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Zwanglos sozial engagiert - BruderhausDiakonie

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12<br />

REGIONEN<br />

Auf dem Weg zur<br />

Selbstständigkeit<br />

braucht es Zeit<br />

und Geduld<br />

Pfullingen<br />

Weiter Weg in die Selbstständigkeit<br />

<strong>sozial</strong> • Ausgabe 4 | 2010<br />

In der Wohngemeinschaft Christofstraße in Pfullingen können bis zu acht junge<br />

Menschen mit psychischen Erkrankungen versorgt werden. Seit kurzem bieten<br />

die Sozialpsychiatrischen Hilfen vier weitere WG-Plätze und ein Unterstützungszentrum<br />

im Elisenweg an. Doch der Weg in die Selbstständigkeit ist weit.<br />

Dieses Mal kann fast nichts schief gehen. Alles ist<br />

sorgfältig geplant und vorbereitet. Außerdem ist er<br />

diesmal nicht allein. Das müsste doch mit dem Teufel<br />

zugehen, wenn … Nein, im Grunde genommen rechnet<br />

Sven P.* nicht mit einem Rückfall. Er fühlt sich<br />

stärker als damals, als er zum ersten Mal die Wohngemeinschaft<br />

in der Pfullinger Christofstraße verließ.<br />

Stärker und motivierter. Das liegt nicht nur an der <strong>engagiert</strong>en<br />

Unterstützung durch die <strong>BruderhausDiakonie</strong>,<br />

an den regelmäßigen Gesprächsterminen in<br />

der Drogenberatungsstelle und an der fachärztlichen<br />

Behandlung. Das liegt auch an einer jungen Frau aus<br />

der Wohngemeinschaft. Gemeinsam mit ihr wagt<br />

der inzwischen 28-Jährige zum zweiten Mal den<br />

Aufbruch aus dem stationären Schutzraum in eine<br />

kleine, ambulant betreute Zwei-Zimmer-Wohnung in<br />

Pfullingen.<br />

„Das ist ein<br />

großer Schritt<br />

zu mehr<br />

Selbstständigkeit“,<br />

findet<br />

Jürgen Leboch,<br />

Bereichsleiter<br />

bei den Sozialpsychiatrischen<br />

Hilfen<br />

der <strong>BruderhausDiakonie</strong>,<br />

und nickt den<br />

beiden anerkennend zu. Soeben haben Sven P. und<br />

Sandra K.* von ihren Umzugsvorbeitungen berichtet.<br />

Es ist Mittwochabend, im Gemeinschaftsraum der<br />

WG findet wie alle 14 Tage die Hausversammlung<br />

statt. „Heute geht’s mir ganz gut“, sagt Sandra K.<br />

„Wir haben einiges hingekriegt. Schränke geputzt<br />

und ausgemistet.“ Sie lächelt sogar ein wenig. Als<br />

17-Jährige war sie an einer Psychose erkrankt. Seit<br />

drei Jahren wird sie von der <strong>BruderhausDiakonie</strong><br />

versorgt. „Ich bin in dieser Zeit psychisch stabiler<br />

geworden“, meint die 26-Jährige. Immerhin so stabil,<br />

dass sie täglich sechs Stunden in der Werkstatt für<br />

psychisch kranke Menschen (WfbM) in Reutlingen arbeitet.<br />

Sven P. ist halbtags im Büroservice der WfbM<br />

beschäftigt. Auch er war mit 17 an einer Psychose<br />

erkrankt, die durch übermäßigen Drogenkonsum<br />

ausgelöst worden war. Seit sie ein Paar sind, unterstützen<br />

sich die jungen Leute gegenseitig. Zu den<br />

Eltern und Geschwistern haben sie gute Beziehungen<br />

bewahrt.<br />

Soviel Glück hat nicht jeder. Jörg S.*, der seit fünf Jahren<br />

in der WG Christofstraße lebt, erzählt eine ganz<br />

andere Geschichte. Aufgewachsen in einem kriminellen<br />

Milieu, zeitweise als Heimkind, sei er bereits als<br />

Siebenjähriger psychisch auffällig gewesen. Mit 16<br />

wurde er zum ersten Mal in eine psychiatrische Klinik<br />

eingewiesen. Die Diagnose: Persönlichkeitsstörung,<br />

emotional instabil, impulsiv und aggressiv. Jörg S.<br />

nahm Drogen, trank Alkohol, saß wegen schweren<br />

Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung im<br />

Gefängnis. Durch die Unterstützung der Sozialpsychiatrischen<br />

Hilfen ging es endlich aufwärts. „Ich hab<br />

hier viel gelernt“, meint der 29-Jährige, „und raste<br />

nicht mehr so schnell aus.“ Nur mit der Verlässlichkeit<br />

hapert es noch: Häufig bleibt Jörg S. morgens im<br />

Bett liegen, statt zur Arbeit zu gehen.<br />

„Um Fortschritte machen zu können, braucht es viel<br />

Zeit“, weiß Jürgen Leboch. Wer noch nicht arbeiten<br />

oder eine Ausbildung machen kann, muss in der<br />

Tagesstruktur innerhalb des Hauses unter anderem<br />

hauswirtschaftliche Tätigkeiten übernehmen und<br />

sich mit dem Thema Alltagsplanung und -bewältigung<br />

beschäftigen. Darüber hinaus gibt es Angebote<br />

sportlicher und musischer Art, teilweise von freiwillig<br />

<strong>sozial</strong> <strong>engagiert</strong>en Mitbürgern. Für Jürgen Leboch ist<br />

es eine zentrale Aufgabe, psychisch kranken jungen<br />

Menschen Halt und Orientierung zu geben und sie<br />

so zu stärken, dass sie ihr Leben weitgehend alleine<br />

meistern können. Ein fernes, aber kein unerreichbares<br />

Ziel. Sven P. und Sandra K. sind auf dem besten Weg<br />

dorthin. kaw Z<br />

* Namen von der Redaktion geändert

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