24PANKOW FIGHT BACK MAI/03„Angus - HammerMan“ von „Wotans Volk“ aus Hellersdorf.Haaren und rosa lackierten Fingernägeln. Die gelernteSchneiderin wurde 1990 arbeitslos und hat sichseitdem in verschiedenen Berufen versucht. Eigentlichwar sie Kandidatin der revolutionären Plattform(RPF) für den NPD-Parteivorstand, doch obwohlfast alle Kandidaten der revolutionären Plattformbei ihrer Kandidatur kläglich scheiterten,schaffte sie es als einzige Kandidatin der RPF in denBundesvorstand.Ihre Kontakte innerhalb der extremen Rechten sindzahlreich. So kam der ehemalige FAP-VorsitzendeFriedhelm Busse Anfang November 2002 bei ihr unter,als er Zeuge in einer Gerichtsverhandlung in Berlinwar. Schon im Berliner Wahlkampf 2001 warenNachtigall und Busse gemeinsam unterwegs undauch für einander da. Friedhelm Busse, der der BerlinerNPD beim Wahlkampf half, wohnte zu dieserZeit natürlich in Alt-Blankenburg bei Nachtigall undSuhr. Verwundern sollte dieser gute Kontakt nicht.Bernd Suhr war bis zum Verbot der FAP Anfang derneunziger Jahre führendes Mitglied im Berliner Landesverbandund ist heute in der NPD aktiv. Mit ihremLebensgefährten hat sie sich geeinigt, dass sie dieParteikarriere macht. Zu einem Journalisten sagt siedazu: „Jeder tut, wofür er am besten geeignet ist.“Nachtigall war natürlich auch mit ihrer Familie beim„3. Märkischen Kulturtag“, den unter anderem dieGemeinschaft Deutscher Frauen (GDF) organisierthatte: In einem Landgasthof nahe Frankfurt/Odertrafen sich über 200 Volksdeutsche, es gab Laienspiel,Gedichte und Ringelreihen. „Eine wunderbare Veranstaltung“,sagt sie gegenüber einem Journalisten.Weiter sagt sie zu ihm: „Im Radio gebe es nur nochenglische Musik - sie hört am liebsten ReinhardMey.”Auch die Vandalen haben gute Kontakte zu KarolaNachtigall. Als im Oktober 2001 auf der Tour derNPD durch Berlin antifaschistische Aktionen oft erfolgreichwaren, wurden die Vandalen als erweiterterSchutz von Nachtigall angefordert. Am Ende einerdieser Veranstaltungen gingen Karola Nachtigall,Friedhelm Busse und der Sänger von Landser Michael„Lunikoff” Regener gemeinsam essen. Dabeidurfte jedoch keiner weiter aus ihrem Umfeld mitkommen.Fast zehn Jahre konnte die Berliner RechtsrockbandLandser nahezu unbehelligt der Verherrlichungdes Nationalsozialismus, aggressivem Rassismusund ihrem militanten Antisemitismus frönenund darüber hinaus sogar noch breit veröffentlichen.Eng verwoben ist die Band mit den Nazirockern vonden Vandalen. Diese 1982 gegründete „AriogermanischeKampfgemeinschaft” hatte bis Ende 2000 ihrClubhaus in Weißensee.Landser spielt durch ihre Inhalte, die große Verbreitungihrer CDs sowie ihren Habitus eine eminentwichtige Rolle innerhalb des rechtsextremen subkulturellenMusikbereichs. Ende 2001 wurde die Mitgliedervon Landser und die Produzenten der letztenCD von der Bundesanwaltschaft verhaftet. Die Listeder Vorwürfe war lang: Volksverhetzung, Aufforderungzu Mord und Brandstiftung sowie einiges mehr.Bei den Durchsuchungen sollen auch Beweise sichergestelltworden sein, die belegen, dass die Bandin den USA und in Kanada an Treffen militanter Neonazisteilnahmen. Michael Regener, der Sänger undKopf der Band, Andre Möricke, der Gitarrist, ChristianWenndorf, der Schlagzeuger waren an der Produktionder „letzten” Landser-CD beteiligt. GegenJean Rene Bauer, Jan Werner aus Chemnitz undMirko Hesse wurde wegen der Produktion und desVertriebes ermittelt. Mirko Hesse war nicht nur Betreiberdes neonazistischen Versandhandels Hate Recordsaus Neustadt in Sachsen und einer der führendenKader der deutschen Hammerskin-Sektion,sondern auch noch Mitarbeiter des Verfassungsschutz.Ein weiterer Verfassungsschutzmitarbeiterund lokaler Neonazikader aus Brandenburg, ToniStadler, lieferte das Beiheft zu der CD von Landser„Ran an den Feind”, eben der CD, an der auch Hessebeteiligt war. Somit konnte die Berliner Band nichtnur neun Jahre lang ungestört unter den Augen derstaatlichen Behörden ihre antisemitische, nationalistischeund neonazistische Propaganda verbreiten.Dabei waren mindestens zwei bezahlte VS-Spitzel:Toni Stadler und Mirko Hesse.Der Anwalt der Band Landser (Eigenwerbung: „Terroristenmit E-Gitarre“) ist der 37-jährige Jurist CarstenSchrank. Über die anwaltlichen Hilfe hinaus,richtete er auch ein Spendenkonto für die Prozesskostender Band ein. Darüber hinaus verteidigteSchrank auch einen der Mörder von Guben sowieauch einen Verleger der Zeitschrift Sleipnir. Einerder Chefs des Verlages der Freunde, Andreas Röhler,wehrte sich 1997 zusammen mit Schrank gegenNeonazis aus Pankow bei einer Kundgebung in Prenzlauer Berg für Horst Wesselden Vorwurf der Volksverhetzung, weil er das antisemitischePamphlet „Die Protokolle der Weisen vonZion“ vertrieben hatte. Röhler wurde trotz der Verteidigungvon Schrank verurteilt.Im Nordosten tauchten die Vandalen öffentlich imJahr 2002 nur einmal auf. Doch dafür in ihrem so allbekanntenStil. Helmar Steffen Braun und Clemens„Fritze” Niesar, zwei bekannte Mitglieder der Vandalen,tauchten am letzten Tag des Festivals gegenRassismus [nu-pagadi] am 25.8.02 auf und versuchtenmit Gewalt auf das Gelände zu kommen. Braun,der schon das Cafe Germania in Dresden betrieb,war in Begleitung seiner Frau Linda Braun, geboreneEilke. Helmar Braun versuchte, gemeinsam mitNiesar, auf das Gelände zu gelangen, daran wurde sievon der Security wirksam gehindert. Nach demSchlagabtausch zogen sich die Vandalen fluchend zurück.Außerhalb des Nordostens intervenierte das Mitgliedder Vandalen Bendix Wendt auf seine Weise in denBundestagswahlkampf im September 2002. Er schlugden bündnisgrünen Direktkandidaten ChristianStröbele mit einem Schlagstock nieder. Ströbele hatteam frühen Morgen zwei Tage vor der Wahl, am 20.September 2002, auf dem Vorplatz des S-Bhf WarschauerBahnhof Flyer seiner Partei verteilt. Wendtbeobachtete Ströbele dabei. Nach einiger Zeit verließStröbele den Stand auf dem Vorplatz um die Flyerauch auf der Warschauer Brücke zu verteilen. DiesenAugenblick nutzte Wendt, griff Ströbele von hintenan und versetzte ihm einen schweren Schlag auf denHinterkopf.Bendix Wendt flüchtete, Ströbele wankte. Doch einigePassanten verfolgten Wendt und sogar Ströbeleversuchte den Täter zu verfolgen. Der Politiker hielteinen Streifenwagen der Polizei an und informiertesie. Die Polizisten stellten Wendt kurze Zeit später inder Marchlewskistraße, wo er von Bauarbeitern festgehaltenwurde. Ströbele wurde ins Krankenhaus geliefert,und konnte seinen Wahlkampf nicht weiterführen.Trotzdem oder deshalb wurde er der erstegrüne Kandidat, der direkt in den Bundestag einzog.Acht Tage später wurde den Vandalen die Stimmungkomplett verdorben. Am 28. September 2002 wolltendie Nazirocker gemeinsam mit ihren Kameraden,Freunden und Gästen ihren 20ten Geburtstag im ErlebnistreffEulenspiegel in Marzahn feiern. 300 Po-
FIGHT BACK MAI/03PANKOW25Auflösung der Vandalen-Party in WeißenseeAnti-Antifa-Aktivisten. Rechts mit Fischerhut Paul Schneider (Fotos AIB)Dennis Casperlizisten stürmten die Marzahner Tanz- und Bowlingbarund unterbrachen die konspirativ geplante Feierder neonazistischen Vandalen.Knapp 200 Rechtsextremisten mußten eine erkennungsdienstlicheBehandlung über sich ergehen lassen.In der Disko im Schatten eines elfgeschossigenPlattenbaus hatte sich reichlich Prominenz aus der extremenRechten versammelt. Gekommen waren OliverSchweigert, der Hüne Bendix Wendt, der 74-jährigeFriedhelm Busse, Eckart Bräuninger und der führendeVandale Jean-René Bauer.NPD-Funktionäre waren ebenfalls anwesend. DerKader Jens Pühse, stellvertretender Vorsitzender desLandesverbands Sachsen und Verbindungsmann derPartei zur Skinheadszene, war genauso anwesend, wieJörg Hähnel der „nationaler Liedermacher”. Darüberhinaus waren auch Neonazis aus den USA, Österreichund Ungarn anwesend.Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Vandalenzunehmend eine wichtige Rolle innerhalb des aktionsorientiertenRechtsextremismus in Berlin übernehmen.Durch die erhöhte staatliche Repression gegendie Band „Landser” erlangten die Vandalen innerhalbder Szene den Status einer Märtyrergruppe. Vonder Kameradschaftsszene bis zur militanten Neonazi-Szene werden sie allseits als Autorität anerkannt, unddas trotz ihrer geringen Mitgliederstärke. Das Clubhausder Vandalen soll nach Angaben des BerlinerVerfassungschutz in Hohenschönhausen angesiedeltsein.Die Kameradschaftsszene ist im Nordosten weiterhinstark in sich differenziert. Neben den unterschiedlichenOrganisationsgraden unterscheiden sich dieKameradschaften auch in der Art und Häufigkeit ihrerAktionen. Zwei Kameradschaften aus dem Nordostenhaben sich einen Namen über die Grenzen desBezirkes hinaus gemacht. Dabei handelt es sich umdie Kameradschaft Pankow sowie die KameradschaftPreußen. Vor allem die Kameradschaft Pankowübernimmt bei überregionalen Neonazi-Aktivitäteneine wichtige Rolle in der gemeinsam organisiertenAnreise und in dem Arrangement der Aktionenvor Ort. So zum Beispiel im Jahr 2002 bei denDemonstrationen der sogenannten Freien Nationalistenin Neubrandenburg und Leipzig. Sowie im Jahr2003 bei den beiden Demonstrationen der FreienNationalisten in Dresden.Neben der Übernahme von Demostrukturen (Ordner)tat sich die Kameradschaft Pankow auch durchdie Organisierung der gemeinsamen Anreise hervor.Nicht nur extreme Rechte aus Pankow fuhren mit derPankower Kameradschaft in die entlegensten Winkeldes Landes, sondern auch Kameraden aus anderenStadtteilen Berlins. So wurden Samstags morgens dieKneipe Huckebein in Niederschönhausen den Kameradenextra geöffnet, damit sie sich dort zum Frühstücksammeln konnten. Anschließend reisten siedann gemeinsam in Richtung des jeweiligen Aufmarsches.Führend in der Kameradschaft Pankow istder in der Grabbeallee wohnhafte Christopher „Puffer”Wilhelm. Schon zur Demonstration innerhalbder Antifaschistischen Aktionswoche im Januar 1999erschien er gemeinsam mit weiteren Kameraden inder Nähe, um zu provozieren und wahrscheinlichauch die TeilnehmerInnen der Demo zu fotografieren.Wilhelm ist aber nicht nur in der Kameradschaftaktiv, sondern auch noch Mitglied der NPD.Ein weitere wichtiger Mitwirkender innerhalb derKameradschaft ist Dennis Casper. Im brandenburgischenStolpe beteiligte er sich im September 1999an einem Angriff mehrere Rechtsextremisten auf einigePunks. Resultat ein Verletzter und ein Sachschadenvon 1750 Euro am Bus der Punker. Bei dieser Aktionwird Caspar von der Polizei verhaftet. Im Rahmender danach in seiner damaligen Wohnung in derBleicheroder Straße durchgeführten Hausdurchsuchungwerden nicht nur Propagandamaterialien gefunden,sondern auch über zehn Äxte.Ein Weiterer wichtiger Akteur der Kameradschaft istPaul Schneider. Er fällt hauptsächlich durch das penetranteTragen von Palästinensertücher auf, darüberhinaus ist er auch fast immer mit seiner Kamera aufder Jagd nach AntifaschistInnen. In seiner ehemaligenSchule, der Kurt Tucholsky Oberschule, fielSchneider wegen der Lagerung von über 200 verbotenenCDs auf.Weiterhin ist festzustellen, dass die KameradschaftPankow als Teil des Nationalen Widerstandes Berlin-Brandenburg(NWBB) agiert. Die Kontakte zuden führende Personen des NWBB wie OliverSchweigert und Gordon Rheinholz sind dementsprechendgut. Gemeinsam werden nicht nur Aktionenvorbereitet und durchgeführt, sondern auch Fußballgespielt. In Weißensee nahmen im August 2002an dem von der Kameradschaft Tor organisiertenFußballtunier u.a. Oliver Schweigert, ChristopherWilhelm, Björn Wild, Martik Mkrttschjan und dieKameradschaften aus Pankow, Hohenschönhausenund Marzahn teil.Natürlich ist die Kameradschaft Pankow auch in dieberlinweiten Anti-Antifa-Aktivitäten einbezogen.Neben der Aufgabe, Fotos von AntifaschistInnen zumachen, wird von ihnen auch massiv versucht, Jugendclubsund Veranstaltungen der linken, antifaschistischenSzene in Pankow zu observieren. DieEinschüchterung durch diese Observationen wirdverstärkt durch die Propagandawellen, die immerwieder durch den Bezirk laufen. Hauptaktionsfeld istdabei Niederschönhausen. Immer wieder werdendort Sprühereien wie „Kommunisten wir kriegeneuch alle!” oder „Aufhebung des NS-Verbot” undAufkleber mit den Slogan „Linke Zentren zerschlagen- National Befreite Zonen schaffen” verbreitet. DieseSprühereien und Aufkleber können dem Spektrumder Kameradschaft Pankow zugeordnet werden.Regional hebt sie sich weiterhin hervor durch dieChristopher „Puffer“ Wilhelm (Foto AIB)