fen. Hier beeindrucken die Hooligans und ihr Anhangdie minderjährigen Gäste der anliegenden Kinderdisko„Chalet“ so sehr, dass mittlerweile schon15jährige stolz mit „Gruppe 9“-Aufdruck auf derJacke rumlaufen. Das wäre nicht weiter politisch relevant,wenn nicht einige der führenden „Gruppe 9“-Mitglieder und Begründer wie Marco Oemus und„Der Franzose“, der Treptower Nazi-Szene angehören.Beide tauchten beispielsweise an dem Schleusungspunktder JN-Veranstaltung am 17.3.2001 auf.Als auf dem Alexanderplatz eine Wahlveranstaltungder NPD stattfand brachte Marco Oemus gleich einpaar „Gruppe 9“-Zöglinge wie Marcel Keller als Teilnehmermit. Auch wenn nicht alle 34 Mitglieder der„Gruppe 9“ überzeugte Nazis sind, so stellt dieserKlüngel doch eine Schnittstelle zwischen „unpolitischenFußballhooligans“ und organisierter Nazi-Szene dar.NOCH IMMER: GEWALT ALS „HOBBY“Drei Nazis aus Treptow bei einem NaziaufmarschAuch die zweite Generation der Treptower Nazispflegte Gewalt als ausgesprochenes „Hobby“, das siezumeist Wochenends an alternativen Jugendlichenund nicht-deutschen Menschen ausließ. So zum Beispielam 19. April 2000 als eine Gruppe Nazis umSteve Bäumler und Nils Hiller alternative Jugendlichevor dem „Come In“ angriffen. Oder am 14. Juni2000 als Norman Soluger mit einem Totschläger aufeinen jungen Punk eindrosch. Ein besonders ekelerregenderFall ereignete sich am 12. August 1999. DieNazi-Skin-Combo Hans-Dieter Ockenfeldt (geb.1972), Daniel Böduel (geb. 1979), David Koster(geb. 1981), Mandy Weiss (geb. 1980) und MarcelKühnert (geb. 1987) drangen in Adlershof in dasHeim für betreutes Wohnen ein. Hier brachen sie indas Zimmer der geistig-behinderte Desdemona A.ein, um 300 D-Mark Schulden einzutreiben. Dierechten Skins durchwühlten das Zimmer der Frau,schrien sie an, schlugen, beschimpften und bespucktensie. Da sie im Zimmer kein Geld fanden, beganndie Gruppe ihr Opfer zu quälen. Mit einem Messerschnitt Ockenfeldt der Frau in die Brust. David Kosternötigte Desdemona A. zum Oralverkehr, währenddiese von Kühnert geschlagen wurde. Hemmungslosversuchte Koster sein Opfer anschließendzu vergewaltigten. Doch die Leiden der Frau warendamit noch nicht zuende: Ockenfeldt verbrannteDesdemona A. den Bauch mit einer brennendenSpraydose und streute Salz in ihre Wunden. Dochauch Brandstiftung und Waffenfetischismus zähltennach wie vor zur politischen Realität in Treptow.Am 9. August 2000 stand mit dem Treptower NickGreger mal wieder ein Nazi-Bombenbauer vor Gericht.Auch seine Bombe sollte gegen Linke eingesetztwerden.Am 17. August 2000, dem Tag übrigens an dem dieNazis dem Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess gedenken,dröhnte aus der Wohnung der Brüder Arved undDanny Degebrodt in der Nipkowstrasse laute Nazimusik.Als einige Polizeibeamte die Musik leiser stellenwollten, entwickelte sich zwischen ihnen und denBrüdern eine wilde Schlägerei. In der Wohnung stießendie Beamten anschließend auf Waffen und Bombenteile.In der Silvesternacht 2000/2001 steckten die TreptowerNazis Dennis Brückner (geb. 1983), Steve Haberkorn(geb. 1983) und Paul Tillack eine Garage desWinckelmannclub „JuJo“ in Brand. Steve Haberkornaus Baumschulenweg ist häufiger Teilnehmer an Demonstrationender NPD und war am 5. Mai 2000 aneinem Angriff auf einen Dönerladen beteiligt. AuchDennis Brückner machte durch rechtsextreme Überfällein Treptow von sich Reden.Im Oktober 2001 wurde Ronald Schmidt in Marzahnbei einem Waffen-Deal von der Polizei überwältigt.Sie fand bei ihm u.a. eine Panzerfaust und einenTrommelrevolver.Am 16. Februar 2002 zerstören Unbekannte dasDenkmal für die ermordeten Sowjetsoldaten am Platzder Befreiung in Adlershof.Am 30. Mai 2002 versuchen Unbekannte einenBrandanschlag auf einen Asia-Imbiß am TreptowerPark. Zuvor wurde dieser von Nazis beschmiert.AUFHÖREN, AUSSTEIGEN, ABSITZENEinige der führenden Naziaktivisten aus der erstenund zweiten Generation scheinen den ständigenDruck durch AntifaschistInnen und Polizei nichtNazicombo aus Treptow bei einem Naziaufmarschmehr länger ertragen zu wollen. Mit halbherzige Ausstiegsbehauptungenwollen sie sich der Verantwortungfür ihre faschistische Aufbauarbeit und ihremenschenverachtenden Taten entziehen. Der MordbeteiligteDetlef Cholewa/Nolde präsentierte sichbeispielsweise nach seinem Knast-Aufenthalt imInternet als vermeintlicher Aussteiger. In einem Buchnamens „Aussteiger - Wege aus der rechten Szene“ berichteter wie ihm Ausländer im Knast Lebensmittelschenkten, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten.Er fordert die Leser dazu auf in Verständnis fürden anderen und in Freiheit zu leben. Sein Ausstieghinderte ihn jedoch nicht daran zeitgleich antisemitischeLiteratur im Internet zu bewerben. Auch die„Initiative Dialog“ der Internetseite www.nazi.demusste zu Nolde fesststellen, dass sich „die Positionenin den wichtigsten Bereichen als unvereinbar darstellten.“Noch im Jahr 2002 unterschrieb der selbsternannte„Aussteiger“ eine Unterstützungserklärungfür die rechtsextreme Wochenzeitung „Junge Freiheit“.Der Bombenbastler Patrick Demming versuchtesich nach dem Absitzen seiner Haftstrasse ineiner AG Antirassismus der IG Metall als angeblicherAussteiger zu etablieren. Der Waffennarr RonaldSchmidt will ebenfalls ausgestiegen sein. Obwohl ernoch am 1. Mai 2002 am Rande einer NPD-Demowutentbrannt auf GegendemonstrantInnen losstürmte,meint er sich wenige Monate auf Punk-Rock-Festivals und linken Infoveranstaltungen herumtreibenzu dürfen. Seine Behauptung er sei ja nurals ein Spitzel der Polizei bei den Nazis unterwegs,macht ihn auch nicht gerade sympathischer. Der Kameradschafts-AktivistMartik Mkrrtschjan schafft esscheinbar auch problemlos ausgestiegen zu sein undtrotzdem an einem Nazi-Fussballturnier Berliner Kameradschaftenteilzunehmen. Der Fahnenträger für„Blood & Honour“, Christian Ortmann, hat mittlerweilesein Engagement in der Nazi-Szene beendetund spielt in der Hardcore-Band „Withheld“ mit.Sein Kumpane Fabian Müller bezeichnet sich selberebenfalls als „Aussteiger“. Auch Marco Oemus ginghin und wieder mit Aussteigermythen hausieren, umdann doch wieder bei Naziaktionen mitzumischen.Seine ständigen Prügeleien garantieren ihm jedochnoch viele Monate Haftstrafe. Welche er nun durcheinen „Ausstieg“ zu verkürzen hofft. Eine Haftsrafe14TREPTOW FIGHT BACK MAI/03
FIGHT BACK MAI/03TREPTOW15Markus Louczinskikassierte auch der FAP-Naziskin Marco Spottek ,nachdem er 1998 am S-Bahnhof Schöneweide einenStand der Jungen Union gewalttätig angriff.Mittlerweile betreibt er Nazi-Computersiele im Internet.So hat er die Internetseite www.kgb-clan.com angemeldet.Henryk Wurzel und Lutz Schillok wurdenim Knast offiziell von der Nazi-GefangenenhilfeHNG betreut. Schillok sorgte kürzlich erst für Heiterkeit,als er in der Gefängniszeitung „der lichtblick“(Schwerpunkt: „Fremdenfeindlichkeit in der JVA Tegel?“) einen Nachruf in Gedichtform veröffentlichte(„Deine Sehnsucht war das mystische Nordland (...)Du bist frei und Odins Raben wachen über deine Taten!“). Zuvor hatte er schon auf der Nazi-Internetseite„Der Weisse Wolf“ einen Schreckensbericht überdie „Inquisationsgelüste“ der Anstaltskirche der JVA-Tegel publiziert.DIE DRITTE GENERATION:Nazi Steve BäumlerDie dritte Generation Treptower Nazis entsteht geradeaus den minderjährigen Nachwuchsnazis der„zweiten Generation“. Sie wollen die Lücke jener Naziaktivistenfüllen, die im Knast sitzen oder sich zurückgezogenhaben. Hauptsächlich handelt es sichum rechte Jugendcliquen die an den S-Bahnöfen Grünauund Schöneweide, im Johannisthaler Park abhängenund in dem Jugendclub „JuJo“ verkehren. Alleinin Grünau gibt es nach offiziellen Angaben einesBezirkamtsberichtes „zwei rechtsorientierte bzw.rechtsradikale Gruppen“ von rund 60 Jugendlichen.In der Köllnischen Vorstadt wurden „zehn rechtsorientierteJugendliche im Alter von 17 bis 19 Jahren“ausgemacht. Besonders in den Sommermonaten versammelnsich junge Nazis an den Badestellen in Grünauund terrorisieren dort alternative Jugendliche.Fast schon legendär ist hierbei die Familie Mauersbergermit insgesamt elf Brüdern. Die Brüder aus Johannisthalmachen an der Hans-Grade-Schule undauf diversen Schüler-Partys als aggressive Nazischlägervon sich reden. Der Kontakt zu organisierten Nazisbesteht bereits, wie ihre Teilnahme an Aktionender NPD beweist. Auf den Partys im Come In treffensich der jüngere Bruder von Marco Oemus, RonaldSchmidt und Aktivisten der „Gruppe 9“ zum gemeinsamenSaufen, während ihr Nachwuchs um dieMauersberger-Brüder und Sebastian Krämer am nahegelegenenS-Bahn Adlershof an Angriffen auf alternativeJugendliche beteiligt sind. Auch an denSchulen etablieren sich bereits neue Nazi-Cliquen.Am Philippe Cousteau Gymnasium bedroht SebastianKrämer alternative Schüler. Er wird auch mitantisemitischen und rassistischen Schmierereien in derSchule in Verbindung gebracht. Sein Mitschüler MarcelSchulze hält sich gar für einen Anti-Antifa-Aktivisten.An der Levi-Strauss-Schule in Köpenick fielMarkus Louczinski als penetranter Nazi-Aktivist auf.Ihm werden intensive Kontakte zur NPD/JN nachgesagt.Im Jugendklub „Audio“ erhielt deshalb bereitsHausverbot, was ihn dazu brachte verstärkt in der„Rumbar“ zu agitieren. Als im „Audio“ eine Veranstaltungfür ein „tolerantes Johannisthal“ stattfand,versuchten sich ca. 30 Nazi-Jugendliche um Luczinski,Mauersberger und Krämer, z.T. mit „Gruppe9 / Höllenjungs“-T-Shirts ausgestattet, Einlass zu verschaffen.Als ihnen dies nicht gelang riefen sie sich ältereKameraden zur Hilfe, welche jedoch von der Polizeiaufgehalten wurden. Anders in den Räumlichkeitendes „Brücke 7 e.V“ in Schöneweide. Der BetreiberClaus Bubolz bot hier NPD-Kadern wie JörgHähnel und Rene Bethage und ihren Jung-Nazi-Anhangmehrfach bewusst ein Forum auf Veranstaltungen.Besorgniserregend ist die pressewirksame Ankündigungeines Gespräches im Jugendamt, um etwa 15„Jugendlichen“, die ständig am Imbiss vor dem BahnhofGrünau „Alkohol trinken und pöbeln“ würden,Angebote zu machen. Bei diesen „Jugendlichen“ handeltes sich um brutale Nazischläger aus Treptow undKönigs-Wusterhausen. Wenn unter „Angebote“ eineigener Treffpunkt zählt, hätte dies fatale Folgen.Denn den jungen Nazi-Schlägern geht es um das Demonstrierenvon Macht und Stärke. Sie versuchen,z.Z. am S-Bahnhof Grünau, ihre politischen Gegner(MigrantInnen, alternative Jugendliche, HipHopper)mit aller Gewalt zu vertreiben. Ein eigener Raumwürde diese Tendenz nicht bekämpfen, sondern verschlimmern.Denn einen eigenen Raum erobert zuhaben stärkt das Selbstbewusstsein der Nazis undstrahlt „Stärke“ aus. Diese „Stärke“ und die Möglichkeiteneines eigenen Treffs würden positiv auf unpolitischeund rechts anpolitisierte Jugendliche ausstrahlen.Die Erfahrung zeigt, dass sobald rechtsextremeJugendliche einen öffentlichen Raum oder gareinen eigenen Treffpunkt besetzt haben, ein „Sog“entsteht für „normale“ Jugendliche, die sich der„stärksten“ Jugendszene anschliessen wollen. Dierechte Jugendszene würde mit den Möglichkeiten einesständigen Treffpunktes wachsen, sich verfestigenund vernetzen.Die Erfahrungen in Treptow haben gezeigt, dass dasbeste Mittel gegen Nazis eine starke alternative Jugendkulturund eine offensive Antifa-Politik im Bezirkist. Gerade diese benötigt ständige Hilfe undUnterstützung, um Treptow nicht zu einer „NationalBefreiten Zone“ oder zu einem Angstraum für MigrantInnenund alternative Jugendliche werden zulassen.Dennis BrücknerNazinachwuchs Marcel Fischer mit „Landser“ ShirtAktivist der Freien Kameradschaften aus BaumschulenwgNeonazi Roth aus Baumschulenweg bei NPD-DemoVorne: Markus Stuhlmann „Keule“ (KW/ Adlershof) Aktivist derFreien Kameradschaften. Rechts dahinter Björn Wild. Foto AIB