6 <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>HochschulpolitikStudiengebühren– die AuswertungGenug gewartet! Die Auswertung der Studiengebühren-Umfrageist vollendet. Nachdem im letzen Polykum erste Resultate zu lesenwaren, findet ihr folgend die zusammenfassende Auswertung. Rundein Drittel der befragten 15 000 Studierenden haben an der Umfragemitgemacht.Text und Grafiken: Christoph Thormeyer, Rahel Zoller, Justus Söllner und Shilpi Singh<strong>VS<strong>ETH</strong></strong>Wir haben die Umfrage ausgewertet undmöchten hier für euch einige der – unseresErachtens nach – wichtigsten Punkte herausgreifen:Wir sind der Meinung, dassdiese Punkte unbedingt bedacht oder gelöstwerden müssen, bevor eine Erhöhung derStudiengebühren ins Auge gefasst werdenkann.Hohe LebenshaltungskostenLaut der <strong>ETH</strong>-Musterrechnung (www.rektorat.ethz.ch/students/finance/de_1lebenshaltung.pdf) benötigtein <strong>ETH</strong>-Studierender im Schnitt undpro Monat zwischen 1 816 und 1 899 Frankenzum Leben. Unsere Auswertung hat gezeigt,worum geht's?Im Frühjahr haben die Präsidentender <strong>ETH</strong> Zürichund der EPF Lausanne angekündigt,dass sie im <strong>ETH</strong>-Rat eine schrittweise Verdoppelungder Studiengebührenbis <strong>20</strong>16 beantragenwerden. Dies würde pro Semester1 250.- für Bildungsinländerund 1 500.- für Bildungsausländerbedeuten.Der <strong>VS<strong>ETH</strong></strong> hat daraufhineinerseits intensiveVerhandlungen mitder Schulleitung aufgenommen,andererseits eineUmfrage unter den <strong>ETH</strong>-Studierenden durchgeführt,welche evaluiert hat,wie die finanzielle Situationder Studierenden im Allgemeinenaussieht und was sievon einer Erhöhung der Studiengebührenhalten.Knapp 5 000 Studierendehaben sich dieZeit genommen, die Umfrageauszufüllen, waseiner Rücklauf-Quotevon ca. einem Drittel ent-dass etwa 55% der Studierenden mit wenigerals 1 500 Franken pro Monat auskommenmüssen (siehe auch Grafik 1).Die Konsequenz davon ist, dass eine Erhöhungder Studiengebühren euch als Studierendehärter treffen würde, als bishervon der <strong>ETH</strong> angenommen, da sie einengrösseren Prozentsatz eures Budgets ausmacht.Da bei den meisten das Geld wohlkaum auf den Bäumen wächst, müssten vielevon euch mehr arbeiten, um sich den Lebensunterhaltzu verdienen. Das führt bei einemgedrängten Programm, wie es an der <strong>ETH</strong> üblichist, fast zwingend zu schlechteren Studienleistungenoder einer längeren Studien-spricht. Dafür möchten wiruns an dieser Stelle herzlichbei euch bedanken.Sowohl die Ankündigungder Studiengebührenerhöhungals auch diePräsentation der Resultatehaben zusammen mit einemInterview von Lino Guzzellazu grossem Medienecho geführt.Eine Auswahl der Artikelhaben wir für euchauf der <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Homepage(www.vseth.ethz.ch) verlinkt.Polykum Nr. 1/12-13
<strong>VS<strong>ETH</strong></strong> 7Grafik 2: Die Bereitschaft, sich für einStudium zu verschulden, ist gering.Grafik1 (Balkendiagramm): 87% der Studierenden kommen mit weniger als 2 000 CHF pro Monat aus.Polykum Nr. 1/12-13dauer, was der <strong>ETH</strong> wiederum zusätzlicheKosten beschert. Beides kann unmöglich imSinne der <strong>ETH</strong> sein.Chancengleichheit gewährleistet?Da ihr als Studierende aber bereits jetzt etwaeinen Drittel eurer Lebenshaltungskostenselber verdient, werden in vielen Fällenwohl eure Eltern die zusätzliche finanzielleBelastung auf sich nehmen müssen. Imschlimmsten Fall können es sich einige Familienin Zukunft nicht mehr leisten, dass alleKinder eine universitäre Bildung absolvieren,obwohl das Talent dafür vorhanden wäre.Doch selbst wenn sich die Eltern die höherenStudiengebühren leisten können, begebtihr euch in eine grössere Abhängigkeitvon euren Eltern. Das macht es sicher nichteinfacher, den Eltern eine vertane Studienwahloder nicht bestandene Prüfungen zubeichten.Einige von euch werden den zusätzlichenDruck sicher positiv auf ihre Studienleistungenumzumünzen wissen, andere aberwerden daran noch mehr zu kauen haben.Stipendien und DarlehenEine weitere Möglichkeit zur Studienfinanzierungwären natürlich Stipendien oder Darlehen.Leider hat die Schweiz auf kantonalerEbene ein sehr heterogenes Stipendienwesen,welches entsprechend viele Lücken aufweist.Dieses mit einem separaten <strong>ETH</strong>-Stipendienwesenzu kompensieren ist aber sehrschwierig, da dies wiederum die kantonalenStipendien aushebeln würde. Ausserdem hatunsere Umfrage ganz klar gezeigt, dass diemeisten von euch nicht bereit wären, für dasStudium ein Darlehen aufzunehmen (sieheGrafik 2).Bleibt die <strong>ETH</strong> attraktiv?Wir haben euch auch gefragt, ab welcherHöhe der Studiengebühren ihr nicht mehr andie <strong>ETH</strong> gekommen wärt oder euch nach Alternativenzum Studium an der <strong>ETH</strong> umgesehenhättet. 1 250 Franken sind offensichtlichfür viele von euch zu viel (siehe Grafik3/<strong>Seite</strong> 8). Das bleibt selbst dann so, wennman den Sprung zu vierstelligen Zahlen alspsychologischen Effekt interpretiert. Hinzukommt, dass die <strong>ETH</strong> bis jetzt als PreisknüllerWie geht's weiter?Leider haben auch wirvom <strong>VS<strong>ETH</strong></strong> keine Kristallkugel,um die Zukunft vorauszusagen.Eine Studiengebührenerhöhungmüssteaber auf jeden Fall durchden <strong>ETH</strong>-Rat beschlossenwerden. Der <strong>ETH</strong>-Rat ist dasoberste Organ des <strong>ETH</strong>-Bereichs,also der beiden <strong>ETH</strong>in Zürich und Lausannesowie der vier Forschungsanstalten.Im <strong>ETH</strong>-Rat gibtes keine direkte Studierendenvertretung.Daher istes für uns auch schwer vorauszusehen,wie der <strong>ETH</strong>-Rat entscheiden wird. Wirbleiben aber auf jeden Falldran!Zusätzlich zur diskutiertenStudiengebührenerhöhungist auch eine parlamentarischeInitiative vongilt und eine der günstigsten Universitätender Schweiz ist. Wenn die <strong>ETH</strong> nun deutlichteurer wird als andere Unis, muss gut kommuniziertwerden, warum das so ist undwelche Möglichkeiten zur Finanzierung desStudiums bestehen.Für viele ausländische Studierende, insbesondereaus dem Euroraum, hat sich die finanzielleLage wegen des starken Frankensohnehin deutlich angespannt. Viele Ausländerkommen aus Österreich oder Deutschland.Dort werden und wurden die Studiengebührenin den letzten Jahren systematischnahezu abgeschafft.Nationalrat Mathias Reynardhängig, welche die Studiengebührenin den übergeordneten<strong>ETH</strong>-Gesetzenauf maximal 650 Frankenbeschränken möchte. Daswird von der vorberatendenKommission des Nationalratszwar nicht unterstützt,ist aber dennoch nicht komplettchancenlos.