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Berlin - Edition dibue

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Galerien<br />

Efraim Habermann<br />

«<strong>Berlin</strong>er Stilleben«<br />

Efraim Habermann, der mit seiner Familie<br />

dem nationalsozialistischen Terror<br />

nur knapp entkam, hat sich <strong>Berlin</strong> in<br />

den Jahren nach seiner Rückkehr mit<br />

der Kamera »zurückerobert«. Dabei war<br />

sein Blick auf die Stadt und ihre Menschen<br />

weder von Ressentiments noch<br />

von Sentimentalität geprägt. Ihn interessierte<br />

nicht das dokumentarische<br />

Abbild, sondern die ästhetische Komposition<br />

im Zusammenspiel von Stadt und<br />

Mensch. So entstanden Fotografien von<br />

großer formaler Strenge, Zurückhaltung<br />

und Stille. In seiner Arbeit gibt es keinen<br />

Zufall, alles ist arrangiert, zusammengehalten<br />

von einer durchdringenden<br />

Poesie. Kurz vor seinem 80. Geburtstag<br />

zieht ein Grandseigneur der <strong>Berlin</strong>er<br />

Fotografie die Bilanz seines Schaffens.Drei<br />

große Themen bestimmen<br />

Efraim Habermanns Werk. Da ist zum<br />

einen das Porträt, bei dem die Serie<br />

»Frau im Bild« eine besondere Stellung<br />

einnimmt. Über viele Jahre hat<br />

er <strong>Berlin</strong>er Museen besucht und dort<br />

zufällig getroffene Besucherinnen vor<br />

den Bildern alter Meister fotografiert.<br />

Dabei interessiert Habermann nicht<br />

das reine Porträt, die bloße Abbildung<br />

der Person, sondern immer das Zusammenspiel<br />

von Mensch und Hintergrund,<br />

hier dem gemalten Bild. Zum anderen<br />

greift Efraim Habermann mit seinen<br />

fotografischen Stillleben oder »Fensterbildern«<br />

eine Jahrhunderte alte Gattung<br />

der Malerei auf. Wenige Gegenstände,<br />

etwa eine frische Rose in einem verbeulten<br />

Blechtopf vor einer verwitterten<br />

Wand, genügen ihm, um eine meditative<br />

und zugleich poetische Stimmung<br />

zu erzeugen, die durch die vielen Graustufen<br />

seiner Schwarzweiss-Fotografie<br />

und die hohe Körnigkeit des benutzten<br />

Filmmaterials noch verstärkt wird. »Ich<br />

bin ein Realromantiker. Die Welt hat<br />

so viele Dinge überall, man muss sie<br />

nur phantasievoll sehen können«, sagt<br />

Efraim Habermann.In der Fotografie von<br />

Städten, insbesondere von <strong>Berlin</strong> und<br />

Venedig, entfaltet Efraim Habermann<br />

seine Meisterschaft. <strong>Berlin</strong> bezeichnet<br />

er als seine »optische Heimat«.<br />

38 brennpunkt 4/2011<br />

© Efraim Habermann, »Bauhaus-Archiv«, 1985<br />

Bereits seine frühen <strong>Berlin</strong>er Ansichten<br />

zeigen das für Efraim Habermann<br />

Wesentliche. Er will mit seiner<br />

Fotografie nicht dokumentieren oder<br />

gar Bezüge herstellen zum aktuellen<br />

Geschehen, auch meidet er meistens<br />

die architektonischen Ikonen <strong>Berlin</strong>s<br />

wie das Brandenburger Tor, den<br />

Funkturm, die Gedächtniskirche oder<br />

den Reichstag. Er sucht seine Motive<br />

eher abseits und wählt Perspektive<br />

und Ausschnitt so, dass der Betrachter<br />

den genauen Standort des Fotografen<br />

nur vermuten kann. Und so entdeckt<br />

Efraim Habermann eher das Phänotypische<br />

einer Stadt, also Elemente, die<br />

nicht nur für diese eine, sondern für<br />

Stadtlandschaft im Allgemeinen stehen.<br />

Das hat ihm sogar den Vorwurf eingebracht,<br />

seine Fotografien könnten<br />

»überall aufgenommen worden sein«.<br />

Aber: ist nicht der künstlerische Ausdruck<br />

einer Fotografie dann am intensivsten,<br />

wenn sie im Gegenstand das<br />

ihm eigene Wesen, sein individuelles<br />

Gesicht erfasst? Letzteres gelingt Efraim<br />

Habermann, wenn er den Schatten einer<br />

Wäschestange, gekreuzt auf eine Brandmauer<br />

projiziert, mittels Helldunkel-<br />

Wirkungen ablichtet und so ein symbolhaftes<br />

Bild für eine <strong>Berlin</strong>er Lebenssituation<br />

findet. »Er gelangt«, wie Prof. Dr.<br />

Ulrich Eckhardt im Katalog zu Habermanns<br />

fünfundsechszigsten Geburts-<br />

tag schreibt »vom Abbild zum Sinnbild«.<br />

Anlässlich der Buchveröffentlichung<br />

zeigt die Kommunale Galerie<br />

<strong>Berlin</strong> vom 9. Oktober bis zum 4.<br />

Dezember 2011 alle im Buch abgebildeten<br />

Fotografien Efraim Habermanns.<br />

Manfred Carpentier<br />

Efraim Habermann: »<strong>Berlin</strong>er Stilleben«<br />

Fotografien 1975–2000<br />

Herausgegeben von Manfred Carpentier<br />

und Mathias Bertram<br />

Lehmstedt Verlag, Leipzig 2011,<br />

136 Seiten mit 66 ganzseitigen<br />

Duotone-Abbildungen<br />

24 x 21 cm, Festeinband,<br />

Schutzumschlag, Fadenheftung<br />

ISBN 978-3-942473-13-2<br />

24,90 Euro (D), 25,90 Euro (A), 43,90 sFr<br />

9. Oktober bis 4. Dezember 2011<br />

Kommunale Galerie <strong>Berlin</strong><br />

Hohenzollerndamm 176<br />

10713 <strong>Berlin</strong>-Wilmersdorf<br />

Di–Fr 10 – 17 Uhr<br />

Mi 10 – 19 Uhr<br />

So 11 – 17 Uhr<br />

Eintritt frei

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