Zwanglos sozial engagiert - BruderhausDiakonie
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4<br />
TITELTHEMA<br />
Rainer Hub vom<br />
Diakonischen<br />
Werk setzt auf<br />
den Ausbau des<br />
Freiwilligen<br />
Sozialen Jahrs<br />
<strong>Zwanglos</strong> <strong>sozial</strong> <strong>engagiert</strong><br />
Wegfall der Wehrpflicht und des Zivildiensts<br />
Freiwilligendienste ausbauen<br />
<strong>sozial</strong> • Ausgabe 4 | 2010<br />
Wenn kommendes Jahr die Wehrpflicht wegfällt, ist auch der Zivildienst Geschichte.<br />
Was das für die Träger <strong>sozial</strong>er Arbeit bedeutet und wodurch der Zivildienst ersetzt<br />
werden soll, darüber gibt Rainer Hub vom Bundesverband der Diakonie Auskunft.<br />
Y Der Wegfall der Wehrpflicht ist beschlossene<br />
Sache. Was wird dann aus dem Zivildienst?<br />
Die Konsequenzen für den Zivildienst sind ganz einfach:<br />
Alles, was für den Wehrdienst gilt, gilt auch für<br />
den Zivildienst – und wenn der Wehrdienst weg ist,<br />
ist der Zivildienst auch weg. Nachdem die Diskussion<br />
jetzt schon über zehn Jahre geht, ist man drauf vorbereitet,<br />
und die einen oder anderen Weichen sind<br />
gestellt. Das einzig Überraschende ist eigentlich, dass<br />
es plötzlich so schnell geht, obwohl sich keinerlei<br />
sachliche Veränderungen ergeben haben: Wehrungerechtigkeit<br />
haben wir seit vielen Jahren; dass das<br />
Bundesverfassungsgericht eine Schieflage anmahnt,<br />
ist auch nicht neu. Neu ist nur, dass CDU und CSU<br />
ihre Position überdacht haben.<br />
Y Die Diakonie hat wie alle anderen Sozialverbände<br />
über viele Jahre hinweg Zivildienstleistende beschäftigt.<br />
Haben Sie einen Überblick, wie viele das waren?<br />
Zunächst mal ist die Diakonie zusammen mit der Kirche<br />
der Sozialverband, der die meisten Zivis gehabt<br />
hat. Man kann davon ausgehen, dass immer etwa<br />
20 Prozent aller Zivildienstplätze in Deutschland<br />
evangelisch oder diakonisch waren. In den letzten<br />
Jahren wurden in Diakonie und evangelischer Kirche<br />
etwa 20 000 Zivildienstplätze angeboten. Ich betone<br />
die Plätze deswegen, weil natürlich nicht jeder Platz<br />
besetzt ist. Faktisch im Dienst waren die letzten Jahre<br />
immer so um die 13 000 Zivis.<br />
Y Welche Folgen hat der Wegfall des Zivildiensts für<br />
die Mitgliedseinrichtungen der Diakonie?<br />
Das ist aus jugend- und <strong>sozial</strong>politischen Gründen<br />
zwar bedauerlich, aber verkraftbar. Denn Zivis leisten<br />
Arbeiten, die zusätzlich erbracht werden, und erhöhen<br />
dadurch die Qualität. Die Grundversorgung der<br />
Menschen, die in den Einrichtungen der Diakonie<br />
leben oder betreut werden, wird nicht eingeschränkt.<br />
Man muss die Arbeitsfelder differenziert betrachten,<br />
um sagen zu können, welche Folgen das hat. Am<br />
deutlichsten wird es in der Altenhilfe, wo jeder denkt:<br />
Da bricht etwas zusammen, weil die Pflege ja ohnehin<br />
ein schwieriges Terrain ist. Aber genau da ist der<br />
Wegfall der Zivis gar nicht so existenziell. Denn bisher<br />
schon ist dort die überwiegende Zahl der Plätze<br />
gar nicht besetzt, weil das für die jungen Männer ein<br />
unattraktives Arbeitsfeld ist. Viel gravierender wird<br />
es in den Werkstätten für Behinderte, wo die jungen<br />
Männer gerne hingehen – und bei den ganzen Fahrdiensten,<br />
was zwar die Diakonie nicht so betrifft, aber<br />
etwa die Johanniter-Unfallhilfe und das Rote Kreuz.<br />
Y Welche Vorteile hat der Zivildienst gegenüber den<br />
bisherigen Freiwilligendiensten Freiwilliges Soziales<br />
oder Freiwilliges Ökologisches Jahr (FSJ/FÖJ)?<br />
Zumindest seit den 80er Jahren, seit der Zivildienst<br />
gesellschaftlich hoffähig ist, war das eben ein Programm,<br />
durch das man ohne Aufwand permanent<br />
Nachwuchs bekommen hat. Betriebswirtschaftlich<br />
war ein Vorteil, dass die Ausstattung zwar nicht gerade<br />
üppig war, aber im Vergleich zum FSJ und FÖJ einfach<br />
besser. Das hat sich aber in den letzten Jahren<br />
gewandelt, und zwar seitdem die Zivildienstzeit kürzer<br />
als ein Jahr geworden ist. Nach meiner Kenntnis<br />
nehmen die Einrichtungen jetzt lieber den betriebswirtschaftlich<br />
etwas intensiveren Freiwilligendienstler,<br />
der dann ein Jahr da ist und so eine Kontinuität<br />
der Aufgabenerledigung gewährleistet.<br />
Y Der Zivildienst gilt bei den <strong>sozial</strong>en Trägern auch<br />
als Mittel, junge Männer für <strong>sozial</strong>e Berufe zu gewinnen.<br />
Trifft das nach Ihrer Erfahrung zu?<br />
Das trifft schon zu. Es variiert ein bisschen zwischen<br />
den Jahrgängen, aber man kann über den Daumen<br />
gepeilt sagen: Vier bis sieben Prozent eines Zivijahrgangs<br />
bleiben im Sozialbereich hängen. Damit ist<br />
aber noch nicht gesagt, ob die sowieso vorhatten, im<br />
Sozialbereich beruflich tätig zu werden, oder ob sie<br />
durch den Zivildienst zu einer beruflichen Umorientierung<br />
gekommen sind.<br />
Y Lässt sich dieser Effekt nach dem Wegfall des Zivildiensts<br />
kompensieren – etwa, indem junge Männer