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Zwanglos sozial engagiert - BruderhausDiakonie

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8<br />

TITELTHEMA <strong>Zwanglos</strong> <strong>sozial</strong> <strong>engagiert</strong><br />

Paul-Stefan Roß:<br />

Freiwillige gewinnt<br />

man nicht einfach<br />

so nebenbei<br />

Freiwilliges Engagement<br />

Ehrenamt statt Zivildienst?<br />

<strong>sozial</strong> • Ausgabe 4 | 2010<br />

Menschen, die sich freiwillig engagieren, gehören seit jeher zur <strong>sozial</strong>en<br />

Arbeit. Ob sie die Lücken füllen können, die der Zivildienst hinterlässt, sieht<br />

der Stuttgarter Professor Paul-Stefan Roß skeptisch.<br />

„Wenn der Wegfall des Zivildienstes dazu führen<br />

würde, die Anstrengungen fürs freiwillige Engagement<br />

zu erhöhen, wäre das sicherlich kein schlechter<br />

Effekt“, sagt Paul-Stefan Roß von der Dualen Hochschule<br />

Baden-Württemberg in Stuttgart. Der Professor<br />

kennt sich aus mit dem sogenannten freiwilligen<br />

<strong>sozial</strong>en Engagement: Bereits seit vielen Jahren<br />

untersucht er die Arbeit mit freiwillig Engagierten,<br />

unter anderem in der <strong>BruderhausDiakonie</strong>.<br />

Den Gedanken, die fehlenden Zivis durch Freiwillige<br />

ersetzen zu wollen, beurteilt er allerdings mehr als<br />

skeptisch. Zwar zeigten etwa die Untersuchungen<br />

in den Einrichtungen der <strong>BruderhausDiakonie</strong>, dass<br />

es durchaus gelingen kann, mit einer geplanten<br />

und guten Freiwilligenarbeit tatsächlich auch mehr<br />

Menschen zu gewinnen, die bereit sind, sich <strong>sozial</strong> zu<br />

engagieren. „Aber jetzt drauf zu schauen, ob man mit<br />

freiwilligem Engagement kompensieren kann, was<br />

mit dem Zivildienst wegfällt, finde ich schwierig – da<br />

werden Äpfel mit Birnen verglichen.“<br />

Denn die Zivildienstleistenden sind oft für Tätigkeiten<br />

eingesetzt worden, für die sich erfahrungsgemäß<br />

kaum Freiwillige gewinnen lassen – Hausmeistertätigkeiten<br />

etwa oder Fahrdienste. Und noch wichtiger:<br />

Der Zivildienst war keine freiwillige Angelegenheit,<br />

sondern ein staatlicher Zwangsdienst mit festen Regeln<br />

und genau festgelegter Dauer – wie bei einem<br />

Arbeitsverhältnis.<br />

Das hatte für die <strong>sozial</strong>en Einrichtungen den Vorteil,<br />

den Einsatz von Zivildienstleistenden einigermaßen<br />

zuverlässig planen zu können. Der Einsatz von Freiwilligen<br />

dagegen ist nicht so einfach planbar: Ein<br />

großer Teil der Menschen, die sich freiwillig engagieren,<br />

tut das ein paar Mal im Monat oder einmal<br />

pro Woche. Und viele Menschen beteiligen sich eher<br />

punktuell an einzelnen Aktionen. Freiwilliges Engagement,<br />

weiß Roß aus seinen Untersuchungen, ist zwar<br />

in der Regel zuverlässig. „Aber die Zeiträume, die vereinbart<br />

werden, sind einfach kürzer – das heißt: Eine<br />

Einrichtung kann die Freiwilligen nicht einfach fest<br />

einplanen.“<br />

Davon unterscheiden sich die organisierten Freiwilligendienste<br />

wie das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) oder<br />

das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) – und auch der<br />

künftige Bundesfreiwilligendienst – grundlegend. Sie<br />

bieten den <strong>sozial</strong>en Einrichtungen bessere Planbarkeit:<br />

In der Regel dauern sie ein Jahr. „Da weiß man<br />

halt: Wenn nichts Besonderes passiert, hat man einen<br />

Menschen für ein Jahr und in einem bestimmten<br />

Stundenumfang da.“<br />

Sie kosten aber auch mehr als der Einsatz von Ehrenamtlichen,<br />

die in der Regel unentgeltlich tätig sind –<br />

und vor allem sprechen sie andere Gruppen von<br />

Menschen an: Die organisierten Freiwilligendienste<br />

dienen oft der biografischen Orientierung. „So ein<br />

Dienst ist eine gewisse Lebensphase und ersetzt sozusagen<br />

eine Berufstätigkeit“, erläutert Paul-Stefan<br />

Roß. Das Ehrenamt oder freiwillige <strong>sozial</strong>e Engagement<br />

wird dagegen eher als Ausgleich und Ergänzung<br />

zum Beruf begriffen oder als Aufgabe nach dem<br />

Berufsleben.<br />

Eine wesentliche Erkenntnis aus den Untersuchungen,<br />

die der Professor bei der <strong>BruderhausDiakonie</strong><br />

angestellt hat, ist die: Um Freiwillige zu gewinnen,<br />

braucht es eine gute und professionelle Freiwilligenarbeit.<br />

Freiwillige gewinne man nicht „einfach so nebenbei“,<br />

hat Roß festgestellt. „Das ist eine Aufgabe,<br />

die eine eigene Fachlichkeit erfordert und auch einen<br />

gewissen Ressourcen-Einsatz – vor allem an Zeit<br />

seitens Hauptberuflicher.“ Denn Freiwillige schauen<br />

nach Roß’ Erkenntnis schon: Wo sind die Rahmenbedingungen<br />

gut? Wo erfahre ich eine gewisse Wertschätzung?<br />

Wo habe ich das Gefühl, ich laufe nur als<br />

eine Art Hilfsarbeiter mit?<br />

Konkurrenz zwischen den verschiedenen Feldern, in<br />

denen freiwilliges Engagement gefragt ist, befürchtet<br />

Roß allerdings nicht so sehr: Er habe die Erfahrung<br />

gemacht, dass unterschiedliche Aufgaben unterschiedliche<br />

Menschen ansprechen: „Das Engagement<br />

bei der Feuerwehr steht nicht unbedingt in direkter<br />

Konkurrenz zu der Betreuung eines psychisch<br />

Kranken.“ msk Z

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