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Berlin - Edition dibue

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Galeriebericht<br />

Von Mauern und<br />

Menschen.<br />

Über den Bau der Mauer vor 50 Jahren<br />

ist in den letzten Wochen viel berichtet<br />

worden. Klar, dass die Fotografie<br />

das herausragende Medium ist, um die<br />

gewaltsame Teilung Deutschlands im<br />

kollektiven Gedächtnis zu bewahren.<br />

Film und Fernsehen sind zu flüchtig. Es<br />

ist der dramatische Moment, im Foto<br />

festgehalten, der sich einprägt.<br />

© Norbert Bunge, »Mauer«, 1962<br />

Im Vorfeld des Gedenktages versammelte<br />

Norbert Bunge in seiner Galerie<br />

argus fotokunst die Zeugnisse von<br />

12 Fotografen, die ihm nahestehen, mit<br />

eigener Beteiligung. Hans W. Mende<br />

zeigte bei Aedes am Pfefferberg sein<br />

»Grenzarchiv West-<strong>Berlin</strong>« vom Winter<br />

1978/79, weite leere Räume einer fast<br />

ausgestorbenen Stadtlandschaft (im<br />

Druck erschienen bei Peperoni Books<br />

2010). Ein unermüdlicher Chronist über<br />

2 Jahrzehnte war Karl-Ludwig Lange.<br />

Seine „Topographie der <strong>Berlin</strong>er Mauer“<br />

war zuletzt im Elisabeth-Lüders-Haus<br />

des Deutschen Bundestags zu sehen.<br />

Thomas Hoepker und viele andere<br />

fingen Alltagsleben und Kinderspiel im<br />

Schatten des »Bollwerks für den Frieden«<br />

ein.<br />

40 brennpunkt 4/2011<br />

Nur wenige Bilder gibt es von der anderen,<br />

der östlichen Seite der Grenzanlagen,<br />

wegen des breiten Sperrgürtels.<br />

Für Kleinmachnow hat Georg Heinze<br />

die Zeit im Hinterland dokumentiert,<br />

»beschützt und eingesperrt«, zu sehen<br />

im dortigen Rathaus. Aus der »Exklave«<br />

Kleinglienicke sind bis Oktober im<br />

Schloss Glienicke spannende Bilder zu<br />

entdecken, die vor allem von den DDR-<br />

Genzern stammen. Auch bis Oktober:<br />

Unter den Linden 40 eine aufwendige<br />

Schau mit 300 Panoramen in tristem<br />

Grau, unter dem Titel »Aus anderer<br />

Sicht«, von Arwed Messmer geschickt<br />

zusammengefügt aus der fotografischen<br />

Bestandsaufnahme der DDR-Grenzsoldaten<br />

von 1965/66. Messmer hatte das<br />

einst streng geheime Material in den<br />

Neunzigern in einem Militärarchiv entdeckt.<br />

Aus den Protokollen der Grenzbehörden<br />

hat Annett Gröschner den<br />

Bildern Textfragmente zugeordnet, die<br />

gerade in ihrer Banalität bezeichnend<br />

sind für den Alltag an der Mauer.<br />

Für die Besucher West-<strong>Berlin</strong>s war ja<br />

»The Wall« eine touristische Attraktion,<br />

die der Stadt auch den Spitznamen<br />

»Spray-Athen« eingebracht hat. Ähnlich<br />

locker geht die <strong>Berlin</strong>er Fotografin Ruth<br />

Westerwelle mit dem Thema um.<br />

Sie reimt in der Fotogalerie Friedrichshain<br />

fröhlich: »Nicht von Dauer war die<br />

Mauer«. Immerhin hat die Deutschland<br />

28 Jahre lang zerrissen, und die Folgen<br />

machen uns bis heute zu schaffen.<br />

Westerwelle hat ihre schwarzweißen<br />

Ansichten meist paarweise auf große<br />

Bögen drucken lassen, technisch unbefriedigend,<br />

und hat auch mal Ansichten<br />

vom selben Standpunkt gegenübergestellt,<br />

mit zeitlichem Abstand. In ihrem<br />

»<strong>Berlin</strong>er Fotosalon« gibt sie ihre Erfahrungen<br />

weiter.<br />

© Günter Bersch, »Kasernengelände Hillersleben«,<br />

Sachsen-Anhalt, 1992<br />

Der Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />

nimmt das Gedenken an den Mauerbau<br />

zum Anlass, die meist grell farbigen<br />

kraftvollen Ölbilder von Johannes<br />

Heisig unter dem Titel »Übergänge« zu<br />

vereinen mit Fotos von Günter Bersch,<br />

der Heisig in seinem bunten Atelier<br />

etwas snobistisch in müden Grautönen<br />

abgelichtet hat (»Johannespassion«).<br />

Eindringlicher ist Berschs Fotoreportage<br />

vom Abzug der Russen aus ihren Kasernen<br />

um 1992. Die ernsten Gesichter<br />

der jungen Männer und Frauen erzählen<br />

von leiser Trauer und großer Skepsis,<br />

was ihre Zukunft in der Heimat betrifft.<br />

Die Ausstellung läuft noch bis zum 16.<br />

Oktober (Ausweis erforderlich).<br />

c/o <strong>Berlin</strong>, noch im Postfuhramt, ließ<br />

uns nach so viel Mauer über deren Rand<br />

gucken, bis nach Amerika, mit den spektakulären<br />

Inszenierungen von Gregory<br />

Crewdson: »In a Lonely Place«. Diese<br />

großformatigen Tableaus sprengen die<br />

Vorstellung von Fotografie. Es sind eher<br />

fiktive Film-Sets, aus der amerikanischen<br />

Provinz, hyperrealistische und<br />

damit albtraumhaft unheimliche Szenerien,<br />

die jeweils mit einem Staff von<br />

30 Mitarbeitern in tagelanger Arbeit kreiert<br />

wurden. Vor allem mit dem Licht<br />

zaubern Crewdson und seine Mannen<br />

die Atmosphäre, überall im Areal sind<br />

seine Quellen verborgen und penibel<br />

ausgerichtet. Crewdson sagt: »I want to<br />

construct a perfect world« und gesteht,<br />

dass die aus dem Chaos seines Lebens<br />

kommt, aus der neurotischen Energie,<br />

die ihn antreibt. Er erforscht und realisiert<br />

die Spannung zwischen Fiktion und<br />

scheinbarer Wirklichkeit, mit der wir ja<br />

heute alle konfrontiert sind im Medienzeitalter,<br />

mit Cyberspace und Second<br />

World. Die Menschen sind wie Spielfiguren<br />

aufgestellt und doch auf gespenstische<br />

Weise lebendig und handlungsfähig.<br />

Crewdson verheimlicht gern neugierigen<br />

Reportern seine Aufnahmetechnik.<br />

Sie ist analog, mit einer Großformatkamera,<br />

weil er nur eine technisch<br />

relativ unbestechliche Methode<br />

für geeignet hält, traumatische Abläufe<br />

glaubwürdig darzustellen.<br />

Es gab weitere Bildmeldungen aus den<br />

Staaten, so von Werner Amann (Jahrgang<br />

69) in der Robert-Morat-Galerie. Er<br />

behauptet in oft schrecklichen Farben<br />

eine romantische Wahrnehmung, die<br />

man ihm nicht abnehmen will.

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