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"Hamma neischt ze handeln?" - Irsch

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"<strong>Hamma</strong> <strong>neischt</strong> <strong>ze</strong><br />

<strong>handeln</strong>?"<br />

("Haben wir nichts zu <strong>handeln</strong>?")


Jüdischer Viehhandel im Saarburger Land<br />

Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte um den Preis des Bundespräsidenten 2000 /2001<br />

Genutzt - geliebt - getötet<br />

Tiere in unserer Geschichte<br />

"<strong>Hamma</strong> <strong>neischt</strong> <strong>ze</strong> <strong>handeln</strong>? "<br />

Jüdischer Viehhandel im Saarburger<br />

Land


Verfasser: Katharina Kaiser, Christoph Hauser<br />

Tutor: Günter Heidt<br />

Vorwort<br />

Inhaltsver<strong>ze</strong>ichnis<br />

1 VIEHHANDEL IM SAARBURGER LAND........................................................... 1<br />

1.1 Jüdischer Viehhandel in Allgemeinen................................................................................................................. 1<br />

1.2 Viehmärkte und ihre Bedeutung für den Handel............................................................................................. 21<br />

2 „VIEHJUDEN“ VOM 17. BIS ANFANG DES 20. JAHRHUNDERTS .......... 25<br />

3 ENDE DES JÜDISCHEN VIEHHANDELS IM NATIONALSOZIALISMUS. 32<br />

4 DAS LEBEN ZWEIER JÜDISCHER HÄNDLER............................................... 44<br />

4.1 Nathan Meyer - ein Großviehhändler................................................................................................................ 44<br />

4.2 Raphael Hayum - ein Pferdehändler.................................................................................................................. 47<br />

5 DIE HEUTIGE SITUATION IM VIEHHANDEL:<br />

BSE - KRISE ALS FOLGE DES WEGFALLS JÜDIS CHER VIEHHÄNDLER?.......................... 53<br />

ARBEITSBERICHT................................................................................................................. 62<br />

QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS ................................................................. 71<br />

DANK......................................................................................................................................... 74<br />

ANHANG


Vorwort<br />

„Interesse an Geschichte“, gleich ob lokale, nationale oder internationale, ist heutzutage für<br />

viele, vor allem für Jugendliche, zum Fremdwort geworden. In der Schule wird das Fach eher<br />

widerwillig ak<strong>ze</strong>ptiert, da der Stoff oft langweilig erscheint und leider nicht immer lebendig<br />

genug den Schülern vermittelt wird, die ihrerseits durch TV und „historische“ Spiele am PC<br />

medial recht verwöhnt sind. Es stellt sich also allgemein die Frage, mit welchen Mitteln und<br />

vor allem welchen Themen sich also Jugendliche interessieren lassen, sich einer historischen<br />

Aufgabe zu stellen und gegen diesen „Trend“ anzugehen. Natürlich wollten wir nicht, als wir<br />

uns bereits im letzten Schuljahr entschlossen, gemeinsam am diesjährigen<br />

Geschichtswettbewerb „Genutzt – geliebt – getötet. Tiere in unserer Geschichte“<br />

teilzunehmen, als „Retter“ der Geschichte auftreten, nein, es ging eher darum, in Teamarbeit –<br />

welche ja heutzutage im Berufsleben mehr und mehr gefordert wird – etwas, bei vielen längst<br />

Vergessenes wieder zu neuem Leben zu erwecken.<br />

Als wir dann kurz vor den Herbstferien von unserem Tutor Herrn Heidt das Thema erfuhren,<br />

ließ die Begeisterung jedoch sichtlich nach. Was soll man schon über Tiere schreiben? Und<br />

was noch wichtiger war: Wo und wie sollte man Quellen zu diesem Thema finden? Trotz<br />

allem wollten wir uns nicht direkt vor dieser ersten Hürde geschlagen geben und so ging es<br />

daran, ein geeignetes Thema zu finden. Am Ende entschieden wir uns dann für den<br />

„Jüdischen Viehhandel“, weil dieser Handel tatsächlich vollständig verschwunden ist, obwohl<br />

er doch Jahrhunderte lang das Leben in unserer agrarisch strukturierten Region mit<br />

bestimmte. Aber gab es genug alte Quellen über diesen Viehhandel? Dass man aus der Zeit<br />

zwischen 1933 und 1939 einiges finden würde, zumal auch noch viele Zeit<strong>ze</strong>ugen lebten,<br />

schien klar, doch wie aus dem 19. Jahrhundert oder sogar noch früher? Viehhandel basierte –<br />

nach unserem Vorwissen – doch auf ausschließlich mündlichen und mit Handschlag in<br />

Bauernhäusern oder dem Markt geschlossenen Verträgen, also existierten davon keine oder<br />

kaum Quellen, höchstens Gerichtsakten bei Streitigkeiten.<br />

Dennoch war nach den Weihnachtsferien unsere Stimmung auf dem Tiefpunkt, noch immer<br />

hatten wir nicht begonnen zu schreiben, da wir noch immer nicht sonderlich viele Quellen<br />

gefunden hatten. Jedoch fanden wir ganz aktuelle Literatur, die gerade diese Thematik<br />

behandelte. So mussten wir mit dem auskommen, was wir hatten, und nun stehen wir am<br />

Ende unserer Forschungsarbeit und stellen – nicht ohne ein wenig Stolz – fest, dass es doch<br />

mehr Material war, als es zunächst schien, und dass wir genau das erreicht haben, was wir uns


ereits im vergangenen Schuljahr gewünscht haben: Wir haben in Teamarbeit einen Teil der<br />

hiesigen Geschichte einer kleinen, verlorenen Welt zu neuem Leben erweckt.<br />

Wir hoffen natürlich, dass die Leser und Leserinnen am Ende dieses Buches nicht genauso<br />

gelangweilt sind wie viele Schüler am Ende einer Geschichtsstunde, sondern dass sie<br />

Interesse an der Geschichte, an unserer Geschichte, bekommen und sie zumindest ein Bild<br />

vom damaligen „Kuhhandel“ erhalten, wie er von Peter Gitzinger 1 in einem Holzschnitt<br />

festgehalten wurde:<br />

Bis um die Zeit von 1935<br />

waren jüdische Händler<br />

begehrte Käufer und<br />

Verkäufer für Groß- und<br />

Kleinvieh. Danach<br />

<strong>ze</strong>rstörten die<br />

antisemitischen<br />

Nationalsozialisten<br />

systematisch dessen<br />

Grundlagen, indem sie<br />

allen jüdischen Händlern<br />

Berufsverbot auferlegten.<br />

Der Holzschnitt gibt die<br />

Situation einer<br />

Verkaufsverhandlung aus<br />

der Zeit um 1925 wieder.<br />

Im Mittelpunkt steht der jüdische Händler in langem Kittel, mit Knotenstock und Tuchmüt<strong>ze</strong><br />

und erklärt einer Bauersfrau wohl beredt die Probleme, die er beim Wiederverkauf ihrer Kuh<br />

habe. Skeptisch hört der alte Bauer zu, während der Sohn nachdrücklich Qualität und<br />

Vorzüge des Tieres unterstreicht. Wie man sieht, ruft der bedeutsame Handel die gan<strong>ze</strong><br />

Familie auf den Plan.<br />

1 Peter Gitzinger stammt aus dem Saarburger Raum und stellte vor allem in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts<br />

bäuerliche Motive in naiv -realistischer Weise als Holzschnitt dar. Bei dieser Darstellung ist der Jude sofort zu erkennen, da<br />

er über<strong>ze</strong>ichnet und seine Nase - gemäß dem Vorurteil vieler Deutscher - als „Höckernase“ skizziert ist. Hieraus kann man<br />

schließen, daß Peter Gitzinger ausdrücken wollte, daß es sich hier um einen jüdischen Händler handelt, da weder andere<br />

Details noch der Titel des Holzschnitts darauf hindeuten. Es könnte in der Darstellung jedoch das Gefühl aufkommen, als<br />

seien die Bauern, gleich ob alt oder jung, dem „gerissenen Juden“ ausgeliefert. Ausschließen kann man dies nicht, zumal<br />

Peter Gitzinger ab 1935 Holzschnitte fertigte, die an die nationalsozialistische „Blut - und - Boden“ - Ideologie anknüpften.


<strong>Irsch</strong> / Wochern, im Februar 2001


1 VIEHHANDEL IM SAARBURGER LAND<br />

1.1 Jüdischer Viehhandel in Allgemeinen<br />

Unter dem Begriff Viehhandel versteht man den „An- und Verkauf von Vieh“. Heutzutage<br />

„bedarf (er) behördlicher Zulassung und verlangt aus veterinär – poli<strong>ze</strong>ilichen Gründen die<br />

Einhaltung gewisser Bestimmungen. Wenn innerhalb der (sog.) Gewährfristen<br />

Gewährsmängel (Hauptmängel) auftreten, so kann der Käufer nur Wandlung, d.h.<br />

Zurücknahme, niemals Minderung des Kaufpreises verlangen.“ 2<br />

In den folgenden Kapiteln werden wir uns mit dem Thema „Viehhandel“ genauer<br />

auseinanderset<strong>ze</strong>n. Hierbei wird der jüdische Viehhandel im Vordergrund stehen, da der<br />

Handel in den vergangenen Jahrhunderten in unserer Region vor allem in den Händen von<br />

Juden lag. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass Christen offiziell die<br />

Geldwirtschaft verboten war; diese jedoch mit dem Handeln unweigerlich verknüpft ist. Zum<br />

anderen waren Juden „stets vom er<strong>ze</strong>ugenden Pro<strong>ze</strong>ss ausgeschlossen“ 3 . Den Juden wurde<br />

nämlich im Mittelalter die Aufnahme in die exklusiv christlichen Zünfte verweigert, sodass<br />

sie ihren Lebensunterhalt nur mit dem Handel und Geldgeschäften bestreiten konnten. Das<br />

war allerdings nicht immer und überall in Europa so gewesen, z.B. in Spanien unter<br />

arabischer Oberherrschaft (Cordoba) und auch im christlichen Königreich Kastalien konnten<br />

sie in fast allen Berufen tätig sein; man spricht sogar von einer Blüte des Judentums. 4<br />

Auch heute sind noch viele jüdische Begriffe im täglichen Sprachgebrauch, die häufig im<br />

Laufe der Zeit eine eindeutig negative Konnotation erhielten. So sprachen selbst die von uns<br />

Befragten meist nicht vom „Handeln“, sondern vom „Schachern“. Das Schacher und Wucher<br />

„hauptsächlich“ ein Wirtschaftsverhalten der Juden gewesen sei, ist weit verbreitet, weil<br />

beides den Charakter von Metaphern mit „polemisch – judenfeindlicher Tendenz“ hat, wobei<br />

in Wirklichkeit „die besondere Sichtbarkeit eines jüdischen Wuchers für allerhand<br />

christlichen Wucher die Deckung abgab. Im Alltag der verlorenen kleinen Welten der<br />

Frühmoderne spielten Kredite, Geldgeschäfte gerade auch von kleinen Leuten, eine wichtige<br />

Rolle. Eine Bereitschaft zur wirtschaftlichen Spekulation, zum Pfand-, Waren-, oder<br />

Geldwucher, <strong>ze</strong>igte sich nicht nur bei den traditionell und gesetzlich auf den Handel<br />

2<br />

Bertelsmann Lexikon Band 15, Gütersloh 1987, S.70<br />

3<br />

Georg Marx, Juden in Hermeskeil, Kell am See 1999, S.20f.<br />

4<br />

Peter Ortag, Jüdische Kultur und Geschichte, Potsdam 1995, S.86<br />

1


eschränkten Juden. Pfandleihe ohne obrigkeitliche Genehmigung und andere im<br />

verborgenen betriebene Formen privater Geldgeschäfte gab es in Zeiten notorischer<br />

Geldknappheit offenbar in allen gesellschaftlichen Kreisen. Es scheint, als sei so ziemlich<br />

jeder, der überhaupt über Geld verfügte, der Versuchung erlegen, damit zu schachern und zu<br />

wuchern. Die Hoffnung, nicht nur im gewerblichen Bereich, sondern auch durch Handel und<br />

Wandel die ökonomische Misere zu überwinden, teilen mit den armen Juden auch viele<br />

Christen.“ 5<br />

Es liegt auf der Hand, dass diese, für das 17. und 18. Jahrhundert aufgestellte These für den<br />

hier untersuchten Saar – Mosel – Raum ebenfalls zutrifft. Denn es ist klar, dass diese beiden<br />

Jahrhunderte eine Zeit des Krieges, der Not und des Hungers waren, in der<br />

„Unregelmäßigkeiten und Regelwidrigkeiten im Handel mit waren und Geld“<br />

überlebensnotwendig waren. 6<br />

Dass „die kleinen jüdischen Händler auf den Messen und Jahrmärkten als Diebe und<br />

wenigstens als Schacherer und Wucherer“ angesehen wurden, stellte eine „nahezu<br />

selbstverständliche Über<strong>ze</strong>ugung der Christenheit“ dar, weil dahinter „stets ein Stück<br />

christlicher Mythologie steckt: Das Dogma schrieb den Juden den Wucher zu und definierte<br />

sie als Blutsauger.“ Deswegen mussten Juden, um überhaupt leben zu können, sich des<br />

Wohlwollens des „Nachbarn“ versichern, indem sie z.B. gemeinsam mit ihren Kunden gegen<br />

die Vorschriften der Obrigkeit verstießen, die in beiden oft nur Objekte ihrer politischen und<br />

wirtschaftlichen Interessen sah und sie entsprechend behandelte: als steuerzahlende und<br />

dienstleistende Untertanen bzw. als beliebig anzuzapfende Geldquelle. Dass beide sich damit<br />

gewissermaßen voneinander abhängig machten, war ihnen wohl nicht bewusst. 7<br />

Auch Napoleon glaubte 1808 mit seinen „Infamen Dekreten“ den gegen den angeblichen<br />

Wucher der Juden gerichteten Beschwerden, die vor allem von der elsässischen Bevölkerung<br />

vorgebracht wurden, Rechnung tragen zu müssen. Die hinter den Wuchervorwürfen stehende<br />

Absicht ist jedoch deutlich: Jüdische Geldverleiher sollten als Konkurrenten der<br />

nichtjüdischen ausgeschaltet werden. 8<br />

5<br />

Rohrbacher / Schmidt, Kulturgeschichte antijüdischer Mythen und antisemitischer Vorurteile, Hamburg 1991,<br />

S.86ff.<br />

6<br />

Rohrbacher / Schmidt, Judenbilder. Kulturgeschichte antijüdischer Mythen und antisemitischer Vorurteile,<br />

S.127<br />

7<br />

Rohrbacher / Schmidt, Judenbilder. Kulturgeschichte antijüdischer Mythen und antisemitischer Vorurteile,<br />

S.25, S.54, S.122<br />

8<br />

Kasper – Holtkotte, Juden im Aufbruch, Hannover 1996, S.260; Brammer, Judenpolitik und<br />

Judengesetzgebung in Preußen 1812 bis 1847, S.125<br />

2


Im Volksmund hat sich allerdings – zumindest in der Umgebung von Merzig – die<br />

Be<strong>ze</strong>ichnung „Kossong“ für den Händler ausgebildet, was seinen Ursprung im französischen<br />

Wort „commerçant“ haben soll 9 .<br />

Die Viehhändler arbeiteten zum einen als Zwischenhändler von Bauern und Metzgern, was<br />

als „Folge (des) wirtschaftlichen Aufschwungs“ der „Gründer<strong>ze</strong>it“ gewertet wurde, der es<br />

zunehmend erschwerte, dass sich Bauern und Metzger ohne weitere Instanz arrangierten 10 .<br />

Zum anderen kaufte der Viehhändler Vieh auf, von dem er wusste, dass es an anderer Stelle<br />

gebraucht wurde. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die (jüdischen) Händler ihre Heimat gut<br />

kannten.<br />

Im Zusammenhang mit den Metzgern lässt sich noch ergän<strong>ze</strong>n, dass es hier in der Gegend<br />

auch sog. „Schächter“ 11 gab. Der „Schochet“ ist ein Fachmann, der das rituelle Schlachten<br />

von Tieren durchführt, damit das Fleisch „koscher“ (hebr. rein; Gegensatz: treife) und somit<br />

nach jüdischem Gesetz zum Genuss erlaubt ist.<br />

Bereits in der Trierer Judenverordnung von 1681 war es „der Judenschaft nicht<br />

gestattet... mehr zu schlachten, als zu ihrem Unterhalt nöthig sei“, und im Jahr 1723<br />

wurde diese noch verschärft: „Des Viehschlachtens und Verkaufens in denen Städten,<br />

wo Metzgerzunft seien, sollen die Juden weiter nicht gebrauchen, als was ihnen zu<br />

eigener Haushaltung nöthig sei“ 12 . Im Deutschen Reich wurde nach 1933 das<br />

Schächten verboten, also in der NS – Zeit!<br />

Im allgemeinen wurde das Vieh – wenn nicht auf dem Viehmarkt – direkt im Stall oder Haus<br />

verkauft und der Handel wurde mit einem Handschlag und (nach Aussage von Herrn Mersch)<br />

mit einem deutlichen ´Ja` zum Handel- besiegelt.<br />

Als Beispiel dafür kann der Kuhhandel des Freudenburger Juden Abraham Kahn mit Niclas<br />

Faber aus dem damals luxemburgischen (Kreuz-) Weiler angeführt werden, der vielleicht im<br />

Stall und Haus Fabers mit dem Feilschen um den Preis begann. Da Abraham, nachdem man<br />

9 Emelie Stors, 800 Jahre Fremersdorf, Weiten 1999, S.460<br />

10 Hermann Alms, Der Rheinisch – Westfälische Viehhandel, Diepholz 1911, S. 38ff<br />

11 Herr Oberbillig berichtete von einem Herrn Hayum aus Kirf, der „Armer Josef“ genannt wurde. Dieser war<br />

Schächter und arbeitete außerdem als Stoffhändler in Kirf und Meurich. Des weiteren erzählte Herr Oberbillig,<br />

dass es mit dem koscheren Essen, vor allem bei Kindern, nicht immer so ernst genommen wurde.<br />

12 G. Heidt / D. Lennartz, Fast vergessene Zeugen, Trier / Freudenburg 2000, S.170f.<br />

3


sich einig geworden war, dort aber die Kühe nicht abnehmen durfte, weil er wohl kein<br />

luxemburgisches Handelsprivileg besaß, dafür aber sein maximinisches in Kurtrier anerkannt<br />

wurde, wurden die Kühe über die nahe Gren<strong>ze</strong> nach Dilmar (Kurtrier) in den Stall von Paul<br />

Biewer geführt:<br />

„Und besagter Jud wäre schon eine Stund zuvor in seinem Haus gewesen und hätte auf<br />

die Kühe gewartet; sogleich als die Kühe angekommen, hätte der Jud in Deponentis<br />

Stuben auf den Tisch in seinem, seiner Frau, des Dietrich Thiel und seiner Kinder<br />

Beisein“ zwei Goldstücke hingelegt.“ 13<br />

Barzahlungen gab es – wenn überhaupt – nur bei gut gestellten Bauern, wobei zumindest im<br />

Ruhrgebiet Zahlungen nach bis zu drei Wochen als „Barzahl(ungen) angesehen“ wurden 14 .<br />

Die jüdischen Viehhändler, die oft Kilometer weite Strecken von einem Ort zum anderen auf<br />

sich nahmen, sollen auch recht hartnäckig gewesen sein, obwohl gleich<strong>ze</strong>itig erwähnt wurde,<br />

dass der Handel 15 ohne Zwang ablief: „Sie sind vorne raus geschmissen worden und sind<br />

hinten wieder rein gekommen!“ 16 .<br />

War nicht sicher, ob ein Bauer Vieh verkaufen oder kaufen wollte, liefen die Viehhändler<br />

durch die Straßen und riefen: „<strong>Hamma</strong> <strong>neischt</strong> zu <strong>handeln</strong>?!“ 17<br />

Die ersten Quellen nach der Wiederansiedlung von Juden im Saarburger Raum etwa um<br />

1680, die auf<strong>ze</strong>igen, dass auch in dieser Gegend der Viehhandel verbreitet und ihr<br />

Hauptbetätigungsfeld war, beziehen sich auf eine Klage hinsichtlich eines<br />

„Kuhhandels“ zwischen Moses Hanau von Merzig und den Brüdern Abraham und<br />

Seligmann Marx. Diese konnten beweisen, dass Moses nicht die vereinbarte Summe für<br />

eine Kuh bezahlt hatte und somit ihr Verhalten, das Verweigern der Herausgabe der<br />

Kuh, gerechtfertigt war 18 .<br />

Es bietet sich in diesem Zusammenhang an, die Viehgattungen zu differenzieren, da sich auch<br />

die Art des Handels dementsprechend unterschied: „Entweder wird das Stück Vieh nach<br />

Lebensgewicht, ferner nach Schlachtgewicht oder en bloc oder im Ramsch“ verhandelt. So<br />

13 G. Heidt / D. Lennartz, Fast vergessene Zeugen, Trier / Freudenburg 2000, S. 125<br />

14 H. Alms, Der Rheinis ch – Westfälische Viehhandel, Diepholz 1911, S.42<br />

15 Befragung von Nikolaus Fonck vom 09.10.2000<br />

16 Befragung Walter Mersch (*1922) vom 08.10.2000<br />

17 Befragung von Nikolaus Fonck vom 09.10.2000, Befragung Walter Mersch (*1922) vom 08.10.2000<br />

18 G. Heidt / D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier / Freudenburg 2000, S.62<br />

4


wird Rindvieh „auf kleinen Märkten oder im Stalle beim Bauern erstanden“ 19 , wie auch<br />

Maria Croon (1891 – 1983), Heimatdichterin aus Meurich, in ihrer Erzählung über den<br />

Kuhhandel in unserer Gegend beschreibt und somit ein gutes Beispiel für den jüdischen<br />

Viehhandel gibt:<br />

Der Kuhhandel<br />

Der Moses war Viehhändler. Außer am Schawwes (Sabbat) und am Sonntag, war er an<br />

allen Wochentagen unterwegs. In einem langen, dunkelgrauen Kittel, den derben<br />

Hermeskeiler Wanderstock in der Hand, durchstreifte er die Gaudörfer im Umkreis von<br />

drei Stunden zwischen Saar und Mosel. Die meist nur angelehnte Hälfte der Stalltüren<br />

schob er zurück und musterte den Viehbestand. Wenn er ein Geschäft witterte, klinkte er<br />

die Haustür auf und rief in den Flur: „Habt ihr was zu <strong>handeln</strong>? E’ Kälbchen? En<br />

Kuh? En Rindchen? En Geiß?“<br />

Wenn im Stall etwas zu verkaufen stand, dann ging’s ans Feilschen. Um jede Mark, um<br />

jeden Groschen wurde geredet und gerungen, denn nicht nur die Juden, auch die<br />

Bauern waren schlau und zäh.<br />

„Hm, hm“, machte der Moses, nachdem er das Rind von allen Seiten schweigend<br />

betrachtet, beklopft und ihm ins Maul geguckt hatte, „viel zu schmank (schmächtig), de<br />

Krupp (das Kreuz) zu hoch, kein gatting (gutgebautes) Rind, mehr Geiß (Ziege) wie<br />

Rind.“<br />

„Dann lass et stehn“, sagte der Bauer trocken, „dann kriegt eben en annerer mei<br />

Rind.“<br />

„Ad, weil ich dich so gut kenn, un weil mir zwei schon gemacht han so viel Händelcher<br />

miteinander, will ich verdiene an diesem Handel keine rode Penning. Ich weiß, dass ich<br />

en Fehler mach, en Fehler in deinen Sack, awer was soll mer mache, wenn man hat<br />

versproche, gleich zu liefern. Mein höchst und einzig Gebot: 80 Daler!“ (1 Taler= drei<br />

Mark).<br />

„Unner 100 geht et net aus dem Stall, Moses! So en schmuck Stück Vieh!<br />

Seinesgleichen findst de net auf dem gan<strong>ze</strong>n Gau!“<br />

19 H. Alms, Der Rheinisch – Westfälische Viehhandel, Diepholz 1911, S.45f.<br />

5


„Ad, der Itzig Kahn, mei Vatter selig – er sitzt schon seit dreißig Jahr in Abrahams<br />

Schoß, er wird verhüllen sein Angesicht, wenn er hört, dass sein Sohn Moses sich lässt<br />

hauen übers Ohr, wenn er hört, dass ich jetzt sag: 81!“<br />

„Spar deinen Atem Moses! Ich hab Futter genug, dann bleibt dat Rind eben an meiner<br />

Krip.<br />

Bis der David kommt, der hat auch schon en Aug drauf geworf.“<br />

Moses ging bis zur Stalltür, schaute straßauf, straßab, kam zurück, seufzte tief und<br />

sagte: „82! Aber das ist manne - schamme ( meiner Seel) mein letzt Gebot. Hier mein<br />

Hand, schlag schnell ein Kläs. Du hast gemacht en Geschäft mit em gude Ribbochen<br />

(Gewinn), dein Sus werd dir fallen um den Hals, awer mein Sara wird mir kochen drei<br />

Dag Grummelesupp (Essen mit Schelte) un nix davor.“<br />

„Ich seh schon, heut werde mer net einig, Moses. Mache mer Schluß!“<br />

„Kläs du rennst vorbei an dei’m Glück! Sag, ich hätt dirs gesagt! Laß mal de Spaß<br />

beiseite, un mach en vernünftigen Preis!“<br />

„Mach Du en vernünftigen Angebot, du alter Gauner!“<br />

Moses lief händeringend zur Stalltür, öffnete sie, machte ein paar Schritte längs der<br />

Jaucherinne, besann sich, kam zurück und sagte mit dumpfer Stimme: „83! Das ist mei<br />

letzt Wort! Meiner Seel, wenn ich mache würd lauter Händel von der Sort, käm bald der<br />

Hißjen (Gerichtsvollzieher) mit dem Kuckuck, un mei Kinner müßde betteln gehen.<br />

Verfluchen würden sie mich noch, wenn ich da oben in Freudeburg unnerm Eiderberg<br />

läg. Un daran wärs du schuld, Kläs! Kann mer so grausam sein?“<br />

Kläs war so grausam. Er schüttelte den Kopf und schwieg.<br />

„Adjeh Kläs! Leid wird es der tun. Awer dann is et zu spät!“<br />

Moses ging zur Stalltür, lehnte sich über die untere Hälfte, kam wieder zurück und<br />

schrie: „Gott der Gerechte, nur weil ich versprochen hab zu liefern: 84! Du<br />

Halsabschneider!<br />

Ich bin ein miserabler Handelsjud! Der David gibt dir noch kein 80. Aber was will mer<br />

machen, wenn mer de Stall behalte will! 84, Kläs, schlag ein, Kläs! Eh es mich gereit,<br />

Kläs!“<br />

Kläs aber hantierte am Leder<strong>ze</strong>ug seiner Pferde und schwieg.<br />

6


Moses ging wieder zur Stalltür, und wie von ungefähr steht dort sein Kompagnon, der<br />

Schaulem.<br />

„Was zu <strong>handeln</strong>? fragt der Schaulem.<br />

„Das Rindchen da,“ sagt der Moses, „awer“, er deutete auf den Bauer, „der ist ja<br />

meschugge (verrückt).“<br />

„Was fordert er denn?“<br />

„Halt dich fest, Schaulem, dass de net fällst auf de Buckel! – 100 Daler!“<br />

„Was“, schrie der Schaulem den Moses an, „hab ich gehert richtig? Hundert Daler?<br />

Für die Geiß da? Von mir bekäm er noch keine 70.“<br />

„Du mit deine 70! Ich hab ihm gebot 84, un er hat gesagt: Nein!“<br />

„Willste gehen kabors?“ tobt der Schaulem. „84???“<br />

„Du hörst es, Kläs, sagte der Moses. „also schwätz mal e gescheit Wort, sonst geh ich<br />

meiner Weg.“<br />

„En gescheit Wort soll ich schwät<strong>ze</strong>, Moses. Und dat is auch letzt Wort in der Sach. Ich<br />

hab keine Zeit mehr, hier rumzustehen. Gib mir 92 Daler un dat Rind is dein.“<br />

„Komm Schaulem, der Mann ist wirklich meschugge, geh mer, Adjeh!“<br />

Sie gingen bis an die Mischdekaul (Dunggrube), dort blieben sie stehen und<br />

mauschelten miteinander. Dann kam der Schaulem zurück und sagte beschwörend zum<br />

Kläs: „So war ich Schaulem heiß, das Vieh ist mit 80 schon iwwerbezahlt. Awer der<br />

Moses hat e Platz dafir, wenn dat net wär, dann ging er das Risiko net ein. Fir so en<br />

Preis! Ich gäb dirs net, keiner gäb das. Haste denn e Brett vorm Kopp. Ich weiß e Stall,<br />

da steht e Rindchen, das is manne-schamme e Prin<strong>ze</strong>ssin gegen dem da. Und wenn es<br />

net dies is, dann is es das!“<br />

Der Bauer hatte indessen schweigend im Stall hantiert, jetzt führte er die Pferde am<br />

Halfter auf den Hof und schirrte sie an den Wagen. Die Juden wandten sich zum gehen.<br />

„Kläs“, mahnte das Sus, die auf die Haustüre gekommen war, „biste noch net fort,<br />

Kläs. Gib dich doch net länger mit denen ab. Et is ja schon bald Mittag. Wenn morgen<br />

der David kommt, dann gibste dem uns Rindchen, der leckt sich all Finger danach.“<br />

Der Schaulem war stehengeblieben. Er drehte sich um und rief: „Kläs, der Moses is<br />

iwergeschnappt. Er will der gewe 86. Sag ja, eh er’s widerruft.“<br />

„Teile mer die Differenz“, sagte der Bauer. „Ich habe 92 gesagt, er sagt 86, die Mitt<br />

liegt bei 89. Dat is mein letzt Wort.“<br />

7


„87“ rief der Moses, „88“ der Bauer. Er schwang sich auf das Zuderhandpferd und<br />

knallte mit der Geischel ( Peitsche ). „Heh-jüh!“<br />

Der Wagen ratterte über den Hof auf die Straße, Kläs schaute nicht mehr zurück.<br />

„87 un en Halwen“, rief der Jude.<br />

„Halt’s Maul, pleite wirste“, entsetzte sich der Schaulem.<br />

„Recht haste“, klagte der Moses und hob die Schultern, „awer was will mer machen,<br />

wenn man versprochen hat, <strong>ze</strong> liefern!“<br />

„Hollah“ gebot Kläs den Pferden. Sie bleiben stehen, und er ließ die beiden<br />

herankommen.<br />

„Was haste gesagt, Moses?“ fragte er.<br />

„87“ sagte der, „noch so en Handel, un ich geh de Bach runner“ ( bin ruiniert). „87 un<br />

en halwen haste gesagt, meinste ich hätt kein Ohren“, verwies der Bauer.<br />

„Komm, komm“, beschwor der Schaulem den Moses.<br />

„Un wenn ich dir geb den Halwen dazu, musste mir geben en Zenner Stroh un en Bürde<br />

Heu“, forderte Moses.<br />

„Dat Stroh kannste kriegen, dat Heu net“, entschied der Bauer.<br />

Mit einem abgrundtiefen Stöhnen schlug Moses in die Hand, die Kläs vom Pferderücken<br />

herunterreichte.<br />

Dann zogen die Juden ab, der Kläs schaukelte auf seinem Fuchs dem Acker auf der<br />

Steinkaul zu, und jede der beiden Parteien war über<strong>ze</strong>ugt, ein gutes Geschäft gemacht<br />

zu haben. 20<br />

Die hier vorliegende Heimaterzählung „Der Kuhhandel“ von Maria Croon beschreibt eine<br />

Handelssituation zwischen dem jüdischen Viehhändler Moses und dem Bauern Kläs in dessen<br />

Stall realistisch und objektiv. Diese Objektivität <strong>ze</strong>igt sich in dem Halbsatz „denn nicht nur<br />

die Juden waren schlau und zäh“, da sie sich weder auf die Seite des Bauern noch auf die des<br />

Viehhändlers stellt.<br />

Einleitend wird zunächst eine kur<strong>ze</strong> Beschreibung des Viehhändlers geliefert, die sowohl<br />

individuell als auch typische Eigenschaften desselben thematisiert. Auch im weiteren Verlauf<br />

der Geschichte wird er – genau wie der Bauer – implizit charakterisiert, sodass man am Ende<br />

ein grobes Bild der Hauptfiguren erhält:<br />

20<br />

Maria Croon, Die Taakbank, Saarbrücken 1989, S. 157ff.<br />

8


So ist Moses ein hartnäckiger Handelspartner, nicht zuletzt weil er aufgrund einer<br />

Abmachung, einem anderen die Kuh weiter zu verkaufen, unter Druck steht, was ebenfalls ein<br />

Grund für sein Engagement ist. Seine Bindung an religiös geprägte Traditionen, die bereits<br />

am Anfang durch die Bemerkung, er sei „an allen Wochentagen unterwegs“, d.h. er arbeite an<br />

diesen, „außer am Schawwes und am Sonntag“, den Ruhetagen, thematisiert wird, <strong>ze</strong>igt sich<br />

auch in seiner Ausdrucksweise. Es fällt nämlich nicht nur auf, dass sich der Bauer und der<br />

„Handelsjude“ auf Moselfränkisch unterhalten, in das z.T. hebräische Worte einfließen, die<br />

Herr Hirschkorn als „Viehhändlersprache“ be<strong>ze</strong>ichnet, sondern auch, dass Moses z.T.<br />

hebräische Worte mit religiösem Hintergrund verwendet, um seiner Rede mehr Ausdruck zu<br />

verleihen. So benutzt er das Wort „manne - schamme“, was übersetzt so viel wie „meiner<br />

Seele“ bedeutet, zum anderen spricht er von seinem verstorbenen Vater („Ad, der Itzig Kahn,<br />

mei Vatter selig – er sitzt schon seit dreißig Jahr in Abrahams Schoß...“) in einer sehr<br />

poetischen Art und Weise.<br />

Der Bauer dagegen lässt sich von dem Gerede des Viehhändlers nicht beeindrucken („Spar<br />

deinen Atem Moses!“); er bleibt ruhig und gelassen, <strong>ze</strong>igt sich selbstbewusst als Führer der<br />

Verhandlung. Seine scheinbar überlegene Position in selbiger legitimiert er durch seine<br />

Behauptung, es gäbe noch andere Interessenten für das Tier, und er könne somit einen<br />

überhöhten Preis verlangen. Andererseits ist wohl sehr daran interessiert, das Stück Vieh zu<br />

verkaufen, um Bargeld auf die Hand zu bekommen.<br />

Die Bauersfrau Sus und Moses Kollege Schaulem sind in der Handlung von daher von<br />

Bedeutung, als das deutlich wird, dass sie sich jeweils auf die Seite des Ehemannes („Gib dich<br />

doch net länger mit denen ab. Et is ja schon bald Mittag. Wenn morgen der David kommt,<br />

dann gibste dem uns Rindchen, der leckt sich all Finger danach.“) bzw. Freundes („Hab ich<br />

gehert richtig? Hundert Daler? Für die Geiß da? Von mir bekäm er noch keine 70.“) stellen.<br />

Schaulem fungiert außerdem als eine Art Vermittler („Kläs, der Moses is iwergeschnappt. Er<br />

will der gewe 86. Sag ja, eh er’s widerruft.“) zwischen Bauer und Viehhändler.<br />

Was die Einordnung in den historischen Kontext betrifft, so ist diese nicht einfach<br />

vorzunehmen: Zum einen kann aufgrund der detaillierten Situationsbeschreibung<br />

angenommen werden, dass Maria Croon ähnliche Handelssituationen miterlebte, da sie aus<br />

Meurich stammt, einem Ort, in dem zwei jüdische Familien lebten, sodass sie das bäuerliche<br />

und jüdische Milieu aus eigener Anschauung kennt, zum anderen wird von Dalern (Taler)<br />

geredet, sodass die Erzählung vor 1872 gespielt haben muss, d.h. vor Einführung der Mark,<br />

was allerdings nicht möglich ist, weil Maria Croon erst 1891 geboren wurde.<br />

9


Rinder wurden vor allem von ärmeren Bauern als Zugtiere genutzt, da sie sich keine Pferde<br />

leisten konnten, und Kühe deckten den Bedarf an Butter und Milch im Haushalt, z.T. wurden<br />

die Milchprodukte auch in benachbarten Städten verkauft 21 .<br />

Ein Wocherner Zeit<strong>ze</strong>uge 22 , dessen Eltern ein kleines Geschäft besaßen, beschrieb außerdem<br />

den Kuhhandel der Juden mit ärmeren Bauern. Diesen gewährten sie z.T. Kredit und<br />

verlangten nur geringe Zinsen. Es kam auch vor, dass sie einem Bauern eine Kuh zur<br />

Verfügung stellten, deren beiden ersten Kälber als Zahlung angesehen wurden, sodass die<br />

Kuh daraufhin in den Besitz des Bauern überging. Diese Praxis ähnelt dem sog.<br />

„Viehverstellen“ 23 :<br />

Die Viehverstellung, welche nach Definition der Viehleihe oder Viehpacht entspricht und<br />

demnach ein „Vertrag“ ist, „durch den jemand einem anderen Vieh zur Nutzung überlässt<br />

gegen Fütterung und Wartung“ 24 , beruht auf dem System des Ent- und Verleihens. Das<br />

„Lehnvieh“ wurde dem Bauern gegen Zins für eine bestimmte Zeit überlassen und ihm wurde<br />

das Nutzungsrecht gewährt. Aufgrund dessen ist dieses System zu beiderseitigem Vorteil: Für<br />

den jüdischen Viehhändler entfielen die Stall- und Futterkosten 25 , konnte jedoch die Produkte<br />

des Viehs weiter nut<strong>ze</strong>n. Der Bauer seinerseits konnte Vieh trotz fehlendem Kapital erwerben,<br />

hatte über selbiges allerdings keine Verfügungsgewalt. Deshalb war das Viehverstellen<br />

besonders bei Kleinbauern eine populäre Praktik, die allerdings bei der Obrigkeit nicht gern<br />

gesehen war, obwohl es im allgemeinen anscheinend keine Probleme gab. (Es sei denn das<br />

Vieh wurde krank, starb oder wurde länger behalten, als für es bezahlt wurde.)<br />

Andere Quellen, die offensichtlich voller Vorurteile oder sogar antijudaistisch eingestellt sind<br />

sprechen im Zusammenhang mit der Viehverstellung vom „rücksichtslosen Ausnut<strong>ze</strong>n der<br />

Kleinbauern“ 26 durch einige Viehhändler, die deren „Not (Verlust von Vieh und Missernten)<br />

dazu benutzten, um sich zu bereichern“.<br />

Am 25.09.1896 berichtete der Bürgermeister von Waldstein dem Landrat in Trier, dass<br />

die „Armut bei dem Kleinbauernstande durch die wucherische Ausbeutung noch<br />

21<br />

Heimatkunde des Kreises Saarburg, hrsg. von den Lehrern des Kreises Saarburg, Saarburg 1911, S.38<br />

22<br />

Befragung von Georg Linster vom 06.10.2000<br />

23<br />

Bei der folgenden Betrachtung verwenden wir insbesondere „Fast vergessene Zeugen“ von G. Heidt und D.<br />

Lennartz, die ihrerseits Karl E. Demandt zitieren, S.167<br />

24<br />

F. v. Brockhaus, Der Volks – Brockhaus, Leipzig 1940, S.730<br />

25<br />

Juden hatten meist kein Weideland, höchstens - nach Aussage von Nikolaus Oberbillig- 30a.<br />

26<br />

Im folgenden beziehe ich mich vor allem auf Quellen, die von Georg Marx zitiert wurden, Juden in<br />

Hermeskeil, S.20<br />

11


edeutend vermehrt wird. Das Hauptübel ist wucherische Ausbeutung durch die<br />

Viehleihe..“<br />

Um dieser „Ausbeutung“ – ob es sich wirklich um eine solche hielt, sei dahin gestellt –<br />

entgegenzuwirken, wurden verschiedene Organisationen gegründet (20.06.1886:<br />

Hermeskeiler Spar- und Darlehenskasse, 04.10.1885: Verein gegen den Wucher im<br />

Saargebiet, 16.02.1895: Landwirtschaftliche Bank in Trier), die „nicht gegen den Viehhandel<br />

als solchen, sondern ´gegen die Handlungsweisen einiger Personen, gleichviel welchen<br />

Glaubens und welcher Stellung`“ gerichtet waren. Diese Institutionen waren darauf<br />

eingerichtet, den Bauern Kredite zu verschaffen, ohne dass Juden daran beteiligt waren – auch<br />

hier ein Beweis dafür, dass Nicht – Juden nun die Geldgeschäfte mit den Bauern machen<br />

wollten und den Wucher – Vorwurf für ihre wirtschaftlichen Zwecke benutzten.<br />

Es <strong>ze</strong>igte sich aber auch, dass viele kleine Bauern weiter bei Juden Vieh kauften bzw.<br />

verkauften oder Geld aufnahmen, weil diese ihnen noch dann Kredit gewährten, wenn die<br />

Banken wegen fehlender Sicherheiten schon lange kein Geld mehr zur Verfügung stellten.<br />

Viele Juden waren in diesem Zusammenhang wesentlich sozialer eingestellt als die nicht –<br />

jüdischen Bankleute. Wie die Befragten bestätigten, habe der sog. „Wucher“ im<br />

Zusammenhang mit der Viehleihe in der Folge<strong>ze</strong>it abgenommen; es sei jedoch ein gewisses<br />

Misstrauen gegen die jüdischen Händler geblieben, nicht zuletzt weil sie sich während des<br />

Handels untereinander auf hebräisch unterhielten, „was als Geheimsprache zur Überlistung<br />

der Bauern ausgelegt wurde“ 27 .<br />

Hieran <strong>ze</strong>igt sich bereits, dass schon lange vor Beginn des Zweiten Weltkrieges (vgl. Kapitel<br />

3), aus welchen Gründen auch immer, antisemitische Gedanken im Umlauf waren; sie waren<br />

nur noch nicht so offensichtlich. Man könnte hier evt. von einem latenten Antisemitismus<br />

sprechen.<br />

Diese „Geheimsprache“ bestand aus Begriffen, die in der Basis hebräische Worte sind, jedoch<br />

„aschkenasisch“ (eigentlicher Sinn: deutsche, später aber auch ost-/mitteleuropäische Juden)<br />

ausgesprochen werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Viehhändlersprache,<br />

die es heute als solche nicht mehr gibt. Dank Herrn Hirschkorn konnten wir allerdings einige<br />

Begriffe festhalten 28 :<br />

27 G. Marx, Juden in Hermeskeil, Kell am See 1999,S.20<br />

28 Interview mit Herrn Hirschkorn vom 31.01.2001<br />

12


Zahlen / Handel<br />

1 Alef<br />

2 Beth<br />

3 Gimmel<br />

4 Dalet<br />

5 Hei<br />

6 Wav<br />

7 Sayin<br />

8 Chet<br />

9 Tes<br />

10 Jus<br />

Mark (auf dem Markt) Schuk<br />

100 Meya<br />

bezahlen beschulmen<br />

<strong>handeln</strong> chilven<br />

Händler Marveser<br />

billig yoker<br />

Geschäfte Masematen<br />

günstige Gelegenheit Meziehe<br />

Tag Jom<br />

teuer jakres<br />

Arbeit Meloche<br />

ich besit<strong>ze</strong> nichts loulon<br />

verarmt dales<br />

verrückt meschugge<br />

Preis Mekach<br />

gut tow<br />

Wahrheit Emes<br />

Lüge Schgorem<br />

zur Sache Tacheles<br />

angenehm, preiswert taker<br />

Geld Kesef<br />

Segen, Dank Broche<br />

rein koscher<br />

unrein treife<br />

unzuverlässig, was Geldgeschäfte betrifft chates<br />

pleite, zahlungsunfähig mechule<br />

Schwur auf "Nein" Oser<br />

Einigung Beschorim<br />

13


Be<strong>ze</strong>ichnungen für Personen<br />

Bauern Kafrim<br />

der Mann von dem Stall Goy<br />

Frau Goye<br />

Knecht/Bedienstete Meschores<br />

Dieb Ganef<br />

Metzger Ka<strong>ze</strong>f<br />

Familie Mischboche<br />

Tierarzt Roofe<br />

Teilhaber (Eingetragener im Geschäft ) Chitev<br />

Teilhaber (zufällig) Kipcharer<br />

Besit<strong>ze</strong>r, Landwirt, Eigentümer Balebos<br />

Besit<strong>ze</strong>rin, Landwirtin, Eigentümerin Balgasar<br />

Kind Jelet<br />

Herr Zadik<br />

Frau Ische<br />

Hure Nafke<br />

anderes<br />

Feiertag Yontef<br />

listig,schlau, rücksichtslos rutsba<br />

Streit beginnen, Ende machen Zoff<br />

Glücksbringer Masal<br />

Ruhe (finden) Menucha<br />

Essen Achila<br />

Hunger Rof<br />

wegrennen teilach<br />

Kummer, Sorgen Zores<br />

Haus Bajes<br />

sprechen dibern<br />

Wasser Majim<br />

Wein, Schnaps Jajin<br />

trinken (Alkohol) schicker<br />

Gegend, Land Mediena<br />

krank chaule<br />

unnütz dauvel<br />

umsonst bechilim<br />

Unheil zustoßen, „Teufel soll dich holen“ Misse Meschine<br />

groß, stark, kräftig gewore<br />

starker Mann Gewora<br />

Angst More<br />

verbünden pschore<br />

Friede Scholem<br />

gucken, Schnäppchen suchen schru<strong>ze</strong>n<br />

extra machen dafge<br />

beschissen beseiveln<br />

14


Handelsbegriffe<br />

Rindvieh (auch als Schimpfwort) Behema<br />

Kopf Rosch<br />

Schwanz Sonev<br />

Hals Zaber<br />

Fett Schummen<br />

Innereien Mika<br />

Beine Raglajm<br />

Kalb Egel<br />

Pferd Sus<br />

Rind Binnes<br />

schlachten schächten<br />

gestorben nivtern<br />

Fleisch Boser<br />

alte Kuh Klafte<br />

Hintern Toches<br />

Leben des Viehs Chaje<br />

Schwein Chasir<br />

Hund Keilef<br />

Wie bereits erwähnt ähnelt die Viehhändlersprache dem Neuhebräischen, wobei bei zuerst<br />

genanntem die Betonung auf der ersten Silbe liegt, nicht auf der letzten, was die folgende<br />

Gegenüberstellung <strong>ze</strong>igt:<br />

Deutsch Händlersprache Hebräische Transkription<br />

Arbeit Meloche meluchá<br />

Wahrheit Emes emet<br />

rein Koscher kaschér<br />

Familie Mischboche mischpachá<br />

Tierarzt Roofe rofé<br />

Kind Jelet jeled<br />

Herr Zadik tseddek<br />

Frau Ische ischá<br />

Feiertag Yontef jom tow<br />

Essen Achila ochel<br />

Haus Bajes bait<br />

sprechen Dibern ledaber<br />

Wasser Majim majim<br />

Wein, Schnaps Jajin jajin<br />

trinken (Alkohol) Schicker lischtot<br />

krank Chaule cholé<br />

Friede Scholem schalóm<br />

Leben des Viehs Chaje chai (wie in ach)<br />

15


Beim Pferdehandel konnten im allgemeinen höhere Gewinne erzielt werden als beim Handel<br />

mit Kühen, was auch eine Begründung dafür liefert, dass Pferdehändler sich gegenüber<br />

anderen Händlern überlegen fühlten und von der übrigen Bevölkerung als intelligenter<br />

angesehen wurden als Kleinviehhändler 29 . Pferde waren vor allem zwischen 1688 und 1714<br />

gefragt, danach immer weniger berücksichtigt und von 1733 bis 1794 kaum noch in<br />

schriftlichen Unterlagen ver<strong>ze</strong>ichnet 30 . Anfang des 20. Jahrhundert wurde der Pferdehandel<br />

auf dem Gau wieder populär, sodass in einem Heimatkunde - Buch 31 dieser Gegend stolz<br />

berichtet wurde, dass bereits „ein schöner Pferdeschlag heran gezogen worden ist“. Die<br />

Pferde wurden zu guten Preisen verkauft und vor allem als Zugtiere genutzt. Aber auch „die<br />

Militärverwaltung kauft(e) hier Artilleriepferde“ und „die Bergverwaltung von Saarbrücken<br />

und Lothringen kauf(t)en hier ihren Bedarf an Grubenpferden“.<br />

Zu den Kunden der Rosshändler – wie sie auch genannt wurden – zählten weniger Bauern,<br />

sondern vielmehr Müller, welche wirtschaftlich besser gestellt waren 32 . Die Kundschaft<br />

versuchte Pferde zu erwerben, die „ohne vier Mängel“ waren, welche jedoch häufig mit<br />

kosmetischen oder pharma<strong>ze</strong>utisch - medizinischen Mitteln verdeckt wurden. Zu diesen<br />

Krankheiten oder Mängeln zählten Charakterfehler (bissig, unruhig,...), Augenfehler<br />

(Nachtblindheit), Fehler an den Hufen (Strahlenkrebs), sowie an den Beinen. Bei letzteren<br />

arbeiteten Nagelschmiede häufig mit den ungern gesehenen „Roßtäuschern“ zusammen; sie<br />

beschlugen die Pferde so, dass z.B. Innenstellungen bzw. Außenstellungen der Beine (man<br />

nannte dies „englisch“ bzw. „französisch“) nicht mehr zu erkennen waren. Auf diese Weise<br />

konnten die Viehhändler die präparierten, weniger wertvollen Tiere zu einem höheren Preis<br />

verkaufen, von dem sie den schmieden einen Teil abgaben. 33<br />

Wie fast überall gab es auch in diesem Bereich des jüdischen Viehhandels kaum schriftliche<br />

Verträge, sondern man besiegelte den Handel mit einem Handschlag, der – nach Aussage von<br />

Herrn Oberbillig und von Herrn Hirschkorn - auch vor Gericht galt, jedoch – laut Herrn<br />

Mersch – annullierbar war, wenn man feststellte, dass es sich um ein „mangelndes Tier“<br />

handelte. Diese Aussagen widersprechen jedoch scheinbar denen aus dem Buch „Fast<br />

vergessene Zeugen“, in dem festgestellt und an Beispielen bewiesen wird, dass das Fehlen der<br />

schriftlichen Abmachungen für viele Juden vor Gericht meist von Nachteil war; dabei handelt<br />

29 Interview mit Herrn Oberbillig vom 24.11.2000<br />

30 G. Heidt / D. Lennartz, Fast vergessene Zeugen, Trier / Freudenburg, S.162<br />

31 Heimatkunde des Kreises Saarburg, hrsg. von den Lehrern des Kreises Saarburg, Saarburg 1911, S.37ff.<br />

32 Herr Heidt berichtet in seinem Buch von dem Abtei - Müller Michel aus Collesleuken, der seiner Frau sein<br />

gan<strong>ze</strong>s Vermögen vermachte: Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.162<br />

33 Interview mit Herrn Oberbillig vom 24.11.2000<br />

16


es sich jedoch um Quellen aus dem 18. Jahrhundert, was evt. ein Hinweis darauf ist, dass sich<br />

die Bedeutung des Handschlags im Laufe der Zeit verändert hat.<br />

Des weiteren berichtete uns Herr Hirschkorn, dass man sich mit dem verbindlichen<br />

Handschlag „Massel und Broche“, der „Glück und Segen“ bedeutet,<br />

„verpflichtet wie mit seiner Unterschrift.... Wer das gebrochen hatte, der konnte nicht<br />

mehr auf den Markt kommen, der war vom Markt ausgeschlossen. Selbst bei den<br />

Bauern wurde dieser (Handschlag) zwar gemacht, aber der hatte bei den Bauern nicht<br />

diese Bedeutung wie bei uns (Juden), denn wenn wir zueinander sagen ´Massel und<br />

Broche`, dann war das ein fast religiöses Ding.“ 34<br />

Der Kälber-, Schaf- und Schweinehandel war weniger Sache der Juden, da Schweine nach<br />

jüdischem Glauben unreine Tiere sind und der Kälberhandel „besonders in den Händen der<br />

Schweinehändler“ lag, da es kaum „Händler, die nur den Kälberhandel (betrieben)“, 35 gab.<br />

Trotzdem gab es auf dem Gau viele Schweine, deren Futter, „Abfälle aus Haus und Scheune“,<br />

leicht zu beschaffen war und die von einem in jedem Dorf vorhandenen Hirten gehütet<br />

wurden.<br />

„Die Ferkel w(u)rden von Händlern aufgekauft oder zum Markte gebracht. Die Metzger<br />

der Umgebung deck(t)en ihren Bedarf an Mastschweinen auf dem Gau. Die eigene<br />

Wirtschaft versorgt(e) der Landwirt reichlich mit Rauchfleisch, Schinken, Speck und<br />

Schmalz.“ 36<br />

Die folgende Übersicht 37 <strong>ze</strong>igt, abgesehen von der Bevölkerungszahl und der<br />

Gemarkungsgröße, jeweils die Gesamtzahlen an Pferden, Rindern, Schweinen und Ziegen in<br />

den ein<strong>ze</strong>lnen Ortschaften (alphabetisch aufgelistet) des damaligen Kreises Saarburg (Stand<br />

1911):<br />

34 Interview mit Herrn Hirschkorn vom 31.01.2001; auf Neuhebräisch: mazál und brachá<br />

35 H. Alms, Der Rheinisch – Westfälischer Viehhandel, Diepholz 1911, S.48<br />

36 Heimatkunde des Kreises Saarburg, hrsg. von den Lehrern des Kreises Saarburg, Saarburg 1911, S.38<br />

37 Heimatkunde des Kreises Saarburg, hrsg. von den Lehrern des Kreises Saarburg, Saarburg 1911, S.66-69<br />

17


Exemplarisch greifen wir uns unsere Heimatorte <strong>Irsch</strong> bzw. Wochern heraus, auch wenn diese<br />

sich in Größe, Einwohnerzahl etc. deutlich unterscheiden und auch nicht Wohnorte von Juden<br />

waren:<br />

Am auffälligsten ist die Tatsache, dass – obwohl die Einwohnerzahl in und die Gesamtfläche<br />

von <strong>Irsch</strong> mehr als fünfmal höher war als von Wochern – es in Wochern eine relativ große<br />

Anzahl an Pferden gab, während der Bedarf an Rindern und Schweinen den Einwohnerzahlen<br />

eher angepasst waren. Diese große Anzahl an Pferden ist darauf zurückzuführen, dass man<br />

sich in Wochern fast nur von der Landwirtschaft ernährte und die hiesigen Bauern auch recht<br />

wohlhabend waren.<br />

Der Handel mit Ziegen scheint aufgrund der geringen Anzahl in beiden Orten keine große<br />

Rolle gespielt zu haben. In diesem Zusammenhang bietet sich der Vergleich mit anderen<br />

Orten an: Hierbei stechen – absolut gesehen – Nittel, Orscholz, Saarburg und Freudenburg mit<br />

einer Anzahl von mehr als 50 Ziegen pro Ort heraus, während anscheinend der größte<br />

Pferdebedarf in Borg, einem Ort nahe Wochern, bestand. Die Ziege war die „Bergmannskuh“<br />

für die zahlreichen Kinder eines Bergmanns oder Hüttenarbeiters; diese arbeiteten vor dem 1.<br />

Weltkrieg in den Gruben bzw. Hütten an der Saar oder in Lothringen, während die Frau und<br />

die Kinder Feld und Garten versorgten.<br />

Neben dem Großviehhandel, d.h. den meist reinen Geld- und Viehgeschäften, gab es auch<br />

Mischgeschäfte. Hierbei war es häufig der Fall, dass nach Geldleihe oder Viehhandel der<br />

Bauer seine Schulden nicht begleichen konnte, sodass der Händler nicht auf die Zahlung<br />

bestand, sei es aus Gefälligkeit oder Berechnung:<br />

„Als Gegenleistung für die Gefälligkeit bekommt der Händler eine gewisse Quantität an<br />

Frucht, sonstige Viktualien oder ein Kalb, wenn eins vorhanden ist, oder einen gewissen<br />

Geldbetrag, der nicht in bar ausbezahlt werden braucht, sondern durch Erhöhung des<br />

ersten Schuldscheines festgestellt wird, natürlich unter besonderer Berechnung der<br />

Zinsen.“ 38<br />

Da Bauern nur sehr selten über Bargeld verfügten – und immer noch verfügen –, war diese<br />

Handlungsweise deren finanziellen Möglichkeiten angepasst, wobei jedoch auch einzusehen<br />

ist, dass irgend wann der Schuldschein eingelöst werden musste. Wenn nun immer noch kein<br />

38<br />

Georg Marx, Juden in Hermeskeil, Kell am See 1999, S.21<br />

19


oder nicht genug Bargeld vorhanden war, räumte der Händler dem Bauern wieder eine Frist<br />

ein, natürlich mit entsprechendem Zins, so dass der Bauer z.B. nach Verkauf seiner<br />

landwirtschaftlichen Produkte im Herbst den Händler auszahlen konnte. Problematisch war es<br />

nur, wenn es z.B. infolge von Missernten kein Geld gab, sodass der jüdische Händler, der ja<br />

auch von irgend etwas leben musste, da ihm keine anderen wirtschaftlichen Möglichkeiten<br />

eingeräumt wurden, eine gerichtliche Klage gegen den Bauern erhob. Im schlimmsten Fall,<br />

wenn auch gegebene Sicherheiten oder Pfänder aufgebraucht oder verfallen waren, wurden<br />

das gesamte Vieh oder das Haus versteigert. Dass dies zu Zorn und zur Bestätigung von<br />

antijüdischen Vorurteilen führte, liegt auf der Hand, ist jedoch unberechtigt. Jede Bank hätte<br />

nicht anders gehandelt.<br />

Wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass man diese Quelle nicht auf alle Viehhändler<br />

anwenden sollte, da der Verfasser vorher bereits eindeutig von „einer gewissen Klasse von<br />

Händlern“ spricht. Hieran wird ersichtlich, dass man niemals zu vorschnell über jemanden<br />

urteilen sollte, nur weil er einer bestimmten Gruppe angehört; vermutlich wollte der Verfasser<br />

des Textes aber genau das Gegenteil erreichen: Er wollte die jüdischen Viehhändlern<br />

gegenüber den anderen als „Wucherer“ darstellen.<br />

Die Mischgeschäfte, wie sie in der Quelle auch schon angedeutet werden, waren vor allem in<br />

Zeiten von großer Armut, d.h. nach Missernten, bei den Bauern besonders populär und sollen<br />

hier daher nicht vernachlässigt werden. Die folgenden Zeilen geben einen schönen Überblick<br />

über diese:<br />

„Jüdische Händler konnten nur Waren verkaufen, wenn sie gleich<strong>ze</strong>itig bereit waren,<br />

Kredite zu gewähren und zu deren Abtrag Produkte der Kreditnehmer in Kauf zu<br />

nehmen. Die jüdischen Händler schafften nicht nur viele Waren heran, die für die<br />

Landbevölkerung sonst gar nicht oder nur mit sehr viel größerem Zeit- und<br />

Geldaufwand zu bekommen waren; sie kauften auch die verschiedensten bäuerlichen<br />

und landgewerblichen Nebenprodukte und Abfälle auf, die für die Menschen in den<br />

kleinen Städten, Flecken und Dörfern überhaupt nicht oder nur sehr viel schwieriger zu<br />

vermarkten waren.<br />

Dieser Handel betraf als Korn- und Viehhändler nicht nur Feldfrüchte, Tiere und<br />

tierische Nahrungsmittel wie Fette, Milch und Käse und Eier, sondern auch<br />

Nebenprodukte wie Felle und Häute, Hörner und Klauen, Federn und Borsten usw.<br />

20


neben Abfällen wie Asche, Lumpen und Scherben, die im Rahmen einer traditionellen<br />

Recyclingwirtschaft als Rohstoffe der gewerblichen Produktion zugeführt wurden und<br />

dort Arbeit und Brot schufen.“ 39<br />

Auch unsere Zeit<strong>ze</strong>ugen berichten von Kornhändlern, u.a. von einem, der aus dem<br />

französischen Thionville stammte 40 , sowie von Kirfer Händlern. Darunter waren Stoff-, Fett-<br />

und Öl- sowie Tierfellhändler, auf welche wir in Kapitel 4 noch genauer eingehen werden.<br />

Was die Teilnahme der jüdischen Frauen am Handel mit Geld und anderen Waren betrifft, so<br />

lässt sich nachweisen, dass sie nicht nur mit ihrem in die Ehe gebrachten Geld, sondern auch<br />

mit dem ihrer Männer <strong>handeln</strong> durften 41 .<br />

„Man konnte sich einen Hut verdienen“ 42<br />

Die Händler, speziell die Viehhändler, kannten nicht nur die Gegend, in der sie lebten,<br />

sondern auch die dort lebende Bevölkerung. Aufgrund dessen waren sie – wenn auch nicht<br />

offiziell – als Hoch<strong>ze</strong>iter unterwegs. Dieser „Nebenerwerb“ der Händler war nicht nur in<br />

dieser Gegend verbreitet: im Schwarzwald nannte man sie „Hochzitlader“ 43 ; bei den Franken<br />

wurden sie „Schmüser“ genannt, da sie diejenigen waren, die „verschmusten“ 44 , und auch<br />

heute noch sagt man dort zu Personen, die jeden von allem über<strong>ze</strong>ugen können: „Mensch is<br />

des en Schmüser!“. Auch im Volks – Brockhaus von 1940 finden sich Hinweise auf diese<br />

Begriffe, welche die antisemitische NS – Ideologie deutlich widerspiegeln: So sei im Wort<br />

„Schmuser“ das hebräische Wort „Schmu“ enthalten, welches richtig übersetzt „unehrlicher<br />

Gewinn“ oder „Betrug“ bedeute. Außerdem enthält dieser Duden den Begriff „Schmus“ bzw.<br />

„Schmuserei“, was nicht nur ein Ausdruck für übertriebene Zärtlichkeit ist, sondern ebenfalls<br />

für „Geschwätz“ steht 45 ; „schmusen“ bedeutet zum einen „sich einschmeicheln“, zum anderen<br />

„reden“ oder „schwät<strong>ze</strong>n“.<br />

Die Viehhändler erzählten jungen Männern von heiratsfähigen, jungen Frauen in<br />

Nachbardörfern und wenn sich ein junger Mann interessiert <strong>ze</strong>igte, begleitete er den<br />

Viehjuden als „Geselle“ auf den Hof, um sich die potentielle Braut anzusehen. Kam es am<br />

39 G. Heidt / D. Lennartz, Fast vergessene Zeugen, Trier / Freudenburg, S.169<br />

40 Befragung von Georg Linster vom 06.10.2000<br />

41 G. Heidt / D. Lennartz, Fast vergessene Zeugen, Trier / Freudenburg, S.173<br />

42 Der folgende Abschnitt bezieht sich hauptsächlich auf die Befragungen von Georg Linster und Walter Mersch.<br />

43 Befragung von Hedwig Eckert, geb. Meier (*1937 in Elsach) vom 01.02.2001<br />

44 Befragung von Paul Eckert (*1930 in Boxtal) vom 01.02.2001<br />

45 Im fünf - bändigen Brockhaus von 1959 wird beim Begriff „Schmuser“ auf den „Heiratsvermittler“ verwiesen.<br />

21


Ende tatsächlich zu einer Heirat, erhielt der jüdische Heiratsvermittler seinen Lohn. Die<br />

Redensart, dass der Viehjude „sich einen Hut verdienen“ konnte, bezieht sich demnach zum<br />

einen auf den Lohn, den der Jude für die Vermittlung erhielt, zum anderen wird auf den<br />

Zylinder, den der Bräutigam an der Hoch<strong>ze</strong>it trägt, hingewiesen. Dieses Vermitteln, vor allem<br />

von Bauerskindern, war offiziell nicht gerne gesehen; trotzdem scheint es – auch in unserer<br />

Gegend – keine Seltenheit gewesen zu sein.<br />

1.2 Viehmärkte und ihre Bedeutung für den Handel<br />

Der jüdische Viehhandel spielte sich nicht nur bei den Bauern zu Hause, sondern auch auf den<br />

Viehmärkten in der Umgebung ab.<br />

So gab es in Trier einen der größten Viehmärkte, der einmal in der Woche stattfand. Im Jahre<br />

1811 wurde der „Viehmarkt“ in Trier angelegt und 18 Jahre später, am 23.04.1829, errichtete<br />

man ungefähr in die Mitte des Plat<strong>ze</strong>s einen Brunnen nach den Plänen des Stadtbaumeisters<br />

Johann Georg Wolff. Der Brunnen war als Viehtränke vorgesehen.<br />

Nach Auskunft eines ehemaligen Kirfer Schmiedes 46 trieben die Kirfer Juden „sonntags, aber<br />

vor allem Montag morgens gegen 3 – 4 Uhr“ jeweils drei bis vier Tiere auf den Dorfplatz,<br />

bevor sie sich in Richtung Trier begaben, wo dienstags der Schlachtviehmarkt und mittwochs<br />

der Zuchtviehmarkt stattgefunden hat 47 . Beim Auftrieb halfen häufig die Jugendlichen, „um<br />

etwas Geld zu verdienen“.<br />

Sie „ham dann immer ne Mark oder zwei bekommen von de Juden“. „Wir (Jugendliche)<br />

haben gewartet, das gan<strong>ze</strong> Dorf, die Schuljungen...<strong>ze</strong>hn Jungs bestimmt im Dorf, die<br />

sich ihr Sonntagsgeld verdienen wollten.... Damals hamma schon gewartet, am Sonntag<br />

hamma schon gewartet oder wir sind hingegangen fragen.“.<br />

So erzählte uns N. Hirschkorn, der aus Wawern gebürtig ist, wie er sich beim Viehtreiben<br />

verhielt:<br />

46 Interview mit Herrn Oberbillig vom 24.11.2000<br />

47 Interview mit Herrn Hirschkorn vom 31.01.2001; Diese Auskunft widerspricht der von Herrn Groß, der<br />

erzählte, dass der Markt freitags gewesen sei.<br />

22


„Wenn’s Sommer war, bin ich mit dem Rad (zum Markt) hin gefahren, in der einen<br />

Hand das Radl, in der anderen Hand de Kuh. Ich hab se auch schon mal an de<br />

Gepäckträger gebunden und da hat se gemuht und mit dem Kopf gewackelt, dann bin<br />

ich vom Rad geflogen, alles scho passiert....“ 48<br />

Unterwegs passierten sie auch andere Dörfer, in denen sie bereits ein<strong>ze</strong>lne Tiere verkauften.<br />

Maria Croon hat das Ereignis des Trierer Viehmarkts in einer Geschichte festgehalten:<br />

Auftrieb zum Viehmarkt<br />

Vom Marktbrunnen her tönt lautes Pferdegetrappel, es wird übertönt vom hellen Ruf<br />

der Kinder: Koppelperder! Koppelperder! Die erste Viererreihe taucht an der Ecke auf,<br />

vier nickende Pferdeköpfe, dahinter wieder vier, manchmal sind es 20 und mehr Pferde,<br />

geführt von ihren Treibern. Die Handelsjuden reiten, heute sind sie die Herren der<br />

Straße.<br />

Morgen ist in Trier großer Viehmarkt. Die Kühe und Rinder wurden schon in den<br />

Morgenstunden durch das Dorf getrieben, sie sollen dort gefüttert und gestriegelt<br />

werden und sich ausruhen, damit sie sich den Käufern möglichst vorteilhaft<br />

präsentieren.<br />

Ferkelsmärkte gibt’s während des Jahreslaufes viele in den Flecken und Städtchen der<br />

Umgebung. Die Nacht vor dem Markt ists unruhig auf der Dorfstraße. Die Teimer (<br />

zweiräderige Karren ) werden gerichtet, die Ferkel quieken, wenn sie an den Ohren ins<br />

raschelnde Stroh des Karrens getragen werden. Der Brühling grunzt und <strong>ze</strong>tert, bis der<br />

Deckel der Kiste über ihm zuschlägt. Diese nächtliche Reise mit unbekanntem Ziel ist<br />

ihm verdächtig. Die Hürde wird aufgesetzt, der Bauer lässt sich auf dem Brett hinter<br />

dem Pferdeschwanz nieder, seine Frau auf der Brühlingskiste. Et Schollen Sus ist<br />

gewichtig, der Deckel der Kiste bricht ein, die Frau zappelt, sie kreischt und quiekst,<br />

der Brühling auch. Der Bauer lacht und sagt:“Bleib liegen, Sus, jetzt hab ich zwei<br />

Brühling in der Kist!“.<br />

48 Interview mit Herrn Hirschkorn vom 31.01.2001<br />

23


Die Teimer knarren, sechs Stunden lang müssen die beiden Räder rollen, bis die<br />

Domtürme der Bischofsstadt auftauchen.<br />

Manchmal grunzt und wuselt es auch noch abends unter der Hürde, wenn der Karren<br />

wieder daheim auf dem Kopfpflaster stillhält. Die Preise sind zu niedrig, für 10 Mark<br />

kann man doch kein sieben Wochen altes Ferkel hergeben. Nein, da wartet der Bauer<br />

lieber auf den Wendelsmarkt in Freudenburg, oder er fährt nach Beurig. Vielleicht wird<br />

man auch vorher mit einem der Händler aus Orscholz oder Weiten einig. 49<br />

In dieser Heimatgeschichte verbindet Maria Croon Fakten mit einem damit in Zusammenhang<br />

stehenden humorvollen Ereignis. Sie unterscheidet den großen Viehmarkt in Trier und sie<br />

erzählt bildlich den Auftrieb zum Ferkelmarkt, der sowohl geheimnisvoll – mystisch („Der<br />

Brühling grunzt und <strong>ze</strong>tert, bis der Deckel der Kiste über ihm zuschlägt. Diese nächtliche<br />

Reise mit unbekanntem Ziel ist ihm verdächtig.“) als auch problematisch dargestellt wird.<br />

Der Auftrieb zum Viehmarkt ist ein großes Ereignis für das gan<strong>ze</strong> Dorf, vor allem für die<br />

Kinder und Handelsjuden, die als „Herren der Straße“ be<strong>ze</strong>ichnet werden und die sich in der<br />

Nacht vor dem Trierer Viehmarkt auf den Weg nach dort begeben, da dieser bis zu sechs<br />

Stunden dauert („Sechs Stunden lang müssen die Räder rollen, bis die Domtürme der<br />

Bischofsstadt auftauchen.“). Der Leser wird in die Handlung integriert, da er sich das<br />

Geschehen aufgrund der vielen Tonmalereien („Pferdegetrappel“, „heller Ruf“, „knarren“,<br />

„kreischt“,...) nicht nur bildlich, sondern auch phonetisch vorstellen kann. Des weiteren<br />

beschreibt sie anschaulich die wohl für „Schollen Sus“ peinliche Situation sowie den<br />

enttäuschenden Ausgang des Marktes, der sich für den hier erwähnten Bauern aufgrund der zu<br />

niedrigen Preise nicht lohnt („Die Preise sind zu niedrig...“) und welcher sich deshalb um<br />

alternativen Absatzmärkte bemühen muss („Nein, da wartet der Bauer lieber...“), da der<br />

Handel seine Existenzgrundlage ist.<br />

Auf dem Markt handelten die Juden, die z.T. sogar die lange Strecke vom Saargau bis Trier<br />

zurückgelegt hatten, nicht nur mit anderen Händlern, sondern vor allem mit Trierer Metzgern<br />

und Großhändlern, da diese „viel gebraucht ham!“. Hierbei ist hinzuzufügen, dass bei solch<br />

großen Märkten nur wohlhabendere Juden handelten, die alle feste Stellplät<strong>ze</strong> besaßen 50 .<br />

49 Maria Croon, Die Dorfstraße, Saarbrücken 1990, S. 157f.<br />

24


Auch in Dusemond – Brauneberg versuchten „die Viehhändler... auf ihren mühseligen<br />

Gängen durch die Dörfer im Moseltal und in den Vorbergen des Hunsrücks ihr. Manch<br />

einer musste sich zufrieden geben, wenn er eine Ziege oder ein Schaf heimbrachte und<br />

damit den Fleischbedarf decken konnte.“ 51<br />

In Freudenburg, wo viele Juden ansässig waren, fand dreimal im Jahr ein Kram- und<br />

Viehmarkt statt: im Juni zu Kirmesdienstag nach dem Dreifaltigkeitstag, am 29.09. zu St.-<br />

Michaelis – Tag sowie am 20.10. zu Wendelinus 52 . Der St. – Michaelis – Tag wurde im<br />

allgemeinen als Zahlungstermin bei Geldschulden angesetzt 53 . Neben diesem ´Zahltag` sind<br />

auch noch zwei weitere bekannt: zum einen der Drei – Königs – Tag (06.01.), zum anderen<br />

der Martinstag (11.11.). War das Geld allerdings sofort fällig und die Handelspartner nicht in<br />

der Lage dieses aufzubringen, konnten sie vor Gericht zur Zahlung innerhalb von 14 Tagen<br />

zuzüglich der Gerichtskosten verpflichtet werden. Die Juden hätten damit die Existenz vieler<br />

Bauern gefährden können, was sie allerdings – nach Auskunft einiger Befragten -<br />

normalerweise nicht taten, im Gegenteil: Es gab so zum Beispiel einen gewissen Nathan<br />

Meyer – von dem später noch die Rede sein wird –, der in unserer Gegend wohl der reichste<br />

Jude war und häufig ärmeren Bauern aus ‚der Patsche‘ half.<br />

Auch in Nennig und Saarburg soll es zu bestimmten Zeiten im Jahr kleinere Viehmärkte<br />

gegeben haben, ebenso im französischen Thionville und Königsmacker alle 1 – 2 Monate 54 .<br />

Der Nenniger Kram- und Viehmarkt wurde offiziell bis 1971 betrieben 55 . Nach Aussage von<br />

Peter Den<strong>ze</strong>r soll es sich hierbei – genau wie in Orscholz - allerdings um einen Ferkelmarkt<br />

gehandelt haben.<br />

Bis ca. 1965 gab es im nahegelegenen französischen Ort Sierck – Les –Bains, vermutlich<br />

jeden Montag von 6 – 12/14 Uhr, einen Viehmarkt, der sich danach nach Yutz verlagerte 56 .<br />

50 Interview mit Herrn Hirschkorn vom 31.01.2001<br />

51 Jacque Jacobs, Existenz und Untergang der alten Judengemeinden der Stadt Trier, Trier 1984, S.58f.<br />

52 Ortsgemeinde Freudenburg, 650 Jahre Stadtrechte Freudenburg 1346 – 1996, Trier 1996, Kapitel 4, S.102ff.<br />

53 G. Heidt / D.Lennartz, Fast vergessene Zeugen, Trier / Freudenburg, S.165<br />

54 Befragung von Georg Linster vom 06.10.2000<br />

55 Befragung des Standesbeamten Werner Henkes vom 10.10.2000, 22.12.2000, 04.01.2001<br />

56 Informationen im „Hôtel de Ville“ in Sierck; Befragungen von Werner Henkes vom 10.10.2000, 22.12.2000,<br />

04.01.2001<br />

25


2 „VIEHJUDEN“ VOM 17. BIS ANFANG DES 20. JAHRHUNDERTS<br />

In Wawern wurden Juden im 18. Jahrhundert heimisch. 57 Mitte dieses Jahrhunderts standen<br />

die Häuser der abhängigen Hopsleute (Hofleute) in einem gebührenden Abstand vom Hofgut<br />

links und rechts der Saarburgerstraße, während dieser Freiraum bereits Ende des Jahrhunderts<br />

bebaut ist. Und genau dort stehen viele der Häuser, die von jüdischen Bürgern gebaut und bis<br />

ins 20. Jahrhundert bewohnt wurden. Joseph Levy und seine Familie wohnten hier ab 1711,<br />

Daniel Leib siedelte sich mit seiner Familie 1736 in Wawern an.<br />

Man kann vermuten, dass zwischen 1750 und 1850 verstärkt jüdische Bürger in Wawern<br />

angesiedelt wurden, es bedurfte jedoch damals einer ausdrücklichen Genehmigung des<br />

Grundherrn, hier des Kurfürsten von Trier.<br />

„Im Jahr 1818 waren 37 jüdische Mitbürger in Wawern registriert und der weitere<br />

Anstieg auf 71 Bürger mosaischen Glaubens im Jahr 1848 war wohl schon abzusehen,<br />

denn um 1820 herum bemühte sich die jüdische Gemeinde um neuen Grund und Boden<br />

und errichtete 1842 eine Synagoge. 1895 wohnten die meisten Juden in Wawern,<br />

nämlich 73. Dann sank die Zahl der jüdischen Einwohner im Jahre 1925 auf 46. Bis<br />

1935 blieb die Zahl fast gleich, bis 1938 mussten 17 Juden emigrieren. Es wohnten nur<br />

noch 29 Juden in Wawern, denen es entweder gelang auszuwandern; wem das nicht<br />

gelang, wurde 1938 nach Polen – wie die Familie Hirschkorn – und bis 1943 in die KZ<br />

des Ostens deportiert. Nur ganz wenige Wawerner Juden überlebten den Holocaust.“ 58<br />

Auf einer Namensliste von 1938 sind die letzten Wawerner Juden mit ihren Berufen und<br />

Adressen aufgeführt: 59<br />

Bonem, Siegmund Israel,* 29.8.1868 Wawern, Pferdehändler, Brückenstr. 82<br />

Kahn, Benny, * 5.8.1881 Wawern, Viehhändler, Lindenstr. 32<br />

Levy, Moritz, * 12.10.1889 Wawern, Viehhändler, Met<strong>ze</strong>lstr. 26<br />

57 Im folgendem beziehe ich mich auf die Facharbeit von Beatrix Könen, Ein katholischer und ein jüdischer<br />

Schulkamerad erinnern sich. Zur Ge schichte zweier Zeit<strong>ze</strong>ugen, Gymnasium Saarburg 1993<br />

58 Hans Greis, Manuskript: Geschichte der jüdischen Mitbürger Wawerns<br />

26


Wolf, Eduard Israel, *13.8.1886 Wawern, Viehhändler, Pellingerstr. 33<br />

Wolf, Leo, *5.2.1897 Wawern, Kaufmann – Stoffhändler, Saarstr.47<br />

Die jüdischen Bürger bekamen 1939 besondere Namen zugeteilt, die Männer mussten den<br />

Zweitnamen „Israel“ annehmen und die jüdischen Frauen hatten „Sara“ als ihren<br />

Zweitnamen.<br />

„Viele der jüdischen Wawerner Familien handelten meist im Tauschverfahren, da<br />

wenig Geld unter der Bevölkerung vorhanden war. Um wirtschaftlich zu überleben<br />

fuhren die jüdischen Händler über die Dörfer und versuchten zu <strong>handeln</strong>, einige mit<br />

Tieren und andere mit Waren, z.B. mit Leder oder Fellen.“ 60<br />

Von jeher beschäftigten sich die Könener Juden, die sich um 1700 dort angesiedelt haben,<br />

hauptsächlich mit dem Viehhandel. Im Mai 1808 nach den Napoleonischen Zählungen lebten<br />

in Könen 28 jüdische Familien, 1833 waren 49 Juden dort ansässig und 1936 noch 48. Unter<br />

sich redeten die Juden einen Dialekt, welcher von hebräischen Wörtern durchsetzt war. 61<br />

Im ca. 20 Kilometer entfernten Freudenburg lässt sich seit 1589 die Existenz jüdischer<br />

Mitbürger nachweisen und seit 1840, und sie waren meist Viehhändler und gaben diesen<br />

beruf vom Vater auf den Sohn über Jahrhunderte weiter.<br />

Eine Aufstellung von 1843 lässt einen genaueren Blick auf die Tätigkeitsfelder der Juden<br />

in Freudenburg zu. Es gab <strong>ze</strong>hn Selbständige: einer war „sesshaft“ und hatte ein<br />

Handelsgeschäft, d.h. einen Laden, im Ort, neun waren umherziehende Viehhändler.<br />

Daneben waren drei unselbständig und arbeiteten als gewerblich Tätige, d.h. als Gehilfe,<br />

oder als Tagelöhner. Auch in den folgenden Jahren änderte sich nicht viel. Eine<br />

Aufstellung für 1855/56 nennt in einem „Namentlichen Ver<strong>ze</strong>ichnis der in den<br />

nachkommenden Rubriken der Gewerbe-Tabellen der mechanischen Künstler (und<br />

Handwerker) eingetragenen. …“<br />

Handelsmann mit offenem Geschäft: Kaan Simon, Kaan Gabriel, Samuel Isaac, Lewy Herz,<br />

Kaan Salomon, Kaan Isaac d.J.<br />

59 Namensliste mit Angaben zu Beruf, Wohnort und Verbleiben der Personen, 1938<br />

60 Hans Greis, Manuskript: Geschichte der jüdischen Mitbürger Wawerns; Gemeindearchiv Wawern<br />

27


umherziehende Krämer: Kaan Napoleon<br />

Dies <strong>ze</strong>igt: Das Berufsbild der hiesigen Juden blieb seit dem 17. Jahrhundert nahezu<br />

unverändert. Alle waren hauptsächlich im Viehhandel tätig, wenn auch mal als „Händler“,<br />

„Hausierer“ oder „Krämer“, mal als „Handelsmann“ be<strong>ze</strong>ichnet. Es gab kaum feste Läden, d.h.<br />

stehendes Gewerbe. Die meisten hatten ein „offenes Geschäft“ und zogen wie ihre Vorfahren<br />

über die Dörfer und boten Waren feil, andere trieben zudem Viehhandel und vergaben<br />

Darlehen an meist bäuerliche Schuldner.<br />

Die Erwerbstätigkeit der Juden in Oberemmel betreffend, von denen aus dem 18.<br />

Jahrhundert fast keine Quellen existieren 62 , fällt auf, dass es dort keine Selbständigen gab,<br />

die freie oder Bildungsberufe ausübten; es existierte niemand ohne Beruf mit Vermögen.<br />

Doch werden zwei Personen genannt, die Handel trieben, zwei, die umherziehende<br />

Händler waren, einer selbständiger Handwerker und einer Pferdehändler. Diese<br />

Beschäftigungsstruktur ist im wesentlichen bis in die 30er Jahre des 20.Jahrhunderts<br />

unverändert geblieben. 63<br />

Was die Gemeinde Perl betrifft, so ist es sehr schwierig zurückzuverfolgen, wo genau und<br />

wie lange dort Juden gelebt haben. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es die Gemeinde Perl<br />

– wie man sie heute kennt – noch nicht all zu lange gibt: So gehörte z.B. Nennig bis vor<br />

wenigen Jahr<strong>ze</strong>hnten zur Gemeinde Pal<strong>ze</strong>m, die heute gar nicht mehr besteht und deren Akten<br />

nicht mehr vollständig aufzufinden sind. Des weiteren besteht das Saarland als solches auch<br />

noch nicht sehr lang und die Handelsbeziehungen gingen über die heutige französische<br />

Gren<strong>ze</strong> hinaus, sodass die Tatsache, dass sich viele Akten in französischen Archiven<br />

befinden, verständlich wird.<br />

Nach Befragung eines lokalgeschichtlich sehr interessierten Mannes 64 soll es in Perl, damals<br />

dem Domkapitel von Trier gehörig, bis zur Französischen Revolution eine recht bedeutende<br />

jüdische Gemeinde gegeben haben. Jüngste Forschungen bestätigen das und dokumentieren,<br />

dass seit 1589 bis zur Französischen Revolution 1789 Juden in Perl leben; danach jedoch löst<br />

61 Johann Morbach, Chronik von Könen, Trier 1987, S. 72/73<br />

62 Willi Körtels, Geschichte der Juden in Oberemmel, Kell 1990, S.45 f., Das 18.Jh. 1996<br />

63 Willi Körtels, Geschichte der Juden in Oberemmel, Kell 1990, S. 36f., Das 19.Jh. 1996<br />

64 Befragung von Matthias Groß vom 10.10.2000<br />

28


sich diese Gemeinde auf, einige ihrer Mitglieder namens Levy sind unter dem Familiennamen<br />

„Perl/Berl“ in Trier, Merzig und Metz wiederzufinden 65 .<br />

„Die Juden von Perl... gehörten wohl... zu den Kameraljuden“. Diesen „Cameral - Juden“<br />

wurde „am Jahresende je fünf deutsche Florentiner - Gulden für den lothringischen Herzog<br />

abverlangt.“ 66 In wieweit es sich bei diesen um Viehjuden handelte, ist zwar ungeklärt, kann<br />

jedoch als sicher angenommen werden, weil es der Beruf der Juden zwischen Saar und Mosel<br />

war 67 . Die Akten aus den französischen Archiven, es sind meist Notariatsakten, beschäftigen<br />

sich nämlich vor allem mit Geldleihen, aber auch mit Viehhandel.<br />

Trotz allem werde ich im folgenden versuchen einen Überblick der Personen zu geben, die<br />

zur damaligen jüdischen Gemeinde in Perl von 1688 bis 1789 gehörten. Bei den meisten kann<br />

angenommen werden, dass sie im Handelsgewerbe tätig waren:<br />

1688 Seligmann Picard und David Moses 68 ; 1693 lassen sich Rechnungen auffinden<br />

zugunsten von Schlaumen Levi und Schmo(h)l Levi, beide waren „Judten wohnhaft zu<br />

Perrel“ 69 , sowie 1696 Salomon Abraham aus Niederperl 70 . 1716 treten die Namen David<br />

Salomon 71 sowie Samuel Cahen 72 auf, während zwischen 1721 und 1733 mehrere<br />

Verhandlungen mit Perler Juden geführt wurden: So unter anderem zwischen Michel Pickert<br />

„juif à Perl“ und Louis Leuck aus Orscholz am 13.02.1721. Worum es dabei ging, wird aus<br />

den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich 73 . Des weiteren wird von Kussel und Michel<br />

Pickard gesprochen, wobei es sich bei letzterem auch um den gerade erwähnten M. Pickert<br />

gehandelt haben kann, da die Schreibweise damals nicht all zu ernst genommen wurde, was<br />

schon daran zu erkennen ist, dass „Perl“ jedesmal anders geschrieben wurde. Außerdem sind<br />

die Namen Isaac Salomon, „juif marchand demeurant à la basse perle“ 74 , Kussel Preignerl 75 ,<br />

Schlomen 76 , Schonne 77 , Samuel 78 , Isaac 79 und Alexander Cain/Cahen, „juif marchand de<br />

65<br />

G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.215f.; Archives Départementales<br />

Moselle, Metz<br />

66<br />

G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.48<br />

67<br />

Befragung von Herrn Henkes vom 04.01.2001<br />

68<br />

G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.215<br />

69<br />

Archives Départementales Moselle, Metz, Notar Lemmerstorff, 3 E 7331 und 3 E 7333<br />

70<br />

G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.215<br />

71<br />

Archives Départementales Moselle, Metz, Meiersberg Justiz 1705-1727, 11.09.1716<br />

72<br />

G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.215<br />

73<br />

Archives Départementales Moselle, Metz, 9423 Nr. 8, 13.02.1721<br />

74<br />

Archives Départementales Moselle, Metz, B 9424 Nr. 183, 05.09.1726; wobei „juif marchand“ übersetzt<br />

jüdischer Händler heißt<br />

75<br />

Archives Départementales Moselle, Metz, B 9242 Nr. 135, 11.05.1725<br />

76<br />

G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.215<br />

29


perle“ 80 bekannt. 1743 hatte Jean Marx, „marchand à Perl“ eine Verhandlung mit Philippe<br />

Udez aus Tünsdorf 81 , 1748 Hannette Caen, die Witwe von Issac Salomon „de Basse perle“<br />

mit Simon Bauert aus Waldwies 82 . 1751 treten in den mir vorliegenden Materialien die<br />

Namen Seligman Kahn 83 und Seligman Born 84 auf, 1754 Levy 85 und zwischen 1755 und 1769<br />

Benjamin Liefman 86 . Des weiteren lebte um 1770 die Familie Hayem Salomon und Lewy<br />

Blumgen in Perl, 1806 jedoch in Trier. Ihr Sohn Salomon, der 1772 geboren wurde, zog nach<br />

Luxemburg 87 .<br />

Von 1764 bis 1788 wird häufig Michel Levy (*1728) mit seiner Frau Sara Moises sowie<br />

seinem Sohn Moises (*1784) in den Akten aufgeführt, welcher anscheinend - aufgrund<br />

zahlreicher Geldgeschäfte - recht wohlhabend war, genau wie der ebenfalls aus Niederperl<br />

stammende in den Akten zwischen 1765 und 1777 auftretende Moyse Halfen 88 und 1769<br />

Raphael Kahn aus Oberperl 89 . Von 1787 bis 1789 treten Isaak Moyse 90 , Jean Levy 91 , Lazard<br />

Cahen 92 und Jakob Heyman 93 auf.<br />

Nach 1789 verstummen die Quellen jüdischer Bewohner in Perl. Viel zogen nach Metz, Trier<br />

oder Merzig und trugen fortan den Namen Perl oder Berl 94 , sodass im „Recensement“ für das<br />

Jahr 1806 in de Mairie Perl keine Juden mehr ver<strong>ze</strong>ichnet waren 95 .<br />

Auch im nahegelegenen Waldwies lebten im 18. Jahrhundert Juden, die teilweise mit der hier<br />

lebenden Bevölkerung Handel trieben, genau wie die um 1726 bzw. 1740 in den Akten<br />

77 Archives Départementales Moselle, Metz, 9423 Nr. 67, 01.10.1722<br />

78 Archives Départementales Moselle, Metz, 9423 Nr. 176, 06.06.1726<br />

79 G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.215<br />

80 Archives Départementales Moselle, Metz, B 9423 Nr. 124, 12.03.1733<br />

81 Archives Départementales Moselle, Metz, B 9425 Nr. 27, 07.03.1743<br />

82 Archives Départementales Moselle, Metz, Série B 9420, 24.10.1748<br />

83 G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.215<br />

84 Archives Départementales Moselle, Metz, Série B 9420, 16.12.1751<br />

85 G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.215<br />

86 G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.215<br />

87 G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.215<br />

88 Archives Départementales Moselle, Metz, B 9430 Nr. 39, 13.06.1756<br />

89 G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.215f.<br />

90 G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.215f.<br />

91 Archives Départementales Moselle, Metz, E 7512 Nr. 77<br />

92 Archives Départementales Moselle, Metz, E 7512 Nr. 64, 12.05.1788<br />

93 Archives Départementales Moselle, Metz, E 7512 Nr. 71, 29.06.1789<br />

94 G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.216<br />

95 G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.217<br />

30


auftauchenden Moses Hannau 96 bzw. Seidel Cain 97 , beide Juden aus Merzig, und Raphael<br />

Rodtwelsch aus Milburg 98 .<br />

Die Gemeinde Perl wurde nun also mehr und mehr durch Juden angren<strong>ze</strong>nder Gemeinden<br />

beliefert und auch noch vor dem 2. WK spielten die Viehhändler aus Kirf und Meurich für<br />

die Bauern in den umliegenden Dörfern, die zu deren Handelsbezirk zählten, eine große<br />

Rolle. So ist es nicht verwunderlich, dass die von mir Befragten auch die ein oder andere<br />

Geschichte von diesen zu erzählen hatten, die von einem ehemaligen Kirfer Schmied 99<br />

weitgehend bestätigt und erweitert wurden.<br />

So lebte in Meurich im 19. Jahrhundert ein recht reicher „Viehjude“, der „Jude Michel“<br />

genannt wurde. In Kirf lebte außerdem zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Kuhhändler<br />

namens Max Kahn („Großer Max“), dessen Bruder Felix „Handsch“ gennant wurde, da dieser<br />

aufgrund einer Kriegsverletzung einen Handschuh trug. Der „Kleine Max“ (Hayum) verkaufte<br />

Warenfette.<br />

Außerdem „gab et den „Armen Joseph“ (Hayum), der war Schächter, der hat koscher<br />

geschlachtet.... nebenbei war der Stoffhändler, hier für Kirf und Meurich zuständig.<br />

Da gab et auch noch de „Juppi“, dat war der Joseph Kahn. Der ging aber später nach<br />

Amerika. Jo, der hat auch mit Öl ein bisschen gehandelt“ 100<br />

Moses Levi, der wohl der bedeutendste Kirfer Jude zu dieser Zeit war, verdiente sich<br />

zusammen mit seinen Söhnen, Isaak, Mendel und Wilhelm, seinen Lebensunterhalt durch den<br />

Kuhhandel. 101<br />

Doch auch in Wochern, einem kleinen Bauerndorf, Nachbarort von Perl, soll es um die<br />

Jahrhundertwende eine jüdische Familie namens Bär gegeben haben; Moritz Bär, der im<br />

November 1900 Maria Bleiming heiratete und einen Sohn namens Nikolaus (*22.11.1900 in<br />

Wochern) hatte, war Handelsmann 102 .<br />

96<br />

Archives Départementales Moselle, Metz, B 9424 Nr. 154, 161, 162,... � Handel mit Orschol<strong>ze</strong>r Bürgern<br />

97<br />

Archives Départementales Moselle, Metz, B 9424 Nr. 210, 02.03.1741,... � Handel mit Tünsdorfer Bürgern<br />

98<br />

Archives Départementales Moselle, Metz, 9425 Nr. 79, 29.03.1743)<br />

99<br />

Interview mit Nikolaus Oberbillig vom 24.11.2000<br />

100<br />

Interview mit Nikolaus Oberbillig vom 24.11.2000<br />

101<br />

Peter Dühr, Die ehemalige jüdische Gemeinde in Kirf, in: Kreisjahrbuch Trier – Saarburg 1982, S.198ff.<br />

102<br />

Matthias Groß/Alfons Rettgen, Die Einwohner der Pfarrei Tettingen vor 1900, Büschdorf/Nohn 1998, S.23;<br />

Befragung von Werner Henkes vom 04.01.2001<br />

31


Neben den Meuricher und Kirfer Juden waren hier jedoch auch jüdische Händler aus Sierck,<br />

Apach und nach dem 2. WK auch Händler aus der Eifel und dem Hunsrück 103 tätig und<br />

natürlich nicht zuletzt die Juden, die in Nennig lebten. Die Anzahl der jüdischen Familien in<br />

diesem Ort vor der 2. WK schwanken nach Aussage der Befragten zwischen zwei 104 und 16-<br />

17 105 , So soll es unter anderem eine Familie Kahn gegeben haben, die in der Brotstraße<br />

wohnte, sowie eine Familie, die in der Wieserstraße ein Lebensmittelgeschäft besaß. Diese<br />

sollen während des Reichsjudenprogroms vertrieben worden sein, nachdem bereits vorher<br />

Judenpro<strong>ze</strong>sse stattgefunden hatten.<br />

Auf dem Weg zu den Märkten und den Handelspartnern passierten die Viehhändler spezielle<br />

Wege, denen sie demnach bestimmte Namen gaben, wie hier „Kuhweg“ bzw. „Judenweg“ 106 :<br />

103<br />

Befragung von Werner Henkes vom 04.01.2001<br />

104<br />

Fragebogen<br />

105<br />

Befragung von Werner Henkes vom 04.01.2001<br />

106<br />

Unterlagen von Matthias Groß<br />

32


3 ENDE DES JÜDISCHEN VIEHHANDELS IM<br />

NATIONALSOZIALISMUS<br />

Um die Lage speziell der Viehjuden in den ländlichen Gemeinden unserer Region zur Zeit des<br />

Nationalsozialismus besser verstehen zu können, muss vorher noch einmal die soziale Lage<br />

der Juden betrachtet werden.<br />

Zunächst sollte geklärt werden, inwieweit die Bevölkerung jüdischen Glaubens im<br />

Allgemeinen am gesellschaftlichen Leben des Dorfes teilnahm und inwieweit sie schon<br />

systematisch ausgegrenzt wurde bzw. sich abgrenzte 107 .<br />

Die Beziehungen zwischen der jüdischen und christlichen Landbevölkerung basierte vor<br />

allem auf guter Nachbarschaft und natürlich nicht zuletzt auf dem von Juden dominierten<br />

Handel. Unterschiede gab es lediglich in den religiösen und dadurch geprägten traditionellen<br />

Sitten, die allerdings auch manchmal Anlass zu Spott oder gar Anfeindungen gaben.<br />

Ausgeprägte Judenfeindschaft war relativ selten, latenter Antijudaismus jedoch recht<br />

verbreitet. Im allgemeinen duzte man sich untereinander und sprach den selben Dialekt. Bis<br />

auf den Religionsunterricht besuchten christlich und jüdisch erzogene Kinder die selbe<br />

Schule, viele Juden waren Mitglieder lokaler Vereine und/oder trafen sich mit ihrer<br />

christlichen Nachbarschaft zum Karten spielen. Für viele junge Männer, Juden und Christen,<br />

waren die gemeinsamen Erfahrungen des Ersten Weltkrieges ein zusätzliches Bindeglied und<br />

für diese waren die Ausschreitungen ab den 30er Jahren, in denen sie häufig als „Feinde der<br />

Deutschen“ be<strong>ze</strong>ichnet wurden, noch viel unverständlicher.<br />

So schreibt Simon Hirsch aus Wirschweiler am 05.07.1934 an den Regierungspräsidenten in<br />

Trier den folgenden Brief:<br />

„Erlaube mir, dem Herrn Regierungspräsidenten folgende Mitteilung zu geben, mit der<br />

Bitte um Erhörung. Mir ist heute Abend an mein Haus ein Schild befestigt worden mit<br />

der Aufschrift: ´Achtung! Wer bei Juden kauft ist ein Volksverräter!`. Dagegen habe ich<br />

Klage. Meine Verhältnisse sind folgende: Ich bin geboren hier in Wirschweiler, bin 60<br />

Jahre alt, die Ureltern sind Deutsche gewesen, ich habe mich ernährt durch ein kleines<br />

Lebensmittelgeschäft und habe 1 1/2 Hektar Land. Ich habe vier Jahre den Krieg<br />

mitgemacht an der Front und (bin), mit dem Eisernen Kreuz ausge<strong>ze</strong>ichnet, am<br />

33


Kriegsende, am 04.12.1918, nach Hause gekommen. Mein Vermögen sowie das<br />

eingebrachte Gut meiner Frau (habe ich) durch die Inflation verloren. Meine Frau, ich<br />

selbst und eine Tochter leben von dem Geschäft. Weil dasselbe unser Broterwerb ist, so<br />

bitte ich den Herr Regierungspräsidenten, mir als Frontkämpfer Gerechtigkeit walten<br />

zu lassen. Kann ich dafür, dass ich Jude bin? Habe mich bei nichts zurückgestellt,<br />

weder bei den Wahlen noch bei den Spenden, was Ihnen die Ortsgruppe beweisen kann<br />

und muss, und ich stehe mit dem gan<strong>ze</strong>n Dorf im besten Einvernehmen. Im letzte Winter<br />

wurde mir gesagt vom Stützpunktleiter, der Boykott sei aufgehoben, und nun diese<br />

Schild. Bitte den Herrn Regierungspräsident(en), die Sache zu prüfen und dahin zu<br />

wirken, dass das Schild entfernt wird. Sollte das nicht in Ihrer Macht liegen, dies zu<br />

thun, so bitte (ich) Sie höflichst, die diesbezügliche Instanz hierzu zu veranlassen. Meine<br />

Pflichten sind die eines jeden deutschen Staatsbürgers. Bitte höflichst um Antwort.<br />

Mit deutschem Gruß!“ 108<br />

Es wird ersichtlich, dass er das an seinem Haus angebrachte Schild mit der Aufschrift<br />

„Achtung! Wer bei Juden kauft ist ein Volksverräter“ schon allein aufgrund seiner<br />

Familiengeschichte und persönlichen Biographie, besonders seiner Zeit als Frontkämpfer für<br />

das deutsche Vaterland, auf die er stolz ist, als Beleidigung empfindet. Er fühlt sich als<br />

deutscher Staatsbürger, was er durch seine Rechte und Pflichten und sogar durch Hinweis auf<br />

seine Spenden legitimiert und mit dem nationalsozialistischen Gruß „Mit deutschem Gruß“<br />

bekräftigt. Er beschreibt weiter, dass das Geschäft für ihn und seine Familie<br />

Existenzgrundlage sei und dass er im „besten Einvernehmen“ mit dem gan<strong>ze</strong>n Dorf stehe. Vor<br />

allem sieht er die Tatsache, dass er als „Jude“ angegriffen werde, als einen Zufall der Geburt<br />

in ein jüdisches Elternhaus an – er ist Deutscher und hat keine Schuld an seiner religiösen<br />

Abstammung. So wird klar, dass er den rassistischen Antisemitismus und seine eigene<br />

Gefährdung durch ihn noch nicht erkannt hat, noch nicht erkennen konnte, weil diese<br />

Ideologie fern seiner Erfahrungen und Einstellungen liegt.<br />

Doch wie – und damit möchte ich wieder zur Ausgangsfrage zurückkehren – konnte aus<br />

einem angeblich so harmonischen Zusammenleben am Ende eine Welle von Terror und<br />

Gewalt entstehen?<br />

107<br />

Bei der folgenden einführenden Betrachtung beziehe ich mich v.a. auf das von M. Richarz und R. Rürup<br />

veröffentlichte Buch „Jüdisches Leben auf dem Lande“.<br />

108<br />

Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz/Landesarchiv Saarland, Dokumentation zur Geschichte der<br />

jüdischen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz und im Saarland von 1800 bis 1945 Band 6, Koblenz 1972, S.33<br />

34


Es ist auffällig, dass es auf dem Lande im Gegensatz zu Städten nur sehr selten zu Mischehen<br />

kam 109 , was sicher auf die gelebten religiös – kulturellen Traditionen zurückzuführen ist.<br />

Auch gab es schon lange Zeit Vorbehalte gegen den „unproduktiven“ jüdischen Händler, was<br />

die hierzulande wohlbekannte und heute noch benutzte, von diesem Vorurteil strot<strong>ze</strong>nde<br />

Redensart bestätigt:<br />

„Lieber so lang gehandelt (Fingerlänge) als so lang geschafft (Länge eines Armes).“ 110<br />

Dies wiederum <strong>ze</strong>igt auch, dass der Handel als solcher von den meisten Bauern nicht als<br />

Arbeit angesehen wurde. Wie man zu dieser offensichtlich falschen Einstellung kam, kann<br />

wohl kaum mehr nachvollzogen werden, jedoch wozu dies führte.<br />

Bereits in den 1890er Jahren hatte der politische Antisemitismus besonders in ländlichen<br />

Regionen, in denen schon vorher „Feindbilder des ´Viehjuden`, des jüdischen ´Wucherers`<br />

(wie Kapitel 1 bereits erwähnt wird) und ´Güterschlächters` oder des ´tierquälenden`<br />

jüdischen Schlachters zum festen Arsenal judenfeindlicher Propaganda“ gehörten, große<br />

Erfolge erzielt. So sah Ende des 19 Jahrhunderts auch der hessische „Bauernkönig“ Otto<br />

Böckel die „jüdische Ausbeutung“ als Ursache für die Agrarkrise und forderte „judenfreie<br />

Märkte und somit auch die Ausschaltung des jüdischen Zwischenhandels“ 111 .<br />

So fragte die Trierer Bezirksregierung den Landrat zu Merzig am 30.05.1854 danach,<br />

ob tatsächlich – nach seinem Wissen – „die meisten Bauern (des Kreises Merzig)... in<br />

den Händen der Juden derart (seien), dass sie nicht einmal so kühn sind, ohne<br />

Dazwischenkunft eines Juden zu verkaufen und zu kaufen. Will ein Grundeigentümer<br />

veräußern und dabei die höchsten Preise erlangen, so lässt er es durch einen Juden als<br />

Zwischenperson tun. Diese machen die Leute trunken, animieren sie durch allerlei<br />

Kunstgriffe, selbst durch Drohung zum Aufbieten.“ 112<br />

Des weiteren wird gefragt, ob „das Verfallensein an die Juden... ein wahrer Skandal“ in<br />

diesem Kreis sei und ob die Juden auch durch sog. „Viehverstellungsverträge (siehe Kapitel<br />

1) den ärgsten Wucher“ treiben würden. Anlass dieser Anfrage war eine Veröffentlichung aus<br />

109<br />

Gegenbeispiel Raphael Hayum (Kapitel 4)<br />

110<br />

Befragung Walter Mersch (*1922) vom 08.10.2000<br />

111<br />

M. Richarz/R. Rürup, Jüdisches Leben auf dem Land, Tübingen 1997, S.381ff.<br />

112<br />

Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz/Landesarchiv Saarland, Dokumentation zur Geschichte der<br />

jüdischen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz und im Saarland von 1800 bis 1945 Band 3, Koblenz 1972, S.443ff.<br />

35


Berlin, in der der Generalsekretär des Landesökonomiekollegiums Alexander von Lengerke<br />

dies vom Kreis Merzig behauptet hatte. Der Verfasser des antisemitischen Pamphlets konnte<br />

jedoch für seine Anschuldigungen keine konkreten Fakten oder Namen von Juden oder<br />

Bauern nennen, er verallgemeinerte skrupellos Ein<strong>ze</strong>lfälle und kam zu dem Schluss, dass man<br />

diese „Fälle“ beseitigen müsse. Der Bezirksregierung müssen die Anschuldigungen dieses<br />

Artikels ungeheuerlich vorgekommen sein, hatten doch die Landräte in den vergangenen<br />

Jahr<strong>ze</strong>hnten in den Stellungnahmen zu ihren Handelspatenten und bei der Aufstellung von<br />

Wählerlisten immer wieder bestätigt, dass die Handels-/Viehjuden einen guten Leumund bei<br />

den Bauern besäßen.<br />

Der Bericht, den der Landrat zu Merzig daraufhin am 21.07.1854 an die Regierung in Trier<br />

schrieb, <strong>ze</strong>ugt von einer Art „Eiertanz“ um das angesprochene Problem und formuliert<br />

einerseits ähnliche Vorurteile, andererseits spricht er auch davon, dass es genug Bauern gebe,<br />

die Juden dazu benutzten, schlechtes oder krankes Vieh zu verkaufen. Ein Jahr später jedoch<br />

führte er seine negativen Äußerungen selber ad absurdum, als er den 69 jüdischen<br />

Familienvätern seines Kreises bescheinigte, dass sie „unbescholtene Israeliten“ seien 113 .<br />

Diese Vorwürfe waren jedoch nicht neu, schon in den vergangenen Jahrhunderten wurden sie<br />

immer wieder, wenn es angebracht erschien, hervorgeholt und instrumentalisiert. Auch <strong>ze</strong>igen<br />

kur<strong>ze</strong> Ausschnitte aus Quellen, die Ende des 19. Jahrhunderts verfasst wurden, <strong>ze</strong>igen, dass<br />

der religiös und ökonomisch motivierte Antijudaismus bereits Züge des politisch -<br />

rassistischen Antisemitismus zu dieser Zeit enthielt und dieser demnach keine plötzlich<br />

auftretende politische Richtung darstellt, ganz im Gegenteil, der Nationalsozialismus konnte<br />

an diese Tradition anknüpfen und zunehmend ´ausbauen`.<br />

So vertraten die NSDAP, aber auch die DNVP, diese ideologisch – politische Einstellung und<br />

stellten sich selbst als „Interessenvertretung des durch Verschuldung und ökonomische<br />

Abhängigkeiten ´entwur<strong>ze</strong>lten` Bauernstandes“ 114 dar mit der Forderung der „Ausschaltung<br />

des ´größtenteils in der Hand der Juden` liegenden Groß- und Zwischenhandels“. Ihre<br />

Verbreitung kann anhand folgender Wahlergebnisse 115 festgestellt werden:<br />

113 Wilhelm Laubenthal, Die Synagogengemeinden des Kreises Merzig 1648 – 1942, Saarbrücken 1984, S. 61ff.<br />

114 M. Richarz/R. Rürup, Jüdisches Leben auf dem Land, Tübingen 1997, S.381<br />

115<br />

Wettbewerbsarbeit 1980/81, Alltag im Nationalsozialismus<br />

36


Reichstagswahlen vom 06.11.1932<br />

Ort Total NSDAP SPD KPD Zentrum DNVP DVP DSP<br />

Saarburg 699 233 65 13 309 52 10 8<br />

Kirf 344 86 57 17 172 12 0 0<br />

Meurich 127 12 8 0 107 0 0 0<br />

Freudenburg 610 65 71 20 328 11 1 4<br />

Reichstagswahlen vom 05.03.1933<br />

Ort<br />

Total NSDAP SPD KPD Zentrum KF DVP CSVP DBP<br />

Saarburg 789 348 53 7 294 76 5 4 0<br />

Kirf 383 145 23 3 199 12 0 0 1<br />

Meurich 134 29 0 0 105 0 0 0 0<br />

Freudenburg 651 153 35 60 398 12 2 1 0<br />

Diese Wahlergebnisse <strong>ze</strong>igen die politische Entwicklung innerhalb eines Vierteljahres in<br />

ausgesuchten Orten dieser Gegend, in denen Juden lebten. Zunächst ist in allen vier<br />

Gemeinden die Anzahl der Wähler gestiegen. Während die Anzahl der Wählerstimmen des<br />

Zentrums bei diesen Wahlen relativ gleich blieb, was D. Lennartz und G. Heidt als Folge des<br />

Einflusses der katholischen Pfarrer und der katholischen Erziehung deuten 116 , <strong>ze</strong>igt sich bei<br />

der NSDAP ein deutlicher Stimmenzuwachs, der nicht zuletzt Folge der wachsenden Zahl an<br />

Neuwählern war, sowie an der Tatsache, dass die NSDAP seit Januar 1933 Regierungspartei<br />

war.<br />

Es war nun also zu „einer Radikalisierung der Wähler gekommen, demokratische Parteien<br />

verloren gegenüber anti-demokratischen an Boden“, „das nationalsozialistische<br />

Führerprinzip“ wurde auf öffentlicher Ebene... verwirklicht“ 117 und der jüdischen<br />

Bevölkerung wurde somit das Leben zunehmend erschwert, auch wenn dies zu Beginn von<br />

öffentlicher Seite häufig bestritten wurde. So wurden die Juden, die ihren Lebensunterhalt<br />

zumeist durch Handel (siehe Kapitel 1) erwarben, ab 1933 zunehmend behindert, sodass viele<br />

ihrer Kunden – aus Angst selbst Nachteile daraus zu ziehen – den Kontakt zunehmend<br />

mieden. Da der Handel aber für viele Juden Existenzgrundlage war, versuchten sie – fast<br />

ausnahmslos – ihre Handelsbeziehungen aufrechtzuerhalten 118 , sodass in dem politischen<br />

Lagebericht vom 18.10.1935 vermerkt wurde:<br />

116 G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S. 408<br />

117 G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S. 410f.<br />

118 G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S. 418<br />

37


„Trotzdem der weitaus größte Teil der Bevölkerung den Juden, insbesondere jüdische<br />

Geschäfte meidet und den Juden als Staatsfeind ansieht, sucht der Jude immer noch<br />

Handel mit hiesiger Bevölkerung zu treiben. Durch die ihm angeborene Schläue gelingt<br />

es ihm auch hier und da Mitleid zu erwecken und zu verkaufen. Aber dies nur in<br />

wenigen Fällen. Aber immerhin genügt es ihm vorläufig und er hofft auf das Kommen<br />

besserer Zeiten. Er gibt seine Sache nicht verloren, wie sein Verhalten <strong>ze</strong>igt.“ 119<br />

Dieser Bericht <strong>ze</strong>igt antisemitische Vorurteile auf, so z.B. wenn klischeehaft von der dem<br />

Juden „angeborenen Schläue“ berichtet wird. Die jüdische Bevölkerung wird hier durch einen<br />

Juden symbolisch dargestellt, was ebenfalls <strong>ze</strong>igt, dass nur die „Rasse“, nicht der Mensch als<br />

solcher bewertet wird. Des weiteren wird berichtet, dass die Juden nur „Dumme“ fänden, mit<br />

denen sie <strong>handeln</strong> könnten.<br />

Diese Quelle wurde nach den sog. Nürnberger Geset<strong>ze</strong>n (15.09.1935) verfasst, in denen den<br />

Juden „die eheliche und außereheliche Rassenmischung mit deutschen Staatsangehörigen<br />

deutschen und artverwandten Blutes“ sowie „die Beschäftigung deutschblütiger weiblicher<br />

Hausangestellter unter 45 Jahren“ und das „Zeigen der deutschen Flagge“ verboten wurde 120 .<br />

Allerdings soll es auch schon vor – nach heutigem Verständnis – derart absurden Geset<strong>ze</strong>n zu<br />

Gewalttaten und poli<strong>ze</strong>ilich – behördlichen Schikanen gekommen sein 121 : Angefangen bei<br />

Demütigungen in der Schule durch Lehrer und Mitschüler bis hin zu eigenmächtigen<br />

Verordnungen der Poli<strong>ze</strong>i und der Bürgermeister, d.h. unter anderem Schutzhaft oder<br />

Ausschluss von Wochen- und Jahrmärkten.<br />

Offiziell waren die Tätigkeiten der Juden bis dahin also unangetastet geblieben (auch wenn R.<br />

W. Darré 1934 vom „´Judentum` als ´(dem) geschworene(n) und grundsätzliche(n) Feind...<br />

des Bauern`“ spricht) 122 , sodass noch im September und Oktober 1933 die lokalen<br />

Wirtschaftsbeschränkungen sogar aufgehoben wurden, weil sie der Reichsgewerbeordnung<br />

widersprachen. Aber genau diese Verstöße gegen die Reichsgewerbeordnung wurden nun<br />

zunehmend von öffentlicher Seite betrieben und durch Verordnungen legitimiert 123 .<br />

119<br />

VG-Archiv Saarburg, Amtsverwaltung Freudenburg - Orscholz, Politische Lageberichte, hier: vom<br />

18.10.1935<br />

120<br />

F. U. Brockhaus, Der Volksbrockhaus, Leibzig 1940, S.74<br />

121<br />

M. Richarz/R. Rürup, Jüdisches Leben auf dem Lande, Tübingen 1997, S. 378<br />

122<br />

M. Richarz/R. Rürup, Jüdisches Leben auf dem Lande, Tübingen 1997, S. 382<br />

123<br />

G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S. 422<br />

38


So wurde am 02.08.1834 in München durch das bayrische Staatsministerium folgendes<br />

Schreiben erlassen:<br />

„Es sind wiederholt Klagen laut geworden, dass auf verschiedenen Viehmärkten die<br />

jüdischen Viehhändler bei der Abwicklung ihrer Geschäfte sich der hebräischen<br />

Sprache bedienen, um dadurch den Bauern ihre gegenseitigen Abmachungen zu<br />

verheimlichen. –Diesem Übelstand ist dadurch abzuhelfen, dass die Viehmarktordnung<br />

der in Betracht kommenden Gemeinden sofort durch den Zusatz ergänzt werden: ´Das<br />

Handeln in jüdischer Sprache ist verboten“. –Hiernach ist das weitere zu<br />

veranlassen.“ 124<br />

Den Nachdruck, den das Schreiben durch den Schlusssatz „Hiernach ist das weitere zu<br />

veranlassen.“ erhält, <strong>ze</strong>igt, dass das Verbot der jüdischen Sprache nicht zugunsten aller – wie<br />

es scheint –, sondern lediglich gegen die jüdischen Händler gerichtet ist.<br />

Am 15.07.1935 wurde dann in einer politischen Versammlung öffentlich bekannt gegeben,<br />

dass „das Kaufen bei Juden Verrat am Volke ist“ 125 , was bereits im September 1934 in einem<br />

Flugblatt 126 der NSDAP zu Bernkastel festgehalten wurde (siehe nächste Seite).<br />

Trotz all dieser Drohungen seitens der Regierung, die nicht nur gegen die jüdische<br />

Bevölkerung, sondern auch gegen die sog. „Volksverräter“ (s.o.) gerichtet waren, wurde<br />

weiterhin bei jüdischen Händlern und Geschäftsleuten gekauft – auch Mitglieder der NSDAP<br />

wurden in jüdischen Geschäften und bei jüdischen Händlern gesehen –, sodass mehrmals mit<br />

Nachdruck (d.h. durch Androhungen von Strafen) auf das Verbot hingewiesen wurde 127 (siehe<br />

nächste Seite).<br />

124<br />

Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz/Landesarchiv Saarland, Dokumentation zur Geschichte der<br />

jüdischen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz und im Saarland von 1800 bis 1945 Band 6, Koblenz 1972, S.37ff.<br />

125<br />

G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S. 420<br />

126<br />

Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz/Landesarchiv Saarland, Dokumentation zur Geschichte der<br />

jüdischen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz und im Saarland von 1800 bis 1945 Band 6, Koblenz 1972, S. 38<br />

127<br />

Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz/Landesarchiv Saarland, Dokumentation zur Geschichte der<br />

jüdischen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz und im Saarland von 1800 bis 1945 Band 6, Koblenz 1972, S.44<br />

39


Auch die folgende Quelle, die vermutlich Ende Oktober 1935 verfasst wurde, gibt öffentlich<br />

Personen bekannt, die trotz Warnung der Ortsgruppen in jüdischen Geschäften eingekauft<br />

hatten:<br />

„Der Jude ist doch ein Mensch wie wir.<br />

Warum sollen wir denn unseren nächsten bekämpfen? Nein, wir unterstüt<strong>ze</strong>n das<br />

auserwählte Völklein weiter, liefern ihm Pulver, damit es auf uns schießen kann.<br />

Wer ist der größte Volksaussauger und Betrüger? Der Jude!<br />

Wer macht und gewinnt Kriege? Der Jude!<br />

Wer ist der größte Rassenschänder? Der Jude!<br />

Wer ist ein Volkverräter? Derjenige, der unsere Zeit noch nicht verstehen will und heute<br />

noch beim Juden kauft.<br />

Nachstehende Personen wurden erkannt und festgestellt, als sie beim Juden Heß ihren<br />

Kauf tätigten. Wünschen heute noch: guten Appetit.<br />

(Es folgt eine Namensliste mit jeweiliger Adresse und Zeitpunkt, zu dem der Kauf<br />

getätigt wurde.)<br />

Von Zeit zur Zeit werden die festgestellten Judenknechte veröffentlicht werden. Darum<br />

nur nicht drän(gen, es komme)n noch mehr dran.“ 128<br />

Diese ironisch formulierte Quelle sollte den Personen, die trotz Warnung bei Juden kauften,<br />

deutlich machen, dass sie sich auf ´dünnem Eis` befänden, wenn sie vorgingen wie bisher. Sie<br />

werden öffentlich angeklagt, namentlich aufgeführt wie Verbrecher.<br />

Die ersten beiden Sät<strong>ze</strong> des Erlasses sollen die Denkweise derer, die sich nicht an die<br />

absurden Verbote halten, auf<strong>ze</strong>igen. Diese wird jedoch durch die darauffolgenden Sät<strong>ze</strong> ins<br />

Lächerliche gezogen, indem dem Leser eingebleut werden soll, dass die Juden, die<br />

sarkastischerweise „auserwähltes Völklein“ genannt werden (hierbei dient die<br />

Verniedlichungsform dem Ausdruck der Ironie), Feinde der deutschen Volkes seien. Am<br />

Ende der Quelle werden diejenigen, an welche das Schreiben gerichtet ist, als „Judenknechte“<br />

be<strong>ze</strong>ichnet, das heißt, zum einen als Gehilfen, zum anderen als eine Art Sklaven der Juden.<br />

Des weiteren wird ihnen kurz zuvor einen „Guten Appetit“ gewünscht, was ebenfalls<br />

Ausdruck der Ironie ist und gleich<strong>ze</strong>itig <strong>ze</strong>igt, dass ihnen buchstäblich das Essen im Halse<br />

128<br />

Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz/Landesarchiv Saarland, Dokumentation zur Geschichte der<br />

jüdischen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz und im Saarland von 1800 bis 1945 Band 6, Koblenz 1972, S.73<br />

41


stecken bleiben wird: Es handelt sich – wie am Ende – um eine unmissverständliche<br />

Drohung!<br />

Während viele jüdische Händler weiterhin versuchten sich durchzukämpfen, glaubte man<br />

seitens der Behörden festgestellt zu haben, dass die Juden „krampfhaft Versuche (machten),<br />

die verlorengegangene Position wieder zurückzuerobern und nach und nach den<br />

Viehhandel an sich zu reißen. Dass dadurch das Vieh den Märkten entzogen wird und<br />

dieser Zustand verteuernd auf die Fleisch –pp- Preise wirkt, ist verständlich. Solange<br />

sich die Bevölkerung auf Judenhändel einlässt und jüdischen Händlern die Möglichkeit<br />

gegeben wird, Handel zu treiben, dürfte wohl kaum auf Besserung zu hoffen sein.“ 129<br />

Ähnliches berichtete man einige Tage später dem Landrat zu St. Ingbert. Man erklärte,<br />

dass „angeblich das Schlachtvieh von jüdischen Händlern zu überhöhten Preisen<br />

aufgekauft (werde), während auf den Viehmärkten Schlachtvieh zu angemessenen<br />

Preisen so gut wie überhaupt nicht angeboten wird. Dieser Zustand würde zur Folge<br />

haben, dass die Preise für Fleisch und Wurstwaren trotz der Verbote und Anordnungen<br />

übermäßig überhöht würden.“ 130<br />

Die Ausschreitungen gegen die jüdischen Mitbürger nahmen nun stetig zu; Überwachungen<br />

jüdischer Aktivitäten standen an der Tagesordnung.<br />

Im Trierer Nationalblatt vom 22.03.1935 wurde der jüdischen Bevölkerung nun massiv<br />

gedroht, man wollte sie nicht mehr haben, nachdem man glaubte erkannt zu haben, dass<br />

„die Kinder Israels, nachdem sie Jahrhunderte auch in dieser Gegend Fürsten und<br />

Herren, Bauern und fahrendes Volk begaunert, ausgezogen und ihrem Glück überlassen<br />

haben“, „überflüssig und lästig... seien.“ 131<br />

In der Folge<strong>ze</strong>it kam es nun häufiger zu Gewaltaktionen gegen die jüdische Bevölkerung und<br />

deren Eigentümer, wobei man von offizieller Seite immer jegliche Schuld von sich wies.<br />

129 G. Heidt/D. Lennarzt, Fast vergessene Zeugen, Trier/Freudenburg 2000, S.418<br />

130 Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz/Landesarchiv Saarland, Dokumentation zur Geschichte der<br />

jüdischen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz und im Saarland von 1800 bis 1945 Band 6, Koblenz 1972, S.401<br />

131 D. Lennarzt, Die jüdische Gemeinde von Freudenburg von 1933 bis 1938/39, Freudenburg 1994, S.14<br />

42


Kreisleiter Eibes machte sogar die Juden selbst für die Übergriffe verantwortlich, die sie<br />

durch ihr „herausfordernde(s)“ Verhalten provoziert hätten.<br />

Viele Juden versuchten – wenn sie es nicht schon getan hatten – auszuwandern oder sie zogen<br />

um, oft vergebens. Wo das Leben vieler unserer ehemaligen Mitbürger endete, wissen wir alle<br />

nur zu gut....<br />

Nachdem den jüdischen Viehhändlern ihre Arbeit weggenommen worden war, übernahmen<br />

die sog. „gedeeften Juden“ (getauften Juden) den Handel mit Vieh. Diese waren mit dem<br />

Handel meist nicht so vertraut wie ihre Vorgänger und sollen längst nicht so fair gehandelt<br />

haben, wodurch die Aussage:„Die gedeeften Juden sind noch schlimmer wie die Juden“<br />

verständlich wird 132 . Zu diesen sollen unter anderem ein gewisser W. aus Wincheringen und<br />

ein K. aus Wies gezählt haben.<br />

Weiter berichtete Herr Hirschkorn, dass die „arischen Viehverteiler“, wie sie jetzt offiziell<br />

hießen,<br />

„die das übernommen (haben), die waren, die damals schon in die Partei gegangen<br />

waren... und dann ist das immer mehr verstaatlicht worden, weil, die haben das nicht<br />

gepackt. Die Bauern hatten kein Nutzvieh, kein ordentliches, wo sie Milch produzieren<br />

konnten. Sie hatten kein ordentliches Schlachtvieh mehr, weil diese Leute keine<br />

Fachleute waren von Beruf,...die waren ein paar Jahre Knecht bei einem jüdischen<br />

Händler gewesen und dann haben sie das nachher selbst übernommen.“<br />

Abschließend kann gesagt werden, dass die Verfolgung nicht nur unzählige Menschenopfer<br />

forderte, sondern auch Wissen, jahrhundertealtes Wissen im Bereich der Viehzucht, im<br />

pharma<strong>ze</strong>utischen und medizinischen Bereich und natürlich nicht zuletzt im Handelsgewerbe<br />

verrichtete, denn – und hierbei denke ich, kann man sich Herrn Hirschkorn anschließen – die<br />

Viehjuden „haben die Ställe so sauber gehalten, so ordentlich, die wussten ganz genau, wo<br />

was stand, was ausgesondert werden muss.“ Vielleicht, und damit will ich einen Denkanstoß<br />

geben, hätte Deutschland mit dem Wissen von Jahrhunderten längst nicht die<br />

Ernährungsprobleme, die es heute hat... (vgl. hierzu Kapitel 5).<br />

132 Interview mit Herrn Hirschkorn vom 31.01.2001<br />

43


Aber nicht nur heute, auch schon während des „Dritten Reiches“ bekam die Bevölkerung den<br />

Wegfall des jüdischen Viehhandels zu spüren; schließlich waren fast 70% der<br />

Kreisbevölkerung Bauern oder Win<strong>ze</strong>r, nur in 5 von 72 Orten (das sind gerade mal 7%) gab<br />

es mehr Arbeiter als Bauern. Diese erkannten schnell, dass der jüdische Viehhandel für sie<br />

von großer Bedeutung war, von größerer als viele zuvor gedacht hatten. Denn der Wegfall des<br />

traditionellen Handels betraf die Menschen direkt, ihre Existenzgrundlage war davon<br />

unweigerlich abhängig. Erst ab 1937 konnte dieser Not, die Kreisleiter Eibes allerdings als<br />

Folge des Versailler Vertrages auslegte 133 , durch den Bau des „Westwalls“ entgegengewirkt<br />

werden, da sich dort nun viele Bauern als Arbeiter verdingten. 1939 schließlich, als Anfang<br />

September die Bewohner zwischen Saar und Mosel „evakuiert“ wurden, mussten sie ihr Vieh<br />

zurücklassen, welches zusammengetrieben und geschlachtet wurde. 1940/41 wurde aus<br />

Frankreich und Holland sog. „Beutevieh“ eingeführt, das jedoch reines Milchvieh war und<br />

nicht gewohnt wie die hiesigen Kuhrassen, auch den Pflug oder Wagen zu ziehen. So musste<br />

auch dieses Vieh wieder geschlachtet werden, sodass sich die Bauern von der „Vieh -<br />

Arisierung“ bis Anfang der 50er Jahre nicht erholten. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass<br />

im Saarburger Raum gerade ein aus der Emigration zurückgekehrter jüdischer Viehhändler,<br />

Nathan Meyer, den Bauern wieder zu Vieh verhalf aufgrund guter Beziehungen und unter<br />

Einsatz seines Geldes.<br />

133 Kreisleiter Eibes, Darstellung des Kreises Saarburg, Saarburg 01.01.1935<br />

44


4 DAS LEBEN ZWEIER JÜDISCHER HÄNDLER<br />

4.1 Nathan Meyer - ein Großviehhändler<br />

Nathan Meyer wurde am 5. Februar 1884 in Beurig geboren und ist am 25. Februar 1957 in<br />

Trier gestorben.<br />

Seine Mutter Johanetta Meyer, geborene Zierdorfer, und sein Vater Leopold Meyer waren<br />

beide jüdischen Glaubens. Nathan lernte von klein auf die Praktiken und Methoden des<br />

Handelns, denn sein Vater war ein Handelsmann aus Beurig.<br />

Nathan heiratete H., geborene Kahn, die am 29. Mai 1892 in Hellenthal im Kreis Schleiden<br />

geboren worden ist. Sie ist am 27. Januar 1952 in Bonn, ihrem letzten Wohnsitz, verstorben.<br />

H. und Nathan hatten drei Kinder, zwei Jungen und ein Mädchen. E.. Der älteste der Brüder<br />

wurde am 5. Mai 1911 in Saarburg geboren, sein jüngerer Bruder S. kam am 23. Februar 1915<br />

auf die Welt.<br />

Nathan Meyer betrieb eines der bedeutendsten Unternehmen für Schlacht- und<br />

Nutzviehhandel im Bezirk Trier. Er verkaufte pro Woche ca. 40-50 Stück Vieh und verfügte<br />

über eine Kundschaft im Umkreis von 100-200 km. Der Leiter des ehemaligen Finanzamtes<br />

Saarburg bestätigte diese Angaben.<br />

Der Viehhändler Meyer war ein allgemein geschätzter und beliebter Mann, der durch seine<br />

Großzügigkeit bei der Bevölkerung großes Ansehen genoss. Dies ist unter anderem darauf<br />

zurückzuführen, dass er den Bauern in Notlagen behilflich war:<br />

Wenn zum Beispiel ein Kalb eines Kleinbauern starb, da dieser die nötigen Kosten für den<br />

Tierarzt nicht aufbringen konnte, so konnte sich dieser an Nathan Meyer wenden „und am<br />

nächsten Tag waren eins oder zwei wieder im Stall, zu bezahlen im Herbst“ 134 .<br />

Auch auf dem Trierer Markt war Nathan Meyer eine gefragte Person, denn „wenn es ein<br />

schlechter Markt war“, kaufte er den anderen Juden ihr übrig gebliebenes Vieh ab, sodass<br />

diese den Bauern ihr versprochenes Geld auszahlen konnten:<br />

„Die Juden haben das Vieh ja gekauft bei den Bauern und die Bauern wollten doch ihr<br />

Geld haben, und wenn es ein schlechter Markt war, hatten die einen Viehhändler hier<br />

45


im Kreise Saarburg, der hieß Nathan Meyer....Das war der König der Juden! Dieser<br />

Mann war so stark auf dem Markt und so vertrauensvoll.“ 135<br />

Die von ihm auf dem Markt gekauften Tiere wurden mit „Pferdewagen vom Markt zum Trier<br />

Wester Güterbahnhof gebracht, da wurde es verladen, und als das nachher moderner war,<br />

dann kamen die großen Viehtransporter, also als Lastwagen, aber die kamen erst ab 35, vor<br />

1935 ging alles noch mit Pferden.“ Dieser Transport wurde von Trierer Firmen durchgeführt,<br />

unter anderem von der Firma Dienhart, sowie den Firmen Kerpen und Lansch. Die Tiere<br />

wurden in die Industriegebiete an Ruhr und Saar und auf anderen Märkten verkauft.<br />

Auch <strong>ze</strong>igt folgende Geschichte 136 die Großherzigkeit Nathan Meyers:<br />

„Dem Pastor Willems erging es nicht anders als den meisten Bauherrn. Das Geld war<br />

knapp, Wohltäter erwünscht. Nach vielen Mühen hatte er Spender und Stifter für sieben<br />

Fenster gesucht und gefunden. Es fehlte noch ein Großherziger für das achte Fenster.<br />

Schließlich wandte er sich an den Viehhändler Nathan Meyer aus Beurig, der auch bei<br />

den <strong>Irsch</strong>er Bauern wegen seines fairen Handels geschätzt war und liebevoll ´Et<br />

Lebchen` (abgeleitet von dem häufigen jüdischen Namen Levy) genannt wurde. Als Jude<br />

lehnte er es ab, für das Bild einer Heiligen zu bezahlen. Schließlich wurde man mit dem<br />

Patriarchen Abraham handelseinig, wird er doch gleichermaßen von Juden und<br />

Christen verehrt. Interessant ist es auch, dass seit der Umgestaltung der Kirche nach<br />

dem II. Vatikanischen Konzil unter Pastor Schwab ein Mosaikbild auf der Tür des<br />

Tabernakels Abraham bei der Bewirtung seiner Gäste darstellt. So findet man in der<br />

Pfarrkirche in <strong>Irsch</strong> Abraham zweimal als Integrations-Gestalt für Christentum,<br />

Judentum und Islam.“<br />

134 Interview mit Herrn Hirschkorn vom 31.01.2001<br />

135 Interview mit Herrn Hirschkorn vom 31.01.2001<br />

136 Ewald Meyer, Manuskript der Ortschronik <strong>Irsch</strong>, <strong>Irsch</strong> 2001, S.52f. „Über die Kirchenfenster in der <strong>Irsch</strong>er<br />

Pfarrkirche“<br />

46


Auch nach dem Krieg war Nathan Meyer für die Bauern als Handelspartner nicht<br />

wegzudenken:<br />

„Wenn der Nathan Meyer nicht hier gewesen wäre, hätten die Bauern von 1945 bis<br />

1955 kein Stück Vieh hier gehabt. Er war der, der die Sachen über Nordrhein –<br />

Westfalen, über die englische Sektorengren<strong>ze</strong>, der hat das dort gekauft und über Belgien<br />

hat er es hier wieder reingebracht.“<br />

Im März und April 1933 wurde Nathan Meyer aus rasse - politischen Gründen für jeweils 10<br />

Tage in Schutzhaft genommen. Außerdem musste er an den Kreisleiter Eibes eine Buße von<br />

800,- RM zahlen. Ende August musste Meyer sein Geschäft, aufgrund von<br />

Boykottmaßnahmen gegen die Juden, aufgeben. Die erste Festnahme des Verstorbenen<br />

erfolgte am 20. August 1934 wegen eines sog. Devisenvergehens. Am 30. September 1934<br />

emigrierte er aus der Haft flüchtend zuerst nach Weywertz in Belgien, sein jüngster Sohn S.<br />

folgte ihm nach. Seine Frau H.M. emigrierte am 15. De<strong>ze</strong>mber auch illegal nach Weywertz,<br />

dort versuchten sie sich eine neue Existenz aufzubauen. Ihr ältester Sohn E. emigrierte schon<br />

1933 nach der Machtübernahme Hitlers nach Frankreich, wo er bei seiner Schwester I. und<br />

ihrem Mann auf einem Gut in Bouliac (Geronde) lebte.<br />

Nach Kriegsausbruch mussten Nathan, H. und ihr Sohn S. das Grenzgebiet verlassen und<br />

hielten sich bis Mitte 1940 in Ecaussines bei Mons in Belgien auf. Anfang Mai 1940 wurde S.<br />

in Belgien verhaftet, daraufhin flüchteten Nathan und seine Frau am 10. Mai illegal und mit<br />

falschen Papieren nach Frankreich. Dem jüngsten Sohn jedoch gelang die Flucht aus dem<br />

französischen Lager Argelès. Er flüchtete auf das Gut seines Schwagers nach Bouliac, wo<br />

auch seine anderen beiden Geschwister lebten. Ende 1940 wurde er wiederum verhaftet und<br />

kam am 7. September 1942 ins Kon<strong>ze</strong>ntrationslager Auschwitz. Er blieb in verschiedenen KZ,<br />

bis er am 2. April 1945 im KZ Buchenwald ermordet wurde. S. verbrachte insgesamt volle 44<br />

Monate in Haft. Am 7. Juni 1942 wurde auch E.M. inhaftiert und am 20. Juli 1942 zum KZ<br />

Auschwitz deportiert, aus dem er nicht mehr zurückkehrte.<br />

Nach Ende des Krieges kehrte Nathan Meyer aus der Emigration nach Deutschland zurück<br />

und nahm seine Geschäfte wieder auf. Am 30. Januar 1951 erfolgte seine Neueintragung in<br />

das Handelsregister. Seine Frau H. kehrte erst am 27. April 1950 endgültig aus der Emigration<br />

zurück.<br />

47


4.2 Raphael Hayum - ein Pferdehändler<br />

Der in der heutigen Gemeinde Perl wohl bekannteste jüdische Viehhändler war der aus<br />

Nennig – Wies stammende Raphael Hayum.<br />

Er wurde am 30.05.1899 in Wies als Sohn von Marx Hayum und Johannetta Hayum (vgl.<br />

Stammbaum) 137 geboren und verstarb dort am 01.08.1984.<br />

Am 12.05.1938 heiratete er im luxemburgischen Strassen die katholisch getaufte, ebenfalls<br />

aus Wies stammende Elisabeth Jakob 138 - oder wie die von mir Befragten sagten: „Eine von<br />

uus“-, mit der er zusammen einen unehelichen Sohn namens Albertus Jakob hatte. Dieser war<br />

am 29.10.1922 in Köln geboren worden, noch vor der kirchlichen Trauung, und fiel während<br />

des 2. Weltkriegs in Russland durch die Hand eines Kameraden. Nach Aussagen einiger<br />

Befragter sollen Raphael Hayum und seine Frau lange um ihren Sohn geweint haben.<br />

Ein wichtiger Aspekt im Lebenslauf Raphaels ist, dass er zum katholischen Glauben übertrat.<br />

Leider wurde aus den mir vorliegenden Materialien nicht ersichtlich, wann und warum er<br />

konvertierte 139 ; nach Auskunft von Herrn Hirschkorn 140 soll dies allerdings vor der Geburt des<br />

Sohnes gewesen sein. Die Tatsache, dass er sich während des Zweiten Weltkrieges – nachdem<br />

er zunächst bei einem belgischen Bauern, mit dem er häufig gehandelt hatte, Unterschlupf<br />

fand – in einem Kloster im Ausland 141 aufhielt, lässt jedoch auch die Vermutung zu, dass er<br />

kurz vor oder während seines Aufenthaltes dort den katholischen Glauben annahm.<br />

Raphael Hayum zählte zu den sog. „Pferdejuden“, musste sich jedoch mit zunehmender<br />

Popularität des Traktors zusätzlich auf Kühe und Schlachtvieh einstellen 142 . Er war in der<br />

Umgebung sehr beliebt, was unter anderem daran zu erkennen ist, dass er von jedem<br />

freundschaftlich „Raffel“ oder auch „Kisselchen“ 143 genannt wurde. Letzterer Kosename war<br />

längst nicht so verbreitet wie der erste, geht jedoch vermutlich auf den Großvater<br />

137 Standesamt Saarburg; Standesamt Perl, Kirchenbücher Nennig (� Sterbeurkunden 1984 Nr.6); Bistum Trier;<br />

Familienbuch Meurich; Georg Rach, Zerbrochene Geschichte, Kollesleuken 1994<br />

138 Kirchenbücher Nennig (� Sterbeurkunden 1986 Nr.9)<br />

139 In den Kirchenbüchern von Nennig konnte in den Geburtsurkunden kein Hinweis gefunden werden, wann<br />

und wo Raphael Hayum konvertierte, und auch die zuständige Abteilung des Bistums Triers konnte mir keine<br />

weiteren Informationen geben.<br />

140 Interview mit Herrn Hirschkorn vom 31.01.2001: „Der hat sich versteckt in Belgien, auf einem Bauernhof,<br />

mit dem er früher gehandelt hat. Ein Pferdehändler, ein Pferdezüchter, belgische Pferde, glaub ich, in den<br />

Ardennen hat er sich versteckt.“<br />

141 Die von mir Befragten waren sich nicht einig darüber, ob R. Hayum sich in Luxemburg oder Belgien aufhielt.<br />

Über eine Freundin bekam ich sogar die Information, er habe sich in einem Holzschuppen versteckt, was mir<br />

bisher noch von keinem anderen bestätigt wurde und wohl auch ziemlich unwahrscheinlich ist.<br />

142 Befragung Peter Den<strong>ze</strong>r (*1927) vom 06.10.2000<br />

143 Befragung Matthias Groß (*1928) vom 10.10.2000<br />

48


väterlicherseits zurück, der Kusel Hayum hieß. R. Hayums Beliebtheit ist nicht zuletzt darauf<br />

zurückzuführen, dass er im Allgemeinen als ehrlich galt:<br />

Er war „ein ordentlicher Pferdehändler, ein korrekter, ordentlicher Pferdehändler, der<br />

einen sehr guten Ruf früher auf dem Gau hatte.“ 144<br />

Trotzdem soll es Geschäftssituationen gegeben haben, bei denen er die Bauern auch schon<br />

mal an der Nase herum führte. So erzählte uns ein ehemaliger Schmied aus Kirf folgende<br />

Anekdote:<br />

„Ja, der verkaufte mal ein blindes Pferd nach Pal<strong>ze</strong>m an einen Bauer, der war nämlich<br />

Pferdehändler. De Bauer wusste dat aber net, dat dat Pferd blind war, dat hat en erst<br />

erkannt, als dat Pferd den Trog mit Wasser net erkannt hat, et hat nämlich nichts<br />

getrunken. Da hat sich den Bauer beim Hayum beschwert. Da hat er nur zu ihm gesagt<br />

: "Du hast dat Pferd doch net zum Zeitung lesen gekauft".“ 145<br />

Diese Anekdote ist jedoch in verschiedenen Gegenden Deutschlands als sog.<br />

„Pferdejudenwitz“ verbreitet; ob es ausgerechnet R. Hayum war, der das blinde Pferd<br />

verkaufte, muss mangels Beweisen offen, ja fraglich bleiben.<br />

Raphael Hayum war einer der wohlhabendsten Pferdehändler dieser Gegend, da er „da<br />

oben den gan<strong>ze</strong>n Gau unter sich verwaltete, er wusste alles, was sich da oben tut,<br />

Kreuzweiler, Dilmar,...“. Auf dem Trierer Markt besaß er einen eigenen Stand, „so viele<br />

Aufträge hat er jeden Viehmarkt am Mittwoch gehabt.“ 146<br />

Kurz bevor er untertauchte, verkaufte er einige seiner Möbel, so z.B. unter anderem an<br />

meinen Nachbarn Nikolaus Fonck einen Schrank 147 .<br />

Nachdem er nach dem Zweiten Weltkrieg nach Nennig zurückgekehrt war, bekam er eine<br />

staatliche Entschädigung, handelte jedoch offiziell bis zum 31.12.1974 148 weiter, nicht zuletzt<br />

weil ihm der Kontakt mit seinen ehemaligen und neuen Kunden wichtig war. Mit<br />

zunehmendem Alter konnte er sich anscheinend nicht mehr alleine versorgen, sodass er eine<br />

144 Interview mit Herrn Hirschkorn vom 31.01.2001<br />

145 Interview Nikolaus Oberbillig vom 24.11.2000<br />

146 Interview mit Herrn Hirschkorn vom 31.01.2001<br />

147 Befragung von Nikolaus Fonck vom 09.10.2000<br />

148 Gewerberegister der Gemeinde Perl<br />

49


Frau, deren Namen hier unerwähnt bleiben soll, einstellte, die sich um den Haushalt<br />

kümmerte.<br />

Für mich persönlich ist erstaunlich, wie positiv doch jeder von Raphael Hayum spricht, aber<br />

gleich<strong>ze</strong>itig vermeidet, zu detailliert von ihm zu erzählen....<br />

Im folgenden habe ich - soweit es mir möglich war - die näheren Verwandten von Raphael<br />

Hayum in einer Art Stammbaum aufgelistet. Hieran wird ersichtlich, dass Raphael Hayum<br />

einer Tradition folgte: Seine Vorfahren, väterlicher- und mütterlicherseits waren entweder<br />

Händler oder Metzger, was vermuten lässt, dass ihm das Wissen seiner Ahnen, das Wissen<br />

von mindestens hundertfünfzig Jahren, bereits im Kindesalter vermittelt wurde.<br />

Raphael Hayum liegt mit seiner Frau Elisabeth auf dem Nenniger Friedhof begraben, ihr Sohn Albert<br />

ist in Russland gefallen.<br />

50


Sara Hayum<br />

Tochter von Kusel Hayum und Attell<br />

Lewy<br />

* 21.06.1854 in Kirf<br />

†???<br />

Juliane Hayum<br />

Tochter von Kusel Hayum und Attell<br />

Lewy<br />

* 06.04.1867 in Meurich<br />

†???<br />

Seligmann Hayum, Metzger<br />

* 1787 in Könen<br />

† vermutlich 1857 (70 Jahre)<br />

∞<br />

Kusel Hayum, Handelsmann, Metzger<br />

Sohn von Seligmann Hayum und Cres<br />

Kahn<br />

* 26.12.1821 in Kirf<br />

† vermutlich 1862 (31 Jahre)<br />

Amelia Hayum (Meli)<br />

Tochter von Kusel Hayum und Attell<br />

Lewy<br />

* 22.10.1855 in Meurich<br />

† 22.04.1857 in Meurich<br />

Cres Hayum, geb. Kahn<br />

Tochter von Michael Kaan, Kirf, und<br />

Freytgen May<br />

* 1787 in Kirf<br />

† vermutlich 1855 (68 Jahre)<br />

Marx Hayum (Haium 1862),<br />

Handelsmann<br />

Sohn von Kusel Hayum und Attell<br />

Lewy<br />

* 27.06.1869<br />

† 24.10.1942 in Theresienstadt / Krs.<br />

51<br />

∞ 14.03.1853 Saarburg<br />

Michel Hayum<br />

Sohn von Kusel Hayum und Attell Lewy<br />

* 15.08.1857 in Meurich<br />

†???<br />

Attel Hayum (1857 Adel, 1867 Adele)<br />

Tochter von Licher Lewy, Handelsmann,<br />

73 Jahre, und Gelgen Kaan, 50 Jahre,<br />

Aach<br />

* 12.02.1827 in Aach<br />

† vermutlich 1853 (26 Jahre)<br />

Theresia Hayum<br />

Tochter von Kusel Hayum und Attell<br />

Lewy<br />

* 04.10.1865 in Meurich<br />

†???


Sigesmund Hayum<br />

Sohn von Marx und Nannetta Hayum<br />

* 15.01.1896 in Meurich<br />

†???<br />

Adela Hayum<br />

Tochter von Marx und Nannetta<br />

Hayum<br />

* 27.05.1903 in Wies<br />

†???<br />

Michel Hayum<br />

Sohn von Kusel Hayum und Attell Lewy<br />

* 15.08.1857 in Meurich<br />

†???<br />

Marx Hayum (Haium 1862),<br />

Handelsmann<br />

Sohn von Kusel Hayum und Attell<br />

Lewy<br />

* 27.06.1869<br />

† 24.10.1942 in Theresienstadt / Krs.<br />

Gertruda Hayum<br />

Tochter von Marx und Nannetta<br />

Hayum<br />

* 18.05.1897 in Meurich<br />

†???<br />

Karl Hayum<br />

Sohn von Marx und Nannetta Hayum<br />

* 03.08.1906 in Wies<br />

†???<br />

∞ 07.05.1890 Saarburg<br />

∞ 21.03.1895 Saarburg<br />

52<br />

Rosalia Hayum, geb. Lazarus,<br />

Ladengehilfin Bousendorf<br />

Tochter von Lewy Lazarus, Handelsmann, † St.<br />

Matthias, und Sara Israel, † Ettelbrück / Lux.<br />

* 23.06.1859 in Trier (St. Matthias)<br />

†???; aus Saarburg ausgewiesen<br />

Johannetta (Nannetta) Hayum, geb.<br />

Hayum<br />

Tochter von Raphael Hayum, Handelsmann,<br />

und Johannetta Hayum aus Könen<br />

* 31.12.1862 in Könen<br />

†???<br />

Raphael Hayum, Pferdehändler<br />

Sohn von Marx und Nannetta Hayum<br />

* 30.05.1899 in Wies<br />

† 01.08.1983 in Wies<br />

Theresia Hayum<br />

Tochter von Marx und Nannetta Hayum<br />

* 01.08.1901 in Wies<br />

† 31.10.1941/9??


Raphael Hayum, Pferdehändler<br />

Sohn von Marx und Nannetta Hayum<br />

* 30.05.1899 in Wies<br />

† 01.08.1983 in Wies<br />

Karl Hayum<br />

Sohn von Marx und Nannetta Hayum<br />

* 03.08.1906 in Wies<br />

†???<br />

∞ 12.05.1938 in Strassen, Luxemburg<br />

Albertus Jakob<br />

Sohn von Raphael und Elisabeth Hayum<br />

* 29.10.1922 in Köln<br />

† 10.06.1942 in Russland, von<br />

Kameraden erschossen<br />

∞ 23.12.1935<br />

53<br />

Elisabeth Hayum, geb. Jakob<br />

Tochter von Peter Jakob und Maria<br />

Schmidt<br />

* 30.04.1901 in Wies<br />

† 15.08.1986 in Wies<br />

Irma Hayum, geb. Gottlieb<br />

* 10.03.1913 in Bosen<br />

†???


5 DIE HEUTIGE SITUATION IM VIEHHANDEL -<br />

BSE - KRISE ALS FOLGE DES WEGFALLS JÜDISCHER VIEHHÄNDLER?<br />

Herr Norbert Hirschkorn, der am 02.07.1921 als Sohn eines Handelsmanns in Wawern<br />

geboren ist 149 , erzählte uns in dem Interview vom 31.01.2001, dass, wenn der Viehhandel in<br />

jüdischen Händen geblieben und nicht globalisiert worden wäre, es heute eventuell die<br />

Krankheit BSE nicht geben würde. Auf die Globalisierung des Handels und auf die Krankheit<br />

möchten wir nun näher darauf eingehen.<br />

Wie das portugiesische Landwirtschaftsministerium mitteilte, ist bei einer in Deutschland<br />

geborenen Kuh auf den Azoren der erste Fall von BSE in Deutschland diagnostiziert worden.<br />

Die Deutsche Bundesregierung und die EU - Kommission seien informiert worden. Die Kuh<br />

wurde laut Angaben des portugiesischen Landwirtschaftsministeriums 1995 im Raum<br />

Hannover geboren und 1998 auf die Insel Sao Miguel exportiert. Seit 1990 wurden in<br />

Portugal 467 BSE - Fälle registriert. 150<br />

Die BSE - Krise ist ein aktuelles Thema, das uns alle beschäftigt. Zunächst wollen wir die<br />

Fragen klären was BSE für eine Krankheit ist, wie sie übertragen wird und wie man sich<br />

davor schüt<strong>ze</strong>n kann.<br />

Was ist BSE? 151<br />

BSE (Bovine Spongiforme En<strong>ze</strong>phalopathie, zu deutsch: schwammartige Hirnkrankheit des<br />

Rindes) ist eine Erkrankung bei Rindern mit Veränderungen des Gehirns. Die Krankheit<br />

wurde erstmals 1986 im Vereinigten Königreich beschrieben.<br />

Wie wird BSE übertragen?<br />

Hauptursache für die Übertragung der Krankheit ist die Verfütterung von kontaminiertem<br />

Tiermehl. Die Wiederverwertung von infiziertem Ausgangsmaterial von Schafen (Scrapie)<br />

und später von Rindern, das an Rinder verfüttert wurde, hat im Vereinigten Königreich<br />

Anfang der achtziger Jahre in Verbindung mit einer Änderung des Herstellungsverfahrens bei<br />

Tiermehl die BSE - Erkrankungen ausgelöst. Diese Änderung bestand unter anderem in einer<br />

149<br />

Facharbeit von Beatrix Könen, Leben der Juden in Wawern in unserer jüngeren Vergangenheit, Wawern 1993<br />

150<br />

http://fleischernetz.de<br />

151<br />

Im weiteren beziehe ich mich auf Informationen aus dem Internet: http://www.bseindia.com,<br />

http://de.fc.yahoo.com/b/bse.html, http://www.bml.de<br />

55


Senkung der Verarbeitungstemperatur, so dass der Scrapie - Erreger beim Produktionspro<strong>ze</strong>ss<br />

nicht inaktiviert wurde. Dieses Verfahren der Tierkörperbeseitigung stellte - im Gegensatz zu<br />

dem in Deutschland seit langem praktizierten - eine Abtötung dieses Erregers nicht sicher.<br />

Sollte im Fall des in Schleswig-Holstein aufgetretenen BSE - Falles die Infektion auf<br />

verfüttertes Milchaustauschfutter zurückzuführen sein, so bedeutet dies nicht, dass die<br />

Milchkomponente des Futtermittels hierfür verantwortlich ist. Vielmehr wäre zu vermuten,<br />

dass dem Milchaustauschfutter zugemischte sonstige tierische Eiweiße oder Fett aus<br />

Tierkörperbeseitigungsanstalten ursächlich sein könnten.<br />

Mittlerweile liegen auch Hinweise dafür vor, dass bei BSE eine vertikale Übertragung, das<br />

heißt vom Muttertier auf ihr Kalb, stattfinden kann. BSE wird nach der<strong>ze</strong>itigem<br />

wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht durch Kontakte zwischen kranken und gesunden<br />

Tieren übertragen.<br />

Für eine Übertragung über Rindersperma gibt es keine Hinweise.<br />

Gibt es einen sicheren Schutz vor BSE?<br />

Einen 100%igen Schutz gibt es nicht, aber das Risiko kann minimiert werden. Es wird den<br />

Verbraucherinnen und Verbrauchern empfohlen, im Moment ganz bewusst einzukaufen, d. h.<br />

Zutatenver<strong>ze</strong>ichnisse zu lesen und im Zweifel beim Metzger oder Lebensmittelhändler nach<br />

der Herkunft des Fleisches und der Fleischer<strong>ze</strong>ugnisse zu fragen.<br />

Welche Teile von Wiederkäuern werden als Risikomaterial be<strong>ze</strong>ichnet?<br />

Als Risikomaterialien werden bestimmte Körperteile und Organe von Rindern, Schafen und<br />

Ziegen be<strong>ze</strong>ichnet. Dort treten bei infizierten Tieren die BSE - Erreger hauptsächlich auf.<br />

Hierzu zählen Schädel einschließlich Gehirn und Augen, Mandeln und Rückenmark von über<br />

zwölf Monate alten Rindern, Schafen und Ziegen, ein Dünndarmabschnitt (Hüftdarm)von<br />

über zwölf Monate alten Rindern sowie die Milz von Schafen und Ziegen aller Altersklassen.<br />

Seit 1. Oktober 2000 müssen diese Risikomaterialien bei der Schlachtung entfernt und<br />

beseitigt werden. Auch vor diesem Zeitpunkt wurden diese Gewebe üblicherweise nicht in<br />

Fleischer<strong>ze</strong>ugnissen verarbeitet. Ab 1. Januar 2001 gilt der gesamte Darm von Rindern aller<br />

Altersklassen als Risikomaterial.<br />

56


Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Creutzfeldt - Jakob - Krankheit und BSE?<br />

Die britischen Behörden erklärten am 20. März 1996, dass ein Zusammenhang zwischen BSE<br />

und der neuen Variante der Creutzfeldt - Jakob - Krankheit nicht ausgeschlossen werden<br />

könne.<br />

Die Creutzfeldt - Jakob - Krankheit tritt beim Menschen nur sehr selten auf. Allerdings<br />

handelt es sich um eine unheilbare und tödlich verlaufende neurologische Erkrankung. Die<br />

neue Variante der Creutzfeldt - Jakob - Krankheit tritt vornehmlich bei jüngeren Personen auf.<br />

Die Krankheit verläuft oft langsamer und weist ein anderes klinisches Bild auf, als die<br />

klassische Creutzfeldt - Jakob - Krankheit.<br />

Anzahl der bestätigten BSE - Fälle (Stand: 07. Februar 2001):<br />

Mitte der 90-er Jahre waren in Deutschland bereits BSE - Fälle bei 5 aus dem Vereinigten<br />

Königreich und einem aus der Schweiz eingeführten Rind festgestellt worden. (4 Fälle in<br />

1994, 2 Fälle in 1997). Da es sich um keine originären deutschen Fälle handelte, galt<br />

Deutschland nach den Bestimmungen des Internationalen Tierseuchenamtes als BSE - frei.<br />

Bis Ende 1987 wurden im Vereinigten Königreich bereits 442 Fälle dieser Erkrankung bei<br />

Rindern gezählt, die sich dann rasch ausbreitete. 1992 wurde mit mehr als 36 000 Fällen der<br />

Höchststand ver<strong>ze</strong>ichnet. Seither sind die BSE - Fälle im Vereinigten Königreich konstant<br />

rückläufig.<br />

Die Anzahl der BSE - Erkrankungsfälle lag 1996 bei etwa 8000, 1997 bei 4312, 1998 bei<br />

3179, 1999 bei 2274 und im letzten Jahr (Stand 5.De<strong>ze</strong>mber 2000) bei 1.500. Im Vereinigten<br />

Königreich sind damit insgesamt mehr als 180 000 BSE - Fälle in mehr als 34 000<br />

landwirtschaftlichen Betrieben aufgetreten. Ein hohes Auftreten von BSE wurde auch in<br />

Portugal, der Schweiz und Frankreich festgestellt. Weitere Länder mit BSE - Fällen sind die<br />

Niederlande, Belgien, Luxemburg, Irland, Italien, Spanien und Dänemark.<br />

57


Fall- Nr.<br />

Seuchen-<br />

feststellung<br />

1. 26.11.2000 Schleswig-Holstein<br />

Bundesland Landkreis<br />

Rendsburg-<br />

Eckernförde<br />

58<br />

Geburtsdatum des<br />

BSE - Rindes<br />

Rinderbestand des<br />

Betriebes<br />

02.08.96 167<br />

2. 17.12.2000 Bayern Oberallgäu 05.10.95 85<br />

3. 19.12.2000 Bayern Cham 12.03.96 202<br />

4. 21.12.2000 Bayern Weilheim-Schongau 14.03.94 35<br />

5. 21.12.2000 Bayern Neumarkt/Oberpfalz 26.10.95 64<br />

6. 27.12.2000 Bayern Unterallgäu 13.03.96 144<br />

7. 28.12.2000 Niedersachsen Osnabrück 15.05.96 274<br />

8. 08.01.2001 Schleswig-Holstein Stormarn 20.10.96 101<br />

9. 09.01.2001 Bayern Lindau 20.04.95 75<br />

10. 09.01.2001 Niedersachsen Celle 08.11.95 99<br />

11. 11.01.2001 Baden-Württemberg Biberach 27.06.96 265<br />

12. 12.01.2001<br />

Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

Güstrow 08.03.96 4<br />

13. 12.01.2001 Schleswig-Holstein Stormarn 17.02.96 101<br />

14. 15.01.2001 Bayern Freising 17.08.98 80<br />

15. 17.01.2001 Niedersachsen Cuxhaven 21.05.96 253<br />

16. 17.01.2001 Baden-Württemberg Ravensburg 17.04.94 115<br />

17. 24.01.2001 Baden-Württemberg Reutlingen 23.08.95 48<br />

18. 24.01.2001 Bayern Dachau 14.05.96 68<br />

19. 24.01.2001 Sachsen-Anhalt Merseburg-Quertfurt 03.06.96 952<br />

20. 26.01.2001 Bayern Oberallgäu 21.05.96 34<br />

21. 27.01.2001<br />

Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

Mecklenburg-Strelitz 22.09.95 236<br />

22. 27.01.2001 Nordrhein-Westfalen Wesel 14.09.98 165<br />

23. 27.01.2001 Schleswig-Holstein Dithmarschen 05.03.96 350<br />

24. 27.01.2001 Niedersachsen Ammerland 24.12.96 288<br />

25. 31.01.2001 Brandenburg Havelland 26.04.96 450<br />

26. 01.02.2001 Baden-Württemberg Sigmaringen 19.06.95 103<br />

27. 01.02.2001 Schleswig-Holstein<br />

Rendsburg-<br />

Eckernförde<br />

09.03.96 169<br />

28. 07.02.2001 Sachsen Weißeritzkreis 28.10.95 152<br />

Anhand dieser Tabelle erkennt man, dass die BSE - erkrankten Tiere in Deutschland, alle<br />

Mitte der 90er Jahre geboren sind. Wahrscheinlich sind diese Tiere mit dem Virus schon<br />

geboren worden oder haben ihn von dem Muttertier vertikal übertragen bekommen. 152<br />

Herr Hirschkorn berichtete uns, dass es früher zu solch einer Krankheit überhaupt nicht<br />

kommen konnte, da die jüdischen Viehhändler auch als Tierärzte fungierten.<br />

152 http://www.bml.de/verbraucher/bse/anzahlbse.htm


„Ja, und wenn die Juden damals nicht hier gewesen wären, dann hätte es so ausgesehen<br />

in der Landwirtschaft, wie es heute aussieht, dann hätten wir schon BSE vor 100 Jahren<br />

gehabt. Die brauchten keinen Arzt, die brauchten niemand, denn der Jude, der in den<br />

Stall gekommen ist, der hat in den Stall gesehen und hat dann gesagt: Die Kuh da is net<br />

in Ordnung. Entweder se muss bei de Metzger oder me lassen se untersuchen! Die<br />

Viehhändler kannten ja jede Kuh und wussten genau, wenn einer wat fehlte, die hatten<br />

so ein Gespür dafür.......So war die Entwicklung gewesen im Viehhandel bei den Juden,<br />

dass die außerordentliche große Fachleute waren, Fachleute in der Entwicklung des<br />

Stalles oder in der Entwicklung der Gesundheit und dann war ja bei den Juden, wissen<br />

se, der zweite Beruf war ja auch Tierarzt, Metzger und Schächter.“ 153<br />

Ein Viehhändler, der ein Gebiet von fünf bis acht Dörfern hatte, kannte tatsächlich jede Kuh.<br />

Ein Bauer aus der heutigen Zeit, der tausend Stück Rinder besitzt, kann nicht jedes Tier<br />

kennen, das wäre unmöglich. Das aber ist das grundsätzliche Problem in der jetzigen BSE -<br />

Krise. Herr Hirschkorn überspitzt die heutige Situation, indem er sagt, dass es ohne Juden<br />

kein BSE gäbe, was in gewisser Weise auch nachvollziehbar ist. Das wahre Problem beginnt<br />

aber mit der Industrialisierung der Viehproduktion in England. Zu Beginn des 19.<br />

Jahrhunderts wurden auf den riesigen Landflächen in Schottland, welche zum Teil die Größe<br />

des Saarlandes hatten, Schafe gezüchtet. Als die Schafe den gewünschten Profit nicht mehr<br />

einbrachten, wechselte man zur Rinderzucht. Um die Rinder billig und schnell zu züchten,<br />

griffen die Groß - Industriellen auf das kostengünstige Tiermehl zurück, das massenweise an<br />

die Tiere verfüttert wurde. Die Folgen dieses Unternehmens sind bekannt.<br />

Nach einem Beschluss des Bundeskabinetts wird sich Deutschland am EU - Programm zur<br />

Massentötung von Rindern beteiligen. Ziel ist eine Stabilisierung des Fleischmarktes.<br />

Betroffen sind hierzulande bis zu 400 000 Tiere.<br />

Ein Zeitungsartikel aus der Saarbrücker Zeitung geht näher auf das umstrittene<br />

Vernichtungsprogramm der EU ein.<br />

„Lange hat die Bundesregierung gezögert – nun ist die Entscheidung gefallen: Auch<br />

Deutschland beteiligt sich an dem umstrittenen Vernichtungsprogramm für Rinder.<br />

153 Interview mit Herrn Hirschkorn vom 31.01.2001<br />

59


Rund 400 000 Tiere werden wohl in den kommenden Monaten in Deutschland getötet<br />

und anschließend verbrannt. In der gesamten EU trifft es rund zwei Millionen Rinder.<br />

Bislang wurden rund 57 000 Tiere in der EU entsprechend dem<br />

Massentötungsprogramm getötet, mehr als die Hälfte davon in Frankreich und ein<br />

großer Teil in Irland. In Frankreich wird die Gesamtzahl der zu vernichtenden Rinder<br />

wie in Deutschland auf 400 000 geschätzt, in Irland auf 350 000. Spanien wird<br />

schätzungsweise 275 000 Tiere verbrennen, dort ist das Programm ebenso wie in<br />

Luxemburg erst angelaufen. Finnland und Schweden müssen sich wegen ihres geringen<br />

BSE - Risikos nicht beteiligen, auch die Niederlande und Dänemark erhielten eine<br />

Ausnahmegenehmigung, um die zudem Österreich und Belgien gebeten haben. Ankauf<br />

und Verbrennung werden zu 70 Pro<strong>ze</strong>nt von der EU und zu 30 Pro<strong>ze</strong>nt von den EU -<br />

Staaten finanziert. 154<br />

Zu diesem Thema, das Massentötungsprogramm, erzählte Herr Hirschkorn folgendes:<br />

„Die alten Leute weinen heute darüber, die haben die Lage jetzt verstanden, die haben<br />

verstanden, was hier geschieht mit den Bauern. Man schlachtet 400 000 Stück Vieh ab,<br />

ja stell dir mal vor, 400 000 Stück Vieh. Wenn du früher einem Bauer ein Stück Vieh<br />

weggenommen hast, da hat’n lieber sein Herz gegeben wie das Stück Vieh!“.<br />

Weiter erzählte uns Herr Hirschkorn, dass die BSE-Erkrankung mit der früher häufigen<br />

Offenen Tuberkulose (Mikets = offene Tuberkulose) vergleichbar wäre.<br />

„Ich hab es vorhin betont, die Tuberkulose war das gleiche( BSE), genau das gleiche.<br />

Und das muss wieder ausgemerzt werden, so ist das heute wieder und dann schlachten<br />

sie 400 000 Stücker Vieh. Und jetzt stellen Sie sich mal vor, heute wären noch Juden<br />

hier und es werden 400 000 Stück Vieh abgeschlachtet. Da wär aber was los!“. 155<br />

Die Bundesministerin für Gesundheit, Andrea Fischer, verkündete am 5. De<strong>ze</strong>mber 2000.<br />

Aufgrund des ersten bekannt gewordenen BSE - Falles vom 26. November 2000 in<br />

Schleswig-Holstein (Rendsburg - Eckenförde). Eine Verordnung zur<br />

154 Saarbrücker Zeitung, 01.02.2001, afp<br />

155 Interview mit Herrn Hirschkorn vom 31.01.2001<br />

60


fleischhygienerechtlichen Untersuchung von geschlachteten Rindern auf BSE, die am<br />

06.12.2000 in Kraft trat: 156<br />

Verordnung zur fleischhygienerechtlichen Untersuchung von geschlachteten Rindern auf BSE<br />

vom 1. De<strong>ze</strong>mber 2000<br />

Auf Grund des § 5 Nr. 1 und 4 sowie des § 20d Nr. 4, jeweils in Verbindung mit § 22e<br />

Abs. 1, des Fleischhygienegeset<strong>ze</strong>s in der Fassung der Bekanntmachung vom 08. Juli<br />

1993 (BGBl. I S. 1189) verordnet das Bundesministerium für Gesundheit:<br />

§ 1, Durchführung von BSE - Tests<br />

(1) Rinder, einschließlich Wasserbüffel und Bisons im Alter von über 30 Monaten sind<br />

im Rahmen der Fleischuntersuchung mit einem der in Anhang IV Buchstabe A der<br />

Entscheidung 98/272/EG der Kommission vom 23. April 1998 über die<br />

epidemiologische Überwachung der transmissiblen spongiformen En<strong>ze</strong>phalopathien<br />

und zur Änderung der Entscheidung 94/474/EG (ABl. EG L 122 S. 59) in der jeweils<br />

geltenden Fassung anerkannten Tests zu untersuchen.<br />

(2) Der Tierkörper, die Nebenprodukte der Schlachtung, das Blut und die Haut sind<br />

vorläufig sicherzustellen, bis das Ergebnis der Untersuchung nach Absatz 1 vorliegt,<br />

soweit keine Beseitigung in einer Tierkörperbeseitigungsanstalt erfolgt.<br />

(3) Nach dem Vorliegen des Ergebnisses der Untersuchung nach Absatz 1 ist wie folgt<br />

zu verfahren:<br />

1.Die Fleischuntersuchung ist abzuschließen, wenn das Ergebnis der Untersuchung nach<br />

Absatz 1 als negativ bewertet wird. Das Fleisch ist entsprechend dem Ergebnis der<br />

Fleischuntersuchung zu kenn<strong>ze</strong>ichnen. Die vorläufige Sicherstellung ist aufzuheben.<br />

2.Die vorläufige Sicherstellung ist aufrechtzuerhalten, wenn das Ergebnis der<br />

Untersuchung nach Absatz 1 nicht negativ bewertet wird. Das Ergebnis dieser<br />

Untersuchung ist der nach § 9 Abs. 1 des Tierseuchengeset<strong>ze</strong>s zuständigen Behörde<br />

anzu<strong>ze</strong>igen und durch eine der in Anhang IV Nr. 3 der in Absatz 1 genannten<br />

Entscheidung aufgeführten Untersuchungsmethoden zu bestätigen. Die<br />

Fleischuntersuchung ist abzuschließen, wenn das Ergebnis der Untersuchung nach Satz<br />

2 vorliegt. Das Fleisch ist entsprechend dem Ergebnis der Fleischuntersuchung zu<br />

156<br />

www.bmgesundheit.de/themen/verbr/bse/bse-vo.htm - 21k<br />

61


kenn<strong>ze</strong>ichnen. Die vorläufige Sicherstellung ist aufzuheben, wenn das Ergebnis der<br />

Untersuchung nach Satz 2 negativ ist.<br />

§ 2, Probenahme und Laboruntersuchung<br />

Die Probenahme, die Laboruntersuchung und die Auf<strong>ze</strong>ichnungen müssen den<br />

Regelungen des Anhangs IV Nr. 1, 2.2 und 3 und des Anhangs III der in § 1 Abs. 1<br />

genannten Entscheidung entsprechen. Die Probenahme hat so zu erfolgen, dass eine<br />

nachteilige Beeinflussung des Fleisches ausgeschlossen ist.<br />

§ 3, Betriebseigene Kontrollen<br />

Die zuständige Behörde hat auf Antrag Untersuchungen entsprechend § 1 Abs. 1 im<br />

Rahmen betriebseigener Kontrollen bei Rindern, die nicht einer amtlichen<br />

Untersuchung nach § 1 Abs. 1 zu unterziehen sind, zu genehmigen, wenn folgende<br />

Voraussetzungen vorliegen:<br />

1.Die Probenahme erfolgt unter Aufsicht des amtlichen Untersuchungspersonals.<br />

2.Die Durchführung der Probenahme und der Laboruntersuchung sowie die Führung der<br />

Nachweise über die betriebseigenen Kontrollen erfolgt entsprechend § 2.<br />

3.Die Laboruntersuchung wird in einem entsprechend § 11c Abs. 5 der Fleischhygiene -<br />

Verordnung anerkannten Labor durchgeführt.<br />

4.Der Antragsteller verpflichtet sich, auf den Abschluss der Fleischuntersuchung bis<br />

zum Vorliegen des Untersuchungsergebnisses zu verzichten.<br />

...<br />

§ 4, Inkrafttreten, Außerkrafttreten<br />

(1) Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.<br />

(2) Diese Verordnung tritt am 05. Juni 2001 außer Kraft, sofern nicht mit Zustimmung<br />

des Bundesrates etwas anderes geregelt wird.<br />

62


Wie in unserer Region die BSE - Krise gesehen und im laufenden Landtagswahlkampf<br />

benutzt wird, veranschaulicht ein Bericht des „Trierischen Volksfreunds“.<br />

Dieter Schmitt, CDU - Landtagsabgeordneter aus Fisch, lud am Freitag, dem 09.02.2001,<br />

Bauern, Metzger und Verbraucher in ein Gasthaus ein, um über die Probleme der BSE -<br />

Krise, des Verbraucherschut<strong>ze</strong>s und über die Verunsicherung der Bevölkerung zu beraten.<br />

Das Vertrauen der Verbraucher werde durch die täglichen Horrorbilder im Fernsehen nicht<br />

gerade gestärkt. Aber auch Selbstkritik fehlt bei den Landwirten nicht:<br />

„Wir haben den großen Fehler gemacht, die Gefahr in der Vergangenheit zu ignorieren.<br />

Heute wird soviel geforscht und getestet wie noch nie.“ 157<br />

Die Frage, ob ein neues Prüfsiegel das Vertrauen der Verbraucher wieder herstellen könne,<br />

wird kontrovers diskutiert. Der ehemalige Landwirt Otto Leuk meinte dazu:<br />

„Was bedeutet schon ein neuer Stempel, der Begriff Vertrauensschutz muss endlich<br />

wieder eine Rolle spielen“. 158<br />

Was das Projekt der Bundesregierung angehe, zur Reduzierung der Überbestände 400 000<br />

Rinder zu schlachten, zu testen und zu vernichten, so gehen die Meinungen der Anwesenden<br />

weit auseinander. Zwar sei die Aktion ethisch zu beanstanden, dennoch erhoffen sich viele<br />

neue Erkenntnisse über Übertragungswege der Krankheit und die verschlungenen Wege der<br />

Futtermittelindustrie.<br />

Der Artikel spiegelt die Emotionen der Bauern des Saargaus wider, die von der BSE-<br />

Situation verunsichert und Existenz bedroht sind. Anhand der Aussage von Herrn Leuk<br />

erkennt man die Frustration über das nicht vorhandene Vertrauen der Verbraucher, das man<br />

mit einem neuen Stempel auch nicht wieder zurück bekommen wird.<br />

157 Trierischer Volksfreund, vom 12.02.2001, Auf der Suche nach Vertrauen<br />

158 Otto Leuk, in einem Interview im Trierischen Volksfreund, 12.02.2001<br />

63


Arbeitsbericht<br />

Nachdem wir, Christoph und Katharina, uns auf Anfrage unseres Geschichtslehrers Herrn G.<br />

Heidt, unserem Tutor, dazu entschieden hatten, im Rahmen unserer Besonderen Lernleistung<br />

in der Oberstufe (BLL) am Wettbewerb „Genutzt – geliebt – getötet. Tiere in unserer<br />

Geschichte“ teilzunehmen, überlegten wir uns verschiedene Themen, von denen uns das über<br />

die jüdischen Viehhändler am meisten zusagte.<br />

Kurz vor den Herbstferien entwickelten wir dann mit Herrn Heidt einen Zeitplan, der uns<br />

zunächst ziemlich erschreckte und den wir im Endeffekt auch nicht einhalten konnten. Wie<br />

sollten wir alles in dieser kur<strong>ze</strong>n Zeit schaffen? Schließlich ging der normale Unterricht, d.h.<br />

auch alle Kursarbeiten, die Referate und die Hausaufgaben, munter weiter und auch in den<br />

Ferien mussten wir uns noch auf die Suche von Quellen und Lektüren machen!<br />

Deshalb teilten wir, nachdem uns unser Lehrer noch einige methodische Tipps gegeben und<br />

uns an ihm z.T. bekannte, uns nützliche Interviewpartner verwiesen hatte, unser recht<br />

umfangreiches Thema zunächst lokal ein, soll heißen, Christoph beschäftigte sich verstärkt<br />

mit dem Kreis Saarburg, da er aus <strong>Irsch</strong> stammt, und da ich in Wochern im Saarland wohne,<br />

ich mit der Gemeinde Perl. Da wir aufgrund dessen zwei verschiedene Arbeitsberichte<br />

anfertigten, listen wir diese nun chronologisch auf, wobei Christophs Bericht kursiv<br />

abgedruckt ist:<br />

Montag, 02.10.2000:<br />

Heute morgen war ich zunächst in der Gemeindeverwaltung in Perl, um um Einsicht in das<br />

Gemeindearchiv zu bitten. Leider ist der zuständige Beamte bis nächste Woche in Urlaub,<br />

sodass meine Zeitplanung ins Wanken gerät, da ich vorhatte, wenn nicht genug Informationen<br />

zu finden gewesen wären, daraufhin ins Landeshauptarchiv nach Saarbrücken zu fahren. Des<br />

weiteren habe ich noch keine Rückmeldung der Saarbrücker Zeitung erhalten, der ich eine<br />

Email geschrieben habe, um ebenfalls Zugang zu deren Archiv zu erhalten.<br />

Mit dem mir von Herrn Heidt genannten Herrn Matthias Groß aus Büschdorf habe ich heute<br />

ebenfalls Kontakt aufgenommen und er hat zugesagt, mir als Interviewpartner zur Verfügung<br />

zu stehen.<br />

Da in meinem Wohnort noch Zeit<strong>ze</strong>ugen leben, die vor der NS-Zeit und dem 2. Weltkrieg<br />

Bauern waren und zum Teil heute noch sind, habe ich diese ebenfalls angesprochen. Die<br />

Emotionen, die diese Zeit immer noch hervorrufen, machen es schier unmöglich, ein klar<br />

64


strukturiertes Interview zu führen. Keiner von ihnen möchte, dass das Gespräch aufge<strong>ze</strong>ichnet<br />

wird. Allen scheint der Name des jüdischen Händlers Raphael Hayum aus Nennig, der 1983<br />

in Nennig-Wies verstarb, bekannt zu sein, jedoch kann mir keiner Auskunft über seine<br />

Nachfahren geben.<br />

Donnerstag, 5.10.2000:<br />

Anfang Oktober hatte ich einen Brief an die Redaktion des Trierischen Volksfreundes<br />

gesandt, um Einsicht ins Zeitungs - Archiv zu bekommen. Weiter befragte ich meine beiden<br />

Großmütter über den Viehhandel und die Juden, die in unserer Gegend ansässig waren. Ich<br />

bekam ein paar Namen von ihnen und will das heute bei der Verbandsgemeinde Saarburg<br />

nachprüfen. Dort werde ich zu einem Herr Fran<strong>ze</strong>n weitergeleitet, der aber leider nicht<br />

anwesend ist. Außerdem habe ich bei dem Wawerner Lehrer Herrn Greis angerufen, der ein<br />

guter Freund meiner Tante ist, von dieser bekam ich auch die Nummer. Er sagte mir, dass er<br />

Material über dieses Thema habe, würde sich aber um noch mehr Informationen bei<br />

Bekannten kümmern. Einen Tag später bekam ich die erste Absage telefonisch aus der<br />

Redaktion des TV. Da das Archiv vor kur<strong>ze</strong>m digitalisiert worden sei, sei es für die<br />

Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich. Eine seltsame Begründung ... .<br />

Freitag, 06.10.2000:<br />

Auch an den vergangenen Tagen habe ich mich mit einigen Nachbarn unterhalten und mich<br />

mit den von diesen genannten Personen in Verbindung gesetzt. Ich wurde an eine Frau G. T.<br />

aus Sinz verwiesen, die sich um den alten Raphael Hayum gekümmert haben soll. Diese ist<br />

jedoch – aus welchen Gründen auch immer – nicht bereit, mich über diesen zu informieren.<br />

Da ich bereits herausgefunden hatte, dass „Raffel“ eine katholische Frau und mit dieser einen<br />

kath. getauften Sohn hatte, sich später taufen ließ und in Nennig beerdigt worden sein soll,<br />

schreibe ich einen Brief an Pfarrer Jansen und bitte um Einsicht in das Kirchenarchiv, in<br />

welchem ich in der kommenden Woche herumstöbern werde.<br />

Montag, 09.10.2000 / Dienstag, 10.10.2000:<br />

Nachdem ich die letzte Zeit ab und zu in Zeitungen, im Internet, ... herumgestöbert und bisher<br />

noch keine stichhaltigen Informationen erhalten habe, mache ich mich heute noch einmal auf<br />

den Weg zur Gemeinde. Diesmal ist zwar der Standesbeamte Werner Henkes vor Ort, muss<br />

mich jedoch darüber informieren, dass es kein Gemeindearchiv gibt. Des weiteren erklärte er<br />

mir, dass die meisten Akten aus Datenschutzgründen entweder vernichtet wurden oder für<br />

65


mich nicht zugänglich sind. Das alles kommt mir schon seltsam vor, aber trotzdem gibt er mir<br />

einige mir nützliche Informationen, die er noch in Erinnerung hat, da er während seiner<br />

Ausbildung von Zeit zu Zeit in den Akten las. Außerdem verweist er mich auf verschiedene<br />

Personen, was mich jetzt bereits ins Grauen versetzt, da ich daheim bereits einen Riesenstapel<br />

an Adressen, die mir verschiedenen Bekannte gegeben hatten, besit<strong>ze</strong>.<br />

Nachdem er mir angeboten hat, auch in Zukunft – jedoch dann vorbereitet – als<br />

Interviewpartner zur Verfügung zu stehen, gehe ich ins Pfarrbüro Besch. Dort erwartet Frau<br />

Thielen mich bereits und legt mir die Sterbe-, Heirats- und Taufbücher vor die Nase. Nach<br />

langem Suchen finde ich endlich einige Informationen über Raphael Hayum und seine Frau<br />

Elisabeth Jakob, muss jedoch zugleich feststellen, dass der damalige Pfarrer es anscheinend<br />

nicht ganz so genau mit den Einträgen nahm. Ich darf mir die gefundenen Materialen leider<br />

nicht kopieren, da auch hier wieder das bekannte Wort Datenschutz vorgeschoben wird, aber<br />

bereits am nächsten Tag bekomme ich einen Anruf von Frau Thielen, die zusammen mit<br />

Herrn Bach einiges über Hayums Sohn herausgefunden hat.<br />

Am Dienstagabend fahre ich dann zusammen mit meiner Mutter nach Büschdorf zu Herrn<br />

Groß, der mir Rede und Antwort steht. Außerdem überhäuft er mich geradezu mit<br />

Informationsmaterial. Er leiht mir alte Facharbeiten unseres Gymnasiums und gibt mir einen<br />

Block, auf welchem er sich Noti<strong>ze</strong>n aus dem Departementalarchiv Metz gemacht hatte. Die<br />

letzten zwei Tage habe ich jetzt versucht seine Handschrift zu entziffern, bin aber noch nicht<br />

sehr weit gekommen, da es sich um Gerichtsakten des 17. und 18. Jahrhunderts handelt, die<br />

dazu noch auf französisch sind. Des weiteren habe ich mir die Facharbeiten zu Gemüte<br />

geführt und das ein oder andere notiert.<br />

Dienstag, 10.10.2000:<br />

Heute versuche ich wieder Herrn Fran<strong>ze</strong>n von der VG Saarburg zu erreichen und diesmal ist<br />

er auch anwesend. Er gibt mir den Tipp, mich im Rathaus von Saarburg nach der Saarburger<br />

Stadtchronik umzusehen, da er mir sonst keine Informationen geben könne. Herr Fran<strong>ze</strong>n gibt<br />

mir die Nummer von Frau Hein, die dort im Rathaus arbeitet, bei ihr sollte ich mir einen<br />

Termin geben lassen. Tags darauf habe ich den Termin, um Einsicht in die Chronik von<br />

Saarburg zu bekommen. In der Chronik steht leider nur sehr wenig, was ich für mein Thema<br />

verwenden könnte.<br />

Abends erkundige ich mich bei meiner Tante Gertrud Hauser, die eine große Auswahl an<br />

Literatur besitzt, nach Informationen und werde auch fündig.<br />

66


Samstag, den 14.10.2000:<br />

Nach der nächsten Schlappe, was Archive betrifft (die Saarbrücker Zeitung hat sich endlich<br />

gemeldet, mich aber damit abgespeist, dass sie zum einen ihre Artikel erst seit 1950 archiviert<br />

und demnach thematisiert haben und zum anderen ihnen solch detaillierte Informationen nicht<br />

vorlägen), habe ich heute angefangen mich durch den bereits erwähnten „Adressenberg“ zu<br />

arbeiten, soll heißen, mein Telefon steht nicht still und ich beginne Briefe zu schreiben. Was<br />

die Telefonate angeht, muss ich feststellen, dass die mir vermittelten Personen zum Teil selbst<br />

nichts über das Thema wissen.<br />

Montag, 16.10.2000:<br />

An diesem Tag treffe ich mich, nach Absprache, mit Herrn Greis, der mir die versprochenen<br />

Informationen gibt. Ich erzähle ihm, dass wir ein Interview mit einem alten Schmied machen<br />

wollten, denn Herr Heidt hat uns empfohlen mit Herrn Oberbillig aus Kirf zu sprechen. Herr<br />

Greis schlägt mir vor, einen Fragebogen auszuarbeiten, den wir auch für das benut<strong>ze</strong>n<br />

können.<br />

Donnerstag, 19.10.2000:<br />

Heute treffe ich einen alten Bekannten von mir, Arno Meyer. Ich erzähle ihm, dass ich eine<br />

Facharbeit über den jüdischen Viehhandel schreibe. Er sagt mir, dass er ein paar Bücher<br />

zuhause über Juden habe und dass dort bestimmt etwas darüber stehen würde. Das Material<br />

bekomme ich am 21. Oktober von Arno, es wird sehr hilfreich sein für die Arbeit.<br />

Sonntag, 22.10.2000:<br />

Vor ein paar Tagen habe ich einen Brief von M. Groß erhalten, in dem eine Karte enthalten<br />

war, auf der er bestimmte Handelswege beschriftet hat. Gestern habe ich seine Noti<strong>ze</strong>n<br />

abgeschrieben, die mir Aufschluss über die Juden im 17. Jh. geben, obwohl ich am Anfang<br />

schon fast an der Handschrift gescheitert wäre. Heute fange ich an diese Informationen in den<br />

Computer einzugeben und einen Fragebogen zu erstellen, den Christoph und ich dann<br />

versuchen „an den Mann“ zu bekommen, der uns aber – wie wir später feststellen werden–<br />

nicht all zu gut gelingt.<br />

67


Donnerstag, 02.11.2000:<br />

Anfang November erfahre ich von meinem Vater, dass ein Freund von ihm auf dem Amt für<br />

Wiedergutmachung arbeitet und dass er sich dort mit den Akten der damaligen jüdischen<br />

Bevölkerung auskennt. Da ich nun schon häufiger den Namen Nathan Meyer gehört habe,<br />

den mir fast jeder als einer der reichsten und bekanntesten Viehhändler vorstellt, möchte ich<br />

Einsicht in seine Akten haben. Also rufe ich den Freund meines Vaters, Herrn Hermann<br />

Fuchs, an und bitte ihn die Akte einmal herauszusuchen. Er sagt mir, dass dies nicht so<br />

einfach wäre, aber er würde sich danach erkundigen.<br />

Die folgenden drei Wochen nur Kursarbeiten, Hausaufgaben, Stress und keine Zeit, sich auch<br />

nur ansatzweise mit dem Wettbewerb zu beschäftigen. Die Zeit läuft uns davon.<br />

Freitag, 24.11.2000:<br />

In der letzten Zeit habe ich zwar einige Briefe geschrieben, denen ich den Fragebogen<br />

beigelegt habe, habe aber bisher auf keine eine Antwort erhalten. Auch im Internet habe ich<br />

nach Informationsmaterial geforscht, jedoch mit keinem großen Erfolg. Ich habe einige<br />

Emails versandt – u.a. an das Bistum Trier, um mich genauer über R. Hayum zu informieren<br />

(ich habe bereits telefonisch Rückmeldung erhalten, dass sie mir nicht sonderlich weiterhelfen<br />

können), und an den Zentralrat der Juden in Deutschland.<br />

Diese Woche wird ausnahmsweise mal keine Arbeit geschrieben und deshalb habe ich mich<br />

wieder dem Wettbewerb zuwenden können: Am Wochenende war ich mit meiner Mutter in<br />

Nennig, wo wir das Grab und das Haus von Raphael photographierten, und da ich heute frei<br />

habe, gehe ich zu dem Standesbeamten Bernhard Klein nach Saarburg, der mir weitere<br />

Informationen zu Raphaels Familie gibt. Desweiteren besuchen Christoph und ich heute<br />

Herrn Oberbillig aus Kirf, den Christoph am 19. November anrief, um einen Interview<br />

Termin zu vereinbaren. Er erwartet uns schon und steht für alle Fragen offen, die wir ihm<br />

stellen. Dieses Interview ist sehr interessant, aber auch lustig. Das Interview nehmen wir mit<br />

einem Kassettenrecorder auf. Als ich zuhause ankomme und hinein hören will, merke ich,<br />

dass die Qualität sehr schlecht ist. Man kann kaum etwas verstehen, trotzdem set<strong>ze</strong> ich mich<br />

einige Tage später vor dieses Gerät und versuche, mit Hilfe der Mitschrift, die Katharina<br />

angefertigt hat, das Interview abzutippen. Dieses Unterfangen gelingt mir dann auch, Gott sei<br />

Dank, nach einem Tag.<br />

68


Montag, 04.12.2000:<br />

Heute kontaktiert mich Herr Fuchs wieder und berichtet mir, dass es die Akten über Herrn<br />

Nathan Meyer gäbe. Ich bräuchte aber eine Einverständniserklärung von Nachkommen von<br />

Herrn Meyer um Akteneinsicht zu bekommen.<br />

Wieder eine Phase in der Schule, die uns vom Forschen abhält. Da wir der erste Jahrgang<br />

sind, der schon nach zweieinhalb Jahren Abitur machen soll, dies aber bei gleichem<br />

Unterrichtsstoff, stehen wir in allen Fächern in vollem Stress.<br />

Freitag, 15.12.2000:<br />

Heute erkundige ich mich wieder auf der VG Saarburg nach Nachkommen von Herrn Nathan<br />

Meyer. Man bestätigte mir, dass es keine lebenden Verwandten mehr gibt. Zwei Tage später<br />

rufe ich Herrn Fuchs an und berichte ihm, dass es keine Nachkommen gäbe. Er sagt mir, er<br />

würde sich bei dem Amtsleiter Herrn W. Pauly erkundigen, wie man doch noch an die Akten<br />

kommen könnte. Herr Fuchs sagt, er würde sich wieder bei mir melden, wenn er Näheres<br />

wüsste.<br />

Sonntag, den 17.12.2000:<br />

Seit einiger Zeit versuche ich über das Internet Ahnenforschung zu betreiben und natürlich<br />

auch weitere Informationen zum Thema an sich zu finden. Ich stoße dabei auf eine Email -<br />

Adresse von Herrn Edouard Cannes aus Paris, dessen Ur – Ur - Großvater Hayum Meier hieß<br />

und von dem ich hoffe weitere Informationen zu erhalten. Leider heißt sein Vater mit<br />

Nachnamen Meier, sodass er mir nicht weiterhelfen kann. Des weiteren gibt mir Herr Heidt<br />

Adressen und Telefonnummern von Verwandten von Raphael Hayum, die jetzt in den USA<br />

leben. Leider habe ich mich bis jetzt am Telefon immer nur mit Anrufbeantwortern<br />

unterhalten!<br />

Am Dienstag ist Studientag der Lehrer, sodass ich die Zeit nut<strong>ze</strong> und nach Sierck - Les - Bain<br />

fahre, um – wie Herr Groß mir sagte – in den Zivilakten zu stöbern. Leider ist der Sekretärin,<br />

die nicht viel Deutsch spricht, das Wort „verboten“ bekannt !<br />

Montag, 25.12.2000:<br />

Am Freitag war ich noch einmal in Perl bei Herrn Henkes, der mir allerdings nicht<br />

weiterhelfen konnte, mir jedoch für das kommende Jahr einen Termin gab. Desweiteren habe<br />

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ich von Herrn Heidt und einer Bekannten Bücher bekommen, in die ich mich z.T. bereits<br />

eingelesen habe und mit denen noch viel Arbeit auf mich zukommt.<br />

Donnertag, 04.01.2001:<br />

Heute recherchiere ich in der Bibliothek der Universität Trier mit Unterstützung meiner<br />

Cousine Michelle, die dort studiert. Ich finde einige Bücher, die dazu beitragen, dass ich<br />

weiter forschen kann. Auch treffe ich dort noch einen Freund, der uns durch die vielen Gänge<br />

der Bibliothek lotst und uns wertvolle Tipps zur weiteren Suche gibt. An dem darauf<br />

folgendem Wochenende ruft Herr Fuchs bei mir an. Er erklärte mir, dass ich eine Bestätigung<br />

der Schule brauche, die beweist, dass ich an dem Geschichtswettbewerb teilnehme, um an die<br />

Akten von Herrn Nathan Meyer zu kommen.<br />

Dienstag, 09.01.2001:<br />

An diesem Tag gibt mir Herr Heidt eine Facharbeit aus dem Jahre 82/83, die sich mit den<br />

Akten aus dem Amt für Wiedergutmachung in Saarburg über jüdische Mitbürger beschäftigt.<br />

Unter ihnen ist auch die Familie von Nathan Meyer.<br />

Tags darauf set<strong>ze</strong> ich ein Schreiben auf und lasse es mit dem Schulstempel absiegeln. Ich<br />

gebe dieses Herrn Fuchs, der es an Herrn Timm weiterleitet, der die Akten verwaltet.<br />

Einige Tage später bekomme ich die Rückmeldung, dass die Akten in Koblenz liegen würden,<br />

dass sie erst bestellt werden müssten und dass dies eine gewisse Zeit dauern könne .<br />

Samstag, 13.01.2001:<br />

Am 04.01. nahm ich den mit Herrn Henkes vereinbarten Termin wahr. Er konnte mir leider<br />

nur in Ansät<strong>ze</strong>n weiterhelfen, da die ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht allzuviel<br />

hergaben, selbst die Namensliste, die ich aus den Unterlagen von Herrn Groß erstellt hatte,<br />

konnte er mit den ihm zur Verfügung stehenden Geburts-, Sterbe- und Heiratsbüchern nicht<br />

nachvollziehen. Er wollte sich den kommenden Tag bei mir melden, was er jedoch versäumte,<br />

und da ich die letzten Tage krank im Bett lag, war es mir auch nicht möglich, ihn anzurufen.<br />

Außerdem wollen sich die meisten ihm bekannten Leute, die mir evt. helfen könnten, zu<br />

diesem Thema nicht äußern.<br />

Freitag, 01.02.2001:<br />

Herr Heidt nennt uns Mitte Januar noch einen möglichen Interview - Partner, Herrn Norbert<br />

Hirschkorn aus Trier, einen Überlebenden von Auschwitz, und vereinbart nach Absprache mit<br />

uns einen Interviewtermin. Dieser soll am 29.1.2001 stattfinden und wir wollen uns in dem<br />

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Café am Rathaus in Saarburg treffen. Als Katharina und ich dort nun eine Stunde warten und<br />

niemand kommt, ruft plötzlich meine Mutter im Café an und erzählt mir, dass Herr Heidt und<br />

Herr Hirschkorn heute nicht kommen könnten.<br />

Am nächsten Tag vereinbarten wir einen neuen Termin und zwar am 31.01.2001. Dieses Mal<br />

kommen sie wirklich. Das zweistündige Interview ist sehr aufschlussreich und wird die Arbeit<br />

weiter vorantreiben.<br />

Außerdem erkundige ich mich heute nochmals bei dem Amt für Wiedergutmachung wegen der<br />

Akten. Sie sind leider noch nicht angekommen.<br />

Montag, 05.02.2001:<br />

Heute bekomme ich von meiner Mitschülerin Tanja Biwer das Interwiew mit Herrn<br />

Hirschkorn, da diese so freundlich war, für uns selbiges abzutippen, weil die Zeit drängt.<br />

Am folgenden Tag rufe ich wieder bei Herrn Fuchs an, er gibt mir die Nummer von Herrn<br />

Pauly, ich solle mich bei ihm um den Stand der Dinge erkundigen. Herr Pauly wiederum<br />

leitet mich zu Herrn Timm weiter, der mir mit meinem Anliegen aber auch nicht weiterhelfen<br />

konnte. Typisch Beamte! Und ich warte weiter... .<br />

Dienstag, 06.02.2001:<br />

Inzwischen ist viel passiert ... :<br />

Ich habe mich noch ein paar Mal mit Herrn Henkes telefonisch in Verbindung gesetzt; am<br />

Ende müssen wir aber beide feststellen, dass wir nicht viel Neues herausgefunden haben. Er<br />

selbst will sich noch mit dem ein oder anderen treffen und mich informieren, wenn er etwas<br />

Neues erfahren sollte. Da dies nicht eintritt, kann davon ausgegangen werden, dass er keine<br />

zusätzlichen Informationen erhalten hat. Des weiteren gibt er mir noch eine Telefonnummer<br />

einer Frau, die mit einer Verwandten Hayums Briefkontakt gehabt haben soll. Unter dieser<br />

Nummer habe ich bisher noch keinen bzw. auch nur den Anrufbeantworter erreicht, sollte ich<br />

durch diese jedoch noch Informationen erhalten, so werde ich diese noch beilegen.<br />

Was die Briefe betrifft, die ich irgendwann im letzten Jahr geschrieben habe, so muss ich<br />

leider sagen, dass sich darauf noch immer niemand gemeldet hat ... .<br />

Da es ja sinnlos ist, den Informationen ewig hinterher zu jagen – schließlich müssen wir ja<br />

pünktlich zum Abgabetermin fertig sein – , haben wir gestern vor zwei Wochen endlich eine<br />

Gliederung erstellt und sind nun schon heftig am Schreiben.... Kapitel 1 und Kapitel 4 sind<br />

soweit abgeschlossen, trotzdem rennt uns die Zeit allmählich davon ... .<br />

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Samstag, 17.02.2001:<br />

Und nun sit<strong>ze</strong>n wir hier, die Textproduktion ist abgeschlossen, das Layout noch vor uns; bald<br />

ist es geschafft ... Fastnacht, gibt uns Kraft!!! <strong>Irsch</strong> Alaaf! Wochern Helau!<br />

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LITERATUR:<br />

QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS<br />

Alms Hermann, Der Rheinisch – Westfälische Viehhandel, Diepholz 1911<br />

Brammer, Judenpolitik und Judengesetzgebung in Preußen 1812 bis 1847, Berlin 1987<br />

Brockhaus F. v., Der Volks – Brockhaus, Leipzig 1940<br />

Croon Maria, Die Dorfstraße, Saarbrücken 1990<br />

Croon Maria, Die Taakbank, Saarbrücken 1989<br />

Dühr Peter, Die ehemalige jüdische Gemeinde von Kirf, in: Kreisjahrbuch Trier – Saarburg<br />

1982, S.198ff.<br />

Greis Hans, Manuskript: Geschichte der jüdischen Mitbürger Wawerns<br />

Groß M./ Rettgen A., Die Einwohner der Pfarrei Tettingen vor 1900, Büschdorf/Nohn 1998<br />

Heidt G. /Lennartz D., Fast vergessene Zeugen, Trier / Freudenburg 2000<br />

Heimatkunde des Kreises Saarburg, hrsg. von den Lehrern des Kreises Saarburg, Saarburg<br />

1911<br />

http://de.fc.yahoo.com/b/bse.html<br />

http://fleischernetz.de<br />

http://www.bml.de<br />

http://www.bml.de/verbraucher/bse/anzahlbse.htm<br />

http://www.bmgesundheit.de/themen/verbr/bse/bse-vo.htm - 21k<br />

http://www.bseindia.com<br />

Jacobs Jacques, Existenz und Untergang der alten Judengemeinden der Stadt Trier, Trier 1984<br />

Kasper – Holtkotte Cilli, Juden im Aufbruch, Hannover 1996<br />

Könen Beatrix, Facharbeit: Leben der Juden in Wawern in unserer jüngeren Vergangenheit,<br />

Wawern 1993<br />

Körtels Willi, Geschichte der Juden in Oberemmel, Kell 1996<br />

Laubenthal Wilhelm, Die Synagogengemeinden des Kreises Merzig 1648 – 1942,<br />

Saarbrücken 1984<br />

Marx Georg, Juden in Hermeskeil, Kell am See 1999<br />

Meyer Ewald, Manuskript der Ortschronik <strong>Irsch</strong>, <strong>Irsch</strong> 2001, S.52f. „Über die Kirchenfenster<br />

in der <strong>Irsch</strong>er Pfarrkirche“<br />

Morbach Johann, Chronik von Könen, Trier 1987<br />

Ortag Peter, Jüdische Kultur und Geschichte, Potsdam 1995<br />

Ortsgemeinde Freudenburg, 650 Jahre Stadtrechte Freudenburg 1346 – 1996, Trier 1996<br />

73


Rach Georg, Zerbrochene Geschichte, Kollesleuken 1994<br />

Richarz M. /Rürup R., Jüdisches Leben auf dem Land, Tübingen 1997<br />

Rohrbacher/Schmidt, Judenbilder. Kulturgeschichte antijüdischer Mythen und antisemitischer<br />

Vorurteile, Hamburg 1991<br />

Stors Emelie, 800 Jahre Fremersdorf, Weiten 1999<br />

Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH, Bertelsmann Lexikon Band 15, Gütersloh 1987<br />

Wettbewerbsarbeit 1980/81, Alltag im Nationalsozialismus: Vom Ende der Weimarer<br />

Republik bis zum Zweiten Weltkrieg: Terrormaßnahmen des Nationalsozialismus aus<br />

rassischen, politischen und religiösen gründen im ehemaligen Kreis Saarburg an<br />

ausgewählten Beispielen<br />

QUELLEN:<br />

Archives Départementales Moselle, Metz<br />

Bistum Trier, Taufbücher ab 1900<br />

Gewerberegister der Gemeinde Perl<br />

Kirchenbücher Nennig (� Sterbeurkunden 1984 Nr.6, 1986 Nr. 9)<br />

Kirchenbücher Nennig (� Sterbeurkunden 1986 Nr.9)<br />

Kreisleiter Eibes, Darstellung des Kreises Saarburg, Saarburg 01.01.1935<br />

Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz/Landesarchiv Saarland, Dokumentation zur<br />

Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Rheinland-Pfalz und im Saarland von 1800 bis 1945<br />

Band 3 und 6, Koblenz 1972<br />

Leuk Otto, in einem Interview im Trierischen Volksfreund, 12.02.2001<br />

Namensliste mit Angaben zu Beruf, Wohnort und Verbleiben der Personen, 1938 Wawern<br />

Saarbrücker Zeitung, 01.02.2001, afp<br />

Standesamt Perl, Geburts- und Sterbebücher ab 1700<br />

Standesamt Saarburg, Geburts- und Sterbebücher ab 1900<br />

Trierischer Volksfreund, vom 12.02.2001, Auf der Suche nach Vertrauen<br />

VG-Archiv Saarburg, Amtsverwaltung Freudenburg - Orscholz, Politische Lageberichte vom<br />

18.10.1935<br />

BEFRAGUNGEN UND INTERVIEWS:<br />

Befragung von Den<strong>ze</strong>r Peter (*1927) vom 06.10.2000, Wochern<br />

Befragung von Eckert Hedwig, geb. Meier (*1937 in Elsach), telefonisch am 01.02.2001<br />

Befragung von Eckert Paul (*1930) vom 01.02.2001, telefonisch am 01.02.2001<br />

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Befragung von Fonck Maria (*1913)vom 08.10.2000, Wochern<br />

Befragung von Fonck Nikolaus (*1920) vom 09.10.2000, Wochern<br />

Befragung von Groß Matthias vom 10.10.2000, Büschdorf<br />

Befragung von Hauser Franziska (*1918), geb. Schmitz, vom 08.10.2000, <strong>Irsch</strong><br />

Befragung von Henkes Werner vom 10.10.2000, 22.12.2000, 04.01.2001, Perl<br />

Befragung von Konz Katharina (*1926), geb. Konter, 08.10.2000, <strong>Irsch</strong><br />

Befragung von Linster Georg (*1924) vom 06.10.2000, Wochern<br />

Befragung von Mersch Walter (*1922) vom 08.10.2000, Wochern<br />

Informationen im „Hôtel de Ville“ in Sierck, 12.12.2000<br />

Interview mit Hirschkorn Norbert (*1921) vom 31.01.2000, Saarburg<br />

Interview mit Oberbillig Nikolaus (*1913) vom 24.11.2000, Kirf<br />

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DANK<br />

Wir bedanken uns recht herzlich bei denjenigen, die uns bei dieser Arbeit tatkräftig zur Seite<br />

standen. Besonderer Dank gilt neben unseren Familien, die uns oft schlecht gelaunt ertragen<br />

mussten, folgenden Personen:<br />

Hermann Fuchs aus <strong>Irsch</strong><br />

Hans Greis aus Wawern<br />

Matthias Groß aus Büschdorf<br />

Werner Henkes, Standesbeamter in Perl<br />

Norbert Hirschkorn aus Trier<br />

Arno Meyer aus <strong>Irsch</strong><br />

Nikolaus Oberbillig aus Kirf<br />

Auch bedanken wollen wir uns recht herzlich bei unseren „Tippsen“: Tanja Biwer und<br />

Antonia Schmidt vom LK-G 12/2 am Gymnasium Saarburg.<br />

<strong>Irsch</strong>/Wochern, Christoph Hauser und Katharina Kaiser<br />

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