweise zum Aufgabenportfolio derStudiengangsleitung enthält das FHStG nicht. Festgehalten ist lediglich, dass AufnahmewerberInnenund Studierenden gegen Entscheidungen der Studiengangsleitung das Recht zur Beschwerdean das (Fachhochschul-)Kollegium eingeräumt ist (§ 10 Abs 6 FHStG). Seit dem Inkrafttreten derzehnten FHStG-Novelle muss jeder Erhalter von Fachhochschul-Studiengängen überdies ein sogenanntes Kollegium einrichten (§ 10 FHStG); dieses trägt bei Erhaltern, welchen die Bezeichnung„Fachhochschule“ verliehen wurde, die Bezeichnung Fachhochschul-Kollegium (§ 22 Abs5 FHStG). Diesem Kollegium müssen – neben der/dem LeiterIn und der/dem stellvertretendenLeiterIn des Kollegiums – sechs LeiterInnen der jeweils eingerichteten Fachhochschul-Studiengänge,weiters sechs VertreterInnen des Lehr- und Forschungspersonals sowie vier VertreterInnender Studierenden an den Fachhochschul-Studiengängen angehören; die VertreterInnen sind vonden jeweiligen Personengruppen zu wählen, wobei bei der Erstellung der Wahlvorschläge nachMöglichkeit pro Gruppe 45 vH Frauen aufzunehmen sind (§ 10 Abs 2 FHStG). Auch der/die LeiterIndes (Fachhochschul-)Kollegiums bzw sein/ihr StellvertreterIn ist durch Wahl zu bestellen undzwar auf Grund eines Dreiervorschlages des Erhalters; der Dreiervorschlag kann – bei Vorliegeneiner entsprechenden Zustimmung des Kollegiums – auf zwei Personen reduziert werden (§ 10Abs 3 Z 1 FHStG). Die Aufgaben des (Fachhochschul-)Kollegiums sind in § 10 Abs 3 FHStGfestgelegt. Dabei handelt es sich ua um die Wahl einer Leiterin/eines Leiters bzw Stellvertreterin/Stellvertreters des (Fachhochschul-)Kollegiums auf Grund eines Dreier- bzw Zweiervorschlagesdes Erhalters und um die Antragstellung betreffend die Abberufung dieser Personen im Fall vongröblichen Amtspflichtverletzungen bzw -vernachlässigungen an den Erhalter (Z 1 und 2). Überdieskommt dem (Fachhochschul-)Kollegium die Kompetenz zur Änderung bereits akkreditierterStudiengänge (Z 3) sowie zur Einrichtung bzw Auflassung von Fachhochschul-Studiengängen undLehrgängen zur Weiterbildung (Z 4), jeweils im Einvernehmen mit dem Erhalter, zu. Auch hat das(Fachhochschul-)Kollegium das Recht auf Antragstellung zum Budget (Investitions-, Sach- undPersonalaufwand) an den Erhalter (Z 5). Des Weiteren ist das (Fachhochschul-)Kollegium dazuberufen, Vorschläge für die Einstellung bzw Abberufung von Lehr- und Forschungspersonal anden Erhalter zu stellen (Z 6), die inhaltliche Koordination des gesamten Lehrbetriebes durchzuführen(Z 7) sowie für eine Evaluierung des gesamten Lehrbetriebes (samt Prüfungsordnungund Studienpläne zu sorgen (Z 8). Auch kommt dem (Fachhochschul-)Kollegium die Kompetenz88


zu, die vorgesehenen akademischen Grade zu verleihen (und gegebenenfalls zu widerrufen),ausländische akademische Grade zu nostrifizieren sowie – im Einvernehmen mit dem Erhalter –akademische Ehrungen zu verleihen, sofern diese im Universitätswesen üblich sind (Z 9); gegendie in diesen Fällen vom Kollegium getroffenen Entscheidungen ist gemäß § 10 Abs 6 FHStG dasausdrückliche Beschwerderecht an den VwGH eingeräumt. Von zentraler Bedeutung ist weitersdie Zuständigkeit zur Erlassung einer Geschäftsordnung und einer Satzung, jeweils im Einvernehmenmit dem Erhalter (Z 10). In der Satzung sind jedenfalls die Studien- und Prüfungsordnungen,die Wahlordnung für das Kollegium, die Einrichtung von Arbeitsausschüssen und deren Statuten,Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern, Bestimmungen über Frauenförderungensowie Richtlinien über die sinngemäße Verwendung von Bezeichnungen des Universitätswesensund über die Verleihung von akademischen Ehrungen aufzunehmen. Die Einräumung der Gestattungder Verwendung derartiger Bezeichnungen obliegt gemäß § 10 Abs 8 FHStG dem Erhalter.Schließlich entscheidet das (Fachhochschul-)Kollegium über Beschwerden gegen Entscheidungender Studiengangsleitung (Z 11). Auch dem/der LeiterIn des (Fachhochschul-)Kollegiums sindeinzelne Aufgaben ausdrücklich zugewiesen. Im Einzelnen obliegt ihr/ihm gemäß § 10 Abs 4 Z1 FHStG die Erteilung von Anweisungen an hauptberuflich tätige Mitglieder des Lehr- und Forschungspersonalsbezüglich Art und Umfang der Ausübung ihrer Lehrverpflichtung, soweit dieszur ordnungsgemäßen Aufrechterhaltung des Studienbetriebes nach Maßgabe der Studienpläneerforderlich ist. Daneben kommt dem/der (Kollegiums-)LeiterIn die Aufgabe zu, auf Grund vonVorschlägen bzw nach Anhörung des (Fachhochschul-)Kollegiums Lehraufträge zu erteilen (Z2). Schließlich ist die/der (Fachhochschul-)Kollegiums-LeiterIn ganz generell zur Vertretung desKollegiums nach außen sowie zur Vollziehung der Beschlüsse des Fachhochschulkollegiumsberufen (Z 3).7. AusblickDie Entwicklung des Fachhochschul-Wesens ist ebenso schnell wie erfolgreich verlaufen; derGesetzgeber hat auf die erforderlichen (Neu-)Regelungsbedürfnisse dem Grunde nach ausgewogenund angemessen reagiert. Dessen ungeachtet, ist das „Regelungswerk FHStG“ nochkeinesfalls als „abgeschlossen“ zu betrachten; neben vielen anderen (Reform-)Erfordernissen istinsbesondere zu folgenden Bereichen ein entsprechender Adaptionsbedarf feststellbar:Die besondere Charakteristik des FHStG als Planungsgesetz macht eine verstärkte Einbindungder Planungsbetroffenen (Erhalter, Lehrende und Studierende) erforderlich. So sollte etwa, zurVerbesserung der Partizipationssituation der Lehrenden, VertreterInnen dieser Gruppe die ausdrücklicheMitwirkung in den zur Curriculum – Erstellung berufenen Entwicklungsteams ermöglichtwerden.Zur Lösung von allfälligen Konfliktfällen zwischen Erhaltern und Lehrenden betreffend die Frageder Reichweite der einfachgesetzlich normierten Lehrfreiheit bzw der verfassungsgesetzlich verankertenForschungsfreiheit sollte (etwa beim Fachhochschulrat) ein unabhängiger Ausschusseingerichtet werden, der auf Antrag eine Vermittlungsfunktion zwischen Erhalter und Lehrendemausübt, noch bevor der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten beschritten werden darf.89


In einem organisationsrechtlichen Normengeflecht sollten insbesondere die Aufgaben bzwObliegenheiten des Lehr- und Forschungspersonals und deren Leiterin/dessen Leiters sowie desFachhochschulkollegiums und deren Leiterin/dessen Leiters eindeutiger und nachvollziehbarerfestgelegt und entsprechende Kompetenzabgrenzungen vorgenommen werden.Überdies sollte gesetzlich klargestellt werden, in welcher Weise die Gewährleistung von Autonomiepostulaten(nachweisbaren) Eingang in das – von der jeweiligen Wahl der Rechtsformabhängige – Organisationsstatut des einzelnen Erhalters findet.Des Weiteren wäre es dringend erforderlich, für eine entsprechende gesetzliche Klarstellung inHinblick darauf zu sorgen, wie sich das Fachhochschul-Organisations-Recht zum jeweiligenErhalterorganisations-Recht (zB GmbH-Recht oder Vereinsrecht) verhält.1 BGBl I 2001/136.2 BGBl I 2002/12.3 BGBl I 2006/43 – diese Novelle basierte auf einem parlamentarischen Initiativantrag und bewirkte lediglichterminologische Anpassungen („Bachelor” anstelle von „Bakkalaureat” sowie „Master” anstelle von „Magister”).4 BGBl I 2007/6 – diese Novelle erfolgte im Rahmen einer Bundesministeriengesetz-Novelle; sie bewirkte eine Klarstellungin der Bezeichnung der zuständigen Bundesministerin/des zuständigen Bundesministers.5 BGBl I 2008/2 – diese Novelle erfolgte im Rahmen des so genannten 1. Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetzes;sie bewirkte die Beseitigung der im FHStG bislang beinhalteten verfassungsgesetzlichen Weisungsfreistellung desFachhochschulrats, da die diesbezügliche verfassungsgesetzliche Deckung für die rechtskonforme Weisungsfreistellungnunmehr ausdrücklich aus dem B-VG erfließt.5a BGBl I 2012/74; s dazu Hauser, Zentrale Fragen betreffend die Implementierung der organisationsrechtlichen Aspekte der10. FHStG-Novelle, in FS Berka (in Druck).6 BGBl I 1998/72; s dazu Hauser/Kostal/Novak, Neuerungen im Hochschulrecht, JAP 2000/2001, 55.7 So wurde etwa der Kurztitel „Fachhochschul-Studiengesetz – FHStG“ gesetzlich verankert. Überdies wurde etwa dieZusammensetzung des bei Fachhochschulen zwingend einzurichtenden Fachhochschulkollegiums geändert.8 AB 1146 BlgNR 20. GP, 2.9 S dazu AB 1146 20. GP, 3.10 AB 1146 BlgNR 20. GP, 3.11 BGBl I 2002/58; s dazu im Detail Hauser, Die vierte Novelle zum FHStG, zfhr 2002, 115 ff.12 BGBl I 2002/120; s dazu etwa Huber, Rechtsfragen der vollrechtsfähigen Universität (2003).13 Fachhochschul-Diplomstudiengänge wurden bislang mit der Bezeichnung „Fachhochschul-Studiengänge“ belegt;zur besseren Unterscheidbarkeit der einzelnen Formen kommt diese Bezeichnung nunmehr nicht mehr in Frage.14 ErläutRV 976 BlgNR 21. GP, 6.15 ErläutRV 976 BlgNR 21. GP, 7.16 Die in der Novelle vorgesehenen Neuerungen traten grundsätzlich per 1.5.2001 in Kraft (§ 20 Abs 4 FHStG).17 ABl 2000 Nr L 28 vom 3.2.2000.18 ErläutRV 976 BlgNR 21. GP, 8.19 ErläutRV 976 BlgNR 21. GP, 7.20 ErläutRV 976 BlgNR 21. GP, 6.21 BGBl I 2003/110; s dazu im Detail Hauser, Der Regierungsentwurf zur 5. Novelle zum Fachhochschul-Studiengesetz,zfhr 2003, 93.22 Vgl etwa bei Novak, Fachhochschulen und ihre Organe (2000) 23 oder Perthold-Stoitzner, Abschlussmöglichkeitenim postsekundären Bildungssektor, in: Funk (Hg), Neue Entwicklungen im universitären Studiensystem – dasBakkalaureat (2001) 28.23 BGBl 1972/76.24 ErläutRV 217 BlgNR 22. GP, 2.<strong>25</strong> ErläutRV 217 BlgNR 22. GP, 5.26 BGBl I 2007/89; s dazu im Detail Hauser/Reininghaus/Schweighofer, Die FHStG-Novelle BGBl 2007/89 – Fachhochschul-Recht aus trüber Quelle? zfhr 2008, 70.27 Die näheren Regelungen betreffend die Stellvertretung in den einzelnen Organen sind durch einen in § 5 Abs 3 FHStGvorgenommenen Verweis auf § 26 HSG 1998 grundgelegt.28 Die weiteren Inhalte der Satzung ergeben sich aus § 13 Abs 2 und 3 HSG 1998.29 Vgl dazu Huber, ÖH-Recht 4 (2011) Anm 1 ff zu § 35a.30 BGBl I 2011/74, s dazu im Detail Hauser, Regelungsziele und -inhalte des Entwurfs zum„Qualitätssicherungsrahmengesetz“, zfhr 2011, 3 ff (8 ff) sowie Esca-Scheuringer/Holzinger, FHStG-Novelle 2011:Änderungen in rechtlicher und bildungspolitischer Hinsicht, zfhr 2011, 204.90


31 Dazu: Hauser/Hauser, Kurzkommentar zum Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz (2011) passim.32 ErläutRV, Vorblatt zu Art III.33 Zu den diesbezüglichen Reformnotwendigkeiten s insb: Hauser, Grundstruktur und Sonderfragen des FHStG 1993,JAP 1996/97, 215, ders, Das österreichische Fachhochschul-Recht, WissR 2001, 231 ff sowie ua Hauser/Reininghaus/Schweighofer, zfhr 2008, 70 ff sowie zuletzt etwa in Anlehnung dazu: Butschek, FHStG und Legalitätsprinzip,zfhr 2010, 140.34 S dazu aber ausführlich: Hauser, Kommentar zum Fachhochschul-Studiengesetz 6 (2011) 201 ff.Mag. Dr. Werner Hauser, geboren am 3.11.1967, ist Fachhochschul-Professor für öffentliches und privatesWirtschaftsrecht sowie Fachbereichs-Koordinator für Recht an der FH JOANNEUM GmbH in Graz; davorua Tätigkeiten als Assistent am Grazer Institut für Handels- und Wertpapierrecht, als Rechtspraktikantbeim OLG Graz, als Leiter des Rechtsreferats der Joanneum Research Gesellschaft mbH, im rechtskundigenVerwaltungsdienst beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung, als Geschäftsführer derSteirischen Wissenschafts-, Umwelt- und Kulturprojektträger GmbH, als Leiter der Ludwig Boltzmann-Forschungsstelle für Bildungs- und Wissenschaftsrecht. Zahlreiche Publikationen zum Unternehmensrechtsowie zum Hochschul- und Bildungsrecht; umfassende Lehrtätigkeit an Fachhochschulen, Universitätenund Pädagogischen Hochschulen.91


Die Pädagogischen HochschulenHelmut Seel1 Der Weg zur Pädagogischen HochschuleDie Gründung der Pädagogischen Hochschulen sollte ein nahezu ein Jahrhundert dauerndesBemühen um die Ausbildung aller Lehrerkategorien auf Universitätsniveau beenden. 1856 warbereits die Ausbildung der Gymnasial- und Realschullehrer an den Philosophischen Fakultäten derUniversitäten eingerichtet worden. 1920 hatte das kurzzeitig unter sozialdemokratischer Leitungstehende Unterrichtsministerium (damals Unterstaatssekretariat im Innenministerium) „Leitsätzefür den allgemeinen Aufbau der Schulen“ mit einer Gliederung des Schulsystems in vierstufigeVolksschulen, vierstufige allgemeine Mittelschulen und vierstufige allgemeinbildende oder berufsbildendeOberstufenschulen vorgelegt. Die Ausbildung aller Lehrer sollte an den Universitätenerfolgen („Leitsätze für die Neuregelung der Lehrerbildung“), und zwar für Klassenlehrer (Volksschullehrer)in einem zweijährigen und für Fachlehrer (Mittelschullehrer und Oberstufenlehrer) ineinem vierjährigen Studium.Beide Pläne wurden von der ab 1920 regierenden Christlich-sozialen Partei (Vorläufer der ÖVPin der Ersten Republik) abgelehnt. Sie hielt an der traditionellen achtklassigen Mittelschule (Gymnasium,Realgymnasium, Realschule) fest und präsentierte 1927 „Richtlinien für die gesetzlicheNeuregelung der Lehrerbildung in Österreich“ bezüglich der Volksschullehrer. Darin war einesechsjährige Lehrerakademie vorgesehen, deren erste vier Schuljahre eine höhere Allgemeinbildungvermitteln sollten (Pädagogische Oberschule) und die folgenden zwei <strong>Jahre</strong> der pädagogisch-didaktischensowie der schulpraktischen Ausbildung dienen sollten. Da keine politischeEinigung erfolgte, blieb die Volksschullehrerausbildung bei der vierjährigen Lehrerbildungsanstaltals einer berufsbildenden Mittelschule, wie sie bereits im Reichsvolksschulgesetz 1869 geschaffenworden war. Die Lehrerbildungsanstalt wurde mit der Reifeprüfung für das Lehramt an Volksschulenabgeschlossen, nach einem zweijährigen Probedienst war die Lehrbefähigungsprüfung alsVoraussetzung für die Anstellung als beamteter Lehrer abzulegen. Die Mittelschullehrer bereitetensich weiterhin an der Universität auf die Lehramtsprüfung für Mittelschulen als Staatsprüfung vor.Die Vorbereitung auf die Lehramtsprüfung für Bürgerschullehrer erfolgte weiterhin weitgehendautodidaktisch im Anschluss an die Volksschullehrerausbildung.In einem schulpolitischen Kompromiss 1927 (Mittelschulgesetz, Hauptschulgesetz) wurde das bisheute bestehende Nebeneinander der Hauptschule als einer potentiellen Allgemeinen Mittelschulemit zwei Klassenzügen als Pflichtschule (an Stelle der Bürgerschule und der Volksschuloberstufe)und der Unterstufe der Mittelschulen (Gymnasium, Realgymnasium, Realschule, Frauenoberschuleals schulgeldpflichtige Wahlschulen) mit akkordierten Lehrplänen und Übertrittsberechtigungengeschaffen. Im autoritären Ständestaat wurde 1934 die Durchlässigkeit zwischen denMittelschulen und der Hauptschule wieder abgeschafft. Außerdem wurde 1937 mit der Reformder Volksschullehrerbildung im Sinne der „Richtlinien“ begonnen.92


1945 kehrte man zur Schulorganisation der Ersten Republik (Stand 1933) zurück. Die Lehrerbildungsanstaltenerhielten jedoch fünf Schuljahre und vermittelten neben der Reife für das Lehramtan Volksschulen auch eine allgemeine Hochschulreife. Seit 1962 werden die Mittelschulen alsAllgemeinbildende höhere Schulen bezeichnet. 1983 trat in der Hauptschule die fachspezifischeDifferenzierung durch Leistungsgruppen in den Sprachen und der Mathematik an die Stelle derKlassenzüge. Bereits 1962 wurden zweijährige Pädagogische Akademien für die Ausbildung derVolksschullehrer eingerichtet, in welche man mit jeder Reifeprüfung eintreten konnte. Als besondereZubringerschulen sollten Musisch-pädagogische Realgymnasien fungieren, welche späterin allgemeine Oberstufenrealgymnasien umgewandelt wurden. 1975 wurde an den PädagogischenAkademien eine sechssemestrige Hauptschullehrerausbildung eingerichtet. Die Volks- undSonderschullehrerausbildung wurde auf sechs Semester verlängert. Die Pädagogischen Akademienwaren postsekundäre Schulen und wurden dementsprechend im „Bundesgesetz über dieSchulorganisation“ (SchOG 1962) gesetzlich geregelt.Die Universitätsstudien zur Vorbereitung auf die Lehramtsprüfung für die höheren Schulen wurdenim „Gesetz über Geistes- und Naturwissenschaftliche Studienrichtungen“ (GN-StG1971) inneunsemestrige Diplomstudien mit zwei Studienabschnitten als Studienzweige neben den achtsemestrigenwissenschaftlichen Diplomstudien umgewandelt und mit dem akademischen Grad desMagisters abgeschlossen. Jeweils zwei Studienrichtungen waren mit der Pädagogischen Ausbildungals dritter Studienrichtung zu kombinieren. Die Absolventen können seit 1988 („Schulpraktikumsgesetz“)nach einem einjährigen Vorbereitungsdienst in den Schuldienst aufgenommen werden.Im Universitätsstudiengesetz 1997 wurde schließlich ein eigenes Diplomstudium „Lehramtan höheren Schulen“ geschaffen, in dem jeweils zwei Unterrichtsfächer kombiniert werden müssenund welches die Pädagogische Ausbildung einschließt.Gegen Ende des 20. Jahrhunderts wurde im internationalen Vergleich der Status der Pflichtschullehrerausbildungals postsekundäre Schule als rückständig erkannt. Eine Verlagerung inden tertiären, hochschulischen Sektor des Bildungssystems wurde angestrebt. Die Absichtserklärungzur Gründung der Pädagogischen Hochschulen erfolgte bereits 1999 im „Bundesgesetzüber die Studien an den Akademien und über die Schaffung von Hochschulen für pädagogischeBerufe“ (Akademie-Studiengesetz 1999), das zwischen SPÖ und ÖVP paktiert wurde. § 1 lautete:„(1) Der Bund wird innerhalb von acht <strong>Jahre</strong>n hochschulische Einrichtungen für die Ausbildung derPflichtschullehrer (Hochschule für pädagogische Berufe) schaffen. An diesen Hochschulen sollenauch Angebote für die Ausbildung zum Lehrer für Erwachsenenbildung und in anderen pädagogischenAusbildungsbereichen eingerichtet werden, soweit dies nicht Aufgabe der Universitäten ist.Die erforderlichen organisations- und studienrechtlichen Regelungen an diesen hochschulischenEinrichtungen sind entsprechend den für Hochschulen oder Universitäten üblichen Standardsauszuführen. (2) Das Zusammenwirken von Forschung und Lehre ist sicherzustellen. Die Studienabschlüssean diesen hochschulischen Einrichtungen sind akademische Grade. Im Falle derEinführung eines dreigliedrigen Studiensystems an Universitäten ist darauf zu achten, dass dieStudienabschlüsse mit diesem System kompatible akademische Grade sind. (3) Auf die besondereSituation der Kirchen und Religionsgemeinschaften ist Bedacht zu nehmen. (4) Die Beziehungenzur universitären Lehrerausbildung sind so zu gestalten, dass Synergien erzielt werden.“93


Das „Gesetz über die Organisation der Pädagogischen Hochschulen und ihrer Studien“ (Hochschulgesetz2005) war politisch umstritten und wurde im Parlament von der in Opposition befindlichenSPÖ, welche einen eigenen Entwurf eines solchen Gesetzes einbrachte, und den Grünenabgelehnt (vgl. Minderheitsbericht gem. § 42 Abs. 4 GOG zum Bericht des Unterrichtsausschussesüber die Regierungsvorlage, 1167 der Beilagen, Bundesgesetz über die Organisation der PädagogischenHochschulen und ihrer Studien, 1198 der Beilagen XXII. GP – Ausschussbericht NR).Der Vorschlag der SPÖ zu einem Gesetz über Pädagogische Hochschulen war dem Fachhochschulgesetznachgestaltet (Hochschulische Autonomie, Rat der Pädagogischen Hochschulen alsakademische Behörde zur Anerkennung der Curricula und Verleihung der akademischen Grade,Bachelor- und Magisterstudium). Das Abrücken der SPÖ von ihrer langjährigen Forderung nachVereinigung aller Formen der Lehrerbildung an den Universitäten wurde mit den Veränderungender Universitäten durch das Universitätsgesetz 2002 begründet.2 Lehrerausbildung an den Pädagogischen HochschulenIm Hochschulgesetz 2005 werden sowohl die Pädagogischen Hochschulen als Institutionen desBundes als auch die Pädagogischen Hochschulen in privater Trägerschaft (in erster Linie dieKatholische Kirche) geregelt. Ihre Rechtspersönlichkeit (§ 3) entspricht als Teilrechtsfähigkeitder von Schulen in Österreich (vgl. § 128c Schulorganisationsgesetz). Das steuernde Organjeder Pädagogischen Hochschule ist ihr Hochschulrat (§ 12). Er umfasst bei den staatlichenHochschulen fünf Personen, von denen drei vom Unterrichtsminister und eine von der regionalzuständigen Landesregierung entsandt werden. Außerdem gehört ihm jeweils der Präsident desregional zuständigen Landesschulrats an. Eine Sonderstellung nimmt die Hochschule für AgrarundUmweltpädagogik ein, welche die Lehrer des landwirtschaftlichen Schulwesens ausbildet.Sie wird vom Ministerium für Land- und Forstwirtschaft geführt.Der Hochschulrat legt u. a. die Ausbildungsinhalte der Curricula fest und beschließt den vom Rektoraterarbeiteten Organisationsplan sowie den Ziel- und Leistungsplan und den Ressourcenplander Hochschule. Diese Pläne sind dem zuständigen Regierungsmitglied zur Genehmigung vorzulegen.Auf der Grundlage einer Ausschreibung erstellt der Hochschulrat einen Dreiervorschlag fürden Rektor und für einen oder zwei Vizerektoren, aus dem der Unterrichtsminister den Rektor unddie Vizerektoren auswählt und für eine fünfjährige Amtszeit bestellt (§§ 13, 14). Dieses Rektoratleitet die Pädagogische Hochschule und erstellt u. a. die oben genannten Pläne (§ 15).Eine Studienkommission (§ 17) mit zwölf Mitgliedern (sechs Vertreter des Lehrkörpers, vierStudentenvertreter) entwickelt im Rahmen der vom zuständigen Regierungsmitglied erlassenenVerordnung („Verordnung der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur über dieGrundsätze für die nähere Gestaltung der Curricula einschließlich der Prüfungsordnung“ – Hochschul-Curriculum-Verordnung– HCV) die Curricula der Studiengänge. Die Curricula haben auf„berufsbezogene Kompetenzen und grundlegendes Berufswissen nach dem jeweiligen Stand derWissenschaften“ (§ 3 HCV) abzuzielen sowie den „aktuellen europäischen und internationalenStudienstrukturen zu entsprechen und die europäische und internationale Entwicklung zu berücksichtigen“(§ 4 HCV).94


Gemäß § 8 sind an Pädagogischen Hochschulen jedenfalls Studiengänge für die Lehrämter anVolksschulen und an Hauptschulen einzurichten. Bei Bedarf sind auch Studiengänge für Sonderschullehrerund Lehrer für Polytechnische Schulen zu führen sowie Studiengänge für Lehrämterder Berufsbildung. Letztere werden erst im zweiten Hauptstück der Curriculum-Verordnung näherbestimmt: Berufsschulpädagogik, Technisch-gewerbliche Pädagogik, Mode- und Design-Pädagogik,Ernährungspädagogik, Informations- und Kommunikationspädagogik, Agrar- und Umweltpädagogik.In der Hauptschullehrerausbildung sind zwei Unterrichtsfächer zu kombinieren, von deneneines aus den Unterrichtsgegenständen Deutsch, Englisch oder Mathematik zu wählen ist. Anprivaten Pädagogischen Hochschulen der Katholischen Kirche sind darüber hinaus Studiengängefür Religionspädagogik eingerichtet. Alle sechssemestrigen Lehramts-Studiengänge sind in zweiStudienabschnitte (1. Studienabschnitt 2 Semester, 2. Studienabschnitt 4 Semester) gegliedert.Nach Ablegung aller Prüfungen und der positiven Beurteilung der Diplomarbeit verleiht der Rektorvon Amts wegen den akademischen Grad des „Bachelor of Education (BEd)“. An privatenPädagogischen Hochschulen ist der Rechtsträger berechtigt, die vorgesehene Grade zu verleihen.Die Curricula sämtlicher Studien sind modular zu gestalten (§ 5 HCV). Module werden als inhaltlichund zeitlich abgegrenzte Studieneinheiten verstanden, welche von vorhandenen Grundkompetenzenausgehen und definierte Zielkompetenzen ansteuern. Sie haben „die Erreichung zertifizierbarerTeilkompetenzen (Teilqualifikationen)“ zum Ziel. Die Module haben studienfachbereichsübergreifendeInhalte aufzuweisen. Die Studienfachbereiche (§ 10 HCV) sind die Humanwissenschaften(rd. <strong>25</strong> % der Leistung), die Fachwissenschaft und die Fachdidaktik (rd. 50 %), dieschulpraktischen Studien (rd. 20 %) sowie ergänzende Studien (rd. 5 %). Problematisch erscheintes, wenn infolge einer totalen Modularisierung die grundlegenden Wissenschaften in ihrer Systematikund Methodik im Curriculum nicht aufscheinen und damit ein Professionalisierungsdefizitentsteht. Die Curricula werden jeweils vom Rektorat genehmigt und vor ihrem Inkrafttreten vomUnterrichtsministerium begutachtet.An den Pädagogischen Hochschulen können im Organisationsplan Institute vorgesehen werden,deren Leiter vom Rektor mit der Leitung betraut werden. Zum Zweck der schulpraktischen Ausbildungsowie zur Erprobung neuer Wege der Unterrichtsgestaltung führen die PädagogischenHochschulen Praxisschulen (Volks- und Hauptschulen). Nach Bedarf können auch geeigneteSchulen des Schulsystems herangezogen werden.In ihrer Tätigkeit sind die Pädagogischen Hochschulen u. a. den Grundsätzen der Vielfalt der wissenschaftlichenTheorien und Methoden sowie der Verbindung von Forschung und Lehre verpflichtet(§ 9). Zu ihren Aufgaben zählt gem. § 8 auch die wissenschaftlich-berufsfeldbezogene Forschung.Die Aufnahme in die Pädagogischen Hochschulen wird in einer Zulassungsverordnung des Unterrichtsministersgeregelt. Die Studienbewerber haben die grundsätzliche persönliche Eignungnachzuweisen. Eine Eignungserkundung erfolgt in Informations- und Beratungs-Workshops. DieEignungsfeststellung vollzieht sich dann in einem individuellen Eignungs- und Beratungsgespräch.Bewerber für das Lehramt an Volks- und Sonderschulen sowie für das HauptschullehrerstudiumUnterrichtsgegenstand Musikerziehung müssen auch ihre musikalisch-rhythmische Eignung nachweisen,die körperlich-motorische Eignung wird bei angehenden Volks- und Sonderschullehrernund Hauptschullehrern für den Unterrichtsgegenstand Bewegung und Sport überprüft. Die95


mangelnde Eignung ist den Bewerbern bescheidmäßig mitzuteilen. Gemäß § 69 haben die Studierendenim Normalfall einen Studienbeitrag in Höhe von Euro 363,96 pro Semester zu leisten.Die Pädagogischen Hochschulen haben Fortbildungsveranstaltungen in allen pädagogischenBerufsfeldern anzubieten. Die Lehrer-Fortbildung beruht auf inhaltlichen Vorgaben (Weisungen)des zuständigen Regierungsmitglieds oder bei regionalen Erfordernissen der Landesschulräte(§ 8). Dies ist darin begründet, dass in den Pädagogischen Hochschulen nicht nur die PädagogischenAkademien, sondern auch die Pädagogischen Institute (Träger der Lehrerfortbildung imSchulorganisationsgesetz) aufgegangen sind. Diese Veranstaltungen der Lehrerfort- und weiterbildungsind studienbeitragsfrei. Im Rahmen der eigenen Rechtspersönlichkeit der PädagogischenHochschulen können auch Hochschullehrgänge geführt werden, welche bei gegebener Voraussetzungmit einer Graduierung zum Master of Advanced Studies abgeschlossen werden können.Auch diesen Grad verleiht der Rektor. Solche Hochschullehrgänge dienen jedoch ausdrücklichnicht der Fortführung der sechssemestrigen Lehramts-Studiengänge. Sie erfordern den Abschlusseines Bachelor- bzw. Masterstudiums als Zugangsvoraussetzung.3 Defizite im Hochschulstatus der Pädagogischen HochschulenIm Vergleich mit den Universitäten und auch den Fachhochschulen ist der hochschulische Statusder Pädagogischen Hochschulen defizitär. Es fehlen sowohl die organisatorische Autonomieals auch die entsprechende Freiheit der Wissenschaft und Forschung gemäß Artikel 17 desStaatsgrundgesetzes 1867. Beide Ansprüche waren im Begutachtungsentwurf des Hochschulgesetzes2005 noch vorgesehen. Dort lautete der § 2 Abs. 2: „Die öffentlichen pädagogischenHochschulen besorgen die ihnen gem. § 8 übertragenen Aufgaben im Rahmen der Gesetze undVerordnungen eigenverantwortlich (autonom)“. In der Regierungsvorlage des Hochschulgesetzeswurde dieser Passus durch die Formulierung „Die öffentlichen Pädagogischen Hochschulen sindanerkannte postsekundäre Bildungseinrichtungen im Sinne des § 51 Abs. 2 Z 1 des Universitätsgesetzes2002“ ersetzt. Laut Universitätsgesetz 2002 sind „anerkannte postsekundäre Bildungseinrichtungen... Bildungseinrichtungen, die Studien im Ausmaß von mindestens sechs Semesterndurchführen“ und „bei denen die Zulassung die allgemeine Universitätsreife voraussetzt“.In § 9 („Leitende Grundsätze“) des Begutachtungsentwurfs zum Hochschulgesetz 2005 lauteteAbs. 6 Z 1: „die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre“. Dieser Punkt wurde in der Regierungsvorlageweggelassen. Für beide Ansprüche fehlte die verfassungsrechtliche Grundlage.Den Trägern von Fachhochschulstudiengängen wird die Bezeichnung Fachhochschule nur verliehen,wenn ein entsprechendes Kollegialorgan (Fachhochschulkollegium) insbesondere mit Rechtder Wahl des Rektors aus einem Dreiervorschlag der Trägerinstitution eingerichtet wurde. Die Forschungs-und Lehrfreiheit wird durch den Fachhochschulrat als akademische Behörde zur Akkreditierungder Studiengänge und durch die Bedingung der Mitwirkung von Personen mit universitärerLehrberechtigung bei der Erstellung der Curricula gesichert. Die Graduierung erfolgt durch denFachhochschulrat und wird erst nach der Anerkennung der Trägerinstitution als Fachhochschuledem gewählten Rektor übertragen. Den Pädagogischen Hochschulen fehlt hingegen ein entsprechendesKollegialorgan (Senat) zur Erledigung autonomer Angelegenheiten. Die Bestellung des96


Rektors der Pädagogischen Hochschule erfolgt analog zur Leiterbestellung im Schulwesen. DerHochschulrat ist politisch besetzt wie ein Landesschulratskollegium und erstellt wie dieses einenDreiervorschlag, aus dem das zuständige Regierungsmitglied den Rektor bestellt. Die Mitwirkungeines Kollegialorgans (Senats) der Pädagogischen Hochschule ist nicht vorgesehen.Eine zwingende Beteiligung von Personen mit einschlägiger universitärer Lehrbefugnis ist bei derEntwicklung der Curricula der Pädagogischen Hochschulen nicht vorgeschrieben. Es erfolgt auchkeine Akkreditierung durch eine akademische Behörde, sondern diese Curricula werden nachverordneten Richtlinien erarbeitet und vom zuständigen Ministerium begutachtet. Auch für dieGraduierung ist keine akademische Behörde zuständig, sondern der vom Minister bestellte Rektorvon Amts wegen. Es kann daher nicht wundern, dass der Grad des „Bachelor of Education (BEd)“nicht zum Eintritt in ein facheinschlägiges Masterstudium an Universitäten oder Fachhochschulenberechtigt. Vielmehr wird bei Übertritten § 78 Abs. 1 UG 2002 angewendet: „Positiv beurteiltePrüfungen, die ordentliche Studierende an einer anerkannten inländischen oder ausländischenpostsekundären Bildungseinrichtung einer berufsbildenden höheren Schule, einer Höheren Lehranstaltfür Lehrer- und Erzieherbildung, ... abgelegt haben, sind auf Antrag ... bescheidmäßiganzuerkennen, soweit sie den im Curriculum vorgeschriebenen Prüfungen gleichwertig sind“.Allerdings ist zu beachten, dass das Lehramtsstudium an den Universitäten noch nicht in einBachelor- und ein Masterstudium gegliedert ist (vgl. § 54 Abs. 2 Universitätsgesetz 2002). Aberes ist daran zu erinnern, dass bereits im Universitätsstudiengesetz 1997 ein Übertritt von einemabgeschlossenen Hauptschullehrerstudium an der Pädagogischen Akademie in den zweiten Studienabschnittdes facheinschlägigen universitären Lehramtsstudiums möglich war.Ein weiteres Problem war die Fortschreibung der Personalstruktur der Pädagogischen Akademienin den neuen Pädagogischen Hochschulen. Vor allem wurde die Notwendigkeit der Einbeziehungvon Personen mit universitärer Lehrbefugnis (Habilitation) nicht berücksichtigt. Dies hattezur Folge, dass der Forschungsauftrag nur sehr eingeschränkt und unbestimmt der Institutionzugeordnet wird, ohne dass entsprechende Maßnahmen zur Forschungsverpflichtung der Hochschullehrergetroffen werden konnten. In der Novellierung des Beamtendienstrechts-Gesetzesbezüglich der Pädagogischen Hochschulen, welche derzeit durchgeführt wird, wird eine entsprechendeNovellierung des Hochschulgesetzes 2005 schon vorweg genommen. Im neuen Dienstrechtsind drei Verwendungsgruppen vorgesehen. Für die Verwendungsgruppe PH 1 ist „eineder Verwendung entsprechende abgeschlossene inländische oder gleichwertige ausländischeHochschulbildung und eine an einer österreichischen Universität erworbene oder gleichwertigeausländische Lehrbefugnis (venia docendi)“ vorgesehen oder die Erfüllung sämtlicher folgenderErfordernisse: „Erwerb eines facheinschlägigen Doktorgrades“ gemäß Universitätsgesetz 2002oder Universitätsstudiengesetz, eine vierjährige „Verwendung als Hochschulperson“ oder „einschlägigeVerwendung als Universitätslehrer“ sowie „einschlägige wissenschaftliche Tätigkeit“,welche „durch Publikationen in international anerkannten wissenschaftlichen Fachzeitschriftenoder durch gemäß einem Gutachten eines Wissenschaftlichen Beirats gleichzuhaltende Publikationennachzuweisen“ ist. An jeder Pädagogischen Hochschule sollen laut der „Erläuterungen“ zurNovellierung des Dienstrechtsgesetzes fünf bis sechs solcher Professuren eingerichtet werden.Für die Verwendungsgruppe PH 2 bestehen folgende Anstellungserfordernisse: Universitätsausbildungmit dem „Erwerb eines Diplom-, Master- oder Doktorgrades, mindestens „vierjährigeverwendungseinschlägige Lehr- oder Berufspraxis“ sowie „durch Publikationen in Fachmedien97


nachzuweisende (fach)wissenschaftliche bzw. (fach)didaktische, praktische oder künstlerischeTätigkeit“. Das Erfordernis für die Tätigkeit als Lehrer PH 3 ist der Abschluss eines UniversitätsoderHochschulstudiums mit dem Bakkalaureats-/ Bachelor-Grad oder dem Grad des „Bachelorof Education“. Leider wird die Wirksamkeit des neuen Gesetzes konterkariert durch die vorgesehenenÜbergangsbestimmungen: Gem. § 248c werden alle Bundeslehrer der bisherigen VerwendungsgruppeLP A in die Verwendungsgruppe PH 1 übergeführt.Die genannten Mängel im Hochschulgesetz 2005 wurden bereits im Begutachtungsverfahrenzum Gesetz aufgewiesen. So stellt die Planungs- und Entwicklungskommission (PEK), welche imJahr 2000 zur Vorbereitung des Gesetzes eingesetzt worden war, fest: „Der vorliegende Entwurfverlässt den durch das Akademiestudiengesetz eingeschlagenen Weg, ist in vielen Details nichtEU-konform und entspricht nicht den ... internationalen Standards einer professionellen tertiärenInstitution. ... Der derzeitige Entwurf bleibt in wichtigen Aspekten (z. B. Dienstrecht) ganz naheam Status der bisher schulisch organisierten Pädagogischen Akademien. ... Sicher verfehlt derEntwurf damit den selbst gestellten Anspruch auf eine Lehrerausbildung auf höchstem Niveau“(Stellungnahme der PEK zum Entwurf des Hochschulgesetzes 2005, S.15).Ähnlich urteilt die Österreichische Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Bildungswesen(ÖFEB) zusammenfassend: „Der vorliegende Entwurf trägt der unumstrittenen Notwendigkeit,Lehrer/innen/bildung für alle Schularten und Schultypen auf tertiärem Niveau zu verankern, nichtausreichend Rechnung. Er ermuntert nicht zur Wahrnehmung der für eine hochschulische Institutionzentralen Forschungsaufgaben, sondern schränkt diese in überdeutlicher Abgrenzungund abwertender Abstufung zu den Universitäten ein. Die Pädagogischen Hochschulen werdenüberdies der Möglichkeit massiver politischer Einflussnahme ausgesetzt. Eine tatsächlicheUmwandlung der Akademien in Hochschulen erfordert deutliche Zuweisung, Zubilligung unddienstrechtliche Absicherung eines klaren und inhaltlich unverkürzten Forschungsauftrages, dieüberzeugende Institutionalisierung des Prinzips der Einheit von Forschung und Lehre und dieweitgehend institutionelle Autonomisierung der Pädagogischern Hochschulen“. Die kritischenStellungnahmen wurden jedoch nicht berücksichtigt. Es wurde sogar der Anspruch, eine autonomewissenschaftliche Institution des tertiären Sektors zu sein, aus verfassungsrechtlichenGründen in der Regierungsvorlage des Gesetzes zurückgenommen.4 Die Zukunft der Pädagogischen HochschulenAnfangs 2009 wurde von den Ministern für Unterricht und Kunst sowie von Wissenschaft undForschung eine Expertengruppe zur Erarbeitung eines Konzepts „LehrerInnenbildung NEU – DieZukunft der pädagogischen Berufe“ eingesetzt. Sie sollte eine Zusammenführung und Vereinheitlichungder unterschiedlichen Wege der Ausbildung der pädagogischen Berufe in Österreich(Universitäten, Pädagogische Hochschulen, Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik undfür Sozialpädagogik) auf dem tertiären Sektor vorbereiten. Die Expertengruppe legte im Frühjahr2010 ihren Endbericht vor. Die institutionelle Struktur des neuen Lehrerbildungskonzepts saheine Kooperation der lehrerbildenden Einrichtungen (Universitäten, Pädagogischen Hochschulenund Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik) in vier regionalen Clustern vor. Sie sollten eingemeinsames Dach für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der pädagogischen Berufe bilden.98


Nach der Diskussion des Berichts in Regionalkonferenzen („Stakeholder“-Konferenzen) wurdeeine Vorbereitungsgruppe mit der Überarbeitung des Berichts der Expertengruppe betraut, welcheim Juni 2011 „Empfehlungen“ zur Umsetzung des neuen Lehrerbildungskonzepts abgab.Darin wird die Forderung aufgestellt, „dass sowohl die pädagogische wie die fachdidaktischeund die fachwissenschaftliche Aus-, Fort- und Weiterbildung auf dem Niveau einer tertiärenBildungseinrichtung stattfindet“ (S. 18). Es wird eine dreistufige Struktur der Lehrerbildung füralle pädagogischen Institutionen im Alter von 0–19 vorgesehen: Pädagogische Grundbildung alsBachelorstudium von sechs Semestern – Induktionsphase von einem Jahr – abschließendes Masterstudiumvon einem oder zwei Semestern. Das Bachelorstudium enthält einen „GemeinsamenPädagogischen Kern“. Zwei Lehrerbildungsbereiche werden unterschieden: Pädagogik für denElementar- und Primarbereich (Altersbereich 0–12 <strong>Jahre</strong>) mit den Zweigen Elementarpädagogik(vorschulischer Bereich) und Primarpädagogik (Grundschulbereich) sowie Pädagogik des Sekundarbereichs(Altersbereich 8–19) mit der Differenzierung in den Bereich der Pflichtschulzeit und inden der Oberstufe). Zur altersmäßigen Überschneidung der Lehrerbildungsbereiche werden keineHinweise gegeben, sie lässt die Anpassung an unterschiedliche Formen der Schulorganisation zu.Hinsichtlich der institutionellen Zuordnung der neuen Lehrerbildung wird nicht auf die beidenbestehenden Lehrerbildungseinrichtungen (Universitäten und Pädagogische Hochschulen) Bezuggenommen. Es ist vielmehr von „Trägern“ die Rede: „Träger der PädagogInnenbildung NEU sindtertiäre Bildungseinrichtungen oder selbständige Teile von solchen, die Lehre, Forschung und Entwicklungin aufeinander bezogener Weise betreiben. Dabei muss eine Orientierung an der Praxispädagogischer Berufe deutlich verankert sein“ (S. 18). Das Studienprogramm dieser Trägerinstitutionenmuss „alle Phasen der PädagogInnenausbildung NEU“ umfassen, „Angebote für dengesamten Altersbereich 0–19 <strong>Jahre</strong>“ enthalten und „zumindest die Ausbildung der PädagogInnenfür allgemeinbildende Fächer“ besorgen, wobei „Teile des Lehrprogramms ... durch Kooperationenmit anderen Institutionen abgedeckt werden“ (S. 18) können. Solche Trägereinrichtungen sind „inangemessener Frist (5–10 <strong>Jahre</strong>) sicherzustellen“ (S.18).Damit ist die Entwicklungslinie der bestehenden Pädagogischen Hochschulen festgelegt. Vonden Zielvorstellungen für ihre Entwicklung sollen die folgenden besonders herausgehoben werden(vgl. S 18 f.): Autonomie (Personalrekrutierung, Organisationsstruktur, Budget, Forschung undEntwicklung, Studienprogramm, Beteiligung an der Bestellung des Leiters) – Mitbestimmung desPersonals und der Studierenden (Senat oder Kollegium) – Forschungsqualifikation bei <strong>25</strong> % desPersonals – Aufwand von <strong>25</strong> % der Arbeitskapazität des Stammpersonals für Forschung und Entwicklung– Abschlüsse auf allen akademischen Niveaus. Es verdient angemerkt zu werden, dassder Entwurf der SPÖ zum Gesetz über Pädagogische Hochschulen den meisten dieser KriterienRechnung getragen hätte. Auf Grund fehlender Kontinuität in der Bildungspolitik der SPÖ wurdendamit zehn <strong>Jahre</strong> der Entwicklung in der Lehrerbildung verloren.Zwischen den beiden potentiellen Trägerinstitutionen, den Universitäten und den PädagogischenHochschulen, ist ein Interessenkonflikt entstanden. Die Universitäten wollen wenigstens diegesamte Ausbildung der Fachlehrer für den Sekundarbereich an sich ziehen und werden dabeivom Minister für Wissenschaft und Forschung unterstützt. Die Ministerin für Unterricht undKunst, der derzeit die Pädagogischen Hochschulen unterstellt sind, möchte diese zu PädagogischenUniversitäten ausbauen. Dabei handelt es sich weniger um einen Kompetenzstreit als99


vielmehr um einen Systemkonflikt. Die Universitäten sind im Universitätsgesetz 2002 zu Körperschaftenöffentlichen Rechts mit weitgehender Autonomie bei der Studiengestaltung und wesentlichenFolgen für die Stellung des Personals geworden (Privatangestellte mit Kollektivvertrag),die Pädagogischen Hochschulen sind Einrichtungen des Bundes mit Personal, das dem Beamtendienstrechtunterliegt. Der amtierenden Ministerin für Unterricht und Kunst geht zweifellosinsbesondere die totale Autonomie der Universitäten bei der Gestaltung der Curricula zu weit. Diezukünftigen Pädagogischen Universitäten sind daher wohl als Institutionen des Bundes gedacht,in einer Analogie zum Universitätsorganisationsgesetz 1993, in welchem den Universitäten dienotwendige Autonomie durch verfassungsrechtliche Ausnahmebestimmungen eingeräumt wordenwar. Eine Steuerung der Studien könnte dann im Sinne des Universitäts-Studiengesetzes 1997erfolgen. Das neue Hochschullehrerdienstrecht („Dienstrechts-Novelle 2011 – PädagogischeHochschulen“) weist jedenfalls deutlich in diese Richtung.Darin kommt zum Ausdruck, dass die SPÖ in Österreich den Bestrebungen der Dienstleistungsrichtlinieder EU, die auf Privatisierung auch der Bildung als marktfähiger Dienstleistung abzielen,im Bildungsbereich nicht folgen will. Primarstufe und Sekundarstufe der Schule sind in derBundesverfassung als staatliche Aufgaben, die kostenfrei anzubieten sind, bestimmt (Artikel 14,§ 10). Es ist von Bedeutung, dass dies auch für die Lehrerbildung gilt (Studiengeldfreiheit an PädagogischenHochschulen). Dementsprechend sollten wohl auch die Lehramtsstudien für höhereSchulen den kommenden staatlichen Pädagogischen Universitäten übertragen werden.LiteraturBMUK/BMWF (Auftraggeber): LehrerInnenbildung NEU – Zukunft der pädagogischen Berufe.Die Empfehlungen der ExpertInnengruppe, März 2010BMUK/BMWF (Auftraggeber): PädagogInnenausbildung NEU – Die Zukunft der pädagogischen Berufe:Empfehlungen der Vorbereitungsgruppe, Juni 2011Hauser, Werner (2008): Maßgebliche organisatorische Prämissen der neuen Pädagogischen Hochschule.In: Hauser/Kostal, Jahrbuch Hochschulrecht, NWF Wien – Graz, 317–322Jisa, Werner (2007): Buchbesprechung: Die Pädagogischer Hochschule – Hochschulgesetz 2005.In: Weg in die Wirtschaft 2007/1, 26–29Jonak, Felix/ Münster, Gerhard (2007): Die Pädagogische Hochschule. innverlag + gatt, InnsbruckMayr, Johannes/Neuweg, Hans Georg (2009): LehrerInnen als zentrale Ressource im Bildungssystem:Rekrutierung und Qualifizierung. In: Nationaler Bildungsbericht 2009 Bd. 2, Wien, 99–119Seel, Helmut (2006); Akademisierung und Integration der Lehrerbildung in Österreich.In: Zeitschr. f. Sozialpsychologie und Gruppendynamik 31/1, Wien, 21–40Seel, Helmut (2008): Die Pädagogischen Hochschulen nach dem Hochschulgesetz 2005 – erst eine halbeSache ? In: Hauser/Kostal, Jahrbuch Hochschulrecht, NWF Wien – Graz, 323–330Helmut Seel, geboren am 28.2.1933, ist emeritierter Universitätsprofessor für Pädagogik an der UniversitätGraz. Arbeitsschwerpunkte: Schulpädagogik, Lehrerbildung, Geschichte des Bildungswesens.Abgeordneter zum Nationalrat 1984 bis 1994. Vorsitzender der <strong>WIST</strong> Steiermark 1987 bis 2011.100


Die HYPO Steiermark gratuliert ihrer langjährigenKooperationspartnerin, der Wirtschaftshilfe für Studierende Steiermark, zum Bestandsjubiläumund wünscht alles Gute für die Zukunft!101


<strong>WIST</strong> gibt Platz zum Wohnen<strong>WIST</strong> lässt Kultur Raum<strong>WIST</strong> baut Zukunft1402 Heimplätze9 Studierendenwohnhäusergrößter steirischer Heimträger


ISBN 978-3-9501165-7-1

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