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TREFFPUNKT MATTHÄUS - Matthäus-Gemeinde Berlin-Steglitz

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Das <strong>Matthäus</strong>-Evangelium<br />

Die Lehre des Jesus Christus – aber auch Schlüsselworte für den Papst<br />

Autor und Herkunft<br />

Das Evangelium des <strong>Matthäus</strong> wurde<br />

etwa zwanzig Jahre nach dem Markus-<br />

Evangelium und dreißig Jahre nach<br />

den Paulusbriefen geschrieben. Traditionell<br />

ist es das erste Buch des Neuen<br />

Testaments. Ab dem zweiten Jahrhundert<br />

wurde über den Verfasser folgendes<br />

gelehrt: Er heiße <strong>Matthäus</strong>, er<br />

sei der Apostel und frühere Zöllner. Er<br />

habe sein Evangelium in einem hebräischen<br />

Dialekt verfasst, und es wurde<br />

für christusgläubige Juden geschrieben.<br />

Von Bibelwissenschaftlern der Neuzeit<br />

wird der Apostel <strong>Matthäus</strong> als Verfasser<br />

unter Berufung auf die Zweiquellentheorie<br />

(Markus und Redesammlung<br />

Q) bezweifelt. Ein Apostel als Augenzeuge<br />

würde kaum das Material eines<br />

Nicht-Apostels (Markus) verwenden.<br />

Der Verfasser des ersten Evangeliums<br />

lebte vermutlich in Syrien. Das Evangelium<br />

wurde in griechischer Sprache<br />

verfasst. Hebräische Versionen sind<br />

nicht bekannt.<br />

Quellen und Zielgruppe<br />

„<strong>Matthäus</strong>“ hat etwa die Hälfte seines<br />

Evangeliums von Markus übernommen,<br />

etwas mehr als ein Viertel<br />

stammt aus der Redesammlung Q. Dabei<br />

ist es sein Verdienst, dass er weite<br />

Teile der Lehre des Jesus erhalten hat,<br />

indem er sie in wörtlicher Rede und<br />

Gleichnissen aufgeschrieben hat. Fast<br />

ein Viertel des Evangeliums ist nur bei<br />

ihm zu finden. <strong>Matthäus</strong> schöpft dabei<br />

aus mündlichen Traditionen und wohl<br />

auch aus der eigenen Fantasie. Das<br />

<strong>Matthäus</strong>evangelium will Jesus von<br />

Nazareth als den Messias der alttestamentlichen<br />

Prophezeiungen darstellen.<br />

Das Alte Testament wird häufiger<br />

zitiert als in anderen Evangelien.<br />

Daher nimmt man an, dass sich das<br />

Evangelium an Judenchristen richtete.<br />

Das zeigt sich in der Verwendung von<br />

aramäischen Worten, in der Diskussion<br />

über das mosaische Gesetz oder an<br />

der Tatsache, dass das Buch mit einer<br />

jüdischen Ahnenreihe beginnt, nach<br />

der Jesus von Abraham und König David<br />

abstammt und einen Vater namens<br />

Josef hat.<br />

Das matthäische „Sondergut“<br />

Sowohl die Ahnenreihe als auch die<br />

wundersame, aber wirkungsvolle Kindheitsgeschichte<br />

sind eine Antwort auf<br />

die Frage der Zeitgenossen: Wo kommt<br />

Jesus denn her? – Eine Frage, die weder<br />

Paulus noch Markus befriedigend<br />

beantworten konnten. Die Geburtsgeschichte<br />

gilt heute als Legende, da<br />

sie in der Redesammlung Q und im<br />

ältesten Evangelium fehlt, sich zudem<br />

stark von der des Lukas unterscheidet<br />

und viele mythische Züge enthält.<br />

Dazu zählen die Ahnenreihe, die Geistzeugung<br />

und die Jungfrauengeburt,<br />

der Besuch von orientalischen Weisen,<br />

der Kindermord des Herodes und die<br />

Flucht nach Ägypten – allesamt Ereignisse,<br />

die sich nicht belegen lassen.<br />

Der Evangelist auf einer Ikone aus Palech<br />

Die Lehre des Jesus Christus<br />

Verglichen mit dem Markusevangelium,<br />

sind die erzählenden Abschnitte<br />

kurz. <strong>Matthäus</strong> legt den Schwerpunkt<br />

auf die Lehre und damit auf die Reden<br />

des Jesus. Jesus offenbart sich in fünf<br />

großen Reden vor den Jüngern und<br />

dem Volk, wobei die Bergpredigt die<br />

umfassendste ist. Die Bergpredigt<br />

ist die Verkündigung der Charta des<br />

kommenden Himmelsreiches. Immer<br />

wieder berichtet <strong>Matthäus</strong> vom Reich<br />

Gottes, in dem unter den Menschen<br />

die souveräne Herrschaft Gottes errichtet<br />

wird. Jesus Christus ist nicht nur<br />

der Messias, sondern er ist der Sohn<br />

des lebendigen Gottes – das betont<br />

<strong>Matthäus</strong> stärker als Markus – seine<br />

Lehre ist das neue Gesetz, welche<br />

das alte vollendet. Die Kirche ist die<br />

messianische <strong>Gemeinde</strong>. Sie bildet die<br />

Fortsetzung der <strong>Gemeinde</strong> des Alten<br />

Bundes, der eine universale Weite<br />

verliehen wurde: Gott gewährt allen<br />

Völkern Zugang zum Heil.<br />

Das Evangelium der Gerichtsdrohung<br />

<strong>Matthäus</strong> ist der Autor des Heulens<br />

und Zähneknirschens. Auffallend oft<br />

erwähnt er Gottes Gericht. In keinem<br />

anderen Evangelium wird annähernd<br />

Die Evangelien<br />

3<br />

so oft gedroht wie im ersten Evangelium,<br />

und Worte wie Gericht, Gerichtstag,<br />

Feuer und Finsternis als Orte der<br />

Strafe gehören zu seinem Vorzugsvokabular.<br />

Bei <strong>Matthäus</strong> tauft Jesus nicht<br />

mit Heiligem Geist, sondern „er wird<br />

euch mit dem Heiligen Geist und mit<br />

Feuer taufen.“ Es wird vermutet, dass<br />

insbesondere deshalb die junge christliche<br />

Kirche das Evangelium an die<br />

erste Stelle setzte. Mit Angst und Drohungen<br />

konnte die Kirche bis in die<br />

Neuzeit hinein <strong>Gemeinde</strong>n zusammen<br />

halten, solange man einen Weg wies,<br />

wie man selbst von dem angedrohten<br />

Feuer verschont blieb.<br />

Die Erfindung der Schlüsselgewalt<br />

für Simon Petrus<br />

Nach <strong>Matthäus</strong> beantwortete Jesus<br />

Simons Christusbekenntnis mit einer<br />

Zusage: „Du bist Petrus und auf diesen<br />

Felsen [griech. petra] werde ich meine<br />

Kirche [ecclesia] bauen und die Mächte<br />

[pulae, wörtlich Tore] der Unterwelt<br />

[hades] werden sie nicht überwältigen.<br />

Ich will dir den Schlüssel des Himmelreichs<br />

geben.“ (Mt. 16,18-19). Dieser<br />

Vers ist im NT einmalig. Umstritten<br />

ist, ob es sich um ein echtes Jesuswort<br />

handelt, woher die Ausdrücke stammen<br />

und was sie bedeuten. Simons<br />

Beiname Petrus bezeichnete wie das<br />

hebräisch-aramäische kefa in der<br />

Regel einen einzelnen Naturstein oder<br />

runden Kiesel, der nicht als Baugrund<br />

geeignet ist, petra dagegen einen einzelnen<br />

Felsen. Das Wortspiel mit dem<br />

Namen erklärt sich daher, das Petrus<br />

auf Griechisch Stein bedeutet und<br />

aramäisch kephas, die Bezeichnung,<br />

die Paulus für Simon verwendete –<br />

was Jesus aber nicht wissen konnte.<br />

Ecclesia (wörtlich: die Herausgerufene)<br />

meinte im klassischen Griechisch eine<br />

Bürgerversammlung. Die Lutherbibel<br />

übersetzt ecclesia mit „<strong>Gemeinde</strong>.“<br />

In der Septuaginta übersetzt es das<br />

hebräische kahal, das in Verbindung<br />

mit kyrios das erwählte Gottesvolk<br />

Israel bezeichnet. Bei <strong>Matthäus</strong> ist der<br />

Ausdruck auf die Jünger bezogen, die<br />

alle Nachkommen der Zwölf Stämme<br />

Israels vertreten. Da Jesus sie aussandte,<br />

um ganz Israel angesichts des<br />

nahen Reiches Gottes zur Umkehr zu<br />

rufen, repräsentierte der Zwölferkreis<br />

das palästinische Judentum. Das Wort<br />

ecclesia kommt in Jesu Worten nur an<br />

dieser Stelle bei <strong>Matthäus</strong> vor. Darauf<br />

aber begründet der Papst sein Amt.<br />

Michael Ames

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