Zwanglos sozial engagiert - BruderhausDiakonie

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2 EDITORIAL Zwanglos sozial engagiert Liebe Leserinnen und Leser, Rainer Hub, Experte für Freiwilliges Engagement und Zivildienst beim Diakonischen Werk in Berlin, hat es unmissverständlich formuliert: Wenn der Wehrdienst weg ist, ist auch der Zivildienst weg, sagte Hub im Interview mit dem Magazin „Sozial“ auf Seite 4. Nach der Änderung des Wehrpflichtgesetzes im Bundestag steht einer Aussetzung des Wehrdienstes nichts mehr im Weg. Anstelle des Zivildienstes soll es ab 1. Juli 2011 einen Bundesfreiwilligendienst geben. Die Folgen für Einrichtungen und Dienste der Diakonie und der anderen großen Sozialverbände in Deutschland sind im Detail noch nicht abzusehen. Für sie sind die Zivildienstleistenden nicht nur eine wertvolle Hilfe im Pflege- und Betreuungsalltag. Der Zivildienst ist auch die wichtigste Plattform für die Gewinnung von männlichem Nachwuchs. Auf den Seiten 6 und 7 stellen wir Ihnen drei Männer vor, deren Lebensweg sich durch den Zivildienst komplett verändert hat. Um auch in Zukunft junge Männer für den sozialen Bereich zu begeistern, werden die Inhalt TITELTHEMA 3 Die Zivis werden uns fehlen 4 Freiwilligendienste ausbauen 6 Wie der Zivildienst Lebenswege verändern kann 8 Freiwilliges Engagement statt Zivildienst KOLUMNE 9 Lothar Bauer, Vorstandsvorsitzender BruderhausDiakonie: Orte für den Dienst an der Gemeinschaft erhalten AKTUELL 10 Integrationsunfähig oder ausgegrenzt? REGIONEN 11 Münsingen: sozial • Ausgabe 4 | 2010 Sozialverbände in punkto Freiwilligenwerbung neue Wege gehen müssen und auch gehen. Das Freiwillige Soziale Jahr wird an Bedeutung gewinnen, der Bundesfreiwilligendienst muss sich erst noch bewähren. Viel debattiert wurde in jüngerer Zeit auch über die umstrittenen Äußerungen von Thilo Sarrazin, die in Deutschland lebenden Muslime seien auch aufgrund ihres religiösen Hintergrundes nicht integrationswillig genug. Fachleute des Jugendmigrationsdienstes der BruderhausDiakonie machen in ihrer Arbeit andere Erfahrungen (Seite 10). Ein weiteres interessantes Thema finden Sie auf Seite 11. Als Novum in Baden-Württemberg bietet die Diakoniegesellschaft Münsinger Alb eine Ganztagesbetreuung für Menschen mit Demenz an. Wir wünschen Ihnen gewinnbringende Lektüre, ein friedliches Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr Ihre „Sozial“-Redaktion Ausweg für die Angehörigen 12 Pfullingen: Weiter Weg in die Selbstständigkeit 13 Friedrichshafen: Strahlende Augen und schöne Erlebnisse NACHRICHTEN 14 Aus der BruderhausDiakonie DIAKONISCHER IMPULS 16 Dekan Bernd Liebendörfer: Ein wichtiges Element im Sozialsystem Impressum ISSN 1861-1281 BruderhausDiakonie Stiftung Gustav Werner und Haus am Berg Ringelbachstraße 211, 72762 Reutlingen Telefon 07121 278-225, Telefax 07121 278-955 Mail redaktion@bruderhausdiakonie.de Herausgeber Pfarrer Lothar Bauer Vorstandsvorsitzender Redaktion Martin Schwilk (msk), Karin Waldner (kaw), Mitarbeiterin dieser Ausgabe Brigitte Geiselhart (bgh) Gestaltung und Satz Susanne Sonneck Druck und Versand Grafische Werkstätte der BruderhausDiakonie, Werkstatt für behinderte Menschen Erscheint vierteljährlich Fotonachweis Titelbild: Ronny Buck, Seite 3: Klaus-Peter Adler - Fotolia.com; Seite 13: bgh; Seite 15: Arburg; Seite 4/8/11/16: privat; Alle anderen: Archiv und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BruderhausDiakonie Spendenkonto Evangelische Kreditgenossenschaft Kassel, BLZ 520 604 10, Konto 4006
sozial • Ausgabe 4 | 2010 Zwanglos sozial engagiert TITELTHEMA Freiwilligendienste als Option Die Zivis werden uns fehlen Eine Ära geht zu Ende. Nach 50 wechselvollen Jahren. Erst musste man sich den Zivildienst als nachträglich etablierte Alternative zum Wehrdienst hart erkämpfen. Das war in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als junge Männer teilweise langwierige Verfahren bis zu ihrer Anerkennung durchstehen mussten. Später, ab den 80er Jahren, genügte eine schriftliche Willenserklärung mit überzeugend formulierter Begründung. Und noch später stand der Ersatzdienst gleichberechtigt neben dem Wehrdienst. In den letzten Jahren ist er gar zum Lerndienst aufgewertet worden. Und nun soll Schluss sein, mit der Wehrpflicht und dem daran gekoppelten Zivildienst. Aus und vorbei. Zwar nicht aus heiterem Himmel, schließlich wird seit Jahren über das Für und Wider einer Wehrpflicht diskutiert. Es war nur eine Frage der Zeit … Dass jetzt alles so schnell über die politische Bühne gehen soll, macht es den Hauptleidtragenden, den sozialen Trägern in Deutschland, aber nicht gerade leichter. Selbst wenn sie sich auf den Ernstfall vorbereitet haben. Denn allen berechtigten Diskussionen über die Freiheitsrechte von Menschen zum Trotz: Die Zivis werden fehlen. Nicht nur der Diakonie und den anderen großen Sozialverbänden in Deutschland, wo sie schmerzhafte Lücken hinterlassen. Sie werden auch den Menschen fehlen, für die sie sich engagiert haben: den vielen Kindern und Jugendlichen, denen sie ein männliches Rollenbild vermittelt haben. Den Menschen mit Behinderung, die in den Werkstätten vom handwerklichen Können und technischen Knowhow vieler Zivis profitiert haben. Und nicht zuletzt den alten und pflegebedürftigen Menschen, denen sie Zeit und Zuwendung gewidmet haben. Wenn der Zivildienst wegfällt, werde ein menschliches und soziales Plus in den Einrichtungen und der gesamten Gesellschaft fehlen, kritisierte die württembergische Diakonie die bevorstehenden Veränderungen. 1785 junge Männer leisteten im vergangenen Jahr ihren Zivildienst in der Diakonie Württemberg, davon über die Hälfte im Pflege- und Betreuungsbereich. Eine vollständige Kompensation dieser Arbeit werde nicht möglich sein, meinte der Leiter der Abteilung Freiwilliges Engagement und Zivildienst, Wolfgang Hinz-Rommel. In einem Positi- onspapier, mit dem die Diakonie in Württemberg auf die geplante Aussetzung des Wehrdienstes reagierte, heißt es: „Der Zivildienst ist derzeit der wichtigste Zugang für Männer in Sozialberufe.“ Nicht nur der Sozialbereich profitiere von den jungen Männern. Die jungen Männer profitierten auch von ihren Erfahrungen im Sozialbereich. Mit anderen Worten: Der Dienst am Menschen stärkt die Persönlichkeit. Das bestätigen viele ehemalige Zivildienstleistende. Unabhängig davon, ob der Zivildienst ihren beruflichen Weg bestimmt hat. Oder ob sie wichtige soziale Kompetenzen wie Menschlichkeit, Empathie und Rücksichtnahme erworben haben, die nicht nur in sozialen Unternehmen gefragt sind. Auch die Unternehmen in der freien Wirtschaft profitieren von diesen Kompetenzen. Nach Ansicht von Nikolaus Schneider, dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), müsse es ein neues Bewusstsein dafür geben, dass es wichtig sei, sich für andere einzusetzen. Ob der neue Bundesfreiwilligendienst, der zum 1. Juli 2011 den Zivildienst ablösen soll, das leisten kann, bleibt abzuwarten. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) jedenfalls ist zuversichtlich. Es gehe darum, eine neue Kultur des ehrenamtlichen Engagements zu fördern, sagte sie bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs. Die Jugendfreiwilligendienste der Länder, Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ), und der neue Bundesfreiwilligendienst sollten gleichberechtigt nebeneinander bestehen können. Soziale Träger wie die BruderhausDiakonie, die jährlich rund hundert Zivildienstleistende beschäftigt, bereiten sich derweil intensiv auf die geplanten Veränderungen vor. Damit sich auch junge Männer freiwillig engagieren, bietet die BruderhausDiakonie attraktive Einsatzplätze. Unabhängig davon, ob die Bundesregierung weitere Anreize schafft, will die BruderhausDiakonie noch gezielter auf junge Männer zugehen. Damit eine neue Ära beginnen kann. kaw Z + www.jung-und-sozial.de Ob sie sich auch freiwillig sozial engagieren, wenn es keine Pflicht mehr ist? 3
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