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Berlin - Edition dibue

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ennpunkt<br />

4/2011 4,00 Euro Magazin für Fotografie<br />

Oktober bis Dezember 2011<br />

Galerien • Buchbesprechungen • Fotoszene<br />

Portfolio Ulrich Burchert


2 brennpunkt 4/2011<br />

FÜR ORIGINALE<br />

„Ich fotografiere für den Fine Art Druck. Erst die Kombination von hochwertigen traditionellen<br />

Büttenpapieren und modernster Drucktechnik bringt die sinnliche Qualität meiner Bilder optimal<br />

zur Geltung.“ Manfred Kriegelstein Die Digital FineArt Collection bietet exklusive Künstlerpapiere<br />

mit edler Haptik und bestechender Optik für den Inkjetdruck. Brillante Schwarz-Weiß-Aufnahmen<br />

oder subtile Farbfotografie werden dank unserer feinen Papiere der Individualität Ihrer Kunstwerke<br />

mehr als gerecht. Mehr Papierkunst unter www.hahnemuehle.de<br />

P A P I E R E M I T M U S E U M S Q U A L I T Ä T, A L T E R U N G S B E S T Ä N D I G U N D M E H R F A C H P R Ä M I E R T .


Impressum:<br />

brennpunkt<br />

Magazin für Fotografie<br />

Erscheint vierteljährlich,<br />

erhältlich in Fotogalerien,<br />

Geschäften, Buchhandlungen<br />

und über Abonnement.<br />

Jahresabo 13,50 Euro<br />

Einzelpreis 4,00 Euro<br />

Konten:<br />

Postbank <strong>Berlin</strong><br />

Konto-Nr. 3751 06-104<br />

BLZ 100 100 10<br />

Redaktionsschluss:<br />

jeweils am 10. vor dem Erscheinungsmonat<br />

Herausgeber:<br />

edition buehrer<br />

c/o Dietmar Bührer<br />

Odenwaldstraße 26<br />

12161 <strong>Berlin</strong><br />

Telefon u. Telefax: (0 30) 8 53 35 27<br />

e-Mail: buehrer-berlin@t-online.de<br />

Internet: www.edition-buehrer.de<br />

Copyright bei <strong>Edition</strong><br />

Druck:<br />

schöne drucksachen<br />

Bessemerstraße 76a, 12103 <strong>Berlin</strong><br />

ISSN 0932-7231<br />

Redaktion:<br />

Dietmar Bührer V.i.S.d.P.<br />

Michael Gebur<br />

Klaus Rabien<br />

Manfred Kriegelstein<br />

Hinweis:<br />

Für unverlangt eingesandte<br />

Manuskripte und Fotografien<br />

wird keine Haftung übernommen.<br />

Center for Creative Photography, University of<br />

Arizona: W. Eugene Smith Archive / Gift of the<br />

artist © The Heirs of W. Eugene Smith, courtesy<br />

Black Star, Inc., New York<br />

Galerien<br />

� Jürgen Schadeberg »80 Jahre Leben – 62 Jahre Fotograf« ................................................... 5<br />

� Mario Giacomelli »Orte, Landschaften, Seelenzustände« ................................................... 6<br />

� Sibylle Bergemanns Jahre mit dem Theater RambaZamba .................................................. 7<br />

� Anja Niedringhaus »At War« .............................................................................................. 8<br />

� unheimlich vertraut . Bilder vom Terror ............................................................................... 9<br />

� W. Eugene Smith »Fotografien. Eine Retrospektive« ............................................................. 10<br />

� Friedrich Seidenstücker »Von Nilpferden und anderen Menschen« ...................................... 12<br />

� Eva Besnyö »Budapest–<strong>Berlin</strong>–Amsterdam« ......................................................................... 14<br />

� Nora Schattauer »Optische Mitte« ....................................................................................... 15<br />

� STEVE SCHAPIRO »Photographien« .................................................................................... 16<br />

� STEFANIE KETZSCHER »Umgehung und Sonnenwende« .................................................... 17<br />

� André Kirchner, Jörg Schmiedekind »<strong>Berlin</strong> Mitte...« ............................................................ 18<br />

� Jörg Schmiedekind »Frontalansichten« ................................................................................. 19<br />

� Michael Gebur, Ulrich Meyer »Leben am Mekong« ............................................................. 20<br />

� Bofinger, Lauenroth, Gülck, Dazi, Kruse, Hüning, Muenzner ............................................ 21<br />

� Fred Hüning »persönlich« .................................................................................................... 22<br />

� Andreas David »Moment« ................................................................................................... 22<br />

� Sibylle Bergemann »Die Polaroids« ...................................................................................... 23<br />

� Birgit Krause »Unwillkürliche Erinnerungen« ....................................................................... 24<br />

� Oona Eberle »What Do We Know« ..................................................................................... 25<br />

� SURRAU PHOTO WIN 2010 ............................................................................................... 26<br />

� Siegfried Utzig »Spree-Veduten« ......................................................................................... 27<br />

� Fotosammlung Arthur de Ganay .......................................................................................... 28<br />

� Erik van der Haas »Das Chaos und die Schöne« .................................................................. 29<br />

� Helmut Baumann »Aus dem Rahmen gefallen« ................................................................... 29<br />

� Ursula Kelm »Vergänglichkeit der Zeit« ................................................................................ 30<br />

� Abschlussarbeiten der Fotoklasse 27 .................................................................................... 32<br />

� DAWID RRR ....................................................................................................................... 33<br />

� Matthew Pillsbury »Photographs« ........................................................................................ 34<br />

� Susan Burnstine »WITHIN SHADOWS« .............................................................................. 35<br />

� Wohlt, Jacob, Graichen »Holga Visionen« ........................................................................... 36<br />

� Jörg Rubbert »<strong>Berlin</strong> – Bilder einer zerrissenen Stadt« .......................................................... 37<br />

� Efraim Habermann »<strong>Berlin</strong>er Stilleben« ................................................................................ 38<br />

Galeriebesprechungen<br />

� Von Mauern und Menschen. (Klaus Rabien) ....................................................................... 40<br />

Ausstellungen in <strong>Berlin</strong> ............................................................................................................. 47<br />

Ausstellungen<br />

� Henri Cartier-Bresson »Die Geometrie des Augenblicks« .................................................... 48<br />

� Henning Stegmüller »Bombay-Mumbei–Bilder einer Meg-Stadt« ......................................... 49<br />

� Layla Zami »Lichtspuren« .................................................................................................... 50<br />

Fotoszene<br />

� Sofortbilder – Ursula Kelm ................................................................................................... 44<br />

� 10 Jahre Autocenter ............................................................................................................. 45<br />

� Ansel Adams – Kalender 2012 ............................................................................................. 46<br />

� Die (In-)Diskretion des Auslösers (Manfred Kriegelstein) ..................................................... 64<br />

Portfolio<br />

� Ulrich Burchert .................................................................................................................... 52<br />

Buchbesprechungen<br />

� Frankfurt – New York von Torsten Andreas Hoffmann ........................................................ 43<br />

� Porträts retuschieren mit Photoshop ................................................................................... 65<br />

� Die große Fotoschule .......................................................................................................... 65<br />

� HDR Fotografie .................................................................................................................. 65<br />

Vorschau 1-2012 ...................................................................................................................... 66<br />

brennpunkt 4/2011<br />

3


Jürgen Schadeberg<br />

»80 Jahre Leben –<br />

62 Jahre Fotograf«<br />

»Die Stärke der Fotografie ist, das zu<br />

zeigen, was wir noch nicht gesehen<br />

haben«.<br />

Jürgen Schadeberg<br />

Der Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />

e.V. widmet dem <strong>Berlin</strong>er Fotografen<br />

Jürgen Schadeberg anlässlich seines 80.<br />

Geburtstages eine große Einzelausstellung<br />

mit zahlreichen Fotografien, die in<br />

<strong>Berlin</strong> noch nie zu sehen waren. Einblicke<br />

gibt es in seine sowohl in <strong>Berlin</strong>,<br />

London, Paris, als auch in Südafrika entstandenen<br />

fotografischen Arbeiten.<br />

Berühmt wurde er in den frühen<br />

Fünfzigerjahren als Cheffotograf und<br />

Bildredakteur des Magazins Drum,<br />

der ersten Illustrierten für Schwarze<br />

von Schwarzen in Südafrika. Als erster<br />

weißer Fotograf dokumentiert er die<br />

Lebens- und Arbeitsbedingungen der<br />

schwarzen Bevölkerung und wird<br />

dabei zu einem der wichtigsten<br />

Chronisten der Unterdrückung und<br />

des Befreiungskampfes. Zahlreiche<br />

seiner Fotografien, z.B. von der<br />

Zwangsräumung und dem Abriss<br />

Sophiatowns und der Beerdigung der<br />

Opfer des Sharpeville-Massakers sind<br />

in die Geschichte eingegangen.<br />

Er porträtiert den jungen Rechtsanwalt<br />

und ANC-Kämpfer Nelson Mandela<br />

ebenso wie die damals nur unter<br />

Schwarzen bekannte Sängerin Miriam<br />

Makeba. Er taucht in das pulsierende<br />

Nachtleben der schwarzen townships<br />

ein, dokumentiert deren lebhafte Musik,-<br />

Tanz- und Kneipenszene.<br />

Als Drum 1964 verboten wird, verlässt<br />

Schadeberg das Land und fotografiert<br />

mit seiner Leica die nächsten Jahrzehnte<br />

in Europa und den USA Menschen und<br />

ihren Alltag u.a. für die Magazine Time<br />

Life und Stern. 1985 kehrt Schadeberg<br />

nach Südafrika zurück und schiesst 1994<br />

erneut ein Bild, das um die Welt ging:<br />

Nelson Mandela, der erste schwarze<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

© Jürgen Schadeberg, Nelson Mandela beim Besuch der ehemaligen Gefängniszelle auf Robben Island - in<br />

der er 18 der 27 Jahre seiner Haft verbüßte - vier Jahre nach seiner Haftentlassung – im Jahr 1994, jenem Jahr,<br />

in dem er Präsident Südafrikas wurde.<br />

© Jürgen Schadeberg, »Waiting for the Truck«,<br />

Sophiatown, 1959<br />

Präsident Südafrikas, am Fenster seiner<br />

früheren Zelle auf Robben Island.<br />

Seit 2011 lebt Jürgen Schadeberg mit<br />

seiner Frau Claudia wieder in seiner<br />

Geburtsstadt <strong>Berlin</strong>.<br />

Katalog zur Ausstellung: Jürgen<br />

Schadeberg, Hrsg. Ralf-P. Seippel, Hatje<br />

Cantz Verlag,<br />

ISBN 978-3-7757-2150-9, 58,00 Euro�<br />

© Jürgen Schadeberg, »Mick Jagger«, 1966<br />

Vernissage: 25. Oktober 2011,<br />

um 19.30 Uhr<br />

26. Oktober 2011 bis 15. Januar 2012<br />

Willy-Brandt-Haus<br />

Stresemannstraße 28<br />

10963 <strong>Berlin</strong>-Kreuzberg<br />

Di – So 12 – 18 Uhr<br />

Eintritt frei, Ausweis erforderlich<br />

5


Galerien<br />

Mario Giacomelli<br />

(1925 – 2000)<br />

»Orte, Landschaften,<br />

Seelenzustände«<br />

Eine Fotoausstellung aus der Sammlung<br />

der Stadt Lonato del Garda<br />

Dem Freundeskreis Willy-Brandt-<br />

Haus e.V. und dem Italienischen Kulturinstitut<br />

<strong>Berlin</strong> ist es gelungen,<br />

einhundert Originalfotografien von<br />

Mario Giacomelli aus der Zeit zwischen<br />

1952 und 1980 von der<br />

Stadt Lonato auszuleihen, um sie dem<br />

<strong>Berlin</strong>er Publikum erstmalig vorstellen<br />

zu können.<br />

Der im Jahr 2000 im Alter von 75 Jahren<br />

verstorbene Italiener Mario Giacomelli<br />

ist einer der bekanntesten Künstler in<br />

der Geschichte der Fotografie des 20.<br />

Jahrhunderts. Sein außergewöhnliches<br />

Werk hat sehr früh Anerkennung gefunden.<br />

1925 in Senigallia (Ancona) geboren,<br />

begann er Anfang der 1950er Jahre<br />

zu fotografieren. Bereits 1964 verhalf<br />

ihm eine umfangreiche Ausstellung im<br />

Museum of Modern Art in New York zu<br />

internationalem Ruhm. Heute befinden<br />

sich seine Bilder in den Sammlungen<br />

der größten Museen der Welt.<br />

Seine Arbeiten fasste Giacomelli bevorzugt<br />

in Serien zusammen. Die zwischen<br />

1961 und 1963 entstandenen Fotografien<br />

über junge Priester gingen in die<br />

Fotogeschichte ein. Neben diesen<br />

werden in der Ausstellung Aufnahmen<br />

aus Scanno, dem Dorf in den Abruzzen,<br />

das schon Cartier-Bresson faszinierte<br />

zu sehen sein; mit La buona terra ein<br />

Bildessay über das Leben der Landarbeiter,<br />

außerdem perspektivisch ungewöhnliche<br />

Landschaftsaufnahmen und<br />

die berührende Serie aus dem Hospiz<br />

in Senigallia.<br />

Die Auswahl der Fotografien beinhaltet<br />

alle Themen, die Giacomellis Arbeit<br />

geprägt haben: Italien, die Landschaft<br />

und das Land, menschliches Schicksal,<br />

Alter und Vergänglichkeit, aber auch<br />

Hoffnung und Liebe.<br />

Giacomellis Fotografien bewegen sich<br />

zwischen realistischen dokumentarischen<br />

6 brennpunkt 4/2011<br />

© Mario Giacomelli, »Scanno, Bilder aus dem Dorf«, 1957-1959<br />

© Mario Giacomelli, »aus der Priesterserie«, 1961-1963<br />

Aufnahmen und surrealistisch anmutenden<br />

Bildern. Sie lassen eine sehr eigenständige,<br />

betont grafische Bildsprache<br />

erkennen, mit der er für die Fotografie<br />

der Jahrhundertmitte neue Impulse<br />

setzte.<br />

Die ausgestellten Arbeiten sind Leihgaben<br />

aus der Sammlung der Stadt Lonato<br />

del Garda.<br />

Vernissage: 9. November 2011,<br />

um 19.30 Uhr<br />

10. November 2011 bis 22. Januar 2012<br />

Willy-Brandt-Haus<br />

Stresemannstraße 28<br />

10963 <strong>Berlin</strong>-Kreuzberg<br />

Di – So 12 – 18 Uhr<br />

Eintritt frei, Ausweis erforderlich


Sibylle Bergemann<br />

»Jahre mit dem<br />

Theater RambaZamba«<br />

Sibylle Bergemann (1941-2010) zählt zu<br />

den Ikonen der deutschen Gegenwarts-<br />

Fotografie. Die Ausstellung Sibylle Bergemanns<br />

»Jahre mit dem Theater RambaZamba«<br />

ist eine Hommage an sie und<br />

das Theater.<br />

Als Gründungsmitglied der Agentur<br />

Ostkreuz, Mitglied der Akademie der<br />

Künste <strong>Berlin</strong> und Fotografin für Die<br />

Zeit, das New York Times Magazin, für<br />

Spiegel, Stern und Geo hatte Sibylle Bergemann<br />

sich einen internationalen Ruf<br />

erworben. Ihre Serie »Das Denkmal«<br />

hängt im Museum of Modern Art in New<br />

York. Sie, die mit Gespür für das Leise<br />

und bewundernswerter Konsequenz die<br />

Komposition der Sanftheit pflegte. »Wo<br />

sie hinsah, war Komposition« die Worte<br />

ihres Mentors und späteren Ehemanns<br />

Arno Fischer.<br />

Bei einer Institution jedoch kumuliert<br />

ihre eigene Lebensgeschichte als Fotografin<br />

in der DDR mit Anderer Biografie.<br />

Es war das integrative Theater RambaZamba<br />

in der <strong>Berlin</strong>er Kulturbrauerei.<br />

Gegründet von Gisela Höhne und Klaus<br />

Erforth – wie Bergemann, Persönlichkeiten<br />

des kulturellen Lebens mit gemeinsamer<br />

Herkunft aus einem untergegangenen<br />

Staat. Eine Begegnung und ein<br />

Glücksfall.<br />

Das Theater RambaZamba gilt als das<br />

»derzeit wichtigste integrative Theater<br />

Deutschlands«, an dem fast ausschließlich<br />

Schauspieler mit sogenannter (geistiger)<br />

Beeinträchtigung professionelles<br />

Theaterspiel betreiben.<br />

Es war Zufall, dass Sibylle Bergemann<br />

auf dieses augenscheinlich »besondere«<br />

Theater aufmerksam wurde. Aus der<br />

besonderen Leidenschaft Bergemanns<br />

entstand meist anlässlich der Premieren<br />

des Theaters eine einzigartige Langzeitstudie<br />

die, von der Fotografin nicht als<br />

geschlossene Serie konzipiert, nun erstmals<br />

zur Ausstellung kommt.<br />

Viele der ausgewählten Bilder werden<br />

erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />

Gezeigt werden analoge Handabzüge<br />

» Sibylle Bergemann »Theater RambaZamba (Original in Farbe)<br />

» Sibylle Bergemann »Theater RambaZamba<br />

(Original in Farbe)<br />

der Fotografin sowie neue Prints und originale<br />

Polaroids. Diese gewinnen eine<br />

ganz besondere Bedeutung im Umgang<br />

mit dem Thema des anders Seins. Die<br />

kleinformatigen Polaroids, erschließen<br />

sich dem Betrachter in ihrer Unmittelbarkeit<br />

nur durch sehr nahe Betrachtung.<br />

Besonders darauf legt das »Behindertentheater«<br />

großen Wert: die Annäherung<br />

an eine oftmals belächelte, »randständige«<br />

Kunst. Die Aufforderung »treten<br />

Sie näher« wäre mit Sicherheit auch im<br />

Sinne der Fotografin.<br />

Vernissage: 24. November 2011,<br />

um 19:30 Uhr<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

Begrüßung<br />

Gisela Kayser, Geschäftsführerin<br />

Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V.<br />

Gisela Höhne, Regisseurin<br />

und Geschäftsführerin Theater<br />

RambaZamba<br />

Jonas Ludwig Walter, Fotograf und<br />

Kurator der Ausstellung<br />

25. November 2011 bis 8. Januar 2012<br />

Willy-Brandt-Haus<br />

Stresemannstraße 28<br />

10963 <strong>Berlin</strong>-Kreuzberg<br />

Di – So 12 – 18 Uhr<br />

Eintritt frei, Ausweis erforderlich<br />

7


Galerien<br />

Anja Niedringhaus<br />

»At War«<br />

»Wenn ich es nicht fotografiere, wird es<br />

nicht bekannt«.<br />

Anja Niedringhaus<br />

Ihre Fotos kennt man, ohne es zu wissen.<br />

Sie erscheinen weltweit auf den<br />

Titelseiten von Tageszeitungen und<br />

Zeitschriften und prägen tagtäglich<br />

unser Bild von Krisen und Kriegen. Ob<br />

Kroatien, Serbien, Kosovo, Bosnien, Irak,<br />

Afghanistan, Libyen oder Israel – seit 20<br />

Jahren fotografiert Anja Niedringhaus<br />

mit eindringlicher Schonunglosigkeit<br />

das Leid und Elend weltweit. Als eine<br />

der wenigen Frauen in diesem speziellen<br />

Bereich der Reportagefotografie<br />

dokumentiert sie die menschlichen<br />

Tragödien und tiefen Spuren, die die<br />

Gewalt hinterlässt. Auf ihren Einsätzen<br />

fotografiert Anja Niedringhaus keine<br />

Szenen, vielmehr steht sie mittendrin,<br />

ist Akteurin im Krieg.<br />

Anja Niedringhaus fotografiert unter<br />

extremen Bedingungen. Sie sucht genau<br />

diese Grenzerfahrung, weil sie sich selbst<br />

und den Menschen dort am nächsten ist.<br />

Oft wird man sich als Betrachter dessen<br />

gar nicht bewusst, weil der Kontext die<br />

Dramatik unterläuft. Immer steht bei ihr<br />

der Mensch im Vordergrund – Soldaten,<br />

eine strapazierte Zivilbevölkerung,<br />

Gefangene. Erschöpfung, Verzweiflung<br />

und Anspannung zeichnen die Gesichter,<br />

in wenigen Momenten – völlig unerwartet –<br />

auch Lachen, Leichtigkeit und Freude<br />

inmitten in der Not. Die Fotografin<br />

begegnet den Menschen immer mit<br />

Neugier und Verständnis, nie verletzt<br />

sie die Würde der Porträtierten.<br />

Wie sind diese Exremsituationen bzw.<br />

das Dilemma der Kriegsberichterstattung<br />

zwischen Eingreifen und Fotografieren<br />

auszuhalten? Die Kamera schafft Distanz<br />

und ist auch ein großer Schutz. Die<br />

Konzentration auf ihre Aufgabe schirmt<br />

Anja Niedringhaus gegen die Eindrücke<br />

ab. Andererseits hat sie Verletzte ins<br />

Krankenhaus in Sarajevo gefahren,<br />

weil nur sie noch über die Vereinten<br />

Nationen an Benzin gekommen ist. Erst<br />

hinterher bemerkte sie, dass sie kein einziges<br />

Foto geschossen hatte.<br />

8 brennpunkt 4/2011<br />

Bin Jawad, Libyen, März 2011. Als die Front vor Bin Jawad unter Beschuss durch Regierungstruppen<br />

gerät, treibt ein libyscher Rebell die Menschen zur Flucht an.<br />

Salavat, Afghanistan, September 2010.<br />

Afghanische Männer auf einem Motorrad über-<br />

holen kanadische Soldaten des Royal Canadian<br />

Regiment auf einer Patrouille im Bezirk Panjwayi,<br />

südwestlich von Kandahar.<br />

C/O <strong>Berlin</strong> präsentiert erstmals in<br />

<strong>Berlin</strong> eine Ausstellung mit ca. 40<br />

Schwarz-Weiß-Fotografien von Anja<br />

Niedringhaus aus den letzten zehn<br />

Jahren. Die Ausstellung wurde von<br />

Anne-Marie Beckmann, Art Collection<br />

Deutsche Börse, und Felix Hoffmann,<br />

C/O <strong>Berlin</strong>, kuratiert und wird Anfang<br />

2012 im neuen Unternehmenssitz<br />

der Deutschen Börse in Eschborn bei<br />

Frankfurt gezeigt. Zur Ausstellung<br />

erscheint ein Katalog bei Hatje Cantz mit<br />

Texten von Jean-Christophe Ammann,<br />

Ulrike Demmer, Santiago Lyon und<br />

Felix Hoffmann. Alle Fotografien sind<br />

im Auftrag von Associated Press entstanden.<br />

Anja Niedringhaus, 1965 in Höxter in<br />

Westfalen geboren. Zunächst für die<br />

European Pressphoto Agency (EPA) in<br />

Frankfurt am Main und seit 2002 für<br />

Associated Press (AP) in Genf in der<br />

Schweiz ansässig, ist sie bei allen großen<br />

Konflikten im Einsatz – vom Balkan<br />

in den 1990er-Jahren bis zu den Kriegen<br />

im Irak, in Afghanistan und Libyen. Sie<br />

fotografiert nicht nur Krisen und Kriege,<br />

sondern auch sportliche und politische<br />

Ereignisse. Anja Niedringhaus hat zahlreiche<br />

Auszeichnungen erhalten, unter<br />

anderem im Jahr 2005 mit einem Team<br />

von Associated-Press-Fotografen den<br />

Pulitzerpreis in der Kategorie »breaking<br />

news« für ihre Berichterstattung<br />

aus dem Irak und den International<br />

Women’s Media Foundation’s Courage<br />

in Journalism Award (IWMF).<br />

bis 4. Dezember 2011<br />

C/O <strong>Berlin</strong><br />

International Forum For Visual Dialogues<br />

im Postfuhramt<br />

Oranienburgerstraße 35/36<br />

10117 <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

täglich 11 – 20 Uhr


unheimlich vertraut .<br />

Bilder vom Terror<br />

»The games must go on!« Avery<br />

Brundage. IOC-Präsident. 1972.<br />

»Show you‘re not afraid!« Rudolph<br />

Giuliani. Bürgermeister von New York.<br />

2001<br />

Ein vermummter Mann schaut von<br />

einem Balkon. Ein Flugzeug schlägt in<br />

einen Hochhausturm ein. Sofort sind die<br />

Bilder vor unserem Auge. Wir wissen<br />

exakt, um welche Ereignisse es sich handelt.<br />

Denn Bilder besitzen eine gewaltige<br />

Macht. Sie halten nicht nur den<br />

entscheidenden Moment fest, sondern<br />

beeinflussen den öffentlichen Diskurs<br />

und fordern zu Reflexion und Reaktion<br />

heraus. Besonders nach Katastrophen<br />

und traumatischen Ereignissen lässt<br />

sich die Omnipräsenz der Bilder verorten.<br />

Bilder vom Terror haben eine<br />

enorme, nachhaltige Wirkung, der<br />

man sich nicht entziehen kann. Sie<br />

brennen sich tief in unser kollektives<br />

Gedächtnis ein. Die von C/O <strong>Berlin</strong><br />

kuratierte Ausstellung »unheimlich vertraut«<br />

untersucht die Bedeutung von<br />

Fotografie für unsere tägliche Bildkultur<br />

anhand der visuellen Verarbeitung<br />

von unterschiedlichen Terrorbildern<br />

der letzen Jahrzehnte. München 1972<br />

und New York 2001 bilden die historischen<br />

Eckpfeiler. Über die künstlerische<br />

Auseinandersetzung werden politische<br />

Bilder in Frage gestellt, historische<br />

Bildquellen machen Konstruktion und<br />

Illusion von Fotografie sichtbar.<br />

Die Ausstellung entsteht anlässlich<br />

des 10. Jahrestages des 11. September<br />

2001 und wurde von Felix Hoffmann<br />

für C/O <strong>Berlin</strong> kuratiert. Es werden ca.<br />

200 Arbeiten aus dem Bildarchiv des<br />

SPIEGEL sowie von rund 30 Künstlern<br />

gezeigt – unter anderem von Thomas<br />

Ruff, Simon Menner, Peter Piller,<br />

Christoph Draeger, Thomas Hirschhorn,<br />

G.R.A.M., Helmut Newton, Walid Raad,<br />

Gael Peltier, Michael Schirner, Robert<br />

Boyd, Pascale Couvert, Natalie Czech,<br />

Reymond Deparden, Michael Schäfer,<br />

Marc Volk und Malte Wandel.<br />

Nach welcher Logik funktionieren<br />

Verwendung und Verbreitung von Bildern<br />

in der modernen Mediengesellschaft?<br />

Thomas Höpker/Magnum, »Blick von<br />

Williamsburg auf Manhattan, Brooklyn,<br />

11. September 2001, (Original in Farbe)<br />

Gibt es eine Art von Aufmerksamkeitsterrorismus<br />

im digitalen Zeitalter? Wann ist<br />

ein Ereignis von globaler Bedeutung und<br />

wie stark konditionieren und synchronisieren<br />

die Medien ein solches? Oft lassen<br />

sich erst in der Auseinandersetzung<br />

mit den Bildern vom Terror die Struktur<br />

und Funktionsweise des journalistischen<br />

Bildes freilegen. Die medialen<br />

Bilder des Terrors waren und sind mehr<br />

als reine Abbildungen, die auf einen<br />

Sachverhalt oder ein Ereignis außerhalb<br />

ihrer eignen Existenz verweisen oder<br />

ein Ereignis dokumentieren. Sie sind<br />

mehr als Medien, die unter Nutzung<br />

ihres ästhetischen Potentials Deutungen<br />

transportieren. Diese Bilder besitzen die<br />

Fähigkeit, Realität zu erzeugen.<br />

Historischer Ausgangspunkt der<br />

Ausstellung ist der Angriff eines palästinenischen<br />

Terrorkommandos auf<br />

die israelische Delegation bei den<br />

20. Olympischen Sommerspielen<br />

in München. Erstmals fand ein terroristischer<br />

Akt unmittelbar vor den<br />

geöffneten Kameraaugen statt – und<br />

damit unmittelbar vor den Augen der<br />

Weltöffentlichkeit. Durch die Live-<br />

Übertragung im Fernsehen erfolgte eine<br />

quantitative Veränderung des Terrors<br />

hin zu einer massenkommunikativen<br />

Strategie. Die Bildinszenierung ist Teil<br />

des terroritischen Aktes. In der modernen<br />

Mediengesellschaft wird das Bild<br />

quasi zur Waffe und zum Ziel. Und von<br />

der Repräsentation der Tat im Bild zum<br />

Bild als Tat ist es ein kurzer Weg.<br />

Als extreme Form der Erzeugung von terroristischen<br />

Bildereignissen gelten die<br />

Anschläge zum 11. September 2001 –<br />

dem meist fotografierten und gefilmten<br />

Ereignis der Mediengeschichte. Ihrer<br />

Verwertungslogik folgend beginnen<br />

die Medien weltweit am selben Tag<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

einige wenige Bilder und Sequenzen<br />

endlos zu wiederholen und damit<br />

medial auf Dauer zu stellen. Die terroristische<br />

Strategie, größtmögliche<br />

Aufmerksamkeit zu erlangen, und<br />

die kapitalistische Verwertungslogik<br />

der Medien gehen eine symbiotische<br />

Beziehung ein. Die Medien werden<br />

zwangsläufig zu Kollaborateuren,<br />

zu Mittlern zwischen Terroristen und<br />

Publikum.<br />

Trotz einer immensen Bilderflut erscheinen<br />

unmittelbar nach den Ereignissen<br />

nur rund 30 unterschiedliche Fotografien<br />

auf die Titelseiten weltweit. Ebenso werden<br />

im Fehrnsehen immer dieselben<br />

Videos in Endlosschleifen wiederholt.<br />

Die internationale Konzentration und<br />

Zusammenarbeit der Bildagenturen<br />

reduziert die Bildauswahl zusätzlich.<br />

Nach Jahren bleiben jedoch nur<br />

noch fünf bis zehn Motive im kollektiven<br />

Bewusstsein. Diese Beschränkung<br />

der öffentlichen Berichterstattung über<br />

das Geschehen auf wenige Bildtypen<br />

ist kennzeichend für den medialen<br />

Umgang mit Terror.<br />

Historische Aufnahmen werden zitiert,<br />

neue Bilder werden zu Ikonen, zu<br />

medialen Archetypen. So erscheinen<br />

diese Bildmuster uns allen »unheimlich«<br />

vertraut. Das Grauen, das in den Alltag<br />

und das gesellschaftliche System<br />

einbricht, wird fassbar. Vertrautes im<br />

Unfassbaren – ein hilfloser Aktionismus<br />

gegen die Ohnmacht.<br />

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog<br />

im Verlag Walther Koenig. C/O <strong>Berlin</strong><br />

stellt zudem ein umfangreiches<br />

Begleitprogramm mit einer Filmreihe,<br />

Vorträgen und einem Symposium<br />

zusammen.<br />

bis 4. Dezember 2011<br />

C/O <strong>Berlin</strong><br />

International Forum For Visual Dialogues<br />

im Postfuhramt<br />

Oranienburgerstraße 35/36<br />

10117 <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

täglich 11 – 20 Uhr<br />

9


Galerien<br />

W. Eugene Smith<br />

»Fotografien<br />

Eine Retrospektive«<br />

W. Eugene Smith, geboren 1918 in<br />

Wichita / Kansas und gestorben 1978<br />

in Tucson / Arizona, hat sich seit den<br />

1940er Jahren als politisch und sozial<br />

engagierter Fotojournalist in den USA<br />

einen Namen gemacht. Viele seiner<br />

Bildreportagen sind bei Life erschienen,<br />

dem wichtigen Magazin für<br />

Fotojournalismus, das 1936 in New<br />

York gegründet wurde. Smith sah in der<br />

Fotografie mehr als nur die Illustration<br />

zu einem Text und hat oft bei den<br />

Redakteuren mehr Mitsprache beim<br />

Gestalten eines Fotoessays eingefordert.<br />

Seine immens aufwendig recherchierten<br />

und emotional bewegenden<br />

Reportagen setzten in den 1940er und<br />

1950er Jahren neue Maßstäbe für die<br />

fotojournalistische Praxis.<br />

Bereits als Fünfzehnjähriger begann<br />

Smith zu fotografieren, angeregt von<br />

seiner Mutter, einer passionierten<br />

Hobbyfotografin. Nach dem Selbstmord<br />

seines Vaters in Folge der Wirtschaftskrise,<br />

studierte Smith zunächst 1936 an der<br />

University of Notre Dame, Indiana. Er<br />

träumte davon, Fotograf zu werden und<br />

zog nach New York. Dort besuchte er<br />

das New York Institute of Photography.<br />

Seinen beruflichen Einstieg fand er 1937<br />

als Fotoreporter bei Newsweek.<br />

Ein Jahr später wurde er freier<br />

Mitarbeiter für die Agentur Black Star<br />

und seine Aufnahmen erschienen bei<br />

Harper’s Bazaar, Collier’s, Time und<br />

bei Life. Mit Life entwickelte sich daraufhin<br />

eine mehrjährige, umfangreiche<br />

Zusammenarbeit.<br />

Nach Eintritt der USA in den Zweiten<br />

Weltkrieg, fertigte Smith zunächst für das<br />

Magazin Parade Propagandaaufnahmen<br />

zur Unterstützung der US-amerikanischen<br />

Truppen. Dann, als Korrespondent<br />

des Magazins Flying, nahm er an<br />

Aufklärungsflügen teil und fotografierte<br />

aus der Luft. 1944 wurde<br />

er erneut bei Life - dieses Mal als<br />

Kriegskorrespondent - angestellt und<br />

hielt die Schlacht von Saipan und die<br />

Landungen der Amerikaner auf den<br />

10 brennpunkt 4/2011<br />

Guardia Civil, Spanien, 1950 (Silbergelatineabzug 25,1 x 32,1cm)<br />

Center for Creative Photography, University of Arizona: W. Eugene Smith Archive /<br />

Gift of the artist<br />

© The Heirs of W. Eugene Smith, courtesy Black Star, Inc., New York<br />

Inseln Iwojima und Okinawa fest. Im<br />

Zuge der Kämpfe veränderte sich der Stil<br />

seiner Aufnahmen: Statt enthusiastischer<br />

Darstellungen zeigte er das immense<br />

Leid der Zivilbevölkerung und entwickelte<br />

eine Bildperspektive, die den<br />

Betrachter emotional einbezog. Smith<br />

wurde am 22. Mai 1945 selbst schwer<br />

verletzt und musste bis 1947 mehrere<br />

Operationen über sich ergehen lassen.<br />

Den symbolischen Neubeginn verkörperte<br />

für ihn das erste Foto nach seiner<br />

Verwundung. A Walk to Paradise Garden<br />

zeigt seine beiden jüngeren Kinder beim<br />

Betreten einer sonnendurchfluteten<br />

Lichtung. »Während ich meinen Kindern<br />

ins Unterholz und zu der Gruppe<br />

höherer Bäume folgte - wie sie sich<br />

an jeder ihrer kleinen Entdeckungen<br />

erfreuen konnten! - und sie betrachtete,<br />

wusste ich auf einmal, dass ich trotz<br />

alledem, trotz aller Kriege und aller<br />

Niederlagen an diesem Tag, in diesem<br />

Augenblick ein Sonett auf das Leben<br />

und auf den Mut, es weiterzuleben,<br />

anstimmen wollte.« (1954) Nach seiner<br />

Genesung arbeitete er erneut für Life.<br />

Besonders Dokumentationen, die das<br />

engagierte Wirken einfacher Menschen<br />

zeigten, beeindruckten die Leser. In<br />

The Country Doctor (erschienen 1948)<br />

begleitete er mehrere Wochen einen<br />

jungen Landarzt aus der Nähe von<br />

Denver bei seiner Arbeit. Sein Beitrag<br />

Nurse Midwife (erschienen 1951)<br />

über die schwarze Hebamme Maud<br />

Callen entstand vor dem Hintergrund<br />

von Rassendiskriminierung und des<br />

aktiven Wirkens des Ku-Klux-Klans im<br />

Süden der USA. Smith veränderte beim<br />

Entwickeln der Abzüge die Lichtregie,<br />

um die emotionale Atmosphäre -<br />

zum Beispiel während einer Geburt<br />

- zu verdichten und um Anteil an der<br />

aufopfernden Arbeit der Hebamme zu<br />

wecken. Sein soziales Engagement fand<br />

jedoch nicht immer Zustimmung wie bei<br />

der unveröffentlichten Reportage (1950)<br />

über die Kampagne zur Wiederwahl von<br />

Clement Attlee, dem Kandidaten der<br />

britischen Labourpartei. Life gedachte<br />

mit dem Bericht indirekt die Position<br />

der Liberalen zu stärken, indem die<br />

Folgen der staatlichen Wirtschaftspolitik<br />

unter Attlee kritisch dargestellt würden.<br />

Smiths Berichterstattung weckte jedoch<br />

Sympathie für Attlees Programm und den<br />

Kandidaten selbst. Mit der Reportage<br />

Spanish Village (erschienen 1951)<br />

hatte Smith mehr Erfolg. Er wollte einen


Albert Schweitzer, Aspen Colorado, 1949 (Silbergelatineabzug 24,7 x 33,2cm)<br />

Center for Creative Photography, University of Arizona: W. Eugene Smith Archive /<br />

Gift of the artist<br />

© The Heirs of W. Eugene Smith, courtesy Black Star, Inc., New York<br />

Eindruck von den Lebensverhältnissen in<br />

einem faschistischen Regime vermitteln.<br />

Nach Erhalt der nötigen Fotoerlaubnis<br />

recherchierte er zwei Monate vor Ort<br />

und wählte ein abgeschiedenes Dorf<br />

in der Extremadura für die Aufnahmen<br />

aus. Etliche der Fotografien erinnern mit<br />

ihrem strengen Helldunkel und ihrer klar<br />

gebauten Komposition an malerische<br />

Vorbilder und vermitteln mittels dieser<br />

Stilisierung ein Gefühl für die Schwere<br />

und auch die Schönheit des dortigen<br />

Lebens.<br />

Smiths Beitrag über Albert Schweitzers<br />

Wirken in Lambaréné sollte der letzte für<br />

Life werden: Die fehlende Mitsprache<br />

bei Bildauswahl und Layout waren für<br />

ihn nicht mehr hinnehmbar und er verließ<br />

die Zeitschrift nach Erscheinen des<br />

Essays A Man of Mercy im November<br />

1955.<br />

Eine berufliche Alternative bot die<br />

Mitgliedschaft bei Magnum, der 1947<br />

gegründeten Agentur für Fotografen. Im<br />

Auftrag von Stefan Lorant begann Smith<br />

eine umfassende Reportage über die<br />

Stadt Pittsburgh und ihre Eisenhütten,<br />

die ihn die nächsten Jahre beschäftigte<br />

und an seine finanziellen und persönlichen<br />

Grenzen brachte. Statt der mit<br />

Lorant verabredeten 100 Abzüge ent-<br />

standen 13.000 Aufnahmen, aus denen<br />

er einen Essay komponierten wollte, der<br />

ganz seinen Überzeugungen entsprach.<br />

1958 wurden 88 Fotografien im Popular<br />

Photography’s Annual publiziert, als<br />

Gesamtwerk ist der Essay nie erschienen.<br />

1957 hatte sich Smith, der für seinen<br />

exzessiven Arbeitsstil bekannt war, von<br />

seiner Familie getrennt und war in die<br />

Sixth Avenue, 821, in New York gezogen.<br />

In dem Haus verkehrten und probten<br />

viele bekannte Jazzmusiker und Smith,<br />

der ein begeisterter Musikliebhaber<br />

war, fotografierte und dokumentierte<br />

während der nächsten Jahre dieses<br />

kreative Umfeld. So zeichnete er die<br />

Arbeitsatmosphäre auch auf 1740<br />

Tonbändern auf, die erst 1998 in seinem<br />

Nachlass gefunden wurden.<br />

Außerdem fotografierte er von seinem<br />

Fenster aus Straßenszenen und arbeitete<br />

zeitgleich über den Bau einer psychiatrischen<br />

Klinik in Haiti.<br />

Ein Auftrag der Cosmos PR Agentur, das<br />

Unternehmen Hitachi Ltd. zu fotografieren,<br />

führte Smith 1961 für ein Jahr<br />

nach Japan. In seinem 1963 erschienenen<br />

Buch stellte er den Kontrast zwischen<br />

dem modernen Japan und den<br />

tief verwurzelten Traditionen in den<br />

bis 27. November 2011<br />

Martin-Gropius-Bau<br />

Niederkirchnerstraße 7<br />

10963 <strong>Berlin</strong>-Kreuzberg<br />

Mi – Mo 10 – 20 Uhr<br />

Dienstags geschlossen<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

Mittelpunkt. Ein Jahrzehnt später widmete<br />

er sich mit der erschütternden Serie<br />

über die Minamata-Krankheit erneut der<br />

forcierten Modernisierung Japans und<br />

ihren schwerwiegenden Folgen. Grund<br />

für die Erkrankungen war die vom<br />

Chemiekonzern Chisso verursachte<br />

Umweltverschmutzung: Der Konzern<br />

hatte quecksilberhaltiges Abwasser in<br />

der Nähe der Stadt Minamata ins Meer<br />

geleitet. Das Komitee zur Verteidigung<br />

der Opfer beauftragte Smith, die<br />

humane und ökologische Katastrophe<br />

zu dokumentieren und der Fotograf, der<br />

sich persönlich sehr für dieses Projekt<br />

engagierte, zog mit seiner zweiten Frau,<br />

Aileen Mioko Smith, nach Minamata.<br />

Während seiner Recherchen wurde er<br />

vom Werkschutz verprügelt und schwer<br />

verletzt. Mit seinen Bildern, die bei Life<br />

und in seinem Buch A Warning to the<br />

World -Minamata veröffentlicht wurden,<br />

trug er wesentlich zur Publikmachung<br />

und Aufklärung des Falles bei.<br />

Smith fotografisches Werk wurde mit<br />

Beginn der 1970er Jahre zunehmend<br />

museal gewürdigt. Sein Foto A Walk to<br />

Paradise Garden hatte Edward Steichen<br />

für die Ausstellung The Family of Man<br />

(1955) als symbolgebendes Schlussbild<br />

gewählt, doch erst 1971 fand die erste<br />

Retrospektive Let Truth Be the Prejudice<br />

im Jewish Museum in New York statt.<br />

1977 zog der schwer kranke Smith<br />

nach Tucson / Ariziona und übernahm<br />

an der dortigen Universität im letzten<br />

Lebensjahr eine Lehrtätigkeit.<br />

Im Center of Creative Photography in<br />

Tuscon ist sein Nachlass archiviert. Das<br />

International Center of Photography, New<br />

York, vergibt seit 1980 in Anerkennung<br />

von Smiths humanem Engagement<br />

das W. Eugene Smith Memorial Fund-<br />

Stipendium.<br />

11


Galerien<br />

Friedrich<br />

Seidenstücker<br />

»Von Nilpferden und<br />

anderen Menschen«<br />

Diese erste umfassende Retrospektive<br />

zu Friedrich Seidenstücker präsentiert<br />

über 200 Originalfotografien in der<br />

<strong>Berlin</strong>ischen Galerie, dem Landesmuseum<br />

für Moderne Kunst, Fotografie<br />

und Architektur. Beinahe jeder <strong>Berlin</strong>er<br />

kennt seine Fotografien. Diejenigen,<br />

die sich für die Geschichte ihrer<br />

Stadt interessieren, schätzen Seidenstückers<br />

atmosphärische Aufnahmen<br />

vom <strong>Berlin</strong>er Alltagsleben der Weimarer<br />

Republik. Unter den Tier- und Zooliebhabern<br />

erwarb er sich mit seinen<br />

einfühlsamen Tierstudien einen geradezu<br />

legendären Ruf, und für die Historiker<br />

sind seine eindringlichen Aufnahmen<br />

des zerstörten <strong>Berlin</strong> eine<br />

kostbare Quelle.<br />

Auch wenn Seidenstücker als typischer<br />

<strong>Berlin</strong>er Fotograf gilt, ist er doch auch<br />

weit über die Stadtgrenzen hinaus<br />

bekannt. Nicht zuletzt deshalb, weil<br />

er sich um eines ganz besonders verdient<br />

gemacht hat: Seine Bilder zeugen<br />

von Humor, und den findet man in der<br />

Fotografie selten. Aus dieser Haltung<br />

heraus hat sich das Werk von Friedrich<br />

Seidenstücker entwickelt. Es ist<br />

von Optimismus getragen, ohne die<br />

Zumutungen und Härten, ohne die<br />

Armut und das Elend der Zeit zu verschweigen.<br />

Seidenstücker konzentrierte sich auf<br />

das Alltagsgebaren der kleinen Leute,<br />

welches er mit sensiblem Blick so in<br />

Szene setzte, dass dahinter Charakteristisches<br />

der menschlichen Natur<br />

sichtbar wird. Während sein beinahe<br />

zoologisches Interesse für die Tierwelt<br />

dazu führte, dass er seine Fotografie<br />

im Zoo mit methodischer Gründlichkeit<br />

anging, kann man davon ausgehen,<br />

dass seine Straßenfotografie eher<br />

zufällig nach dem Lustprinzip entstand.<br />

Ähnlich scheint es mit den Landschafts-<br />

und Aktaufnahmen gewesen zu sein.<br />

Neben einer kleinen Gruppe von<br />

12 brennpunkt 4/2011<br />

Friedrich Seidenstücker, »Tochter und Papa« (Boulette und Knautschke), um 1955<br />

Fotografische Sammlung <strong>Berlin</strong>ische Galerie<br />

Friedrich Seidenstücker, »ohne Titel« (Die Zwillinge Hilde und Helga Fischer), 1948<br />

© bpk / Friedrich Seidenstücker<br />

Friedrich Seidenstücker, Auf den»Hungerstühlen«,<br />

um 1925, © Stiftung Stadtmuseum <strong>Berlin</strong><br />

Friedrich Seidenstücker,»ohne Titel«, um 1932<br />

© bpk / Friedrich Seidenstücker


Friedrich Seidenstücker, »ohne Titel«, 1945, © bpk / Friedrich Seidenstücker<br />

späten Aktfotografien, die als Farbdiapositive<br />

vorlagen, gliedert sich die Ausstellung<br />

in vier weitere Kapitel: Straßenfotografie,<br />

Tierfotografie, Landschaftsfotografie<br />

und <strong>Berlin</strong> nach 1945. Alle 226<br />

ausgestellten Aufnahmen sind Vintage<br />

Prints bis auf 21 Neuprints.<br />

Mit der Retrospektive setzt die <strong>Berlin</strong>ische<br />

Galerie ihre erfolgreiche Ausstellungsreihe<br />

fort, die ausgehend von den<br />

Beständen der Sammlung das Werk von<br />

großen Fotografen des Zwanzigsten<br />

Jahrhunderts wissenschaftlich erschließt<br />

und einem breiten Publikum zugänglich<br />

macht. Vorausgegangen sind Ausstellungen<br />

zu Heinrich Zille, Erich Salomon,<br />

Fritz Kühn und Herbert Tobias.<br />

Eine Ausstellung der <strong>Berlin</strong>ischen<br />

Galerie in Zusammenarbeit mit der<br />

bpk - Bildagentur für Kunst, Kultur und<br />

Geschichte und der Stiftung Stadtmuseum<br />

<strong>Berlin</strong>. Die Ausstellung wird durch<br />

die großzügige finanzielle Unterstützung<br />

des Fördervereins der <strong>Berlin</strong>ischen<br />

Galerie e. V. ermöglicht.<br />

RAHMENPROGRAMM:<br />

Kuratorenführungen: 17.10., 14.11.,<br />

5.12., 26.12.2011,<br />

jeweils 14 Uhr<br />

Im Gespräch: »Lieber Herr Neusüss!<br />

Zum Spaß will ich mal rückwärts<br />

anfangen ...«<br />

Ulrich Domröse (Kurator der Ausstellung)<br />

im Gespräch mit Floris M. Neusüss<br />

(Künstler und Freund von Friedrich<br />

Seidenstücker):<br />

7. November 2011, 17 Uhr<br />

Friedrich Seidenstücker, »Montags früh<br />

Oberbaumbrücke«, <strong>Berlin</strong> 1930<br />

bis 6. Februar 2012<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

Fotografische Sammlung <strong>Berlin</strong>ische Galerie<br />

<strong>Berlin</strong>ische Galerie<br />

Landesmuseum für Moderne Kunst -<br />

Fotografie und Architektur<br />

Alte Jakobstraße 124-128<br />

10969 <strong>Berlin</strong>-Kreuzberg<br />

Mi – Mo 10 – 18 Uhr<br />

13


Galerien<br />

Eva Besnyö<br />

Fotografin 1910–2003<br />

»Budapest – <strong>Berlin</strong> –<br />

Amsterdam«<br />

Erste Retrospektive der Fotografin Eva<br />

Besnyö in Deutschland.<br />

Das Verborgene Museum - zu Gast in<br />

der <strong>Berlin</strong>ischen Galerie - zeigt erstmals<br />

in Deutschland eine Retrospektive der<br />

ungarischen Fotografin Eva Besnyö mit<br />

120 Vintage-Prints.<br />

Als Eva Besnyö 1930, gerade zwanzigjährig,<br />

mit einer Gesellenprüfung des<br />

angesehenen Budapester Fotoateliers<br />

József Pécsi im Gepäck in <strong>Berlin</strong> eintraf,<br />

hatte sie bereits zwei folgenreiche<br />

Entscheidungen getroffen: Das<br />

Fotografieren zu ihrem Beruf zu machen<br />

und dem faschistischen Ungarn für<br />

immer den Rücken zu kehren.<br />

Wie ihre ungarischen Kollegen Moholy-<br />

Nagy, György Kepes und Martin<br />

Munkacsi erlebte auch Eva Besnyö –<br />

und wenig später Endre Friedmann<br />

(Capa) – <strong>Berlin</strong> als Metropole künstlerischer<br />

Experimentierfreude und demokratischer<br />

Lebensformen.<br />

Sie hatte bei dem Pressefotografen Dr.<br />

Peter Weller Arbeit gefunden, streifte<br />

tagsüber mit der Kamera durch die<br />

Stadt, suchte Motive auf Baustellen,<br />

am Wannsee, im Zoo oder in den<br />

Sportstadien und ihre Aufnahmen<br />

wurden veröffentlicht – allerdings wie<br />

damals üblich - unter dem Namen des<br />

Ateliers.<br />

Besnyös bekanntestes Foto stammt aus<br />

diesen Jahren: Der »Junge mit Cello« auf<br />

dem Rücken – eine weltweit bekannte<br />

Ikone für den heimatlosen Tramp. Für<br />

Eva Besnyös hellhöriges politisches<br />

Gespür spricht ihre rechtzeitige Flucht<br />

vor antisemitisch-nationalsozialistischer<br />

Verfolgung im Herbst 1932 aus <strong>Berlin</strong><br />

nach Amsterdam. Unterstützt durch<br />

den Künstlerkreis um Charley Toorop,<br />

Malerin der »Neuen Wirklichkeit«,<br />

den Dokumentarfilmer Joris Ivens und<br />

den Designer Gerrit Rietveld, erfuhr<br />

Besnyö, inzwischen verheiratet mit<br />

dem Kameramann John Fernhout,<br />

schon bald öffentliches Ansehen als<br />

14 brennpunkt 4/2011<br />

Eva Besnyö, »Starnberger Straße«, <strong>Berlin</strong> 1931, © Eva Besnyö/Maria Austria Instituut Amsterdam<br />

Fotografin. Eine Einzelausstellung 1933<br />

in der international renommierten Kunst-<br />

Galerie Van Lier machte sie mit einem<br />

Schlag in den Niederlanden bekannt.<br />

Einen weiteren Durchbruch erlebte<br />

Besnyö wenige Jahre später mit ihrer<br />

Architekturfotografie: ihrer Übertragung<br />

des funktionalistischen Neuen Bauens<br />

in das Neue Sehen.<br />

Sie engagiert sich kulturpolitisch wie<br />

z.B. 1936 bei der Anti-Olympiade-<br />

Ausstellung »D-O-O-D« (De Olympiade<br />

onder Diktatuur) und im Jahr darauf kuratierte<br />

sie im Stedelijk Museum Amsterdam<br />

die internationale Ausstellung »foto`37«.<br />

Der Einmarsch der deutschen Truppen<br />

im Mai 1940 bedeutete für die Jüdin Eva<br />

Besnyö, sich im Untergrund versteckt<br />

zu halten.<br />

Während der 1970er Jahre wurde Besnyö<br />

zur Aktivistin der niederländischen<br />

Frauenbewegung »Dolle Mina«, setzte<br />

sich öffentlich für Gleichberechtigung<br />

ein und dokumentierte mit der Kamera<br />

Demonstrationen und Straßenproteste.<br />

»Wie viele andere Talente, ist auch das<br />

Eva Besnyös wegen des Rassenwahns<br />

der Nationalsozialisten für Deutschland<br />

und seine künstlerische Kreativität verloren<br />

gegangen« (Karl Steinorth, DGPh,<br />

anlässlich der Verleihung des Dr. Erich<br />

Salomon Preises an Eva Besnyö 1999).<br />

Vernissage: 27. Oktober 2011<br />

um 19 Uhr<br />

28. Oktober 2011 bis 27. Februar 2012<br />

DAS VERBORGENE MUSEUM zu Gast<br />

in der <strong>Berlin</strong>ische Galerie<br />

Landesmuseum für Moderne Kunst -<br />

Fotografie und Architektur<br />

Alte Jakobstraße 124-128<br />

10969 <strong>Berlin</strong>-Kreuzberg<br />

Mi – Mo 10 – 18 Uhr


Nora Schattauer<br />

»Optische Mitte«<br />

Die Kölner Künstlerin Nora Schattauer<br />

(*1952) hat den Dialog mit dem fotografischen<br />

Werk von Alfred Ehrhardt seit<br />

jeher implizit geführt. Wie Ehrhardt setzt<br />

sie sich mit allgemeingültigen, immer<br />

wiederkehrenden Formprinzipien in der<br />

Natur auseinander und geht mit naturwissenschaftlicher<br />

Systematik vor. Ihre<br />

mit vielfältigen Materialien entwickelten<br />

Arbeiten visualisieren Formanalogien,<br />

die sich in verschiedenen Medien ausbilden.<br />

Dabei gilt ihr Augenmerk dem<br />

Kräftefluss von Naturkonstruktionen,<br />

den osmotischen Bewegungen im<br />

Mikrobereich, dem Fließenden. Mit der<br />

Ausstellung »Optische Mitte« beschäftigt<br />

sie sich explizit mit Alfred Ehrhardts<br />

bekanntester Bildserie »Das Watt«.<br />

Gezeigt werden Blindzeichnungen auf<br />

Kohlepapier, Fotogramme, Fotografien,<br />

so genannte »Silberblätter«, bei<br />

denen mit der Pipette aufgetragene<br />

Salzlösungen chemisch miteinander<br />

reagieren, sowie eine Auswahl exklusiver<br />

Künstlerbücher.<br />

Schattauers Zeichnungen durch<br />

Kohlepapier wurden unmittelbar durch<br />

Alfred Ehrhardts abstrakte Aufnahmen<br />

von Sandstrukturen im Watt inspiriert und<br />

entstanden mit geschlossenen Augen am<br />

Meeresstrand. Ihre Blindzeichnungen<br />

sind vor dem geistigen Auge entstandene<br />

ästhetische Versuche, die scheinbaren<br />

Gegensätze von menschlichem<br />

Geist und untergeordneter Natur buchstäblich<br />

ineinander fließen zu lassen.<br />

Sie zeigen Bögen, die immer neu<br />

ansetzen, sie spüren der Einwirkung<br />

von Kräften nach, den Entwicklungen<br />

von fließenden Bewegungen in formbarem<br />

Material. Und sie gehen der<br />

Frage nach, wie Wahrnehmung funktioniert,<br />

während durch einen bestimmten,<br />

intuitiv geführten Formungsprozess<br />

eine abstrakte Struktur entsteht. Bei der<br />

Blindzeichnung verfolgt das Auge einzelne<br />

Linien, obwohl das Bewusstsein<br />

gleichzeitig das Ganze überschaut. Im<br />

Bild inbegriffen ist das Verständnis dafür,<br />

dass die Wahrnehmung des Meeres<br />

Nora Schattauer, »Strömung«, Blindzeichnung<br />

durch Kohlepapier, 2009, 20 x 20cm<br />

© Nora Schattauer/VG-Bildkunst, Bonn<br />

oder des Meeresbodens im Watt stets<br />

zwischen zwei Blickarten pendelt: der<br />

horizontale, träumende, imaginative<br />

Blick in die Ferne und der auf den Boden<br />

gerichtete, analytische Blick, welcher<br />

die Strömungen und Strukturen im Sand<br />

beobachtet.<br />

Gleichzeitig zeigen die Fotogramme<br />

und Fotografien von Nora Schattauer<br />

Fließprozesse, die fotografische<br />

Analogien zu den Tropfenformen der<br />

»Silberblätter« bilden. Zur Herstellung<br />

der »Silberblätter« werden vergleichbar<br />

der analogen Schwarz-Weiß-<br />

Fotografie Silber und Salz dem Licht<br />

ausgesetzt und zur Herausbildung spezifischer<br />

Farbwerte angeregt. Salze sind<br />

– im Gegensatz zu Pigmenten – vollständig<br />

in Wasser lösliche Farbstoffe.<br />

Zuerst wird verflüssigtes Silbernitrat,<br />

später eine Ammoniumchloridlösung<br />

per Pipette auf ein sehr offenfaseriges,<br />

japanisches Chromatographie-Papier<br />

getropft, das aufgrund seiner sich unter<br />

Aufnahme von Flüssigkeit ausdehnenden<br />

Struktur am Herstellungsprozess<br />

beteiligt wird, ohne dass die Künstlerin<br />

diesen Verlauf vollständig kontrollieren<br />

könnte. Das Resultat variiert zwischen<br />

den extremen Gegensätzen einer präzisen,<br />

Assoziationen an Zellstrukturen hervorrufenden<br />

Anordnung in Gittern und<br />

Rastern und asymmetrischem Chaos, je<br />

nachdem, wie gleichmäßig oder zufällig<br />

die Künstlerin bei der Verteilung der<br />

Flüssigkeit vorgegangen ist. Diese »visuellen<br />

Experimente« sind Bilder, die jene<br />

zwischen anorganischen Materialien auftretenden<br />

Fließkräfte veranschaulichen<br />

und somit einem Lebendigkeitsprinzip<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

Alfred Ehrhardt, »Formearbeit des Windes und<br />

der rechtwinkelig dazu stehenden Strömung«,<br />

Silbergelatine, 1933/36, späterer Abzug 1967,<br />

30 x 24 cm, © Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

in der Natur nachspüren, wie es auch für<br />

Alfred Ehrhardts fotografische Arbeiten<br />

charakteristisch ist.<br />

»Es handelt sich gleichsam um einen<br />

Bildprozess, der aus der Tiefe seiner<br />

Sichtbarkeit entgegen wächst. Die<br />

Bildoberfläche, soweit sie denn vorhanden<br />

ist, erscheint als untrennbare<br />

Einheit von Material und seiner völligen<br />

substantiellen Durchdringung. Dieser<br />

Prozess ist Gleichnis für das künstlerische<br />

Schaffen und darüber hinaus<br />

für alle Denkungsart, die sich von der<br />

Oberfläche weg tieferen Schichten<br />

zuwendet. Erst hier entsteht, wie die<br />

Bilder von Nora Schattauer ausweisen,<br />

Ordnung, Harmonie, etwas, was wir<br />

Schönheit nennen und was letztendlich<br />

als utopischer Begriff nach einem<br />

Gleichklang zwischen der Seele und der<br />

Natur, nach der Einheit von Geist und<br />

Materie Ausschau hält.« Eugen Blume,<br />

in: NoraSchattauer. »Silberblätter«,<br />

Verlag Revolver Publishing 2011.<br />

Vernissage: 7. Oktober 2011<br />

um 19 Uhr<br />

8. Oktober bis 23. Dezember 2011<br />

Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

Auguststraße 75<br />

10117 <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

Di–So 11 – 18 Uhr<br />

Do 11 – 21 Uhr<br />

15


Galerien<br />

STEVE SCHAPIRO<br />

»PHOTOGRAPHIEN«<br />

Der Photograph Steve Schapiro zeigt<br />

sowohl Bilder aus der Reihe »Heroes«<br />

als auch exklusive Aufnahmen vom Set<br />

der Filme »Der Pate« von Francis Ford<br />

Coppola und »Taxi Driver« von Martin<br />

Scorsese.<br />

»The sixties were a defining era in<br />

America« (Steve Schapiro) Muhammad<br />

Ali, Andy Warhol, Ray Charles, Martin<br />

Luther King, Jr., Samuel Beckett,<br />

Robert F. Kennedy – sie alle verbindet<br />

nicht nur mit den 1960er Jahren<br />

eine der aufregendsten Dekaden<br />

der Zeitgeschichte, sondern auch ihr<br />

Prestige als Helden einer Ära und<br />

Generation. Steve Schapiro gelang es,<br />

den besonderen Flair sowie die ins<br />

kollektive Gedächtnis eingeprägten<br />

Charakteristika dieser »Heroes«<br />

in einzigartigen Photographien<br />

festzuhalten. Die mitreißenden<br />

Tanzbewegungen von Ray Charles, die<br />

später berühmt gewordenen Siegerposen<br />

des 21-jährigen Cassius Clay oder die<br />

undurchdringliche Aura von Andy<br />

Warhol: In seinen Photographien, die<br />

sich jeglicher Inszenierung entziehen,<br />

gelingt es Steve Schapiro, die Eigenart<br />

und das besondere Charisma dieser<br />

Persönlichkeiten herauszuarbeiten. Auch<br />

Robert F. Kennedy und Bürgerrechtler<br />

Martin Luther King, Jr., Schriftsteller wie<br />

Samuel Beckett und Truman Capote, oder<br />

auch Stilikonen wie Barbra Streisand<br />

und Jackie Kennedy nehmen ihren Platz<br />

unter Steve Schapiros »Heroes« in der<br />

Geschichte ein.<br />

»Der Pate« und »Taxi Driver« Wertvoller<br />

und vielfach hoch gewürdigter<br />

Bestandteil von Steve Schapiros Werk<br />

stellen auch die Photoserien von den<br />

Sets der Filme »Der Pate« (1972) und<br />

»Taxi Driver« (1976) dar. Schapiro<br />

war es möglich, als Photograph exklusiv<br />

die Dreharbeiten zu begleiten<br />

und die Entstehung der mittlerweile<br />

legendären Filme aus einem einzigartigen<br />

Blickwinkel festzuhalten. Die<br />

Photographien vermitteln einzigartig<br />

die schier fühlbare Atmosphäre<br />

der wichtigsten Szenen von »Der<br />

Pate« mit Marlon Brando oder Al<br />

16 brennpunkt 4/2011<br />

© STEVE SCHAPIRO, MUHAMMED ALI, KENTUCKY, 1963<br />

Pacino, die Filmgeschichte geschrieben<br />

haben. Ferner beeindrucken die<br />

Bilder durch ihre Bandbreite, die von<br />

der Porträtaufnahme über ikonografisch<br />

anmutige Szenerien mit hoher<br />

Dramaturgie bis hin zu Filmplakat ähnlichen<br />

Motiven reicht. Dieser Reichtum<br />

an Impressionen dominiert auch die<br />

Photoreihe vom Set von »Taxi Driver«<br />

mit Robert De Niro und der damals<br />

13-jährigen Jodie Foster. Cineastische<br />

Szenerien, ergreifende Nahaufnahmen<br />

als photographische Sozialstudien<br />

und spannende Backstage-Aufnahmen<br />

ermöglichen einen eindringlichen und<br />

zugleich heterogenen Einblick in den<br />

Film. Sowohl Schapiros Photographien<br />

von »Der Pate« als auch von »Taxi Driver«<br />

zeugen von einer reizvollen Ambivalenz<br />

zwischen Fiktion und Realität sowie<br />

einer spannenden Wechselwirkung zwischen<br />

dem Medium des Films und der<br />

Photographie. Somit verstehen sich die<br />

Bilder als bedeutender Bestandteil der<br />

Kulturgeschichte und als künstlerische<br />

Ergänzung zu zwei der bedeutendsten<br />

Kinofilme der Geschichte.<br />

Steve Schapiro begann als Photojournalist<br />

seine Karriere im Jahr 1961. Im »golden<br />

age in photojournalism« begleitete<br />

er u.a. 1968 Robert F. Kennedys<br />

Wahlkampf und berichtete vom Attentat<br />

auf Martin Luther King, Jr.. Schapiros<br />

Photographien werden bis heute in<br />

zahlreichen Magazinen abgedruckt,<br />

darunter Life, Time, Rolling Stone,<br />

© STEVE SCHAPIRO, RAY CHARLES<br />

Sports Illustraed, People, Newsweek<br />

sowie Vanity Fair und waren Bestandteil<br />

von vielen Ausstellungen weltweit. Der<br />

Photograph lebt in New York.<br />

bis 19. November 2011<br />

Galerie Camera Work<br />

Kantstraße 149<br />

10623 <strong>Berlin</strong>-Charlottenburg<br />

Di – Sa 11 – 18 Uhr


STEFANIE KETZSCHER<br />

»Umgehung und<br />

Sonnenwende«<br />

Fotografien 1972-1984<br />

Stefanie Ketzschers künstlerischer<br />

Anspruch gilt immer der Suche nach dem<br />

Auffindbaren hinter dem vordergründig<br />

Spektakulären.<br />

Ihr Sehen ignoriert die Geschwindigkeiten<br />

der zeitfressenden Abläufe, die alles<br />

Entdecken nur in Vergleichen und Wettbewerben<br />

legitimiert.<br />

Ihr eher sporadischer Zugriff erliegt nie<br />

den Verführungen mit dem jeweiligen<br />

Fokus, die oktroyierenden Muster von<br />

Chronik und Historie zu dekorieren.<br />

Stefanie Ketzscher vertraut auf die Sichtbarwerdung<br />

einer Beziehung zu den<br />

Dingen. Sie holt uns an die Orte ihres<br />

Anhaltens in einen Zustand von Vertrautsein.<br />

Ihre »ausgewählten Begegnungen«<br />

beschreibt sie in stiller Konzentration,<br />

respektvoller Distanz und reduziertem<br />

Schwarz-Weiß.<br />

Dadurch erzeugt sie vor allem in ihren<br />

Porträts Physiognomien eines besonderen<br />

Moments, die ohne erzählendes<br />

Interieur auskommen.<br />

Stefanie Ketzscher unaufdringliches<br />

Beobachten ist wie das Sammeln der<br />

Gegenwart im Abseits.<br />

© Stefanie Ketzscher, »Grimmling, sich den<br />

Ozean denkend«, 1984<br />

© Stefanie Ketzscher, »Leipzig-City«, 1979<br />

© Stefanie Ketzscher, »Doris Ziegler«, 1980 © Stefanie Ketzscher, »Akt«, 1980<br />

© Stefanie Ketzscher, »Akt«, 1980<br />

Vernissage<br />

3. November 2011, 19 Uhr<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

4. November bis 23. Dezember 2011<br />

Galerie argus fotokunst<br />

Marienstraße 26<br />

10117 <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

Di – Sa 14 – 18 Uhr<br />

17


Galerien<br />

André Kirchner<br />

Jörg Schmiedekind<br />

»<strong>Berlin</strong> Mitte,<br />

Ecke Jerusalemer«<br />

1990 bis 2011<br />

Seit vielen Jahren schon verfolgt der<br />

<strong>Berlin</strong>er Fotograf André Kirchner die<br />

Idee, seine Fotografien aus ihren<br />

zeitgebundenen, meist seriellen<br />

Zusammenhängen, in denen sie entstanden<br />

sind, herauszulösen, um sie zu<br />

Topographien der ihnen eingeschriebenen<br />

Orte mosaikartig über den ganzen<br />

Zeitraum der Aufnahmen hinweg neu<br />

zusammenzusetzen – ohne dabei in das<br />

ebenso oft geübte wie simple »Vorher/<br />

Nachher« zu verfallen. Also die eigenen<br />

Fotografien eines bestimmten Ortes<br />

in der Stadt quer durch die Zeit wie<br />

Ausschnitte zu sammeln und gleichsam<br />

in einer Collage zusammenzukleben.<br />

Jörg Schmiedekind kam 1984 zum<br />

Architekturstudium nach Westberlin.<br />

Seine ausgiebigen Erkundungs-<br />

Streifzüge durch die Stadtlandschaft<br />

bekamen mit dem Fall der Mauer ein<br />

neues, magisches Zielgebiet: <strong>Berlin</strong>-<br />

Mitte, bzw. was daraus geworden war.<br />

Vom urspünglichen Ziel, Gebautes<br />

und Stadtlandschaften im Stil der<br />

Architekturfotografie idealtypisch<br />

abzubilden, rückte Schmiedekind<br />

zu Gunsten einer ungeschönten<br />

Darstellung inklusive aller Störungen<br />

durch Stadtmöblierung, Schilderwald<br />

und Dauerprovisorien währenddessen<br />

immer weiter ab.<br />

Kirchner und Schmiedekind entdeckten<br />

zufällig, dass sie unabhängig voneinander<br />

eine bestimmte Ecke in Mitte seit<br />

1990 immer wieder aus den verschiedensten<br />

Blickwinkeln fotografierten:<br />

das kriegsversehrte und von der Mauer<br />

angeschnittene Karree Jerusalemer,<br />

Krausen-, Schützen-, und Lindenstraße,<br />

heute Axel-Springer-Straße. Jörg<br />

Schmiedekind von Anfang an in Farbe<br />

und bald digital, André Kirchner dagegen<br />

in Schwarzweiß auf Planfilm mit der<br />

Großformatkamera.<br />

18 brennpunkt 4/2011<br />

© André Kirchner<br />

© Jörg Schmiedekind<br />

Beim Zusammenlegen der Fotografien<br />

zeigte sich schnell, dass man sich nichts<br />

wegnahm, dass sich im Gegenteil für<br />

den beobachteten Ort eine neue, intensive<br />

Darstellung ergab: Schwarzweiß<br />

und Farbe, Schuß und Gegenschuß<br />

in der Perspektive, Detail und Totale<br />

in den Ausschnitten, in räumlichen<br />

Überschneidungen, die zeitlich<br />

bis zu zwanzig Jahre auseinander<br />

liegen. Alles aber mit den Mitteln der<br />

Architekturfotografie geerdet und gerade<br />

gestellt, dabei stets auf Augenhöhe<br />

des Passanten gehalten. Jeder konnte<br />

es sehen, hätte es sehen können, was<br />

an dieser durchaus typischen <strong>Berlin</strong>er<br />

Ecke ohne Ecken -die waren alle vier in<br />

Krieg und Nachkrieg verloren gegangen<br />

-geschah oder eben nicht geschah.<br />

bis 15. Oktober 2011<br />

galerie enpassant<br />

Brunnenstraße 169<br />

10119 <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

Di – Fr 14 – 18 Uhr<br />

Sa 12 – 16 Uhr


Jörg Schmiedekind<br />

«Frontalansichten«<br />

Wie immer in seinen Arbeiten geht<br />

es Schmiedekind nicht um die<br />

Abbildung des Besonderen, sondern<br />

um das Banale, Alltägliche. Dabei<br />

wird ein neutraler Blick auf die Dinge<br />

gewählt: Kameraposition strikt in<br />

Augenhöhe bei moderater Brennweite,<br />

keine extravaganten Blickwinkel und<br />

neutrales, diffuses Tageslicht. Kein<br />

Effekt soll vom Abgebildeten ablenken.<br />

Allein Komposition und Bildausschnitt<br />

kokettieren mit der Subjektivität des<br />

quasi-dokumentarischen Unterfangens.<br />

Komposition und Bildschnitt sind es<br />

auch, die das Abgebildete seiner puren<br />

Zweckdienlichkeit entheben und<br />

ästhetisch aufladen.<br />

Unser Leben spielt sich zu großen<br />

Teilen an gewöhnlichen Orten ab. Wir<br />

beachten sie nicht besonders, sind sie<br />

alltäglich und wir sehen sie ständig - sie<br />

scheinen vertraut.<br />

Abstand und Stille der Fotografie ermöglichen<br />

zu sehen, woran man sonst vorüber<br />

geht. Der Stadtraum ist oft überfüllt<br />

mit Details, die wir vor Ort gar nicht<br />

wahrnehmen können. Erst die Fotografie<br />

ermöglicht das genussvolle Eintauchen<br />

in die visuelle Kakophonie des Alltags.<br />

Die im Fenster 61 gezeigten Arbeiten<br />

sind ein Auswahl aus der offenen <strong>Berlin</strong>-<br />

Serie Schmiedekinds. Die Auswahl konzentriert<br />

sich auf ausschnitthafte Erdgeschoß-Frontalansichten<br />

von typischer<br />

<strong>Berlin</strong>er Blockrandbebauung.<br />

bis 11. Oktober 2011<br />

FENSTER 61<br />

Torstraße 61<br />

10119 <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

© Jörg Schmiedekind<br />

© Jörg Schmiedekind<br />

© Jörg Schmiedekind © Jörg Schmiedekind<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

19


Galerien<br />

Michael Gebur<br />

Ulrich Meyer<br />

»Leben am Mekong«<br />

Im Rahmen des Mekong-Ländertages<br />

in der Albert-Einstein Volkshochschule<br />

Tempelhof-Schöneberg wurde<br />

auch eine Fotoausstellung der beiden<br />

asienerfahrenen Fotografen Michael<br />

Gebur und Ulrich Meyer eröffnet. Die<br />

Schwerpunktthemen dieser Ausstellung<br />

sind »Wasser, Ernährung und Gesundheit«.<br />

Die dokumentaristischen Fotos<br />

geben dem Betrachter die Möglichkeit,<br />

das Leben der Menschen am Mekong<br />

außerhalb der touristischen Höhepunkte<br />

kennen zu lernen. Gezeigt<br />

werden Fotos aus Vietnam, Laos, Kambodscha<br />

und Thailand, die auf verschiedenen<br />

Reisen der Fotografen entstanden<br />

sind.<br />

© Michael Gebur<br />

Obwohl die Fotos primär dokumentaristischen<br />

Charakter haben, bleibt<br />

auch der humoristische Aspekt mancher<br />

Motive dem Betrachter nicht verborgen.<br />

bis 10. November 2011<br />

Albert Einstein Volkshochschule<br />

Barbarossaplatz 5<br />

10718 <strong>Berlin</strong>-Schöneberg<br />

Mo – Fr 9 – 21 Uhr<br />

(in den Ferien bis 16 Uhr)<br />

Sa + So 10 – 14 Uhr<br />

20 brennpunkt 4/2011<br />

© Ulrich Meyer<br />

© Michael Gebur<br />

© Ulrich Meyer<br />

© Michael Gebur


Karoline Bofinger<br />

Inga Alice Lauenroth<br />

Nele Gülck<br />

Chiara Dazi<br />

Calin Kruse<br />

Fred Hüning<br />

Klaus Muenzner<br />

»Familienbande«<br />

Die Familie ist tot! Es lebe die Familie!<br />

Die Strukturen und Größe von Familien<br />

haben sich in den letzten Jahrzehnten<br />

grundlegend geändert. Die Großfamilie<br />

hat ausgedient und wurde ersetzt durch<br />

Patchwork-, Klein- und Kleinst-Familien<br />

- bevorzugt ohne Trauschein. Wahlverwandtschaften<br />

werden Verwandtschaften<br />

vorgezogen. »Uneheliches Kind«<br />

ist lange schon kein Schimpfwort mehr<br />

- es ist aus dem Alltagswortschatz praktisch<br />

verschwunden. »Spätgebärende«<br />

meint heute Frauen Mitte Vierzig und<br />

nicht Ende Zwanzig. Früher kamen<br />

die Kinder automatisch, heute geplant<br />

und dem Lebensplan angepasst. Früher<br />

waren Kinder normal, heute einschneidende,<br />

lebensverändernde Naturereignisse.<br />

Heute beginnt eine Familie schon<br />

mit 2 Personen. Die Bande, die dadurch<br />

entstehen, sind aber nicht weniger eng<br />

als früher bei der ehelichen Kinderschar.<br />

GANZ IM GEGENTEIL - Dies behaupten<br />

zumindest die ausstellenden Fotografinnen<br />

und Fotografen Karoline Bofinger,<br />

Inga Alice Lauenroth, Nele Gülck,<br />

Chiara Dazi, Calin Kruse, Klaus Muenzner<br />

und Fred Hüning mit ihren meist<br />

ganz persönlichen Ansichten von Familie<br />

2011.<br />

© Fred Hüning<br />

bis 4. November 2011<br />

Fotogalerie Friedrichshain<br />

Helsingforser Platz 1<br />

10243 <strong>Berlin</strong>-Friedrichshain<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

Di, Mi, Fr, Sa 13 – 18 Uhr<br />

Do 10 – 18 Uhr<br />

21


Galerien<br />

Fred Hüning<br />

»persönlich«<br />

Unter dem beziehungsreichen Titel persönlich<br />

stellt der <strong>Berlin</strong>er Fotokünstler<br />

Fred Hüning einen fotografischen Bilderzyklus<br />

vor, der das Intime und das<br />

Schöne in radikaler Weise beschwört.<br />

Hüning rückt seine private Ikonografie,<br />

die eigene Familiengeschichte in den<br />

Mittelpunkt, seine Freundin und seinen<br />

heranwachsenden Sohn, in einer Art<br />

intimer Expedition als assoziative Bildcollage.<br />

Dabei setzt er die emotionale<br />

Kraft des intimen Raumes in sehr persönliche<br />

und zugleich zeitlose Bildmomente<br />

ohne lineare Abfolge um.<br />

Die Geschichte der fortlaufenden Trilogie<br />

nimmt ihren Anfang in der Bildserie<br />

»einer«: sie handelt von Leben und<br />

Tod, Trauer und Neubeginn. »zwei«<br />

widmet sich allein der Freundin (und<br />

Mutter seines Sohnes) und erzählt in<br />

intimen Portraits und stimmungsvollen<br />

Landschaftsaufnahmen eine allgemeingültige<br />

Liebesgeschichte – vom Verlieben,<br />

langsamen Annähern, von Erotik<br />

und Liebe bis hin zum Wunsch, ein<br />

gemeinsames Kind zu zeugen. »drei«<br />

stellt abermals die Freundin des Fotografen<br />

und jetzt auch ihren gemeinsa-<br />

Andreas David<br />

»Moment«<br />

Der Moment, der sich ungeplant ergibt<br />

und regelrecht aus dem Nichts entsteht.<br />

Der Moment des Sehens, der Aufnahme<br />

und später der Moment der Betrachtung.<br />

Andreas David zeigt ausgewählte Fotografien,<br />

die als solche Momente auf<br />

Reisen durch Bulgarien und anderen<br />

Länder entstanden sind. Keine Portraits<br />

von Menschen, sondern dokumentarische,<br />

oft minimalistische und grafische<br />

Eindrücke fremder Städte und Orte.<br />

Begegnungen von Vorurteilen, Eindrücken<br />

und Stimmungen des Fotografen<br />

mit genau diesen Spiegelbildern in<br />

22 brennpunkt 4/2011<br />

© Fred Hüning<br />

men Sohn ins Zentrum und erzählt in<br />

atmosphärischen Situationsschilderungen<br />

und stimmungsvollen Stillleben<br />

von der engen Bindung des Kindes zur<br />

Mutter, dem langsamen Herausbilden<br />

einer eigenständigen Persönlichkeit und<br />

dem Zauber der Kindheit.<br />

Die Arbeit »zwei« ist inspiriert von<br />

Nobuyohsi Arakis frühen Fotobuch Sentimental<br />

Journey (1971), das für den<br />

japanischen Fotokünstler der Beginn<br />

seiner Fotokarriere war.<br />

der urbanen Landschaft. Ein Blick auf<br />

Geschichten, Tristesse, Durcheinander<br />

und die Ruhe selbst. Eine Mischung aus<br />

Farb- und Schwarzweißfotografien.<br />

Vernissage: 7. Oktober 2011, 19 Uhr<br />

8. Oktober bis 12. November 2011<br />

Luxad<br />

Mommsenstaße 42<br />

10629 <strong>Berlin</strong>-Charlottenburg<br />

Mo – Fr 10 – 19 Uhr<br />

Sa 12 – 18 Uhr<br />

Angesichts der allgegenwärtigen medialen<br />

Transparenz von scheinbarer Privatheit<br />

setzen Hünings Bilder und Publikationen<br />

symbolhafte und poetische<br />

Augenblicke von subtiler Intimität ohne<br />

künstliche Effekte. Berührend schmerzvoll<br />

und berührend schön.<br />

Anlässlich der Vernissage erscheint<br />

Hünings bei Peperoni Books verlegtes<br />

Buch »drei« und wird zusammen<br />

mit den beiden bereits erschienenen<br />

Büchern der Trilogie durch den Verleger<br />

Hannes Wanderer vorgestellt.<br />

Während in der BrotfabrikGalerie die<br />

Arbeiten »zwei« und »drei« gezeigt<br />

werden, sind Ausschnitte aus »einer«<br />

bis zum 4. November 2011 in der<br />

»Fotogalerie Friedrichshain« zu sehen –<br />

anlässlich einer von Fred Hüning kuratierten<br />

Gruppenausstellung mit dem<br />

Titel »Familienbande«.<br />

Vernissage und Buchpräsentation:<br />

21.Oktober, 20.00 Uhr<br />

in Anwesenheit des Künstlers<br />

22. Oktober bis 4. Dezember 2011<br />

Brotfabrik Galerie<br />

Caligariplatz<br />

13086 <strong>Berlin</strong>-Weissensee<br />

Di – So 16 – 21 Uhr<br />

© Andreas David


Sibylle Bergemann<br />

»Die Polaroids«<br />

Magdalena mit Strohhut, im Arm ein<br />

ausgestopfter Vogel. Eine junge Frau am<br />

Fenster wie eine Vision aus längst vergangener<br />

Zeit. Dinge, die leise miteinander<br />

zu sprechen scheinen.<br />

Pflanzen, die zu magischen Lichtquellen<br />

werden. Man spürt sofort: das sind verwunschene<br />

Bilder, alles andere als beliebige<br />

Schnappschüsse. Sibylle Bergemann<br />

fand im Polaroid ein Medium, das ihrer Art<br />

zu Sehen auf besondere Weise entsprach.<br />

So ist am Rande von Modeaufnahmen,<br />

Reportagereisen oder im Privaten eine<br />

ganz eigene poetische, manchmal<br />

surreal anmutende Bildwelt entstanden.<br />

Mit großem Einfühlungsvermögen<br />

setzte die Photographin die künstlerischen<br />

Möglichkeiten des Sofortbild-<br />

Verfahrens ein, wusste genau, welche<br />

Motive mit der Polaroidkamera »funktionierten«.<br />

Das waren Momente, die sie<br />

selbst berührten, Orte, an denen gelebt<br />

wurde, kleine subtile Überraschungen,<br />

hinter dem Sichtbaren verborgene<br />

Geheimnisse. Treppen, abblätternder<br />

Putz, verblassende Farben, Tiere,<br />

Puppen, Zauberwesen.<br />

Jedes Polaroid ist ein Unikat, durch<br />

zurückgenommene Farbigkeit und<br />

leichte Unschärfe rätselhaft entrückt,<br />

zugleich sinnlich erlebbar und von<br />

bezwingender Intensität. Im Zeitalter des<br />

perfekten Digitalbildes erzählen Sibylle<br />

Bergemanns Polaroidaufnahmen vom<br />

Erinnern und Vergessen, lassen uns staunen<br />

über die wundersame Entstehung<br />

einer andersartigen, oft unvermuteten<br />

Wirklichkeit – unwiederholbar und von<br />

einzigartiger Schönheit.<br />

Susanne Schmid<br />

bis 15. Oktober 2011<br />

Johanna Breede<br />

PHOTOKUNST<br />

Fasanenstraße 69<br />

10719 <strong>Berlin</strong>-Charlottenburg<br />

Di – Fr 11 – 18 Uhr<br />

Sa 11 – 16 Uhr<br />

© Sibylle Bergemann, »Magdalena«, <strong>Berlin</strong>, 1998, (Original in Farbe)<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

© Sibylle Bergemann, »o.T.«, (Original in Farbe) © Sibylle Bergemann, »o.T.«, (Original in Farbe)<br />

Anlässlich zum 70. Geburtstag der<br />

Fotografin Sibylle Bergemann<br />

23


Galerien<br />

Birgit Krause<br />

»Unwillkürliche<br />

Erinnerungen«<br />

Recherche & Blue Monday<br />

Mémoire involontaire in der Fotografie<br />

Die Blumen des Schönen<br />

Der Zucker unserer Erinnerungen<br />

liegt unverrührt auf dem Grund unseres<br />

Gedächtnisses. Ob jemand lieber<br />

grünen Tee trinkt, italienischen Espresso<br />

oder argentinischen Mate, das ist egal.<br />

Worauf es ankommt, ist der Moment, in<br />

dem der Zucker verschmilzt mit unserer<br />

Erinnerung: Dann zuckt der Erinnerungsblitz<br />

und schleudert uns zurück<br />

in die Vergangenheit. Über der Tasse<br />

reiben wir uns verwundert die Augen<br />

und sehen, wie sich ein japanisches<br />

Wunderpapier mit Flüssigkeit vollsaugt<br />

und in einen herrlichen Schwan verwandelt.<br />

Die <strong>Berlin</strong>er Fotografin Birgit Krause<br />

(Studentin der Ostkreuzschule bei<br />

Sibylle Bergemann, Meisterschülerin<br />

von Prof. Arno Fischer) zeigt Arbeiten<br />

unter dem Titel Unwillkürliche Erinnerungen.<br />

Die Anspielung auf Marcel<br />

Prousts Jahrhundertwerk »Auf der Suche<br />

nach der verlorenen Zeit« ist evident.<br />

Proust beschreibt die Form der unwillkürlichen<br />

Erinnerung anhand einer einzigartigen<br />

Szene. Birgit Krause dagegen<br />

signalisiert bewusst eine Vielzahl<br />

unwillkürlicher Erinnerungen. Die<br />

beiden Serien »Recherche« und »Blue<br />

Monday« beziehen sich dabei auf zwei<br />

ausgesuchte Lebensphasen mit je eigenen<br />

Stimmungen und Valeurs: zum<br />

einen auf die Kindheit, zum anderen<br />

auf die Jugend.<br />

Deutet man die Bildunschärfen in<br />

»Recherche« leichtfertig als Ausdruck<br />

erinnerungstechnischer Verschwommenheit,<br />

so ist damit nichts gewonnen.<br />

Die Wahl einer Einwegkamera<br />

entspringt bewusst einer ästhetischen<br />

Begrenzung auf das kindliche Sehen<br />

selbst. Dieses sieht in den Dingen oft<br />

mehr, als sie in Wahrheit sind. Es ist<br />

bezeichnend, dass die Fotografin ihre<br />

Motive nicht an konkreten Orten der<br />

Kindheit und Jugend auffand, sondern<br />

24 brennpunkt 4/2011<br />

© Birgit Krause © Birgit Krause<br />

© Birgit Krause<br />

verstreut in der ganzen Welt. Ein Kantinentisch<br />

in einem DDR-Bunker erinnerte<br />

sie an ihre Kindergartenzeit in Hildesheim.<br />

Weiter könnten Vergangenheit<br />

und Bild, Erinnerung und Motiv, Abbild<br />

und Original kaum auseinander liegen.<br />

Und doch entsteigt dem Bild unaufhörlich<br />

der gleiche leicht saure Geruch<br />

frisch aufgebrühten Hagebuttentees.<br />

Schwarze Nischen und einsame Vögel,<br />

irdische Mondlandschaften und in sich<br />

versunkene Galaxien – der düstere<br />

Grundton von »Recherche« deutet nicht<br />

auf eine bunte Blümchenwiese hin. Und<br />

doch scheinen gerade die schwärzesten<br />

Stellen der Bilder direkt hinüberzufüh-<br />

ren auf jene leuchtende Wiese, auf der,<br />

wie der argentinische Autor Julio Cortázar<br />

einmal sagte, »das Einhorn wiehert«.<br />

Insofern wundert es nicht, dass in<br />

der Jugend ein Farbenbekenntnis erfolgt.<br />

»Blue Monday« – es ist das Schwarzblau<br />

des New Wave und der New Romantic<br />

der 80er Jahre, das die Bilder der<br />

zweiten Serie wie ein Oxidations- und<br />

Haarfärbemittel von damals durchzieht.<br />

Die blaue Blume der Romantik blüht<br />

auf, um sich augenblicklich in etwas<br />

Abstraktes zu verwandeln. Für einen<br />

Moment jedoch ist die Vergangenheit<br />

spürbar nah.<br />

Betrachtet man Birgit Krauses Bilder als<br />

fotografische Erkundungen der Erinnerung<br />

im Modus der Vergangenheit, dann<br />

gehen sie in einem selbst auf. Obwohl<br />

in jüngster Zeit entstanden, wirken sie,<br />

als hätten sie viele Jahre darauf gewartet,<br />

endlich gepflückt zu werden.<br />

Stephan Reisner<br />

www.birgit-krause.com<br />

bis 6. November 2011<br />

exp12 / exposure twelve<br />

Senefelderstraße 35<br />

10437 <strong>Berlin</strong> – Prenzlauer Berg<br />

www.exp12.com<br />

Fr – So 14 – 20 Uhr


Oona Eberle<br />

»What Do We Know«<br />

Fragmente eines Sommers<br />

»Drei offene Fenster bestätigen, dass<br />

das Meer existiert. Und wenn das Meer<br />

existiert, sitze ich auf dem Bettrand, wie<br />

jeden morgen, und trinke in winzigen<br />

Schlucken einen tiefschwarzen, bitteren<br />

Kaffee, der vor ein paar Minuten<br />

noch Pulver war und jetzt Flüssigkeit ist.<br />

Wie lange ist es her, dass ich mit dieser<br />

Zeremonie anfing? Kaffee trinken und<br />

dabei das Meer betrachten als wären die<br />

Wellen Bruchstücke von Leben.<br />

Das Wasser erzeugt einen gemächlichen<br />

Reiz, eine höchste Gemütsruhe,<br />

ein merkwürdiges Erstaunen, das<br />

beruhigt«. (Zoé Valdés, »Das tägliche<br />

Nichts«)<br />

Nachdenklich macht einen das schon:<br />

Hipstamatic-Prints in einer Ausstellung<br />

für Fotografie? Hat Hipstamatic überhaupt<br />

einen Platz in der klassischen<br />

Fotografie? Eine, für das iphone entwickelte<br />

Software, die mit einer Vielzahl<br />

an Filtern und Linsen verschiedene Epochen<br />

der analogen Fotografie nachempfindet?<br />

Hipstamatic be- und entschleunigt die<br />

Entwicklung der Fotografie in unserem<br />

immer schneller werdenden Zeitalter<br />

gleichermaßen und führt die digitale<br />

Entwicklung in gewisser Weise ad<br />

absurdum.<br />

Oona Eberle, Schülerin von Sibylle Bergemann<br />

und Arno Fischer hat sich einen<br />

Sommer lang auf das Experiment eingelassen<br />

und sich auf das Medium konzentriert,<br />

das in ihrem Leben im wahrsten<br />

Sinne des Wortes auf der Hand, bzw.<br />

am Ohr liegt.<br />

Unter dem Titel »What Do We Know«<br />

zeigt sie einfühlsame Bilder die wie eine<br />

Spiegelung ihrer Seele wirken. Momente<br />

aus dem alltäglichen Leben, ohne Inszenierung<br />

aber mit einem tiefen Blick für<br />

den Moment.<br />

Ein Hauch von Melancholie schwebt<br />

durch die Bilder. Schemenhafte Erinnerungen,<br />

entfernte, einzigartige Erlebnisse<br />

und Begebenheiten. Momente, in<br />

denen die Zeit für einen Augenblick still<br />

© Oona Eberle<br />

stand und die letztendlich in Wellen<br />

unwiederbringlich fortgespült wurden.<br />

Oona Eberle fotografiert intuitiv spontan<br />

erlebte Situationen mit präzisem Augenmerk,<br />

für den Moment und dem Schönen<br />

in den kleinen Dingen des Lebens.<br />

Mit »Fragmente eines Sommers« schickt<br />

sie uns auf eine Reise in das Innere von<br />

uns selbst und holt uns wieder zurück<br />

in das Jetzt und lässt uns die Welt durch<br />

ihre Augen sehen.<br />

»The world is appearing and disappearing<br />

all the time at every moment. Culture<br />

and memory may contain the things<br />

we know, but experience is our only<br />

entry into this world«. (Ken Schles)<br />

Vernissage: 11. November 2011<br />

19 Uhr<br />

© Oona Eberle<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

12. November bis 18. Dezember 2011<br />

exp12 / exposure twelve<br />

Senefelderstraße 35<br />

10437 <strong>Berlin</strong> – Prenzlauer Berg<br />

www.exp12.com<br />

Fr – So 14 – 20 Uhr<br />

25


Galerien<br />

SURRAU PHOTO<br />

WIN 2010<br />

Penny Klepuszewska ( GB )<br />

Giuliano Matteucci ( I )<br />

Eva Leitolf ( D )<br />

Jonas Petronis ( LT )<br />

Massimiliano T. Rezza ( I )<br />

Entstanden ist dieser SURRAU PHOTO<br />

WIN aus dem Zusammentreffen von<br />

Salvatore Ligios, Verleger, Fotograf<br />

und Präsident von Su Palatu und<br />

dem Unternehmer und Kunstsammler<br />

Martino Demuro. Der Surrau Photo<br />

Win ist ein internationaler Fotopreis zur<br />

Förderung der Fotografie, von Projekten<br />

und Autoren. Mit 10.000 Euro dotiert,<br />

wurde er erstmalig im Oktober 2010 in<br />

Sardinien verliehen.<br />

Nach der Präsentation von 60 Fotografen<br />

durch verschiedene Kuratoren wurde,<br />

aus einer kleinen Auswahl von 5 Autoren<br />

(Penny Klepuszewska, Eva Leitolf,<br />

Giuliano Matteucci, Jonas Petronis,<br />

Massimiliano T. Rezza), die Arbeit von<br />

Eva Leitolf prämiert.<br />

Die 1. <strong>Edition</strong> des SURRAU PHOTO<br />

WIN findet jetzt in <strong>Berlin</strong> statt.<br />

© Eva Leitolf<br />

26 brennpunkt 4/2011<br />

© Giuliano Matteucci<br />

© Penny Klepuszewska<br />

© Massimiliano T. Rezza<br />

© Jonas Petronis<br />

bis 9. Oktober 2011<br />

Café Aroma Photogalerie<br />

Hochkirchstraße 8<br />

10829 <strong>Berlin</strong>-Schöneberg<br />

Mo – Fr 18 – 24 Uhr<br />

Sa – So 14 – 24 Uhr<br />

und nach Vereinbarung


Siegfried Utzig<br />

»Spree-Veduten«<br />

Die Eigenheiten der italienischen Landschafts-<br />

und Stadtansichten des 17. Jahrhunderts<br />

waren ihre wirklichkeitsgetreue<br />

Darstellung einer Landschaft oder<br />

eines Stadtbildes.<br />

Dass der strenge formale Ansatz der<br />

Veduten auch heute noch zu überzeugenden<br />

Bildern führen kann, zeigt Siegfried<br />

Utzig mit seinem Portfolio »Spree-<br />

Veduten«.<br />

Eingebettet in eine konsequent durchgehaltene<br />

formale Strenge, nehmen die<br />

Schwarz-Weiss Fotografien den Betrachter<br />

mit auf eine, an Überraschungen<br />

reiche, Reise durch <strong>Berlin</strong> entlang der<br />

Spreeufer.<br />

Die Reise beginnt beim Eintritt der Spree<br />

in die Stadt am Müggelsee im Osten und<br />

endet an der Mündung in die Havel im<br />

Westen in <strong>Berlin</strong>-Spandau.<br />

Auf den gut 50 Kilometern durch <strong>Berlin</strong><br />

erschließt das Portfolio die ganze Vielfalt<br />

der Stadtlandschaft mit ihren unterschiedlichen<br />

Formen des Lebens und<br />

der Gestaltung des Stadtraums entlang<br />

des Flusses.<br />

Es entstand ein Bilderbogen <strong>Berlin</strong>s, der<br />

vom idyllisch grünen Flussabschnitt,<br />

über die industrielle genutzten Uferzonen<br />

und die verschiedenen Formen<br />

der Wohnbebauung bis hin zum touristisch,<br />

politisches Zentrum in <strong>Berlin</strong>-<br />

Mitte reicht. Dabei wurde konsequent<br />

auf sattsam bekannte Motive und Kamerastandpunkte<br />

verzichtet.<br />

Durch die Dichte der Bildfolge und die<br />

Nüchternheit der Aufnahmen sind die<br />

bekannten Eyecatcher entbehrlich. Im<br />

Gegenteil, sie würden die Harmonie<br />

des Gesamtwerks stören. Die Fotografien<br />

zeigen daher ein weitgehend unbekanntes<br />

<strong>Berlin</strong>.<br />

Siegfried Utzig wurde 1955 in St.<br />

Wendel/Saar geboren.<br />

Sein Interesse an der Photographie<br />

besteht seit frühster Jugend. Die erste<br />

eigene Spiegelreflexkamera erwarb er<br />

mit 17 Jahren, um sich zuerst ausschließlich<br />

der Dia-Fotografie zu widmen.<br />

In den achtziger Jahren folgte dann<br />

© Siegfried Utzig<br />

eine verstärkte Konzentration auf die<br />

Schwarz-Weiß-Photographie.<br />

Seit Mitte der neunziger Jahre, auf der<br />

Suche nach neuen photographischen<br />

Gestaltungsmöglichkeiten, kam die Hinwendung<br />

zu historischen photographischen<br />

Verfahren - insbesondere Bromöldruck<br />

und Gummidruck - als Medium<br />

der Bildgestaltung.<br />

Er nahm dann umfangreiche autodidaktische<br />

Studien zu den historischen,<br />

fotografischen Verfahren vor, sowie ihrer<br />

Anwendung unter Zuhilfenahme moderner<br />

digitaler Fototechnik.<br />

Er lebt und arbeitet heute in <strong>Berlin</strong>.<br />

Vernissage:<br />

13. Oktober 2011, 20 Uhr<br />

© Siegfried Utzig<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

14. Oktober 2011 bis 15. Januar 2012<br />

Café Aroma Photogalerie<br />

Hochkirchstraße 8<br />

10829 <strong>Berlin</strong>-Schöneberg<br />

Mo – Fr 18 – 24 Uhr<br />

Sa – So 14 – 24 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

27


Galerien<br />

Neue Präsentation der<br />

Fotosammlung Arthur<br />

de Ganay<br />

Fotografien von<br />

Lewis Baltz, Elger Esser, Candida<br />

Höfer, Arwed Messmer, Thomas<br />

Ruff, Thomas Struth und Hiroshi<br />

Sugimoto<br />

Anlässlich des fünfjährigen Bestehens<br />

der öffentlich zugänglichen Fotografie-<br />

Ausstellung der Sammlung Arthur de<br />

Ganay wurden am 11. September 2011<br />

Neuerwerbungen aus den letzten Jahren<br />

in einer Preview vorgestellt.<br />

In einem eigens für die Sammlung erworbenen<br />

und hergerichteten Loft in der<br />

Köpenicker Straße in <strong>Berlin</strong>-Kreuzberg,<br />

zeigt der aus Frankreich stammende<br />

Arthur de Ganay seit fünf Jahren einige<br />

der bedeutendsten Vertreter der deutschen<br />

Fotokunst der 1990er Jahre bis<br />

heute.<br />

Wichtiges Anliegen der Sammlung ist<br />

es, einen Beitrag zur breiten Akzeptanz<br />

der Fotokunst zu leisten. Durch<br />

die Ausstellung von ausgesuchten<br />

großformatigen Kompositionen soll<br />

aufgezeigt werden, dass die Fotografie<br />

der Malerei innerhalb der bildenden<br />

Künste gleichwertig ist.<br />

»Wo aber der Mensch aus der<br />

Photographie sich zurückzieht, da tritt<br />

erstmals der Ausstellungswert dem<br />

Kultwert überlegen entgegen.« (Walter<br />

Benjamin) In seinem Essay »Das<br />

Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen<br />

Reproduzierbarkeit« betonte Benjamin<br />

den Bedeutungsverlust des »Kultwerts«<br />

der Kunst durch die Möglichkeit der<br />

Reproduzierbarkeit. In diesen Prozessen<br />

verliere das Kunstwerk seine »Aura«,<br />

was in der Folge wiederum die soziale<br />

Funktion der Medien verändere. In<br />

diesem Zusammenhang unterstreicht er<br />

am Beispiel des Fotografen Eugène Atget<br />

die Anziehungskraft von menschenleeren<br />

Straßenbildern, deren beunruhigende<br />

Atmosphäre an einen Tatort erinnert.<br />

Die Sammlung Arthur de Ganay knüpft<br />

an diesen Aspekt der Fotografie an und<br />

richtet den Fokus auf die Landschafts-<br />

28 brennpunkt 4/2011<br />

Thomas Ruff, »a.s.b.01«, 2001, 130 x 170 cm,<br />

C-Print, gerahmt<br />

Courtesy: Arthur de Ganay und Johnen Galerie<br />

© VG Bild-Kunst<br />

und Architekturfotografie, um den<br />

Betrachter durch den von Benjamin<br />

genannten »Kult der Erinnerung« nicht<br />

abzulenken.<br />

In einer sehr konzentrierten Präsentation<br />

werden die Werke in zusammenhängenden<br />

Ensembles gezeigt. Oft sind es die<br />

eindrucksvollsten, vielleicht auch repräsentativsten<br />

Motive einer Werkgruppe,<br />

die Arthur de Ganay erwirbt, um sie<br />

in seinen Räumen der Öffentlichkeit<br />

zugänglich zu machen.<br />

Zum 10. Jahrestag der Terroranschläge auf<br />

das World Trade Center am 11. September<br />

2001 in New York, wurden in der neuen<br />

Präsentation der Sammlung zwei Bilder<br />

von Thomas Ruff gegenübergestellt: die<br />

Arbeit »jpg td03« aus dem Jahre 2006,<br />

welche den Einsturz des World Trade<br />

Centers zeigt, steht der Arbeit »Nacht<br />

20 I« aus dem Jahre 1995 gegenüber. In<br />

dieser Stadtansicht verwendete Thomas<br />

Ruff ein Nachtsichtgerät, welches in der<br />

Kriegsberichterstattung während des<br />

zweiten Golfkrieges im Jahre 1990 eingesetzt<br />

wurde. Die beiden Bilder zeigen<br />

wie die moderne Kriegsberichterstattung<br />

vom Golfkrieg 1990 bis zum Krieg gegen<br />

den Terror seit 2001 die Darstellung von<br />

Brutalität verharmlost.<br />

Die Gegenüberstellung der beiden<br />

Fotografien soll auch den fragwürdigen,<br />

populistischen Reiz und den gesellschaftlichen<br />

Einfluss von Bildern diskutieren,<br />

die mit Überwachungskameras<br />

oder Amateurvideos entstehen und<br />

unbegrenzt im Internet kursieren.<br />

Ein weiteres Motiv der neuen Hängung<br />

der Sammlung sind Straßenbilder mit<br />

Werken von Thomas Struth und Arwed<br />

Messmer. Ob in <strong>Berlin</strong>, Lima oder<br />

Leipzig zu verschiedenen Zeitpunkten<br />

aufgenommen, erinnern die gezeigten<br />

Ruinen und Leerstellen ebenfalls an das<br />

Thema der Zerstörung durch den Krieg<br />

und knüpfen so an die zuvor beschriebenen<br />

Bilder Ruffs an.<br />

Mit der veränderten Präsentation von<br />

»Color of Shadows C 1022« wird<br />

ein Ensemble des Künstlers Hiroshi<br />

Sugimoto abgerundet. In Ergänzung zu<br />

einer kleinen, unscharfen Aufnahme des<br />

Bodensees aus der Serie »Seascapes«<br />

und zusammen mit der großformatigen<br />

Arbeit »Austrian Post Offices<br />

Saving Bank«, entsteht ein magistrales<br />

Ensemble, welches die entscheidenden<br />

Qualitäten Sugimotos Bildsprache<br />

erfahrbar macht.<br />

Mit den Aufnahmen der Pariser<br />

Oper von Candida Höfer und den<br />

Landschaftsaufnahmen von Elger Esser<br />

sind weitere Ensembles zu sehen, die<br />

bereits als Klassiker der Sammlung gelten.<br />

Arthur de Ganay begann bereits<br />

während seines Architekturstudiums<br />

in Paris Mitte der Neunziger Jahre<br />

Fotokunst zu sammeln. Sein besonderes<br />

Interesse gilt großformatiger<br />

Landschafts-und Architekturfotografie.<br />

Von großer Bedeutung war für ihn die<br />

Begegnung mit dem künstlerischen<br />

Werk Hiroshi Sugimotos, welches seine<br />

Sammlungstätigkeit seither stark geprägt<br />

hat. Mit seinem Umzug nach <strong>Berlin</strong> im<br />

Jahre 2001 widmete sich der Sammler<br />

verstärkt der deutschen Fotokunst, insbesondere<br />

der Düsseldorfer Becher-Schule<br />

mit Künstlern wie Thomas Ruff, Thomas<br />

Struth oder Candida Höfer, um einige<br />

der wichtigsten Vertreter zu nennen. Seit<br />

2006 ist die Sammlung Arthur de Ganay<br />

öffentlich zugänglich.<br />

bis 30. Dezember 2011<br />

Fotografiesammlung Arthur de Ganay<br />

Köpenicker Straße 10A<br />

10997 <strong>Berlin</strong>-Kreuzberg<br />

Führungen finden jeden ersten<br />

Samstag im Monat von 14 bis 16 Uhr<br />

statt.<br />

Anmeldung erforderlich unter:<br />

info@collectionarthurdeganay.com<br />

www.collectionarthurdeganay.com


Erik van der Haas<br />

»Das Chaos und die<br />

Schöne«<br />

Erotische Fotografien<br />

Marode und baufällige Gebäude unterstreichen<br />

durch ihre Unvollkommenheit<br />

die Schönheit und den Reiz des weiblichen<br />

Körpers.<br />

Durch die maroden Ruinen wird ein<br />

intensiver Kontrast zur Lebendigkeit und<br />

der persönlichen Ausstrahlung des Menschen<br />

erzeugt, was die Kernaussage von<br />

Eriks Haas Fotografien darstellt. Die Bilder<br />

entstehen spontan und intuitiv.<br />

In oft halsbrecherischen Aktionen entstehen<br />

die Aufnahmen mit einem minimalen<br />

technischen Aufwand.<br />

Helmut Baumann<br />

»Aus dem Rahmen<br />

gefallen«<br />

Aktfotografien<br />

Helmut G. Baumann, 59 Jahre, ist Foto-<br />

Autodidakt seit seinem 14.Lebensjahr.<br />

Erste Aufnahmen mit der legendären<br />

Exa Ib: Einstürzende Altbauten, Porträts<br />

am Strand, Naturaufnahmen.<br />

Seit 10 Jahren ist er überzeugter Digitalist<br />

mit Augenmerk auf das Motiv, nicht<br />

auf die Montage.<br />

Der Akt in beeindruckender Landschaft<br />

ist seine neue Leidenschaft.<br />

Gemeinsam mit anderen Fotografen und<br />

Modellen unternimmt er Fotoreisen in<br />

die Toskana, Südfrankreich, Teneriffa.<br />

Vernissage<br />

4. November 2011, ab 19 Uhr<br />

© Erik van der Haas<br />

© Helmut Baumann<br />

Vorschau:<br />

2. Dezember bis 31. Dezember 2011<br />

Gemeinschaftsausstellung des Arbeitskreises<br />

für künstlerische Aktfotografie<br />

Ergebnisse vom Sommertreffen Wasserburg<br />

Gerswalde<br />

7. Oktober bis 30. Oktober 2011<br />

Die Aktgalerie<br />

Krossenerstraße 34<br />

10245 <strong>Berlin</strong>-Friedrichshain<br />

Fr, Sa, So 16 – 20 Uhr<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

Durch einen bewussten Verzicht auf<br />

digitales „Botox“ bei der Optimierung<br />

der Gesichter und der Körper am Computer<br />

bleibt die Authentizität der fotografierten<br />

Frauen erhalten.<br />

Somit versucht Erik van der Haas<br />

einen Gegensatz und eine Alternative<br />

zur Hochglanzfotografie nach Art der<br />

bekannten Männermagazine zu schaffen.<br />

Vernissage<br />

7. Oktober 2011, ab 19 Uhr<br />

4. November bis 27. November 2011<br />

Die Aktgalerie<br />

Krossenerstraße 34<br />

10245 <strong>Berlin</strong>-Friedrichshain<br />

Fr, Sa, So 16 – 20 Uhr<br />

29


Galerien<br />

Ursula Kelm<br />

»Vergänglichkeit der<br />

Zeit«<br />

Fotoarbeiten<br />

Erinnerungen, auch wenn sie schön<br />

sind, können manchmal eine Last sein.<br />

Das eigene Leben, einen Teil davon in<br />

fotografischen Bildern zu beschreiben,<br />

ist nicht einfach. Jedes Leben ist sehr<br />

komplex, aber wie nimmt man es wahr<br />

oder wie träumt man es.<br />

Fotos sind nicht wie Texte zu lesen, vermitteln<br />

aber Botschaften.<br />

Diese Botschaften sind chiffrierte Wirklichkeiten,<br />

verrätselt.<br />

Aus der Arbeit am Adressbuchprojekt<br />

stellten sich Fragen:<br />

Wer/was ist denn wichtig?<br />

Woran erinnere ich mich, wenn ich die<br />

Namen lese?<br />

Welche Bilder tauchen auf?<br />

Was verbinde ich damit?<br />

Bilder aus der Kindheit, der Familie,<br />

Bilder aus dem Jetzt, je nach Anordnung<br />

und Kontext bringen sie neue Bildeinheiten,<br />

neue Erzählungen hervor. Bilder<br />

kommunizieren, fließen ineinander. Der<br />

Betrachter wird aufgefordert, ein eigenes<br />

Bild zu schaffen.<br />

Zeit und Bewegung werden sichtbar.<br />

Innere Bilder bleiben vor dem Verschwinden<br />

festgehalten. Vergangenheit<br />

und Gegenwart, bereits vergangenes<br />

Leben, Schärfe und Unschärfe treffen<br />

sich zwischen Farbe, Verblasstem und<br />

schwarz/weiß zu neuer Einheit, zu Bildern<br />

von Zeit.<br />

Ursula Kelm<br />

Sechsundzwanzig Buchstaben : A-Z<br />

Sechsundzwanzig Bildeinheiten<br />

(2008-2011)<br />

(Einzelbilder, Diptychen oder Triptychen)<br />

Buchauflage: 26 Exemplare<br />

Das Adressbuchprojekt:<br />

... umgeknickte Ecken, vergilbte Ränder,<br />

kaum erkennbare Registerbuchstaben,<br />

.. . abgegriffen, so wie ein Teddybär<br />

nach vielen Jahren,<br />

.. . aufbewahrte Bilder zum Festhalten<br />

oder Neuentdecken.<br />

30 brennpunkt 4/2011<br />

© Ursula Kelm (Original in Farbe)<br />

© Ursula Kelm (Original in Farbe)<br />

© Ursula Kelm (Original in Farbe)<br />

Vernissage:<br />

7. Oktober 2011, 19 Uhr<br />

8. Oktober bis 12. November 2011<br />

imago fotokunst<br />

Linienstraße 145<br />

10115 <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

Di – Fr 12 – 19 Uhr<br />

Sa 14 – 18 Uhr


© Ursula Kelm (Original in Farbe)<br />

© Ursula Kelm (Original in Farbe)<br />

© Ursula Kelm<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

31


Galerien<br />

Abschlussarbeiten der<br />

Fotoklasse 27<br />

Künstlerische Leitung:<br />

Ursula Kelm<br />

Auseinandersetzung mit dem eigenen<br />

Bild vom Bild<br />

Mit elf Augenpaaren und elf Vorstellungen,<br />

das Gesehene festzuhalten und<br />

dem Betrachter zu vermitteln, haben<br />

wir uns aufgemacht, unsere Kunst ins<br />

Licht zu setzen.<br />

Das ohne Zweifel bei allen Beteiligten<br />

vorhandene leidenschaftliche Potenzial<br />

zur Bild erzeugenden Darstellung<br />

wurde durch die praktische Umsetzung<br />

klarer Aufgabenstellungen einem positiven<br />

Entwicklungsprozess unterzogen<br />

und mit guter Fixierung abgeschlossen.<br />

Hinsichtlich der künstlerischen Ausgestaltung<br />

dienten die oftmals langen<br />

und sehr intensiven Dialoge über das<br />

so genannte »gute Bild«, das es so ja<br />

nicht gibt.<br />

Nicht die vielen Bilder vermitteln, sondern<br />

das eine Bild oder die Bildreihe<br />

soll prägnant die Botschaft transportieren,<br />

war die Erkenntnis, die wir im<br />

Rahmen der künstlerischen Betrachtung<br />

gewinnen konnten.<br />

Unsere neuen Augen auf die Schönheit<br />

und das Besondere des Alltäglichen<br />

werden wir behalten.<br />

Wolfgang Zummack<br />

© Ronald Gierth<br />

© Larissa Honsek<br />

32 brennpunkt 4/2011<br />

© Heike Molkentin © Franziska Schmidt<br />

© Katrin Frohns © Uwe Gessner<br />

© Valentina Luski<br />

© Christine Mauch<br />

© Axel Schrick<br />

© Martina Kohnova<br />

© Wolfgang Zummack<br />

Vernissage:<br />

18. November 2011, 19 Uhr<br />

19. November bis 21. Dezember 2011<br />

imago fotokunst<br />

Linienstraße 145<br />

10115 <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

Di – Fr 12 – 19 Uhr<br />

Sa + So 14 – 18 Uhr


DAWID<br />

»RRR«<br />

Die Fotografie kann alles sein, vom<br />

authentischen Abbild bis hin zur Illusion,<br />

Realität und zugleich Imitation.<br />

Die Arbeiten von Dawid (Björn<br />

Dawidsson), einem der angesehensten<br />

und bekanntesten Fotografen und<br />

Künstler Schwedens, sind fast ein Synonym<br />

für diesen fotografischen Diskurs.<br />

Er wurde als Schwedens erste Postmoderner<br />

Künstler bezeichnet. Sein Werk<br />

wird breit diskutiert und bewegt sich<br />

oft auf dem schmalen Grat zwischen<br />

dem Grafischen und Fotografischen.<br />

Wie ein Alchemist und Wissenschaftler<br />

experimentiert er andauernd mit<br />

verschiedensten Techniken und Ausrüstungen<br />

- neuen und alten. Verspielt<br />

zeigt er immer wieder andere Sichtweisen<br />

auf gewöhnliche und ungewöhnliche<br />

Objekte. Seine Fotografien bestätigen<br />

die bestehenden Formen und stellen<br />

sie im gleichen Atemzug radikal in<br />

Frage und hinterfragen dabei unsere<br />

Wahrnehmung.<br />

Was ist eigentlich Fotografie? Abgesehen<br />

von einer technischen Erfindung ist Fotografie<br />

auch eine konzeptionelle Errungenschaft.<br />

Die Fotografie ist eine Abbildung<br />

von etwas, das bereits als Bild in<br />

unserer Vorstellung existiert. Es ist kein<br />

Zufall, dass die Diskussion dort weitergeht,<br />

wo sie René Magritte begonnen<br />

hat. Fotografie vergegenwärtigt etwas<br />

Abwesendes, einen realen Gegenstand<br />

in einer illusionären Art und Weise. Die<br />

Radikalität, welche die Arbeiten von<br />

Dawid auszeichnet, besteht im ständigen<br />

Prüfen und Überschreiten der Grenzen<br />

dieser Ausdrucksform. In der Serie<br />

RRR erforscht Dawid, wann ein Bild zu<br />

einer Illusion wird und trotzdem eine<br />

Fotografie bleibt.<br />

Dawid (Björn Davidsson) wurde 1949<br />

in Örebro geboren. Er lebt und arbeitet<br />

in Stockholm. 1969-70 Studium an<br />

der legendären Fotografieschule »Fotoskolan«,<br />

die unter Christer Strömholm<br />

von 1962 bis 1974 eine ganze Generation<br />

von hervorragenden schwedischen<br />

Fotografen hervorbrachte. Im Anschluss<br />

Grafikdesign-Studium an der Beckmans<br />

Reklamskola (Schule für Kunst und<br />

© DAWID RRR (Original in Farbe)<br />

© DAWID RRR (Original in Farbe)<br />

Design). Dozent an der Hochschule für<br />

Fotografie, Göteborg und der Kunsthochschule<br />

Stockholm. Dawid hat zahlreiche<br />

Bücher veröffentlicht, u.a. »Rost«<br />

DOG/Fotografiska Museet, Stockholm<br />

1983 und »Beautiful Frames«, Steidl<br />

bis 29. Oktober 2011<br />

SWEDISH PHOTOGRAPHY<br />

Karl-Marx-Allee 62<br />

10243 <strong>Berlin</strong>-Friedrichshain<br />

Mi – Sa 12 – 18 Uhr<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

2001. Vertreten u.a. in den ständigen<br />

Sammlungen des Morderna Museet,<br />

Stockholm, Hasselblad Center, Göteborg,<br />

Museum Folkwang, Essen, Statens<br />

Konstråd, (Kunstrat des schwedischen<br />

Kulturministeriums) Stockholm. Dawid<br />

hat auch zahlreiche Auszeichnungen<br />

und Stipendien erhalten. Seine Bilder<br />

sind in vielen Einzel- und Gruppenausstellungen<br />

gezeigt worden.<br />

33


Galerien<br />

Matthew Pillsbury<br />

»Photographs«<br />

Die galerie hiltawsky zeigt in Zusammenarbeit<br />

mit der Bonni Benrubi Gallery,<br />

New York die erst zweite Einzelausstellung<br />

der Werke des amerikanischen<br />

Künstlers Matthew Pillsbury in<br />

Deutschland. Die ausgestellten Arbeiten<br />

sind aus den Serien »Time Frame«<br />

und »Screen Lives«, sowie neue Arbeiten.<br />

Den Verlauf der Zeit einzufrieren ist der<br />

konventionellste Trick einer Kamera.<br />

Matthew Pillsbury’s Fotografien leisten<br />

mehr, sie fangen die Erfahrung von<br />

Zeit sowohl physisch als auch psychologisch<br />

ein. Ursprünglich davon ausgehend<br />

das Leben seiner Freunde und<br />

Familie in ihrer Freizeit zu fotografieren,<br />

rückte schnell die Gemeinsamkeit<br />

viel Zeit vor Bildschirmen und Fernsehern<br />

zu verbringen und damit die Rolle<br />

moderner Technologie in das Zentrum<br />

seiner Arbeit. Inspiriert durch Hiroshi<br />

Sugimoto leuchtet Pillsbury seine Szenarien<br />

nur mit vorhandenem Licht aus<br />

und durch sehr lange Belichtungszeiten<br />

werden die Lichtquellen zu weissen<br />

Flächen und bilden die Oberfläche<br />

für unsere eigenen Interpretationen. Die<br />

menschlichen Bewegungen werden in<br />

außergewöhnlichen und ungesehenen<br />

Orten eingefangen, die Figuren wirken<br />

geisterhaft in ihrer Flüchtigkeit gegen<br />

die Permanenz der Umgebung und den<br />

Reichtum des Details des Materiellen.<br />

Matthew Pillsbury wurde 1973 in Frankreich<br />

geboren, ist dort aufgewachsen<br />

und hat 1995 an der Yale University<br />

und 2004 an der New York’s School of<br />

Visual Arts studiert. Seine Arbeiten sind<br />

in den letzten Jahren umfangreich in<br />

den USA und Europa ausgestellt worden<br />

und befinden sich in den Sammlungen<br />

des Whitney Museum of American Art,<br />

Museum of Modern Art in New York,<br />

Guggenheim New York, Los Angeles<br />

County Museum of Art, Museum of Fine<br />

Art in Houston, San Francisco MOMA<br />

und Elton John’s Photography Collection<br />

in Atlanta. Er wurde vom Photo-<br />

34 brennpunkt 4/2011<br />

© Matthew Pillsbury, »Nathan Noland, Mario Kart DS, The Star Cup, Wynn«, Las Vegas<br />

© Matthew Pillsbury, »Selfporträt in SF«<br />

DistrictNews (PDN) 2005 als einer der<br />

Top 30 »emerging artists« gewählt und<br />

hat 2007 den HSBC-Preis für Fotografie<br />

gewonnen.<br />

Matthew Pillsbury lebt und arbeitet in<br />

New York.<br />

bis 22. Oktober 2011<br />

galerie hiltawsky<br />

Tucholskystraße 41<br />

10117 <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

Mi – Sa 14 – 18 Uhr


Susan Burnstine<br />

»WITHIN SHADOWS«<br />

Susan Burnstine interpretiert in ihren<br />

Fotos die flüchtigen Momente zwischen<br />

träumen und wach sein, die verschwommenen<br />

Sekunden in denen Phantasie<br />

und Wirklichkeit kollidieren.<br />

Als Kind litt sie unter intensiven Albträumen,<br />

die sie tagelang beschäftigten.<br />

Oft lief sie herum und war sich nicht<br />

sicher, ob sie träumte oder wach war.<br />

Die Linien zwischen beiden Zuständen<br />

blieben verschwommen.<br />

Als Trilogie konzipiert, wird dieses Projekt<br />

in drei fortlaufenden Kapiteln präsentiert:<br />

»On Waking Dreams«, »Between«<br />

und »Flight«, die drei Zustände<br />

der Psyche erforschen: träumen (unterbewusst),<br />

schlafen (unbewusst) und<br />

wach sein (bewusst).<br />

Für diese Serien wollte Susan Burnstine<br />

einen Weg finden ihre Traumvisionen<br />

als unverfälschte Fotos und nicht als<br />

bildbearbeitete Manipulationen darzustellen.<br />

Dafür hatte sie 21 selbstgebaute<br />

Kameras und Objektive, unter Zuhilfenahme<br />

von Plastik- und Gummiteilen<br />

aus Haushaltsgegenständen, eingesetzt.<br />

Diese Kameras waren oft unberechenbar<br />

hinsichtlich ihrer technischen Eigenschaften<br />

und stellten daher eine große<br />

Herausforderung für sie dar. Nach ihrer<br />

Auffassung sind dieselben Gegenstände<br />

ein Schlüssel, um Träume zu interpretieren.<br />

Das Ergebnis dieser Anstrengungen<br />

zeigt die galerie hiltawsky in einer Ausstellung.<br />

© Susan Burnstine<br />

© Susan Burnstine © Susan Burnstine<br />

Vernissage:<br />

28. Oktober 2011, 19 Uhr<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

29. Oktober bis 23. Dezember 2011<br />

galerie hiltawsky<br />

Tucholskystraße 41<br />

10117 <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

Mi – Sa 14 – 18 Uhr<br />

35


Galerien<br />

Franca Wohlt<br />

Oliver Jacob<br />

Thomas Graichen<br />

»Holga Visionen«<br />

In Fortführung ihrer Tradition von<br />

Holga Gruppenausstellungen eröffnet<br />

die aff Galerie im Oktober die Ausstellung<br />

»Holga Visionen«. Die kontinuierliche<br />

Auseinandersetzung mit den<br />

unterschiedlichen Ausdrucksmöglichkeiten<br />

dieser besonderen Kamera ist<br />

ein Bestandteil des Programms der aff<br />

Galerie.<br />

Die Holga Kamera wurde in den achtziger<br />

Jahren als »Volkskamera« in China<br />

entwickelt. Sie besteht fast ausschließlich<br />

aus Kunststoff, besitzt nahezu keine<br />

Einstellungsmöglichkeiten und verwendet<br />

das zu dieser Zeit in China weit verbreitete<br />

Mittelformat.<br />

© Oliver Jacob<br />

Oliver Jacob zeigt in seiner Arbeit<br />

»Augenwanderungen« seine Eindrücke<br />

aus dem modernen Großstadtleben. Er<br />

fängt dabei Augenblicke der Unruhe,<br />

Orientierungslosigkeit und Melancholie<br />

im Strom der Stadt ein, aber auch<br />

kleine Details am Straßenrand. Dabei<br />

erscheinen einzelne in den Bildern eingefangene<br />

Individuen etwas verloren<br />

und unschlüssig oder auf der Suche.<br />

Die schwarzweißen Bilder erinnern<br />

dadurch an Standbilder eines Film Noir<br />

oder an Szenen eines alten Stummfilms.<br />

In Doppelbelichtungen, die sich in der<br />

36 brennpunkt 4/2011<br />

Arbeit mit der einfachen Holga Kamera<br />

geradezu anbieten, verdichtet er die<br />

Flut von Eindrücken und Sinneswahrnehmungen,<br />

die sich aus der Hektik der<br />

Großstadt ergeben.<br />

An der Arbeit mit der Holga fasziniert<br />

Jacob das Unperfekte und das Zufällige<br />

bei der Entstehung der Bilder. Die Einfachheit<br />

der Kamera erlaubt ihm, sich<br />

voll und ganz auf den Moment zu konzentrieren.<br />

© Thomas Graichen<br />

In den Bildern der Serie »Eingang zum<br />

Paradies« sucht der Fotograf Thomas<br />

Graichen nach Orten, die ins Paradies<br />

führen könnten. Zu seiner eigenen<br />

Überraschung entdeckte er zahlreiche<br />

derartige Übergänge in der ihn alltäglich<br />

umgebenden Welt. Manchmal sind<br />

sie versteckt, manchmal offensichtlich,<br />

wenn man sie erst einmal erkannt hat.<br />

Einige sind einfach zugänglich, andere<br />

verbaut. Manche sind einladend, andere<br />

eher abschreckend und wieder andere<br />

geben Rätsel auf. Allen gemein ist, dass<br />

man sie vorher nie als solche Schnittstellen<br />

in eine andere Welt wahrgenommen<br />

hätte. Das Paradies steht hier<br />

metaphorisch für das Reich der Phantasie,<br />

die beim Anblick unerwarteter<br />

neuer Wege und Möglichkeiten angeregt<br />

wird. Was ist jenseits des Alltäglichen,<br />

des Gewohnten und Bekannten<br />

alles möglich?<br />

Thomas Graichen arbeitet schon seit<br />

vielen Jahren mit der Holga und setzt<br />

sie gezielt als ein Werkzeug mit besonderer<br />

Bildcharakteristik ein. Er arbeitet<br />

mit der Spannung, die sich zwischen<br />

ihrem technisch unperfekten Bild und<br />

einer sehr präzisen Bildkomposition<br />

und Motivwahl entwickelt.<br />

© Franca Wohlt<br />

Die von Franca Wohlt präsentierte<br />

Arbeit »Ticino - un sogno« profitiert<br />

ebenso von der charakteristischen Bildsprache<br />

der Plastikkamera. Die recht<br />

zufällige Bildschärfe, wenig vorhersehbare<br />

Belichtung und ungenaue Wahl<br />

des Bildausschnitts verleiht ihren Bildern<br />

etwas Traumartiges, irreal Anmutendes,<br />

das eine emotionale Verbindung<br />

der Fotografin zu einem Ort ihrer Sehnsucht<br />

verbildlicht. Sie lässt den dadurch<br />

erzwungenen Kontrollverlust bewusst<br />

zu und genießt ihn. Dies steht ganz im<br />

Gegensatz zu der sonst von ihr benutzten<br />

Großformatkamera, die Geduld,<br />

Konzentration und Beherrschung des<br />

technischen Vorgangs erfordert.<br />

Die Aufnahmen entstanden in den<br />

Bergen des Schweizer Kantons Tessin/<br />

Ticino, ein Ort zu dem sich die Fotografin<br />

auf besondere Weise hingezogen<br />

fühlt. Sie wünscht sich ihr Leben<br />

lang immer wieder an ihn zurückzukehren.<br />

Ihre Schwarzweißfotografien<br />

zeigen persönliche Eindrücke der dortigen<br />

Landschaft und der Spuren der<br />

Menschen, die diese Region seit Jahrhunderten<br />

entbehrungsreich bewohnen<br />

und bewirtschaften.<br />

Vernissage: 7. Oktober 2011,<br />

20 Uhr<br />

8. Oktober bis 30. Oktober 2011<br />

aff Galerie<br />

Kochhannstraße 14<br />

10249 <strong>Berlin</strong>-Friedrichshin<br />

Sa + So 14 – 17 Uhr<br />

www.aff-berlin.com


Jörg Rubbert<br />

»<strong>Berlin</strong> – Bilder einer<br />

zerrissenen Stadt«<br />

Anlässlich des historischen Datums »50<br />

Jahre Mauerbau« zeigt die aff-Galerie<br />

die Ausstellung »<strong>Berlin</strong> – Bilder einer<br />

zerrissenen Stadt«. Die meisten der hier<br />

gezeigten Aufnahmen aus den frühen<br />

achtziger Jahren zeugen vom Leben<br />

im damaligen West-<strong>Berlin</strong>. Das unbestrittene<br />

Zentrum war zu jener Zeit der<br />

Kurfürstendamm mit seinen Straßencafés,<br />

den Pavillons und Kinos.<br />

Als der 1963 geborene Hamburger Fotograf<br />

Jörg Rubbert 1980 zum ersten Mal<br />

ins damalige West-<strong>Berlin</strong> kam, empfand<br />

er die Stadt als eine Art geschütztes<br />

Biotop mit einer überalterten Bevölkerung.<br />

Daneben – quasi als Gegenentwurf<br />

– gab es eine vornehmlich von<br />

Studenten geschaffene Subkultur. Die<br />

Kulisse für das Zusammenleben bildete<br />

die vom zweiten Weltkrieg gebrandmarkte<br />

Stadt mit ihren vielen Altbauten,<br />

Abrissfassaden und großen Freiflächen<br />

in der Nähe der Mauer.<br />

Rubbert faszinierten die überall sichtbaren<br />

Wunden des Krieges und der<br />

an vielen Häuserwänden manifestierte<br />

Anspruch, es nie wieder so weit<br />

kommen zu lassen. Das Leben mit der<br />

Mauer beförderte zwangsläufig das Entstehen<br />

einer Subkultur, wie man es so<br />

von keiner anderen westdeutschen Stadt<br />

kannte. Wie sollte man es auch anders<br />

ertragen und den Widerstand und die<br />

Ungerechtigkeit besser zum Ausdruck<br />

bringen?<br />

In den folgenden Jahren bis zur endgültigen<br />

Übersiedlung nach <strong>Berlin</strong> 1995<br />

besuchte Rubbert die Stadt immer wieder,<br />

stets mit der Intention, die gewaltigen<br />

Veränderungsprozesse, die die Wiedervereinigung<br />

mit sich brachte, in Bilder<br />

zu fassen. Diese waren am deutlichsten<br />

in der Mitte <strong>Berlin</strong>s zu spüren.<br />

Neben der sogenannten »neuen Mitte«<br />

fotografierte Rubbert auch die traditionsreiche<br />

Trabrennbahn Karlshorst. Hier<br />

traf er vorwiegend auf ältere Herren aus<br />

der näheren Umgebung, die schon zu<br />

DDR-Zeiten zu den Renntagen kamen,<br />

© Jörg Rubbert<br />

um für einen geringen Einsatz zu wetten.<br />

Es hat etwas von einem Ritual: Der Wetteinsatz<br />

als eine Art Eintrittskarte in diese<br />

für Außenstehende verschlossene und<br />

schwer zugängliche Welt …<br />

Die Eindrücke aus dieser Zeit prägten<br />

Rubbert’s fotografische Ausrichtung<br />

maßgeblich. So fokussiert er sich seither<br />

auf das Genre der klassischen Straßenfotografie<br />

und stellt den Menschen<br />

in seinem soziokulturellen Umfeld in<br />

den Mittelpunkt seiner Arbeiten.<br />

Vernissage: 4. November 2011,<br />

20 Uhr<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

5. November bis 27. November 2011<br />

aff Galerie<br />

Kochhannstraße 14<br />

10249 <strong>Berlin</strong>-Friedrichshin<br />

Sa + So 14 – 17 Uhr<br />

www.aff-berlin.com<br />

37


Galerien<br />

Efraim Habermann<br />

«<strong>Berlin</strong>er Stilleben«<br />

Efraim Habermann, der mit seiner Familie<br />

dem nationalsozialistischen Terror<br />

nur knapp entkam, hat sich <strong>Berlin</strong> in<br />

den Jahren nach seiner Rückkehr mit<br />

der Kamera »zurückerobert«. Dabei war<br />

sein Blick auf die Stadt und ihre Menschen<br />

weder von Ressentiments noch<br />

von Sentimentalität geprägt. Ihn interessierte<br />

nicht das dokumentarische<br />

Abbild, sondern die ästhetische Komposition<br />

im Zusammenspiel von Stadt und<br />

Mensch. So entstanden Fotografien von<br />

großer formaler Strenge, Zurückhaltung<br />

und Stille. In seiner Arbeit gibt es keinen<br />

Zufall, alles ist arrangiert, zusammengehalten<br />

von einer durchdringenden<br />

Poesie. Kurz vor seinem 80. Geburtstag<br />

zieht ein Grandseigneur der <strong>Berlin</strong>er<br />

Fotografie die Bilanz seines Schaffens.Drei<br />

große Themen bestimmen<br />

Efraim Habermanns Werk. Da ist zum<br />

einen das Porträt, bei dem die Serie<br />

»Frau im Bild« eine besondere Stellung<br />

einnimmt. Über viele Jahre hat<br />

er <strong>Berlin</strong>er Museen besucht und dort<br />

zufällig getroffene Besucherinnen vor<br />

den Bildern alter Meister fotografiert.<br />

Dabei interessiert Habermann nicht<br />

das reine Porträt, die bloße Abbildung<br />

der Person, sondern immer das Zusammenspiel<br />

von Mensch und Hintergrund,<br />

hier dem gemalten Bild. Zum anderen<br />

greift Efraim Habermann mit seinen<br />

fotografischen Stillleben oder »Fensterbildern«<br />

eine Jahrhunderte alte Gattung<br />

der Malerei auf. Wenige Gegenstände,<br />

etwa eine frische Rose in einem verbeulten<br />

Blechtopf vor einer verwitterten<br />

Wand, genügen ihm, um eine meditative<br />

und zugleich poetische Stimmung<br />

zu erzeugen, die durch die vielen Graustufen<br />

seiner Schwarzweiss-Fotografie<br />

und die hohe Körnigkeit des benutzten<br />

Filmmaterials noch verstärkt wird. »Ich<br />

bin ein Realromantiker. Die Welt hat<br />

so viele Dinge überall, man muss sie<br />

nur phantasievoll sehen können«, sagt<br />

Efraim Habermann.In der Fotografie von<br />

Städten, insbesondere von <strong>Berlin</strong> und<br />

Venedig, entfaltet Efraim Habermann<br />

seine Meisterschaft. <strong>Berlin</strong> bezeichnet<br />

er als seine »optische Heimat«.<br />

38 brennpunkt 4/2011<br />

© Efraim Habermann, »Bauhaus-Archiv«, 1985<br />

Bereits seine frühen <strong>Berlin</strong>er Ansichten<br />

zeigen das für Efraim Habermann<br />

Wesentliche. Er will mit seiner<br />

Fotografie nicht dokumentieren oder<br />

gar Bezüge herstellen zum aktuellen<br />

Geschehen, auch meidet er meistens<br />

die architektonischen Ikonen <strong>Berlin</strong>s<br />

wie das Brandenburger Tor, den<br />

Funkturm, die Gedächtniskirche oder<br />

den Reichstag. Er sucht seine Motive<br />

eher abseits und wählt Perspektive<br />

und Ausschnitt so, dass der Betrachter<br />

den genauen Standort des Fotografen<br />

nur vermuten kann. Und so entdeckt<br />

Efraim Habermann eher das Phänotypische<br />

einer Stadt, also Elemente, die<br />

nicht nur für diese eine, sondern für<br />

Stadtlandschaft im Allgemeinen stehen.<br />

Das hat ihm sogar den Vorwurf eingebracht,<br />

seine Fotografien könnten<br />

»überall aufgenommen worden sein«.<br />

Aber: ist nicht der künstlerische Ausdruck<br />

einer Fotografie dann am intensivsten,<br />

wenn sie im Gegenstand das<br />

ihm eigene Wesen, sein individuelles<br />

Gesicht erfasst? Letzteres gelingt Efraim<br />

Habermann, wenn er den Schatten einer<br />

Wäschestange, gekreuzt auf eine Brandmauer<br />

projiziert, mittels Helldunkel-<br />

Wirkungen ablichtet und so ein symbolhaftes<br />

Bild für eine <strong>Berlin</strong>er Lebenssituation<br />

findet. »Er gelangt«, wie Prof. Dr.<br />

Ulrich Eckhardt im Katalog zu Habermanns<br />

fünfundsechszigsten Geburts-<br />

tag schreibt »vom Abbild zum Sinnbild«.<br />

Anlässlich der Buchveröffentlichung<br />

zeigt die Kommunale Galerie<br />

<strong>Berlin</strong> vom 9. Oktober bis zum 4.<br />

Dezember 2011 alle im Buch abgebildeten<br />

Fotografien Efraim Habermanns.<br />

Manfred Carpentier<br />

Efraim Habermann: »<strong>Berlin</strong>er Stilleben«<br />

Fotografien 1975–2000<br />

Herausgegeben von Manfred Carpentier<br />

und Mathias Bertram<br />

Lehmstedt Verlag, Leipzig 2011,<br />

136 Seiten mit 66 ganzseitigen<br />

Duotone-Abbildungen<br />

24 x 21 cm, Festeinband,<br />

Schutzumschlag, Fadenheftung<br />

ISBN 978-3-942473-13-2<br />

24,90 Euro (D), 25,90 Euro (A), 43,90 sFr<br />

9. Oktober bis 4. Dezember 2011<br />

Kommunale Galerie <strong>Berlin</strong><br />

Hohenzollerndamm 176<br />

10713 <strong>Berlin</strong>-Wilmersdorf<br />

Di–Fr 10 – 17 Uhr<br />

Mi 10 – 19 Uhr<br />

So 11 – 17 Uhr<br />

Eintritt frei


© Efraim Habermann, »Neue Nationalgalerie«<br />

© Efraim Habermann, »Ziegelwand am Joachimsthalschen Gymnasium (Universität der Künste)«, 1988<br />

brennpunkt 4/2011<br />

Galerien<br />

39


Galeriebericht<br />

Von Mauern und<br />

Menschen.<br />

Über den Bau der Mauer vor 50 Jahren<br />

ist in den letzten Wochen viel berichtet<br />

worden. Klar, dass die Fotografie<br />

das herausragende Medium ist, um die<br />

gewaltsame Teilung Deutschlands im<br />

kollektiven Gedächtnis zu bewahren.<br />

Film und Fernsehen sind zu flüchtig. Es<br />

ist der dramatische Moment, im Foto<br />

festgehalten, der sich einprägt.<br />

© Norbert Bunge, »Mauer«, 1962<br />

Im Vorfeld des Gedenktages versammelte<br />

Norbert Bunge in seiner Galerie<br />

argus fotokunst die Zeugnisse von<br />

12 Fotografen, die ihm nahestehen, mit<br />

eigener Beteiligung. Hans W. Mende<br />

zeigte bei Aedes am Pfefferberg sein<br />

»Grenzarchiv West-<strong>Berlin</strong>« vom Winter<br />

1978/79, weite leere Räume einer fast<br />

ausgestorbenen Stadtlandschaft (im<br />

Druck erschienen bei Peperoni Books<br />

2010). Ein unermüdlicher Chronist über<br />

2 Jahrzehnte war Karl-Ludwig Lange.<br />

Seine „Topographie der <strong>Berlin</strong>er Mauer“<br />

war zuletzt im Elisabeth-Lüders-Haus<br />

des Deutschen Bundestags zu sehen.<br />

Thomas Hoepker und viele andere<br />

fingen Alltagsleben und Kinderspiel im<br />

Schatten des »Bollwerks für den Frieden«<br />

ein.<br />

40 brennpunkt 4/2011<br />

Nur wenige Bilder gibt es von der anderen,<br />

der östlichen Seite der Grenzanlagen,<br />

wegen des breiten Sperrgürtels.<br />

Für Kleinmachnow hat Georg Heinze<br />

die Zeit im Hinterland dokumentiert,<br />

»beschützt und eingesperrt«, zu sehen<br />

im dortigen Rathaus. Aus der »Exklave«<br />

Kleinglienicke sind bis Oktober im<br />

Schloss Glienicke spannende Bilder zu<br />

entdecken, die vor allem von den DDR-<br />

Genzern stammen. Auch bis Oktober:<br />

Unter den Linden 40 eine aufwendige<br />

Schau mit 300 Panoramen in tristem<br />

Grau, unter dem Titel »Aus anderer<br />

Sicht«, von Arwed Messmer geschickt<br />

zusammengefügt aus der fotografischen<br />

Bestandsaufnahme der DDR-Grenzsoldaten<br />

von 1965/66. Messmer hatte das<br />

einst streng geheime Material in den<br />

Neunzigern in einem Militärarchiv entdeckt.<br />

Aus den Protokollen der Grenzbehörden<br />

hat Annett Gröschner den<br />

Bildern Textfragmente zugeordnet, die<br />

gerade in ihrer Banalität bezeichnend<br />

sind für den Alltag an der Mauer.<br />

Für die Besucher West-<strong>Berlin</strong>s war ja<br />

»The Wall« eine touristische Attraktion,<br />

die der Stadt auch den Spitznamen<br />

»Spray-Athen« eingebracht hat. Ähnlich<br />

locker geht die <strong>Berlin</strong>er Fotografin Ruth<br />

Westerwelle mit dem Thema um.<br />

Sie reimt in der Fotogalerie Friedrichshain<br />

fröhlich: »Nicht von Dauer war die<br />

Mauer«. Immerhin hat die Deutschland<br />

28 Jahre lang zerrissen, und die Folgen<br />

machen uns bis heute zu schaffen.<br />

Westerwelle hat ihre schwarzweißen<br />

Ansichten meist paarweise auf große<br />

Bögen drucken lassen, technisch unbefriedigend,<br />

und hat auch mal Ansichten<br />

vom selben Standpunkt gegenübergestellt,<br />

mit zeitlichem Abstand. In ihrem<br />

»<strong>Berlin</strong>er Fotosalon« gibt sie ihre Erfahrungen<br />

weiter.<br />

© Günter Bersch, »Kasernengelände Hillersleben«,<br />

Sachsen-Anhalt, 1992<br />

Der Freundeskreis Willy-Brandt-Haus<br />

nimmt das Gedenken an den Mauerbau<br />

zum Anlass, die meist grell farbigen<br />

kraftvollen Ölbilder von Johannes<br />

Heisig unter dem Titel »Übergänge« zu<br />

vereinen mit Fotos von Günter Bersch,<br />

der Heisig in seinem bunten Atelier<br />

etwas snobistisch in müden Grautönen<br />

abgelichtet hat (»Johannespassion«).<br />

Eindringlicher ist Berschs Fotoreportage<br />

vom Abzug der Russen aus ihren Kasernen<br />

um 1992. Die ernsten Gesichter<br />

der jungen Männer und Frauen erzählen<br />

von leiser Trauer und großer Skepsis,<br />

was ihre Zukunft in der Heimat betrifft.<br />

Die Ausstellung läuft noch bis zum 16.<br />

Oktober (Ausweis erforderlich).<br />

c/o <strong>Berlin</strong>, noch im Postfuhramt, ließ<br />

uns nach so viel Mauer über deren Rand<br />

gucken, bis nach Amerika, mit den spektakulären<br />

Inszenierungen von Gregory<br />

Crewdson: »In a Lonely Place«. Diese<br />

großformatigen Tableaus sprengen die<br />

Vorstellung von Fotografie. Es sind eher<br />

fiktive Film-Sets, aus der amerikanischen<br />

Provinz, hyperrealistische und<br />

damit albtraumhaft unheimliche Szenerien,<br />

die jeweils mit einem Staff von<br />

30 Mitarbeitern in tagelanger Arbeit kreiert<br />

wurden. Vor allem mit dem Licht<br />

zaubern Crewdson und seine Mannen<br />

die Atmosphäre, überall im Areal sind<br />

seine Quellen verborgen und penibel<br />

ausgerichtet. Crewdson sagt: »I want to<br />

construct a perfect world« und gesteht,<br />

dass die aus dem Chaos seines Lebens<br />

kommt, aus der neurotischen Energie,<br />

die ihn antreibt. Er erforscht und realisiert<br />

die Spannung zwischen Fiktion und<br />

scheinbarer Wirklichkeit, mit der wir ja<br />

heute alle konfrontiert sind im Medienzeitalter,<br />

mit Cyberspace und Second<br />

World. Die Menschen sind wie Spielfiguren<br />

aufgestellt und doch auf gespenstische<br />

Weise lebendig und handlungsfähig.<br />

Crewdson verheimlicht gern neugierigen<br />

Reportern seine Aufnahmetechnik.<br />

Sie ist analog, mit einer Großformatkamera,<br />

weil er nur eine technisch<br />

relativ unbestechliche Methode<br />

für geeignet hält, traumatische Abläufe<br />

glaubwürdig darzustellen.<br />

Es gab weitere Bildmeldungen aus den<br />

Staaten, so von Werner Amann (Jahrgang<br />

69) in der Robert-Morat-Galerie. Er<br />

behauptet in oft schrecklichen Farben<br />

eine romantische Wahrnehmung, die<br />

man ihm nicht abnehmen will.


© Greg Bannan<br />

In den intensiven Porträts ist er nachsichtiger.<br />

Das schöne Kellergewölbe der Galerie<br />

imago fotokunst ist mit schon oft gesehenen<br />

Ansichten von Kinos und Motels<br />

aus LA in Schwarzweiß behängt, die<br />

Greg Bannan »Somewhere in Hollywood«<br />

nennt. Auch hier sagen die Porträts<br />

von jungen Leuten viel mehr aus,<br />

wenn sie auch ein bisschen willkürlich<br />

angeschnitten sind. Aber Greg Bannan<br />

hatte eine pfiffige Idee: Mit einer Videokamera<br />

vor dem Bauch ist er in Echtzeit<br />

den Hollywood-Boulevard langgeradelt,<br />

auf dem Bürgersteig und um die<br />

wenigen Fußgänger herum. Als Galeriebesucher<br />

sitzt man selbst auf seinem<br />

Drahtesel, den Lenker scheinbar in<br />

den Händen, und gondelt in Richtung<br />

Traumfabrik, ohne dass man nur eines<br />

der Versprechen aus der Fantasie zum<br />

Thema Hollywood eingelöst findet. Das<br />

hat was.<br />

Solche Mätzchen leistet sich ein gestandener<br />

Meister wie Arnold Crane bei<br />

Camera Work natürlich nicht. Er ist<br />

gerade 75 geworden und hat im vorigen<br />

Jahrhundert berühmte Kollegen<br />

besucht, um sie hinter ihrer Kamera weg<br />

und vor die seine zu locken. Das ist ja<br />

eine beliebte Methode, selbst von deren<br />

Ruhm etwas abzustauben. Da sieht man<br />

Ansel Adams mit schwerem Gerät durchs<br />

Geröll stapfen und Edward Steichen mit<br />

Rauschebart unter seiner Fellmütze hervorlugen<br />

(beide 1969). Man Ray bohrt<br />

sich 1974 in der Nase und Paul Strand<br />

steuert sein Auto 1968 durch Verneuil-<br />

© Arnold Crane, »Brassaï«, 1968-1970<br />

sur-Seine. So hat das Crane noch mit<br />

vielen Fotopromis gemacht, und seine<br />

Sammlung hat nun einen schier unermesslichen<br />

historischen Wert. Der fotografische<br />

fällt dagegen deutlich ab.<br />

Das liegt auch daran, dass sich mit nunmehr<br />

170 Jahren Fotografiegeschichte<br />

parallel zur Technik die Ansprüche<br />

an ein wirklich aussagekräftiges Bild<br />

gewandelt haben. Wäre schlimm, wenn<br />

es nicht so wäre. Es muss was rüberkommen.<br />

Viele Ikonen der Vergangenheit<br />

erfüllen diese Forderung.<br />

Deshalb ist die Wiederbegegnung mit<br />

ihnen oft eine Offenbarung. Bei Camera<br />

Work sind Cranes Porträts einige Meisterwerke<br />

zugeordnet, so Man Rays<br />

Rückenakt mit Violinschlüsseln von<br />

1924 und Kertész’ berühmte »Gabel«<br />

von 1928. Die klare Formensprache<br />

war damals wegweisend, heute ist sie<br />

Geschichte. Mehr von André Kertész,<br />

1894 in Budapest geboren, führte uns<br />

der Gropiusbau bis September vor. Er<br />

gilt bis heute als der große Anreger, hat<br />

viel experimentiert und originelle Werke<br />

geschaffen. Aber wenn man beim Rundgang<br />

unter der Anleitung des versierten<br />

Fotohistorikers Enno Kaufhold angehalten<br />

wird, die zum Teil winzigen Originale<br />

mit der Lupe zu betrachten, fällt<br />

es schwer, ihnen einen aktuellen Kunsthandelswert<br />

von 50.000.- Euro� zuzugestehen.<br />

Beim Vergleich mit dem Origi-<br />

Galeriebericht<br />

nal wird deutlich, wie unsicher sich Kertész<br />

oft in der Wahl des Bildausschnitts<br />

war. Er hat ihn meist beim Vergrößern<br />

stark verändert oder gekontert. Seine<br />

Aktaufnahmen im Zerrspiegel sind so<br />

wenig ästhetisch, dass man gar nicht<br />

hingucken mag.<br />

Das Bauhaus-Archiv stellte uns zeitgleich<br />

Albert Renger-Patzsch (Jahrgang<br />

1897) vor. Der hat das Faguswerk, eine<br />

Schuhfabrik, in den Zwanzigern und<br />

noch einmal nach 1960 sauber nach<br />

Scheimpflug ausgerichtet und wie ein<br />

Industriedenkmal abgelichtet. Hier<br />

fehlt das Leben. Wo sind die Arbeiter<br />

am Fließband? Das wollen wir heute<br />

sehen. Es hätte sicher auch damals nicht<br />

geschadet. Renger-Patzsch war ein entschiedener<br />

Gegner der sogenannten<br />

Kunstfotografie. Mit seiner nüchternen<br />

Sachlichkeit lag er klar auf der Bauhauslinie.<br />

Seinem 1928 erschienenen<br />

Hauptwerk gab er den Titel »Die Welt ist<br />

schön«. Übrigens: In Schöneberg gibt es<br />

ein angesagtes Szenelokal mit Namen<br />

Renger-Patzsch. Die Werbung liegt im<br />

Bauhaus aus.<br />

© Sasha Stone, (1895-1940), Cami Stone (1895-<br />

1972), <strong>Berlin</strong> 1926<br />

Auch Norbert Bunge bietet uns bei argus<br />

bis 29. Oktober Historisches, mit dem<br />

1895 in St. Petersburg geborenen Alexander<br />

Serge Steinsapir alias Sasha<br />

Stone.<br />

Von ihm sind nur wenige Originale<br />

erhalten, darunter raffinierte Montagen,<br />

auch als Selbstporträt. Er hat journalistisch<br />

gearbeitet und in der Gruppe<br />

brennpunkt 4/2011<br />

41


Galeriebericht<br />

G handwerkliches Können wie Renger-<br />

Patzsch über das Künstlerische gestellt,<br />

das er als »Bemäntelung von Unfähigkeit«<br />

bezeichnete. Seine Stadtlandschaften<br />

aus <strong>Berlin</strong> weisen ihn als klugen<br />

Beobachter aus, die großformatig aufgenommenen<br />

Bilder bieten reiche Details,<br />

die zu entdecken sind. 1928 fragte er<br />

im »Kunstblatt«: Kann man heute noch<br />

fotografieren? Er hielt das Medium<br />

schon damals für ausgeschöpft, hat ihm<br />

selbst auch nicht alles entlockt, was es<br />

ihm hätte geben können. Dennoch war<br />

er in der großen Werkbund-Ausstellung<br />

»Film und Foto 1929« neben Steichen,<br />

Man Ray und Moholy-Nagy mit<br />

68 Arbeiten vertreten.<br />

Helmut Newton, Focus Magazine, Milan 1997,<br />

Polaroid © Helmut Newton Estate<br />

Wiederentdeckt wird derzeit die von der<br />

digitalen Technik verdrängte Sofortbildfotografie.<br />

Noch bis 20. November zeigt<br />

Matthias Harder in der Jebensstraße<br />

Helmut Newtons Polaroids, dankenswerterweise<br />

schön groß reproduziert.<br />

Das provisorische Element dieser Probeshoots<br />

kommt dennoch zur Geltung,<br />

die typischen Falschfarben sind erhalten.<br />

Und sie belegen auf reizvolle Weise,<br />

wie nüchtern und zielstrebig der Meister<br />

der Erotik gearbeitet hat, bei aller Spontaneität.<br />

Eine Kostbarkeit sind die Polaroids von<br />

Sibylle Bergemann, als Originale ausgestellt<br />

bei c/o <strong>Berlin</strong> im Juli und August,<br />

bei Johanna Breede in der Fasanenstraße<br />

noch bis 15. Oktober. Was da auf<br />

9 x 9 cm rüberkommt an Emotion ist<br />

schier unglaublich. Die Fotografin hat<br />

42 brennpunkt 4/2011<br />

gern behauptet, sie interessiere sich für<br />

den Rand der Welt, nicht die Mitte, aber<br />

diesen Rand hat sie in der Mitte getroffen.<br />

Die zarten Porträts von Kindern und<br />

Frauen haben eine irritierende, zauberhafte<br />

Ausstrahlung.<br />

Ende vorigen Jahres ist Sibylle Bergemann<br />

ihrem Krebsleiden erlegen.<br />

© Arno Fischer, (Original in Farbe)<br />

Ihr einstiger Lehrer an der Leipziger<br />

HGB und langjähriger Partner, Arno<br />

Fischer, hat erst in reiferen Jahren in<br />

seinem Garten poetische Motive gefunden<br />

für die Polaroid-Kamera. Sie fügen<br />

sich weniger harmonisch ein in sein<br />

fotografisches Lebenswerk als bei Bergemann.<br />

Das fiel vor allem in seiner<br />

großen Retrospektive in der <strong>Berlin</strong>ischen<br />

Galerie auf. Im intimen Rahmen<br />

von »Exp12« in Prenzelberg machen<br />

sie sich gut, zusammen mit denen<br />

seiner Schüler Nicole Woischwil und<br />

vor allem Ole Fischer, der für das neuerdings<br />

wieder verfügbare Material<br />

schöne morbide Motive im Dortmunder<br />

Zechengelände gefunden hat.<br />

Manchmal findet man unvermutet fotografische<br />

Perlen in <strong>Berlin</strong>. So ging es mir,<br />

als ich an einem der zwei heißen Augusttage<br />

am Nollendorfplatz einen kühlen<br />

Drink nehmen wollte im »Café Berio«.<br />

Die »Nolle« ist traditionell ein Pflaster<br />

für Schwule und Lesben, durch die ich<br />

mir den Weg bahnte zu den klaren, zum<br />

Teil bizarren, dabei sehr ästhetischen<br />

Porträts und Halbakten von Alexander<br />

Platz. Das strenge Schwarzweiß wirkt<br />

in dem bunten Treiben des vollbesetzten<br />

Cafés fast wie eine Mahnung zu stil-<br />

ler Einkehr. Der Autor hat die Ausstellung<br />

Sonia Mossé gewidmet, Gründerin<br />

des lesbischen Kabaretts »Le Capricorne«<br />

in Paris, die 1943 von den Nazis<br />

ermordet wurde.<br />

Auch in <strong>Berlin</strong>er Hotels lassen sich<br />

Entdeckungen machen, nicht nur im<br />

längst als »Photoplatz« ausgewiesenen<br />

»Bogotá« in der Schlüterstraße.<br />

Hier war es Nomi Baumgartls wunderlicher<br />

»Elefantenmann«, die Geschichte<br />

einer Freundschaft zwischen Rauschebart<br />

Chris Gallucci und dem Elefanten<br />

Timbo. Im zweiten Raum tummelten<br />

sich springende Delphine.<br />

Im Ibishotel <strong>Berlin</strong> Airport Tegel zeigt<br />

der <strong>Berlin</strong>er Fotograf Peet East unter<br />

dem Titel »Inside Earth« bis 30. Oktober<br />

seine edlen Strukturstudien wertvoller<br />

Steine, sehr schön aufgenommen und<br />

präsentiert als malerische Zeugnisse<br />

von Jahrmillionen der Erdgeschichte.<br />

Im Zyklus der »Brotfabrik« am Caligariplatz<br />

mit dem Titel »Zeitblicke« geht es<br />

um die jüngere Geschichte, in der DDR<br />

und in den Jahren danach. Auf Peter<br />

Woelck folgte in diesem Rahmen 2010<br />

Ulrich Burchert, den wir in diesem Heft<br />

vorstellen. Mit Andreas Fahr begegnen<br />

wir nun in der kleinen Galerie bis<br />

16. Oktober einem weiteren sensiblen<br />

Chronisten, der seine Mitmenschen in<br />

eindringlichen Schwarzweißbildern<br />

darstellt, mit viel Sinn für eine packende<br />

Bildkomposition.<br />

Die von Renger-Patzsch und Stone<br />

einst geschmähte »Kunstfotografie« war<br />

heuer kaum zu finden, außer als Extrem<br />

in der Kreuzberger Neuen Gesellschaft<br />

für Bildende Kunst (NGBK), wo uns<br />

Beate Geissler und Oliver Sann mit<br />

einer Reihe von riesigen schwarzen<br />

Monitoren, auf denen nichts als schwarzes<br />

Nichts zu sehen ist, weismachen<br />

wollen, dass sie damit das Geschehen<br />

an den großen Finanzmärkten sublimieren<br />

könnten. Der blumige Titel »volatile<br />

smile - Ein uneinschätzbares Lächeln«<br />

hilft uns nicht weiter. Eher Thomas<br />

Mann, der sich mal fragte, ob nicht das<br />

Nichts die reinste Form der Vollkommenheit<br />

sei.<br />

Klaus Rabien<br />

Nach Redaktionsschluss erreichte uns<br />

die Nachricht, dass Arno Fischer am<br />

13. September 2011 mit 84 Jahren verstorben<br />

ist.


Frankfurt – New York<br />

von Torsten Andreas<br />

Hoffmann<br />

Frankfurt, so sagt man, ist die<br />

amerikanischste Stadt Europas, auch<br />

Mainhattan genannt. Und New York gilt<br />

als die europäischste Stadt Amerikas.<br />

Kein Wunder, dass ein begnadeter<br />

Fotograf wie Torsten Andreas Hoffmann<br />

auf die Idee kommt, die beiden<br />

Metropolen in einem Bildband einander<br />

gegenüberzustellen. Er tut das auf<br />

jeweils zwei Buchseiten in exzellentem<br />

Schwarzweiß. Natürlich sind es zuerst<br />

die »skyscraper«, die sich ähneln und<br />

die wunderbarerweise an denselben<br />

Wolken zu kratzen scheinen, hier wie<br />

dort. Hoffmanns Liebe gehört dem<br />

Detail. Da führt die Wall Street auf dem<br />

Straßenschild als »One Way« nach links<br />

und vis.à-vis die Frankfurter Wallstraße<br />

als Einbahnstraße nach rechts. Listig hat<br />

der Autor die erstaunlichsten Parallelen<br />

aufgespürt. Er nennt es eine spielerische<br />

Auseinandersetzung mit den beiden<br />

Städten, ohne sie auf den gleichen<br />

Rang zu setzen. »Den haben sie einfach<br />

nicht«, sagt er. Aber seine Fotos, die<br />

haben ihn! Jede Doppelseite ist ein<br />

ästhetischer Genuss. Die Neuauflage<br />

2011 ist gegenüber der ersten von 2007<br />

um reizvolle Motive erweitert, so um<br />

anrührende Menschenbilder an Main<br />

und East River.<br />

Hoffmann hat bis 1983 bei Michael Ruetz<br />

in Düsseldorf studiert und sich seither<br />

einen Namen gemacht, auch als Dozent.<br />

Wir stellen Ihre<br />

künstlerischen<br />

Aktfotos aus!<br />

Sie sind in einem Fotoverein und haben<br />

viele Aktfotos gemacht? Sie zeigen Sie<br />

im Internet, aber nun möchten Sie die<br />

Bilder einmal persönlich in einer Galerie<br />

vorstellen?<br />

Wir geben Ihnen die Möglichkeit, in der<br />

Aktgalerie Ihre Kunstwerke einen Monat<br />

Cover<br />

Ein Standardwerk ist sein »Workshop<br />

kreative Schwarzweißfotografie«, das<br />

gerade im digitalen Zeitalter eine solide<br />

Grundlage für die fotografische Arbeit ist,<br />

weil die Bildgestaltung im Vordergrund<br />

steht. In »Frankfurt – New York« ist sie<br />

zur Meisterschaft gereift.<br />

lang gegen einen Unkostenbeitrag<br />

auszustellen. Ohne Zensur, ohne das<br />

die Galerie an den Bildern verdient. Wir<br />

übernehmen die Presseinformationen<br />

und die Aufsichten an 3 Nachmittagen<br />

je Woche für Sie.<br />

Wir sind eine Gemeinschaft von<br />

Fotografen, die die Galerie unterhalten.<br />

Wir haben in den letzten 10 Jahren<br />

bereits viele unserer Mitglieder<br />

in Einzelausstellungen oder in<br />

Gruppenausstellungen gezeigt, auch<br />

viele Nichtmitglieder haben bei<br />

uns ausgestellt. Wir streben danach,<br />

Frankfurt – New York<br />

Fotografische Perspektiven<br />

zweier Metropolen<br />

Societäts-Verlag 2011<br />

144 Seiten, 24,90 Euro�<br />

ISBN: 978-3-942921-03-9<br />

Buchbesprechung<br />

möglichst viele unterschiedliche<br />

Sichtweisen des Themas Akt in unserer<br />

Galerie zu präsentieren. Wenn Sie<br />

Interesse haben, melden Sie sich bei uns,<br />

am besten bald, damit wir Sie rechtzeitig<br />

in unsere Ausstellungsplanung<br />

einbeziehen können.<br />

Die Aktgalerie<br />

www.die-aktgalerie.de<br />

Krossener Straße 34<br />

10245 <strong>Berlin</strong> - Friedrichshain<br />

Fr, Sa, So 16 – 20 Uhr<br />

Tel. 030 6263249 oder 29003936<br />

brennpunkt 4/2011<br />

43


Fotoszene<br />

Sofortbilder<br />

Ursula Kelm<br />

Polaroids sind einzigartig, einmalig.<br />

Das Besondere an Polaroids ist, dass sie<br />

immer Unikate sind.<br />

Als Einzelbilder entstanden, existieren<br />

sie nebeneinander. Aneinandergereiht<br />

ergeben sich neue Abfolgen, die<br />

Raum schaffen für assoziativ aufgeladene,<br />

eigene Erinnerungen.<br />

Abhängig vom Material, das man für<br />

das Sofortbild wählt, verändert sich die<br />

malerische Anmutung des Bildes: Die<br />

spezielle Farbgebung, der weiße Bildrahmen<br />

der Integralfilme, Sofort-Diafilm<br />

s/w oder Farbe sowie die klassischen<br />

Trennbildfilme mit der Möglichkeit<br />

zu Emulsion-Lift und Image-Transfer,<br />

erlauben den kreativen Einsatz der<br />

Materialien auf speziellen Papieren und<br />

Untergründen.<br />

© Ursula Kelm, »negativo«, 1997<br />

© Ursula Kelm, »chi-ka-gu«, 1998 (O.i.F.)<br />

44 brennpunkt 4/2011<br />

© Ursula Kelm, »nightlife«, 2010-11 (O.i.F.) © Ursula Kelm, »chi-ka-gu«, 1998 (O.i.F.)<br />

Ursula Kelm, 1942 in <strong>Berlin</strong> geboren,<br />

Studium der Fotografie an der Werkstatt<br />

für Photographie in <strong>Berlin</strong>. Seit<br />

1985 Lehraufträge, Vorlesungen, Studienreisen,<br />

Workshops in <strong>Berlin</strong> und im<br />

internationalen Ausland. Ausstellungen<br />

europaweit einschließlich UdSSR sowie<br />

USA und Australien.<br />

Diverse Stipendien, u.a. Arbeitsstipendium<br />

der Stadt und des Landes <strong>Berlin</strong>,<br />

Senat für Kultur; drei Stipendien Progetto<br />

Civitella d‘Agliano/I; Kunstpreis<br />

des Bundesministers der Justiz; Aufenthaltsstipendium<br />

der Akademie der<br />

Künste <strong>Berlin</strong> für Villa Serpentara, Olevano/I;<br />

Aufenthaltsstipendium Noosa<br />

Projekt, Noosa/Qld., Australien.<br />

Vertreten in Öffentlichen Sammlungen,<br />

u.a. <strong>Berlin</strong>ische Galerie; Deutsches Historisches<br />

Museum <strong>Berlin</strong>; Bibliotheque<br />

Nationale, Paris; Museum für Photographie<br />

Braunschweig;<br />

Museum of Contemporay Art, Thessaloniki;<br />

Staatliche Galerie Moritzburg<br />

Halle; AMO Associazione Amici Museo<br />

Olevano Romano.<br />

www.ursula-kelm.de<br />

© Ursula Kelm, »nightlife«, 2010-11 (O.i.F.)<br />

© Ursula Kelm, »negativo«, 1997<br />

Ursula Kelm<br />

Polaroid Photography<br />

Vernissage:<br />

November 4th, 2011 - 6.30 p.m.<br />

Ursula Kelm will be present<br />

Exhibition:<br />

November 5th - November 22nd, 2011<br />

A catalogue is available<br />

Deutsches Haus,<br />

42 Washington Mews, NY 10003


»10 Jahre Autocenter«<br />

Auktion zugunsten<br />

des AUTOCENTERS<br />

Der Ausstellungsraum AUTOCENTER<br />

wurde im Jahr 2001 von den Künstlern<br />

Maik Schierloh und Joep van Liefland<br />

in einer ehemaligen Autolackiererei<br />

gegründet. Es ist ein non-for-profit Ort<br />

der Kunst, der jenseits der Hierarchien<br />

des Kunstmarkts operiert und internationale<br />

bildene Künstler ausstellt, bevor<br />

sie Kunstgeschichte schreiben. Auf insgesamt<br />

333 m² im <strong>Berlin</strong>er Bezirk Friedrichshain<br />

werden Ideen und Visionen<br />

einem avancierten Kunstpublikum -von<br />

Kuratoren, Kritikern, Sammlern bis hin<br />

zu Architekten, Fotografen und Galeristen<br />

vorgestellt.<br />

Zum 10-jährigen Jubiläum wurde das<br />

AUTOCENTER von 34 namenhaften<br />

<strong>Berlin</strong>er Künstlern unterstützt, die je ein<br />

Kunstwerk stifteten, um mit dem Erlös<br />

den Erhalt einer der wichtigsten nonprofit-Institutionen<br />

der Stadt zu sichern.<br />

Die Auktion fand am 8. September unter<br />

der Leitung des Londoner Auktionshauses<br />

Phillips de Pury & Company statt.<br />

Die folgenden Künstler waren an der<br />

Auktion beteiligt:<br />

Aids-3D, Olivia Berckemeyer, Marc Bijl,<br />

Ronald de Bloeme, Mike Bouchet, Lutz<br />

Braun, Aaron Curry, Martin Dammann,<br />

Tatjana Doll, Iris van Dongen, Zhivago<br />

Duncan, Martin Eder, Olafur Eliasson,<br />

Thomas Eller, Armen Eloyan, Cyprien<br />

Gaillard, Katharina Grosse, Eberhard<br />

Havekost, Thilo Heinzmann, Gregor<br />

Hildebrandt, Andy Hope 1930, Olaf<br />

Holzapfel, Christian Jankowski, Josh<br />

Kolbo, Elke Krystufek, Joep van Liefland,<br />

Robert Lucander, Jonathan Meese,<br />

Isa Melsheimer, Frank Nitsche, Kirstine<br />

Roepstorff, Thomas Scheibitz, Maik<br />

Schierloh, Jannis Varelas, Jorinde Voigt<br />

und Thomas Zipp<br />

Es wurde ein Gesamterlös von 86.050<br />

Euro erzielt.<br />

Martin Eder, Les Nus‚ # 8995, 2008<br />

Fotografie, 43,6 x 29,5cm, Auflage 14/35, Courtesy Galerie EIGEN + ART, Leipzig/<strong>Berlin</strong><br />

Fotoszene<br />

AUTOCENTER:<br />

Maik Schierloh und Joep van Liefland<br />

Eldenaer Strasse 34 a,<br />

10247 <strong>Berlin</strong><br />

via James-Hobrecht-Str., above the<br />

supermarket<br />

email: mail@autocenterart.de<br />

web: www.autocenterart.de<br />

brennpunkt 4/2011<br />

45


Fotoszene<br />

Ansel Adams<br />

Kalender für das Jahr<br />

2012<br />

Der Ansel-Adams-Kalender ist der<br />

Klassiker unter den Fotokalendern. Er<br />

erscheint seit 1983 Jahr für Jahr im gleichen,<br />

noch von Ansel Adams festgelegten<br />

Layout und bringt 13 Motive aus den<br />

überragenden Landschaftsfotografien<br />

des Meisters der klassischen Schwarzweißfotografie.<br />

Der Kalender überzeugt<br />

durch guten Druck, die großformatige<br />

Abbildung und natürlich durch die faszinierenden<br />

Fotografien:<br />

Ansel Adams: 2012 Calendar.<br />

Monatskalender mit 13 Duoton-Fotos<br />

(Januar 2012 bis Januar 2013), Kalenderformat<br />

39,5 x 32 cm, (aufgeklappt<br />

39,5 x 64 cm), Kalendarium englisch,<br />

Spiralbindung, 16,95 EUR.<br />

Neben dem Wandkalender erscheint<br />

für 2012 auch wieder ein Buchkalender,<br />

der gleich 53 Fotografien aus Ansel<br />

Adams‘ schier unerschöpflichen Oevre<br />

zeigt und dazu noch Raum für tägliche<br />

Notizen bietet:<br />

Ansel Adams: 2012 Engagement Calendar.<br />

Wochenkalender. 112 Seiten mit 53<br />

ganzseitigen Duoton-Fotos, Format 24<br />

x 21 cm, Kalendarium englisch, Spiralbindung,<br />

16,95 EUR.<br />

In Deutschland sind beide Kalender<br />

erhältlich bei:<br />

Lindemanns Buchhandlung<br />

Nadlerstraße 4, 70173 Stuttgart<br />

www.lindemanns.de<br />

Begeisterung für Natur und Landschaften<br />

und ein Höchstmaß an technischer<br />

Präzision bei der Umsetzung der Bildideen<br />

zeichnen Adams‘ Fotografien aus.<br />

Dank dieser Zutaten haben sie über<br />

Jahrzehnte hinweg nichts von ihrer Faszination<br />

verloren.<br />

46 brennpunkt 4/2011<br />

© Ansel Adams<br />

© Ansel Adams, »Half Dome«, 1938<br />

© Ansel Adams, »Sand Dunes sunrise«<br />

© Ansel Adams, »Winter Sunrise«


<strong>Berlin</strong>ische Galerie<br />

bis 31. Dezember 2011<br />

Raoul Hausmann , El Lissitzky , Marta<br />

Astfalck-Vietz , Erich Salomon , ...<br />

u.a.<br />

»Kunst in <strong>Berlin</strong> 1880-1980«<br />

Sammlungspräsentation<br />

Alte Jakobstraße 124-128<br />

10969 <strong>Berlin</strong>-Kreuzberg<br />

M – Mo 10–18 Uhr<br />

galerie:pixelgrain<br />

bis 4. November 2011<br />

Gunter Glücklich<br />

»In die Ebene«<br />

Rosenstraße 16/17<br />

10178 <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

Mo–Sa 10–19 Uhr<br />

So 14–19 Uhr<br />

Robert Morat Galerie<br />

bis 26. November 2011<br />

Paul Kranzler<br />

»Brut«<br />

Kleine Hamburger Straße 2<br />

10115 <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

Sa 12–18 Uhr<br />

Caritas Galerie<br />

bis 11. November 2011<br />

Gunar Schlegel<br />

»Handwerk mit Tradition«<br />

18. November 2011 bis 20. Januar 2012<br />

Oliver Staak<br />

»Street of <strong>Berlin</strong>«<br />

Modefotograie<br />

Residenzstraße 90<br />

13409 <strong>Berlin</strong>-Reinickendorf<br />

Mo–Do 8–17 Uhr<br />

Fr 8–16 Uhr<br />

Brotfabrik Galerie<br />

bis 16. Oktober 2011<br />

Andreas Fahr<br />

»Begegnungen/Fotografien aus vier Jahrzehnten«<br />

Caligariplatz<br />

13086 <strong>Berlin</strong>-Weissensee<br />

täglich 16–21 Uhr<br />

Galerie<br />

argus fotokunst<br />

bis 29. Oktober 2011<br />

SASHA und CAMI STONE<br />

»<strong>Berlin</strong> in Bilder«<br />

4. November - 23. Dezember 2011<br />

STEFANIE KETZSCHER<br />

»Umgehung und Sonnenwende«<br />

Fotografien 1972-1984<br />

Marienstraße 26<br />

10117 <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

Di–Sa 14–18 Uhr<br />

Deutsches<br />

Historisches Museum<br />

11. November 2011 bis 5. Februar 2012<br />

50 Jahre Jugendfotopreis<br />

Unter den Linden 2<br />

Hinter dem Zeughaus<br />

10117 <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

täglich 10–18 Uhr<br />

Martin Gropius Bau<br />

15. Oktober 2011 bis 18. März 2012<br />

Ai Weiwei<br />

»Ai Weiwei in New York«<br />

Fotografien 1983-1993<br />

Niederkirchnerstraße 7<br />

10963 <strong>Berlin</strong>-Kreuzberg<br />

täglich 10–20 Uhr<br />

Helmut Newton<br />

Stiftung<br />

bis 20. November 2011<br />

Helmut Newton<br />

»Polaroids«<br />

Jebensstraße 2<br />

10623 <strong>Berlin</strong>-Charlottenburg<br />

Di–So 10–18 Uhr<br />

Do 10–22 Uhr<br />

Moeller Fine Art<br />

Ausstellungen<br />

bis 12. November 2011<br />

Simon Norfolk<br />

»Burke + Norfolk: Fotografien aus dem<br />

Krieg in Afghanistan«<br />

Tempelhofer Ufer 11<br />

10963 <strong>Berlin</strong>-Tempelhof<br />

Mo–Fr 11–18 Uhr<br />

PHOTO EDITION<br />

BERLIN<br />

bis 12. November 2011<br />

Hajnal Nemeth<br />

»Works from 54. Biennale Venedig«<br />

Ystaderstraße 14a<br />

10437 <strong>Berlin</strong>-Prenzlauer Berg<br />

Mi 14–20 Uhr<br />

Sa 12–18 Uhr<br />

Neue Nationalgalerie<br />

bis 1. Januar 2012<br />

Taryn Simon<br />

»A Living Man Declared Dead and<br />

Other Chapters«<br />

Potsdamer Straße 50<br />

10785 <strong>Berlin</strong>-Schöneberg<br />

Di–Fr 10–18 Uhr<br />

Do 10–22 Uhr<br />

Sa + So 11–18 Uhr<br />

brennpunkt 4/2011<br />

47


Ausstellungen<br />

Henri Cartier-Bresson<br />

»Die Geometrie des<br />

Augenblicks«<br />

»Fotografieren bedeutet Verstand, Auge<br />

und Herz auf eine Linie zu bringen. Es<br />

ist eine Art zu leben«.<br />

Henri Cartier-Bresson<br />

In dieser »Geometrie des Augenblicks«<br />

komponierte er Flächen und Linien,<br />

Menschen und Situationen zu einer<br />

perfekten Ordnung. Der Aufbau der<br />

Ausstellung und die Anordnung der Bilder<br />

nehmen das Prinzip der geometrischen<br />

Komposition auf. Das Kunstmuseum<br />

beauftragte die Fotokünstlerin Frauke<br />

Eigen, ein Konzept für die Präsentation<br />

der Werke zu erarbeiten. Bisher wurden<br />

Cartier-Bressons Ausstellungen stets<br />

chronologisch, nach Themen oder nach<br />

Ländern geordnet. Frauke Eigen entwickelte<br />

eine neuartige Hängeordnung, die<br />

erstmals den inneren Zusammenhang der<br />

Bilder durch formale Korrespondenzen<br />

zeigt. So wird für den Besucher über<br />

das Einzelbild hinaus sichtbar, wie<br />

ein Gestaltprinzip im nächsten Bild in<br />

abgewandelter Form wiederkehrt. Der<br />

Betrachter kann selbst eine abstrakte<br />

Geschichte der lebendigen Formen von<br />

der ersten bis zur letzten Fotografie verfolgen<br />

und dabei etwas über die einzigartige<br />

Sprache Henri Cartier-Bressons<br />

erfahren.<br />

Cartier-Bresson fotografierte stets diskret<br />

und mit großer Sensibilität. Dabei hat<br />

er die eigene Person immer zurückgestellt.<br />

Er gab nur selten Interviews und<br />

hasste es, fotografiert zu werden. Das<br />

Museum of Modern Art in New York<br />

plante 1947 sogar eine große, posthume<br />

Retrospektive in der Annahme,<br />

er sei tot. Cartier-Bresson reiste daraufhin<br />

in die USA. Die Ausstellung fand in<br />

seinem Beisein trotzdem statt. Solche<br />

Geschichten liebte der Franzose.<br />

Ab 1973, auf dem Höhepunkt seines<br />

Ruhmes, gab Henri Cartier-Bresson die<br />

Fotografie auf und griff nur noch selten<br />

zur Kamera. Er kehrte zu seinen Wurzeln<br />

zurück und widmete sich wieder dem<br />

Zeichnen, vor allem Landschaften. Er<br />

48 brennpunkt 4/2011<br />

FRANKREICH. Brie. 1968. © Henri-Cartier-Bresson/Magnum Photos<br />

selbst sah darin nur einen Wechsel des<br />

»Handwerks«, denn es geschah mit demselben<br />

Blick und dem Gespür für Formen<br />

und Geometrie. Das Fotografieren<br />

war für ihn eine unmittelbare Tat, das<br />

Zeichnen bedeutete jedoch eine Art von<br />

Meditation.<br />

Sam Szafran, ein befreundeter Maler,<br />

sagte einst zu Cartier-Bresson: »Um<br />

schnell gehen zu können, muss man<br />

sehr langsam gehen. Man muss beobachten,<br />

schauen wie die Dinge geschehen,<br />

sie verstehen, sie fühlen, sonst gerät<br />

man in Gefahr...«<br />

In diesem Sinne bildet die Ausstellung<br />

»Die Geometrie des Augenblicks«, die<br />

in Kooperation mit der Photoagentur<br />

Magnum Photos, Paris und der<br />

Fondation HCB, Paris ermöglicht wurde,<br />

eine harmonische Ergänzung zu der<br />

großen thematischen Ausstellung Die<br />

Kunst der Entschleunigung. Bewegung<br />

und Ruhe in der Kunst von Caspar<br />

David Friedrich bis Ai Weiwei, die ab<br />

dem 12. November 2011 parallel im<br />

Kunstmuseum Wolfsburg zu sehen sein<br />

wird.<br />

Rita Werneyer, M.A.<br />

SOWJETUNION. Armenien. Besucher eines<br />

Dorfs am Sewansee. 1972<br />

© Henri-Cartier-Bresson/Magnum Photos<br />

FRANKREICH. Alpes de Haute-Provence.<br />

Bei Cereste. 1999<br />

© Henri-Cartier-Bresson/Magnum Photos<br />

bis 13. Mai 2012<br />

Kunstmuseum Wolfsburg<br />

Hollerplatz 1<br />

38440 Wolfsburg<br />

Di 11 – 20 Uhr<br />

Mi – So 11 – 18 Uhr


Henning Stegmüller<br />

»Bombay-Mumbai<br />

– Bilder einer Mega-<br />

Stadt«<br />

Die Fotogalerie zeigt Schwarz-Weiß-<br />

Aufnahmen des Fotografen und Filmemachers<br />

Henning Stegmüller aus Indiens<br />

Megastadt Bombay-Mumbai. Die<br />

Ausstellung ist ein fotografischer Streifzug<br />

von Nariman Point, dem Manhattan<br />

gleichenden wirtschaftlichen Zentrum<br />

der Stadt, über Slums und die Unterwelt<br />

bis nach Film City, der großen indischen<br />

Traumfabrik.<br />

Die ausgewählten Bilder dokumentieren<br />

die sehr persönliche Begegnung des<br />

Fotografen mit dem »Moloch Bombay«,<br />

beeinflusst von den beiden Dichtern<br />

Philip Chitre und Namdeo Dhasal, die<br />

dem Fotografenfreund »ihre« geliebte<br />

und gehasste Metropole vor Augen<br />

geführt haben (s. auch »Bombay-<br />

Mumbai - Bilder einer Mega-Stadt«, A1<br />

Verlag München, 1996).<br />

© Henning Stegmüller<br />

© Henning Stegmüller © Henning Stegmüller<br />

© Henning Stegmüller © Henning Stegmüller<br />

Ausstellungen<br />

15. Oktober bis 27. November 2011<br />

Fotogalerie Karin Schneider-Henn<br />

Schmidzeile 12<br />

83512 Wasserburg am Inn<br />

Sa + So 14 – 18 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

brennpunkt 4/2011<br />

49


Ausstellungen<br />

Layla Zami<br />

»Lichtspuren«<br />

Träumende, tanzende Figuren. Einsame<br />

Menschen, umgeben von Melancholie<br />

und Musik, von Natur und Ruhe. Als<br />

Fotokünstlerin möchte ich beobachten<br />

und zeigen, schauen und zuschauen<br />

lassen. Ein Bild, eine Person und ihre<br />

intime Welt im Einklang oder Kontrast<br />

mit ihrer Umwelt. Eine Tänzerin, verbunden<br />

mit dem Boden und der Luft,<br />

die sie atmet. Manches ist auf meinen<br />

Bildern zu sehen, vieles ist zu spüren.<br />

Ich mag an Fotografieren, dass ich die<br />

Atmosphäre des Augenblicks künstlerisch<br />

mitnehme und wiedergebe. Die<br />

Freiheit der ZuschauerInnen, auf den<br />

Bildern ihre eigene Kreativität zu projizieren,<br />

bleibt aber unangetastet. Mich<br />

inspirieren besonders Reisen, in denen<br />

ich immer wieder neue Lichtspuren<br />

sehe.<br />

Meine Fotokunst lässt an meinen Erinnerungen<br />

teilhaben, Erinnerungen an<br />

einen Moment, an die Farbe einer Stimmung,<br />

an eine Person und ihre Sinnlichkeit.<br />

Erinnerungen, die nun in unserer<br />

Gegenwart schweben. Dabei bin ich<br />

stets dankbar für die Person, für die Konstellation<br />

von Schönheit einer Frau und<br />

eines Moments. Wie aufregend, die<br />

Spontaneität des Augenblicks zu erfassen,<br />

aber auch die Inszenierung liebe<br />

ich. Denn selbst ein inszeniertes Bild<br />

ist die Momentaufnahme von Zeitspuren.<br />

So begleitete ich die Künstlerin<br />

Oxana Chi in ihrer Spurensuche nach<br />

der deportierten Tänzerin Tatjana Barbakoff.<br />

Ein Teil dieser Bilder waren im Mai 2011<br />

im Rahmen der Ausstellung »Tanzende<br />

Erinnerungen« in der Galerie Gondwana<br />

<strong>Berlin</strong> zu sehen. Ich empfand,<br />

wie jede Person, die den Raum betrat,<br />

neue Emotionen mit sich trug und wie<br />

das Publikum von Kunstliebhabern<br />

somit die Stimmung mitgestaltete. So<br />

wie Licht und Umgebung des Motives<br />

das Bild prägen, so spielt der Kontext,<br />

in dem Bilder präsentiert werden,<br />

auch eine wesentliche Rolle. Die mit<br />

Lehm verputzten Wände harmonierten<br />

50 brennpunkt 4/2011<br />

© Layla Zami »Die Tänzerin Oxana Chi«, <strong>Berlin</strong><br />

2010<br />

mit den warmen Farbtönen der Bilder.<br />

Die Holzrahmen aus edlen Hölzern –<br />

Kirsch, Ahorn, Nuß, Erle,... die die Kuratorin<br />

Oxana Chi und ich selbst gestaltet<br />

und hergestellt haben, verliehen eine<br />

persönliche Note. Es war für uns eine<br />

unkonventionelle, an Malerei andeutende<br />

Art, zeitgenössische Fotografie<br />

auszustellen. Der Austausch mit Menschen,<br />

die sich meine Bilder anschauen,<br />

ist beglückend und überraschend. So<br />

erwarte ich mit Neugier das Publikum<br />

der kommenden Ausstellung »Mémoire<br />

dansée« in Paris.<br />

In meiner Affinität zu darstellenden<br />

Künsten, insbesondere zur Tanzkunst,<br />

nehme ich auch in der Alltagsbühne<br />

Personen wahr und verschmelze gern<br />

die Formen. Und Tanz, ja Tanz ist Bewegung,<br />

ist Stille, ist Pose. Fotografie ist nur<br />

zwei Schritte von Tanz entfernt, diese<br />

Schritte sind Zeit und Licht. Ich liebe es,<br />

eine Muse zu haben, Inspiration in der<br />

Ästhetik ihrer Gestik zu schöpfen und<br />

die Grazie eines poetischen Momentes<br />

zu spüren. Ich liebe Dämmerlichter,<br />

Clair-obscur und das Licht als Mittel, den<br />

Körper bildnerisch zu gestalten. Ich lausche<br />

mit dem Herzen, der Finger spult<br />

vor, mein Auge blickt durch die Linse<br />

und schon wird ein Bild lebendig!<br />

Layla Zami<br />

© Layla Zami »Die Tänzerin Oxana Chi«, <strong>Berlin</strong><br />

2010<br />

© Layla Zami »Die Tänzerin Oxana Chi«,<br />

Martinique 2011<br />

9. November bis 4. Dezember 2011<br />

Violette & Co<br />

Art Gallery & Bookshop<br />

102, rue de Charonne<br />

75011 Paris<br />

Di – Sa 11–20.30 Uhr<br />

So 14–19 Uhr


© Layla Zami, »Ilya W.«, San Francisco, 2009<br />

© Layla Zami, »Tameka M.«, Cape Town, 2004<br />

Ausstellungen<br />

brennpunkt 4/2011<br />

51


Portfolio Ulrich Burchert<br />

Ulrich Burchert<br />

Die Fotos des Bildjournalismus können<br />

vergangene Zeiten lebendig werden<br />

lassen. Das hängt von ihren Inhalten<br />

ab, die in einer Synthese von Notwendigkeit<br />

und Zufall entstanden; das Erfüllen<br />

eines Auftrages ist notwendig, was<br />

einem vor Ort begegnet ist vielfach zufäl-<br />

52 brennpunkt 4/2011<br />

lig. Im Bestreben brauchbare Fotos zu<br />

produzieren, waren für mich unter anderem<br />

aus der Malerei und der Druckgrafik<br />

die erzählenden Bilder z. B. von Bruegel<br />

d. Ä. über Masereel hin zu Mattheuer<br />

wichtig. Das Problem ist dabei,<br />

dass solche Bilder als Fotos im Atelier<br />

Ulrich Burchert / Kollwitzplatz / <strong>Berlin</strong> 1988<br />

des Lebens, in dem statistisch produziert<br />

wird, gefunden werden müssen. Oft sind<br />

die Inhalte wichtig, aber ihnen entsprechen<br />

nicht die Formen und umgekehrt.<br />

Für das journalistische Fotografieren gilt<br />

das eherne Gesetz: gleich oder nie, alles<br />

oder nichts: was vorbei ist, ist vorbei.


Ulrich Burchert / Sonneberg 1988<br />

Portfolio Ulrich Burchert<br />

brennpunkt 4/2011<br />

53


Portfolio Ulrich Burchert<br />

54 brennpunkt 4/2011<br />

Ulrich Burchert / Industriewerk Ludwigsfelde (IWL) / Ludwigsfelde 1986<br />

Ulrich Burchert / Junkalor / Dessau 1985


Ulrich Burchert / Betriebsdirektorin / Neubrandenburg 1984<br />

Portfolio Ulrich Burchert<br />

brennpunkt 4/2011<br />

55


Portfolio Ulrich Burchert<br />

56 brennpunkt 4/2011<br />

Ulrich Burchert / <strong>Berlin</strong> 1984


Ulrich Burchert / Volkssolidarität / Günsdorf 1981<br />

Portfolio Ulrich Burchert<br />

brennpunkt 4/2011<br />

57


Portfolio Ulrich Burchert<br />

58 brennpunkt 4/2011<br />

Ulrich Burchert / Wolfgang Mattheuer / Jahrhundertschritt / Bezirkskunstausstellung Leipzig / Leipzig 1985


Ulrich Burchert / Fritz Kremer. Teil der unvollendeten Plastikgruppe zum 50. Jahrestag der Oktoberrevolution / Atelier / <strong>Berlin</strong> 1989<br />

Portfolio Ulrich Burchert<br />

brennpunkt 4/2011<br />

59


Portfolio Ulrich Burchert<br />

60 brennpunkt 4/2011<br />

Ulrich Burchert / <strong>Berlin</strong> 1992<br />

Ulrich Burchert / Dresden 2001


Ulrich Burchert / <strong>Berlin</strong> 2001<br />

Portfolio Ulrich Burchert<br />

brennpunkt 4/2011<br />

61


Portfolio Ulrich Burchert<br />

62 brennpunkt 4/2011<br />

Ulrich Burchert / <strong>Berlin</strong> 2008


Ulrich Burchert / <strong>Berlin</strong> 2001<br />

Portfolio Ulrich Burchert<br />

brennpunkt 4/2011<br />

63


Fotoszene<br />

Die (In-)Diskretion des Auslösers<br />

Der geneigte Leser dieser Reihe wird<br />

festgestellt haben, dass ich in der Vergangenheit<br />

im Wesentlichen über die<br />

fotografische Qualität von Bildern und<br />

deren Bewertung geschrieben habe.<br />

Das ist ja auch sicherlich einer der<br />

wichtigsten Gesichtspunkte in der Fotografie.<br />

Außerhalb der journalistischen<br />

Funktion, also als reine Informationsvermittlung,<br />

nehmen wir Bilder als kreative<br />

Produkte war.<br />

Der Fotograf als Künstler, ist bemüht, in<br />

seinem Werk einen Teil seiner Seele zu<br />

implementieren. Etwas überzeichnet<br />

formuliert wird das Motiv zum Objekt<br />

des kreativen Schaffensprozesses degradiert.<br />

Das mag dem Objekt, so es sich um eine<br />

Landschaft, ein Gebäude oder auch ein<br />

Tier handelt, ziemlich egal sein.<br />

Aber was ist, wenn ein Mensch Gegenstand<br />

der fotografischen Begierde wird?<br />

Darf die fotografische Intention eines<br />

Fotografen die persönliche Spähre der<br />

abgebildeten Personen dominieren?<br />

Ich höre förmlich den Aufschrei »natürlich<br />

geht das nicht - die Würde des Menschen<br />

ist unantastbar«!<br />

Nun, die Bildrechte der Personen sind<br />

in den westlichen Ländern weitgehend<br />

geschützt - Persönlichkeiten des öffentlichen<br />

Lebens ausgeschlossen - wieso<br />

eigentlich?<br />

Wenn ich meinen Nachbarn fotografiere<br />

während er das Kindermädchen<br />

küsst und das Bild im Internet zeige,<br />

bekomme ich Ärger. Sollte mein Nachbar<br />

sich aber in der Vergangenheit um<br />

das Allgemeinwohl verdient gemacht<br />

haben und einen hohen politischen<br />

Rang bekleiden, bekomme ich für das<br />

gleich Bild eine Veröffentlichung in der<br />

»Bunten« - und ein saftiges Honorar!<br />

Das ist eine extreme Ungleichbehandlung!<br />

Oder?<br />

Es heißt dann häufig, Personen des<br />

öffentlichen Lebens müssen eben auch<br />

höheren moralischen Anforderungen<br />

genügen. Wieso eigentlich?<br />

Mir persönlich ist ein Politiker, der<br />

Arbeitsplätze schafft und ein Verhältnis<br />

64 brennpunkt 4/2011<br />

© Manfred Kriegelstein<br />

mit seiner Sekretärin hat lieber, als der<br />

treu sorgende Familienvater, der jeden<br />

Sonntag in die Kirche geht, aber politisch<br />

ein Versager ist!<br />

Bill Clinton war sicherlich nicht der<br />

schlechteste Präsident...<br />

Aber zurück zur Fotografie.<br />

Der Fotograf hat ja auch immer die<br />

Funktion eines Zeitzeugen, er nimmt<br />

mit seinen Augen die Umwelt wahr und<br />

macht aufmerksam.<br />

Aber wo ist die Grenze zwischen Hinweis<br />

und Diskretion?<br />

Will man zum Beispiel auf Missstände<br />

der Arbeitsmarktpolitik hinweisen und<br />

fotografiert die lange Schlange Wartender<br />

vor einem Jobcenter, diskreditiert<br />

man dann mit dem Bild die Menschen<br />

die dort anstehen oder rückt man<br />

eher gesellschaftliche Defizite in den<br />

Focus?<br />

Sie sehen, liebe Leser, es gibt keine<br />

sicheren Regeln an denen man sich als<br />

Fotograf orientieren kann. Ich denke,<br />

die Entscheidung den Auslöser zu betätigen<br />

- oder auch nicht - kann ein Fotograf<br />

immer nur für sich selbst treffen. Er<br />

alleine übernimmt dann auch die Verantwortung<br />

für seine Bilder. Aber auch<br />

nur so kann er eventuell in den Köpfen<br />

der Menschen etwas bewegen.<br />

Sicher haben die TV-Sender den größten<br />

Einfluss auf die Sichtweise der Menschen<br />

über aktuelle Ereignisse. Die Wirkung<br />

auf den Betrachter ist aber oft sehr<br />

flüchtig und selten nachhaltig.<br />

Wenn ich mir so die Berichterstattung<br />

über die schrecklichen Ereignisse in<br />

Japan vor Augen führe, dann ist mir<br />

eigentlich ein Zeitungsbild besonders in<br />

Erinnerung geblieben, es zeigt inmitten<br />

der Tsunami-Verwüstung einen blühenden<br />

Kirschbaum der allen Zerstörungen<br />

getrotzt hat...<br />

Ich habe lange überlegt, welches Bild ich<br />

zur Illustration dieses Textes nehmen soll.<br />

Meine Wahl fiel auf eine Aufnahme, die<br />

rein fotografisch gesehen, nicht meinen<br />

Qualitätskriterien für ein gutes Bild<br />

entspricht. Ich würde es wahrscheinlich<br />

nie in einer Ausstellung zeigen. Aber ich<br />

denke schon, dass der Inhalt geeignet ist<br />

mal darüber nachzudenken, wie gut es<br />

uns eigentlich geht...<br />

Manfred Kriegelstein


Porträts retuschieren mit<br />

Photoshop<br />

Haut, Figur, Effekte<br />

Matthias Matthai<br />

Verlag: dpunkt.verlag<br />

2. aktualisierte und überarbeitete<br />

Auflage<br />

ISBN: 978-3-89864-681-9<br />

280 Seiten,komplett in Farbe<br />

36,90 Euro�<br />

Durch die unzähligen Workshops über<br />

Porträt-und Aktfotografie fallen auch im<br />

Amateurbereich zahlreiche Bilder an, bei<br />

denen in der digitalen Nachbearbeitung<br />

Probleme in der Optimierung von<br />

Hauttönen auftauchen.<br />

Der in <strong>Berlin</strong> geborene Autor ist<br />

zweifellos vom Fach und beschäftigt<br />

sich schon lange mit Fotografie und<br />

digitaler Bildbearbeitung.<br />

Beeindruckend sind seine sensiblen<br />

Hinweise zur Beautyretusche, die darauf<br />

zielen den individuellen Charakter eines<br />

Gesichtes nicht digital zu zerstören - das<br />

Gegenteil kann man oft auf Titelbildern<br />

von Magazinen insbesondere TV-<br />

Zeitschriften sehen...<br />

Wer über die langläufigen Kenntnisse der<br />

digitalen Bildbearbeitung hinaus, Tipps<br />

und Tricks für die spezielle Retusche<br />

von Porträts und Aktbildern sucht, ist<br />

mit diesem Werk aus dem dpunkt.verlag<br />

bestens bedient.<br />

Manfred Kriegelstein<br />

Die große Fotoschule<br />

Digitale Fotopraxis<br />

Christian Westphalen<br />

Verlag: Galileo Design<br />

ISBN: 978-3-8362-1311-0<br />

601 Seiten,komplett in Farbe,<br />

mit DVD<br />

39,90 Euro�<br />

Es wird ja wohl kaum noch Umsteiger<br />

von analog auf digital geben, dennoch<br />

birgt dieses Buch auch für »gestandene«<br />

Digitalfotografen einige interessante<br />

Erkenntnisse. Es werden nicht nur<br />

solide Grundlagen zum Verständnis der<br />

digitalen Fotografie vermittelt, sondern<br />

auch weitergehende Aspekte der Bildbearbeitung<br />

wie RAW-Entwicklung,<br />

Farbmanagement und Mehrfachbelichtung<br />

für HDR.<br />

Wenn man sich nicht für jeden Aspekt<br />

der digitalen Fotowelt einen Wälzer<br />

ins Regal stellen möchte, hat man hier<br />

ein umfassendes Werk, welches einem<br />

einen guten Überblick über die Dinge<br />

gibt, die man als Fotograf eigentlich<br />

täglich praktiziert, ohne sich die tieferen<br />

Zusammenhänge immer bewußt zu<br />

machen.<br />

Als Allgemeinwerk eine gute Empfehlung.<br />

Manfred Kriegelstein<br />

Buchbesprechung<br />

HDR Fotografie<br />

Aufnahme, Entwicklung und<br />

Nachbearbeitung<br />

Fructuoso Navarro<br />

Verlag: ADDISON-WESLEY<br />

ISBN: 978-3-8273-3068-0<br />

416 Seiten, 1DVD, 4-farbig,<br />

Bilderdruck, 39,80 Euro�<br />

Einige sehen es als vergängliche Modeerscheinung,<br />

andere als ultimatives<br />

Werkzeug zur Kontrastbewältigung an.<br />

Auf jeden Fall ist HDR (High Dynamic<br />

Range) eine neue Fototechnik, mit der<br />

man sich auseinandersetzen sollte.<br />

Leider ist der Bildermarkt überschwemmt<br />

von HDR-Ergebnissen, die<br />

wohl nur nach der Methode »try and<br />

error« entstanden sein können - leider<br />

überwiegt dabei häufig der error...<br />

Das Werk von Fructuoso Navarro hilft,<br />

mit dem nötigen Feingefühl und Kompetenz,<br />

zu erstklassigen und eben nicht<br />

überzogenen Resultaten zu gelangen.<br />

Kapitel für Kapitel zeigt er von der Aufnahme<br />

bis zum Endprodukt die nötigen<br />

Schritte, die zu einem optimalen Ergebnis<br />

führen. Er präsentiert fünf Methoden,<br />

die jeweils unterschiedliche Aufnahmesituationen<br />

berücksichtigen.<br />

Es macht Spaß sich mit dem Buch zu<br />

beschäftigen. Auch die Bildbeispiele<br />

können sich überwiegend sehen lassen,<br />

was keine Selbstverständlichkeit bei<br />

einem Lehrbuch ist.<br />

Fazit, eine Empfehlung für alle, die sich<br />

intensiv mit HDR befassen wollen.<br />

Manfred Kriegelstein<br />

brennpunkt 4/2011<br />

65


Vorschau 1/2012<br />

brennpunkt 1-2012<br />

erscheint am<br />

4. Januar 2012<br />

Portfolio<br />

Fotografen aus dem<br />

Nahen Osten<br />

© Jeanno Gaussi<br />

© Steve Sabella<br />

66 brennpunkt 4/2011<br />

Leserfotos<br />

© Monika Minder, Wyssachen/Schweiz<br />

© Monika Minder, Wyssachen/Schweiz


ennpunkt 4/2011<br />

67


68 brennpunkt 4/2011<br />

Vorschau 1/2012<br />

•<br />

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