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Weitgehend vergleichbare Objektbedingungen ... - Werner Baurecht

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Stand: 18.05.2011<br />

<strong>Weitgehend</strong> <strong>vergleichbare</strong> <strong>Objektbedingungen</strong> nach<br />

§ 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI<br />

Rechtsanwalt Dr. Andreas Ebert, München, Justitiar der Bayerischen<br />

Ingenieurkammer-Bau<br />

Die zum 18.08.2009 in Kraft getretene Neufassung der Honorarordnung für<br />

Architekten und Ingenieure (HOAI) 1 hat nicht nur weitreichende strukturelle<br />

Änderungen hervorgebracht, sondern den Anwendern auch einige inhaltliche<br />

Neuerungen beschert. 2 Darunter findet sich eine in der bisherigen Fassung an<br />

vergleichbar zentraler Stelle noch nicht vorhandene Bestimmung über die<br />

Zusammenfassung der anrechenbaren Kosten von zwei Objekten, wenn diese die in<br />

§ 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI aufgeführten Voraussetzungen erfüllen, darunter das<br />

Erfordernis der weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong>. 3 Die degressive<br />

Wirkung der Honorartafeln bei steigenden anrechenbaren Kosten hat zur Folge, dass<br />

insbesondere marktstarke Auftraggeber die Voraussetzungen der<br />

Kostenzusammenfassung eher extensiv auslegen, wohingegen Architekten und<br />

Ingenieure eine zurückhaltende Interpretation befürworten. Der nachfolgende Beitrag<br />

setzt sich mit den Meinungen auseinander und untersucht in einem ersten Teil, von<br />

welchem Verständnis der weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong><br />

ausgegangen werden muss. Der zweite Teil befasst sich mit den<br />

Anwendungsmöglichkeiten der gewonnenen Erkenntnisse auf die Objekt- und<br />

Fachplanungen.<br />

1 Verordnung vom 11.08.2009, BGBl. I, S. 2732.<br />

2 Eine Übersicht über die wesentlichen Änderungen geben Averhaus, NZBau 2009, 473; Jochem, in:<br />

Kapellmann/Vygen, Jahrbuch <strong>Baurecht</strong> 2010, S. 291; Orlowski, ZfBR 2009, 723; Preussner, BauR<br />

2010, 340; Scholtissek, NJW 2009, 3057 und Voigt de Oliveira, BauR 2009, 1360.<br />

3 Die Bedingungen des § 11 Abs. 1 Satz 2 müssen nach zu Recht unbestrittener Ansicht kumulativ<br />

erfüllt sein, vgl. Hartmann, HOAI 2009, § 11 Rn. 4; Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 11<br />

Rn. 22; Scholtissek, HOAI 2009, § 11 Rn. 7; Siemon, HOAI-Praxis bei Architektenleistungen, 8. Aufl.<br />

2010, S. 94; Randhahn, in: Steeger, Praxiskommentar HOAI, § 11 Rn. 11.<br />

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Stand: 18.05.2011<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................... 2<br />

1 Interpretation der weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong>.......................... 2<br />

1.1 Inhalt der Neuregelung...................................................................................... 2<br />

1.2 Meinungsstand.................................................................................................. 3<br />

1.3 Auslegung......................................................................................................... 4<br />

1.3.1 <strong>Objektbedingungen</strong> .................................................................................... 6<br />

1.3.2 <strong>Weitgehend</strong>e Vergleichbarkeit.................................................................. 10<br />

2 Anwendungsmöglichkeiten der weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong> .. 12<br />

2.1 Gebäude ......................................................................................................... 13<br />

2.2 Ingenieurbauwerke.......................................................................................... 14<br />

2.3 Verkehrsanlagen............................................................................................. 20<br />

2.4 Tragwerksplanung .......................................................................................... 22<br />

2.5 Technische Ausrüstung................................................................................... 24<br />

3 Ergebnis ................................................................................................................ 28<br />

1 Interpretation der weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong><br />

1.1 Inhalt der Neuregelung<br />

§ 11 lehnt sich in seiner Bedeutung an § 22 HOAI a.F. an und regelt, wie zu verfah-<br />

ren ist, wenn der Auftragnehmer mehrere Objekte zu bearbeiten hat. Dabei stellt Ab-<br />

satz 1 Satz 1 den zentralen Grundsatz auf, dass die Honorare für jedes Objekt ge-<br />

trennt zu berechnen sind, vorbehaltlich allerdings der weiteren Absätze. Dabei han-<br />

delt es sich indessen um keinen wirklichen Vorbehalt, weil auch die nachfolgenden<br />

Absätze diesen Grundsatz der Objekttrennung nicht aufgeben, sondern unter näher<br />

bestimmten Bedingungen Honorarreduzierungen für Wiederholungen vorschreiben.<br />

Eine Aufweichung des Trennungsprinzips normiert allein Absatz 1 Satz 2 („Dies gilt<br />

nicht für Objekte, die...“). Satz 3 beantwortet die dadurch ausgelöste Frage, wie mit<br />

den von Satz 2 erfassten Objekten zu verfahren ist, dahin, dass das Honorar nach<br />

der Summe der anrechenbaren Kosten zu berechnen ist.<br />

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Dabei handelt es sich bei der Vorschrift um keine völlige Neuerfindung des Verord-<br />

nungsgebers, denn es ist nicht zu verkennen, dass die bislang nur für die Trag-<br />

werksplanung anwendbare Regelung des § 66 Abs. 2 HOAI a.F. bei der Novellierung<br />

Pate gestanden hat. Schon dort gab es in der Vergangenheit die Vorgabe, die anre-<br />

chenbaren Kosten der Tragwerke einer Honorarzone zur Berechnung des Honorars<br />

zusammenzufassen, sofern ein Auftrag mehrere Gebäude oder Ingenieurbauwerke<br />

„mit konstruktiv weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n Tragwerken“ umfasst hat. Der Regie-<br />

rungsentwurf 4 führt in seiner Begründung zur novellierten Verordnung aus, hierbei<br />

einem Vorschlag des Statusberichts 2000plus 5 folgen zu wollen. Inwiefern der Rück-<br />

griff auf dieses Gutachten zum Verständnis der Norm beiträgt, wird weiter unten zu<br />

bewerten sein (vgl. nachfolgend 1.3.1).<br />

1.2 Meinungsstand<br />

Mit dem Inkrafttreten der neugefassten HOAI haben sich rasch zwei Lager gebildet,<br />

welche wahlweise einer weiten oder einer strikten Auslegung des § 11 Abs. 1 Satz 2<br />

HOAI das Wort reden. Unterschiedlich fällt dabei der Grad der argumentativen<br />

Durchdringung der Auslegungsaspekte aus. So wird etwa ohne nähere Begründung<br />

vertreten, dass die Objektplanung für ein Schulgebäude, eine Turnhalle und einen<br />

Anbau für die Hausmeisterwohnung ebenso aus einer Kostensumme heraus zu ho-<br />

norieren sei wie Leistungen für eine Kläranlage und ein Kanalnetz oder ein Abwas-<br />

serkanal- und ein Frischwasserkanalnetz. 6 Für letztgenannte Ingenieurbauwerke wird<br />

wiederum postuliert, dass sie „keinesfalls“ zu einer Abrechnungssumme verschmel-<br />

zen können. 7 Zwei von der Kubatur baugleiche Mehrfamilienhäuser auf dem gleichen<br />

Baufeld würden auch weitgehend <strong>vergleichbare</strong> <strong>Objektbedingungen</strong> aufweisen. 8 Eine<br />

Kanalnetzplanung und das zugehörige Überlaufbecken gehörten unter § 11 Abs. 1<br />

Satz 2. 9 Solch apodiktisch vorgetragene Meinungen tragen freilich wenig zum Ver-<br />

4 BR-Drucks. 395/09, S. 170.<br />

5 Abrufbar unter http://www.a.tu-berlin.de/hoai2000plus, dazu Neuenfeld, BauR 2003, 605 sowie<br />

Schramm/Steeger, BauR 2003, 445.<br />

6 Rohrmüller, HOAI 2009, 7. Aufl., S. 21.<br />

7 Simmendinger, IBR 2009, 1330.<br />

8 Randhahn, in: Steeger, Praxiskommentar HOAI, § 11 Rn. 11.<br />

9 Stemmer, Praxishinweise zur Anwendung der HOAI 2009, S. 65.<br />

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ständnis der Norm bei, bleibt dabei doch der jeweils vertretene subjektive Ansatz der<br />

Anwendungsvoraussetzungen im Verborgenen, insbesondere findet gerade keine<br />

Auseinandersetzung mit der Frage statt, inwiefern jeweils weitgehend <strong>vergleichbare</strong><br />

<strong>Objektbedingungen</strong> vorliegen.<br />

Ergiebiger sind deshalb Standpunkte, die ihr Ergebnis von einer Auslegung der Tat-<br />

bestandsbegriffe abhängig machen. Allerdings finden sich konkrete Beispiele unter<br />

ausführlicher Erörterung der Tatbestandsvoraussetzungen nur spärlich. So wird ver-<br />

treten, der Begriff der <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong> müsse weiter gefasst wer-<br />

den als jener der im Wesentlichen gleichartigen Objekte, darunter fielen die bauli-<br />

chen Verhältnisse ebenso wie Anforderungen an das Objekt, etwa die Nutzungsart,<br />

aus der sich unterschiedliche Nachweise ergäben. Daher könnten für im selben<br />

Rohrgraben liegende Abwasser- und Trinkwasserleitungen keine <strong>vergleichbare</strong>n Ob-<br />

jektbedingungen angenommen werden. 10 Die Neubauplanung für ein Schulgebäude<br />

bei gleichzeitiger Planung einer Turnhalle erfolge nicht unter <strong>vergleichbare</strong>n Objekt-<br />

bedingungen, weil an die jeweilige Planung bezüglich Funktion, Raumprogramm und<br />

Ausstattung ganz andere Anforderungen gestellt würden. 11 Im Übrigen wird auf Ein-<br />

zelbeispiele verzichtet und geltend gemacht, dass die jeweiligen Umstände einzel-<br />

fallbezogen zu würdigen seien. 12<br />

1.3 Auslegung<br />

Das Erfordernis der weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong> ist eine der zent-<br />

ralen Anwendungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI. 13 Die amtliche<br />

Begründung zum Regierungsentwurf 14 selbst erläutert nicht, was unter dieser Wort-<br />

kombination zu verstehen sein soll, und versteckt sich nur hinter dem Statusbericht<br />

2000plus.<br />

10 Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 11 Rn. 23.<br />

11 Weber, Honorarberechnung bei mehreren Objekten nach § 11 HOAI n.F., Aufsatz vom 28.07.2010<br />

in werner-baurecht.de (Forum HOAI), S. 7.<br />

12 Scholtissek, HOAI 2009, § 11 Rn. 7; vgl. auch Berger/Fuchs, Einführung in die HOAI, Rn. 163 („ge-<br />

nereller Definitionsansatz kaum möglich“).<br />

13 Ebenso Weber, Honorarberechnung bei mehreren Objekten nach § 11 HOAI n.F., Aufsatz vom<br />

28.07.2010 in werner-baurecht.de (Forum HOAI), S. 6.<br />

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Die Gutachter des Statusberichts hatten empfohlen, im Wesentlichen gleichartige<br />

Objekte derselben Honorarzone, die im gleichen zeitlichen und örtlichen Zusammen-<br />

hang geplant und errichtet wurden, nicht nur in der Tragwerksplanung, sondern bei<br />

allen Objektplanungs-, Fachplanungs- und Beratungsleistungen zusammenzufas-<br />

sen. 15 Demgemäß lautete der Vorschlag im Gutachten:<br />

„Umfasst ein Auftrag mehrere Objekte mit weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n Objektbedin-<br />

gungen derselben Honorarzone, die im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang un-<br />

ter gleichen baulichen Verhältnissen geplant und errichtet werden sollen, so sind die<br />

anrechenbaren Kosten zur Berechnung des Honorars zusammenzufassen; das Ho-<br />

norar ist nach der Summe der anrechenbaren Kosten zu berechnen.“ 16<br />

Die Parallelen zum neuen § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI sind unverkennbar. Dass der<br />

Verordnungsgeber den Gutachtern dennoch nicht konsequent gefolgt ist, 17 ergibt<br />

sich erst auf den zweiten Blick. Während nämlich die Gutachter, zieht man die dorti-<br />

ge Begründung hinzu, unter den weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong><br />

dasselbe verstehen wie unter wesentlich gleichartigen Objekten und deshalb die<br />

Tatbestände der Wiederholung gleichartiger Objekte auf gleiche oder spiegelgleiche<br />

Objekte beschränken, 18 folgt der Verordnungsgeber einer abweichenden Differenzie-<br />

rung. Für die in § 11 Abs. 2 HOAI geregelte Honorarminderung bei Wiederholungen<br />

macht er zur Voraussetzung, dass im Wesentlich gleichartige Objekte vorliegen müs-<br />

sen. Damit hat er diesen Terminus so verbraucht, dass er für die Interpretation der<br />

weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong> nicht mehr zugrunde gelegt werden<br />

kann 19 und eine Zwischenabstufung 20 , welche den Gutachtern mit ihrem Vorschlag<br />

einer Objektzusammenfassung vorschwebte, nur noch erzielt werden kann, wenn es<br />

gelingt, eine griffige Abgrenzung zu wesentlich gleichartigen Objekten zu finden.<br />

14 BR-Drucks. 395/09, S. 170.<br />

15 Statusbericht 2000plus, oben Fn. 5, Kap. 10, S. 41.<br />

16 Statusbericht 2000plus, oben Fn. 5, Kap.10, S. 40.<br />

17 Ähnlich Weber, Honorarberechnung bei mehreren Objekten nach § 11 HOAI n.F., Aufsatz vom<br />

28.07.2010 in werner-baurecht.de (Forum HOAI), S. 5.<br />

18 Statusbericht 2000plus, oben Fn. 5, Kap. 10, S. 40.<br />

19 Im Ergebnis ebenso Hartmann, HOAI 2009, § 11 Rn. 4.<br />

20 Statusbericht 2000plus, oben Fn. 5, Kap. 10, S. 41; vgl. auch Berger/Fuchs, Einführung in die HOAI,<br />

Rn. 159; Simmendinger, IBR 2009, 1330; ders., Praxisbeispiele zur HOAI, S. 259.<br />

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Wollte man die weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong> nämlich im Sinne der<br />

Gutachter des Statusberichts so verstehen, dass sie dasselbe bedeuten wie „im We-<br />

sentlich gleichartige Objekte“, bliebe für § 11 Abs. 2 HOAI kaum noch ein Anwen-<br />

dungsbereich übrig, 21 zumal auch dort Kriterien des zeitlichen und örtlichen Zusam-<br />

menhangs wie in Absatz 1 Satz 2 zur Anwendung kommen.<br />

Folgt man diesem Ansatz, kommt es für die Akkumulation der anrechenbaren Kosten<br />

nach § 11 Abs. 1 Satz 2, 3 HOAI nicht darauf an, ob mehrere Objekte mit nur ganz<br />

nebensächlichen und für die Konstruktion sowie für die sonstige bauliche Gestaltung<br />

unerhebliche Veränderungen vorliegen oder ob mehrere Objekte nach der Planung<br />

nicht wesentlich voneinander abweichen. Denn mit diesen Definitionen wird der Beg-<br />

riff der im Wesentlich gleichartigen Objekte umschrieben. 22<br />

Der augenscheinliche Unterschied zwischen § 11 Abs. 1 Satz 2 und § 11 Abs. 2 liegt<br />

im Terminus der Objektbedingung. Während Abs. 2 auf die Gleichartigkeit der Objek-<br />

te abstellt, betrachtet Abs. 1 Satz 2 deren Bedingungen. 23 Die Ähnlichkeit zweier Ob-<br />

jekte allein führt deshalb zu keiner Kostenkumulation, wenn sich die Objektbedin-<br />

gungen deutlich unterscheiden. Was aber sind weitgehend <strong>vergleichbare</strong> Objektbe-<br />

dingungen?<br />

1.3.1 <strong>Objektbedingungen</strong><br />

§ 2 HOAI hält zwar umfängliche Begriffsbestimmungen bereit, lässt es aber an einer<br />

Erläuterung der <strong>Objektbedingungen</strong> fehlen. Auch die amtliche Begründung schweigt<br />

sich dazu aus, wie im Übrigen auch das Gutachten Statusbericht 2000plus keine De-<br />

finition bereithält. Dabei ist der Begriff nicht einmal neu – schon die frühere HOAI er-<br />

21 A.A. Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 11 Rn. 22, wonach der Abs. 2 der Regelung des<br />

Abs. 1 S. 2 vorgehe. Nach Überzeugung des Verfassers kommt Abs. 2 systematisch erst zum Zuge,<br />

wenn eine Kostenzusammenfassung nach Abs. 1 Satz 2 ausgeschlossen werden kann; wie hier Sei-<br />

fert, in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, Aktualisierungsband zur 7. Auflage, S. 68; Randhahn, Zum<br />

Verhältnis von § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 zu § 11 Abs. 2 HOAI 2009, Aufsatz in ibr-online.<br />

22 Vgl. etwa Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 11 Rn. 26 m.w.N.; Seifert, in Korbi-<br />

on/Mantscheff/Vygen, HOAI, Aktualisierungsband zur 7. Auflage, S. 67; Randhahn, in Steeger, Pra-<br />

xiskommentar HOAI, § 11 Rn. 22 m.w.N.<br />

23 Zutreffend Seifert, in Korbion/Mantscheff/Vygen, Aktualisierungsband zur 7. Auflage, S. 66; ebenso<br />

Rohrmüller/Hofmann, IBR 2010, 1118 für die Tragwerksplanung.<br />

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wähnte ihn bei den Grundleistungen der Tragwerksplanung und verwendet ihn im<br />

Katalog der Leistungen der Tragwerksplanung nach Anlage 13. 24 Die wenigen Hin-<br />

weise zum Verständnis dieses Begriffs in der Kommentarliteratur beweisen, dass er<br />

bislang ein eher stiefmütterliches Dasein gefristet hat:<br />

Nach Meinung des Ausschusses der Verbände und Kammern der Ingenieure und<br />

Architekten für die Honorarordnung e.V. (AHO) werden die <strong>Objektbedingungen</strong> durch<br />

die Baukörpergestalt, dadurch bedingte unterschiedliche Tragwerkssysteme und de-<br />

ren geometrische Lage definiert. 25 Nach anderer Darstellung zählen zu den Objekt-<br />

bedingungen Baugrundverhältnisse, Geländeneigungsverhältnisse, <strong>Baurecht</strong>sbedin-<br />

gungen, Baukonstruktion/Tragwerk und die Gestaltung. 26 Auf die baulichen Verhält-<br />

nisse 27 wird ebenso rekurriert wie auf Art und Umfang der Nutzung 28 oder die Pla-<br />

nungsanforderungen 29 . In einer jüngeren Definition sollen <strong>Objektbedingungen</strong> die<br />

Vorgaben und Voraussetzungen der Vorplanung für Erarbeitung des Planungskon-<br />

zepts sein. 30<br />

Geht man vom allgemeinen sprachlichen Verständnis des Begriffs einer Bedingung<br />

aus, so muss es sich um Einflüsse handeln, die auf das Objekt einwirken und es in<br />

ihrer Funktion, der Gestaltung und ihrer Wechselwirkung auf andere Objekte beein-<br />

flussen. 31 Die Gleichsetzung mit Planungsanforderungen greift dabei zu kurz, denn<br />

letztere ergeben sich teilweise erst aus den <strong>Objektbedingungen</strong>. Außerdem wäre es<br />

nicht plausibel, weshalb weitgehend <strong>vergleichbare</strong> Planungsanforderungen zu einer<br />

Honorarreduzierung auch dort führen müssen, wo es nicht mehr um die Planung<br />

selbst, sondern deren Umsetzung geht, wie dies vor allem bei der Bauüberwachung<br />

und der Objektbetreuung der Fall ist. Dass auch die baulichen Verhältnisse allein mit<br />

24 Vgl. § 64 Abs. 3 Nr. 2 HOAI a.F. und jetzt Anlage 13 Leistungsphase 2 Buchst. c).<br />

25 Heft 3 der Schriftenreihe des AHO, 4. Aufl. 2010, S. 4.<br />

26 Siemon, HOAI-Praxis bei Architektenleistungen, 8. Aufl. 2010, S. 94 f.<br />

27 Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 11 Rn. 23; Simmendinger, Praxisbeispiele zur HOAI,<br />

S. 261; Randhahn, in Steeger, Praxiskommentar HOAI, § 11 Rn. 12.<br />

28 Siemon, HOAI-Praxis bei Architektenleistungen, 8. Aufl. 2010, S. 94 f.; Simmendinger, Praxisbei-<br />

spiele zur HOAI, S. 261.<br />

29 Seifert, in Korbion/Mantscheff/Vygen, Aktualisierungsband zur 7. Auflage, S. 66.<br />

30 Rohrmüller/Hofmann, IBR 2010, 1118.<br />

31 Vgl. etwa http://de.wiktionary.org/wiki/Bedingung: „Umstände, von denen etwas abhängt oder die<br />

etwas begleiten“.<br />

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den <strong>Objektbedingungen</strong> nicht identisch sein können, ergibt sich bereits daraus, dass<br />

Objekte eben auch den verschiedenen Nutzungsanforderungen ausgesetzt sind und<br />

bauliche Verhältnisse deshalb nur einen Teil der Bedingungen ausmachen. 32<br />

Diskutiert wird die Frage, ob die <strong>Objektbedingungen</strong> aus den Bewertungsmerkmalen<br />

zur Bestimmung der Honorarzone entnommen werden können, wie sie z.B. für Ge-<br />

bäude in § 34 Abs. 2 oder für Ingenieurbauwerke in § 43 Abs. 2 HOAI niedergelegt<br />

sind. Gegen eine Berücksichtigung dieser Merkmale wird vorgebracht, dass die Ein-<br />

ordnung in dieselbe Honorarzone und somit eine Berücksichtigung der Bewertungs-<br />

merkmale eine weitere Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendung des § 11 Abs.<br />

1 Satz 2 HOAI darstelle. 33 In der Tat drängt sich der Gedanke auf, dass der Rückgriff<br />

auf die Honorarzonen-Bewertungsmerkmale versperrt ist, wenn durch das weitere<br />

Erfordernis „derselben Honorarzone“ diese Merkmale bereits qua Verordnung aus-<br />

gewertet wurden. Doch genau das ist nicht notwendig der Fall. Die Zuordnung zu<br />

einer Honorarzone, so gibt es § 5 Abs. 4 HOAI vor, ist „nach Maßgabe der Bewer-<br />

tungsmerkmale, gegebenenfalls der Bewertungspunkte und anhand der Regelbei-<br />

spiele in den Objektlisten der Anlage 3 vorzunehmen“. Schon daraus erhellt, dass die<br />

Einschlägigkeit derselben Honorarzone für zwei Objekte nicht zwangsläufig nur auf<br />

die Bewertungsmerkmale zurückgehen muss. 34 Beruht dieselbe Honorarzone auf<br />

den Regelbeispielen der Anlage 3, so können einzelne der Bewertungsmerkmale je<br />

Objekt unterschiedlich ausfallen. Selbst dann, wenn die übereinstimmende Honorar-<br />

zone allein auf der Auswertung der Merkmale fußt, können sie bei jedem Objekt ver-<br />

schieden eingestuft worden sein, wenn jedenfalls die Summe der Punktebewertung<br />

zur selben Honorarzone führt. Durch die Tatbestandsvoraussetzung derselben Hono-<br />

rarzone sind die Bewertungsmerkmale daher nicht verbraucht und stehen für die<br />

Ausfüllung des Begriffs der <strong>Objektbedingungen</strong> weiter zur Verfügung.<br />

32 Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 11 Rn. 23.<br />

33 Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 11 Rn. 22; Simmendinger, Praxisbeispiele zur HOAI,<br />

S. 261; a.A. Hartmann, HOAI 2009, § 11 Rn. 4; Seifert, in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, Aktuali-<br />

sierungsband zur 7. Auflage, S. 66; Weber, Honorarberechnung bei mehreren Objekten nach § 11<br />

HOAI n.F., Aufsatz vom 28.07.2010 in werner-baurecht.de (Forum HOAI), S. 8.<br />

34 Die Frage, in welchem Verhältnis die Regelbeispiele zu den Bewertungsmerkmalen stehen, kann<br />

hier nicht weiter vertieft werden, vgl. dazu nur Seifert, in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, Aktualisie-<br />

rungsband zur 7. Auflage, S. 43; Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 5 Rn. 7; Scholtissek,<br />

HOAI 2009, § 5 Rn. 9; Randhahn, in Steeger, Praxiskommentar HOAI, § 5 Rn. 2.<br />

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Die in der zitierten Literatur aufgeführten Beispiele für <strong>Objektbedingungen</strong> stellen nur<br />

einen kleinen Ausschnitt aus den in Betracht zu ziehenden Umständen dar. Als sol-<br />

che haben zusammenfassend zu gelten: das äußere Erscheinungsbild des Objekts,<br />

Gründungsverhältnisse, Grundwasserverhältnisse, Bauwerksgeometrie, Geländeto-<br />

pographie, die Einbindung in die Umgebung, 35 das zu beachtende gesetzliche oder<br />

kommunalsatzungsrechtliche Bauplanungs- und Bauordnungsrecht, verwendete<br />

Baustoffe, zu berücksichtigende vorhandene Bausubstanz, die Bauwerkskonstrukti-<br />

on, Anzahl der Funktionsbereiche, Umfang der technischen Ausrüstung, Lastannah-<br />

men, 36 das statische System 37 und sonstige fachspezifische Bedingungen wie be-<br />

sondere Berechnungs- und Bemessungsverfahren. Dass diese <strong>Objektbedingungen</strong><br />

für Objekte unterschiedlicher Leistungsbilder spezifisch zu erweitern oder einzu-<br />

schränken sind, 38 liegt auf der Hand, insbesondere sind für die unterschiedlichen In-<br />

genieurbauwerke nach § 40 HOAI oder für Objekte der Tragwerksplanung zusätzli-<br />

che Merkmale vorstellbar, die anderen Objekten nicht anhaften. Zugleich ergibt sich<br />

daraus mühelos, dass Objekte aus verschiedenen Leistungsbildern vom Anwen-<br />

dungsbereich des § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI nicht erfasst werden können. 39<br />

Soweit auf unterschiedliche Nutzungsanforderungen verwiesen wird, 40 ist anzumer-<br />

ken, dass Nutzungsanforderungen die Summe mehrerer <strong>Objektbedingungen</strong> darstel-<br />

len, die sich z.B. in differierenden Lastannahmen, Gestaltungsmerkmalen, Baustof-<br />

fen oder fachspezifischen Bedingungen manifestieren.<br />

35 Randhahn, in Steeger, Praxiskommentar HOAI, § 11 Rn. 12.<br />

36 Simmendinger, Praxisbeispiele zur HOAI, S. 261.<br />

37 Rohrmüller/Hofmann, IBR 2010, 195.<br />

38 Dies gilt nicht für die Flächenplanung, die nach § 11 Abs. 4 nicht unter die Regelungen des § 11<br />

Abs. 1 bis 3 fällt. Jochem (in: Kapellmann/Vygen, Jahrbuch <strong>Baurecht</strong> 2010, S. 291, 323) weist zu<br />

Recht darauf hin, dass die Regelung der Flächenplanung im Kontext des § 11 verfehlt ist, nachdem<br />

sie schon nicht zu den Objekten des § 2 Nr. 1 HOAI gehört.<br />

39 Einhellige Meinung, vgl. Hartmann, HOAI 2009, § 11 Rn. 4; Rohrmüller, HOAI 2009, 7. Aufl., S. 21;<br />

Seifert, in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, Aktualisierungsband zur 7. Auflage, S. 66; Randhahn, in<br />

Steeger, Praxiskommentar HOAI, § 11 Rn. 10.<br />

40 Vgl. Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 11 Rn. 23; Simmendinger, Praxisbeispiele zur<br />

HOAI, S. 261.<br />

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1.3.2 <strong>Weitgehend</strong>e Vergleichbarkeit<br />

Die dargestellten <strong>Objektbedingungen</strong> müssen vergleichbar sein, wobei die Ver-<br />

gleichbarkeit drei Dimensionen unterliegt. Erstens müssen die für die zu betrachten-<br />

den Objekte gültigen Bedingungen Gemeinsamkeiten aufweisen. Zweitens darf eines<br />

dieser Objekte nicht über Merkmale verfügen, welches dem anderen fehlt. Es mag<br />

zwar eine gemeinsame Schnittmenge mit sogar <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong><br />

bestehen, das Auftreten weiterer Bedingungen bei nur einem der Objekte schlägt zu<br />

Lasten der Vergleichbarkeit ins Kontor (mangelnde Konkordanz). Als Drittes kommt<br />

die Wesentlichkeit hinzu. Es genügt nicht, dass in den <strong>Objektbedingungen</strong> Ver-<br />

gleichbarkeit besteht, diese muss nach § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI auch weitgehend<br />

sein. Dass hier eine allgemeingültige definitorische Grenze nicht gezogen werden<br />

kann, sondern eine Einzelfallbetrachtung angezeigt ist, bedarf keiner besonderen<br />

Hervorhebung. Abstrakt lässt sich deshalb nur festhalten, dass auf der einen Seite<br />

absolute Identität zweier Objekte nicht zu fordern ist und auf der anderen Seite die<br />

Abweichungen kein solches Maß annehmen dürfen, dass die <strong>Objektbedingungen</strong> nur<br />

mehr ähnlich wären. Die Forderung nach weitgehender Vergleichbarkeit macht deut-<br />

lich, dass die Unterschiede in den zu vergleichenden Bedingungen zwar spürbar,<br />

jedoch nicht prägend sein dürfen. Die Gemeinsamkeiten müssen das deutliche<br />

Schwergewicht gegenüber den Abweichungen bilden.<br />

Eine andere, allerdings ebenso zentrale Frage ist, wie es sich auswirkt, wenn zwar<br />

alle für die mehreren Objekte geltenden Bedingungen vergleichbar sind, es aber in<br />

nur einzelnen Merkmalen zu solchen Unterschieden kommt, die einer weitgehenden<br />

Vergleichbarkeit entgegenstehen. Dem Verordnungstext ist nicht zu entnehmen, ob<br />

es ausreichen soll, wenn überhaupt weitgehend <strong>vergleichbare</strong> <strong>Objektbedingungen</strong><br />

vorliegen, oder ob schärfer noch zu fordern ist, dass die überwiegenden oder gar alle<br />

gegenüberzustellenden Bedingungen weitgehend vergleichbar sein müssen. Würde<br />

ersteres genügen, ließe sich aus dem Vorliegen nur irgendwelcher Gemeinsamkeiten<br />

leicht auf die Zusammenfassung der anrechenbaren Kosten schließen. So würde es<br />

dann genügen, wenn die äußere Gestaltung, der Baugrund, das zu beachtende<br />

<strong>Baurecht</strong> und die Topographie für zwei Mehrfamilienhäuser einer Wohnanlage iden-<br />

tisch sind, ihre Grundrisse aber keinerlei Ähnlichkeit besitzen, die Ausstattung mit<br />

Fahrstuhl und Klimaanlage divergiert, eines der Häuser als Niedrigenergiehaus kon-<br />

zipiert und mit Tiefgarage und Lager im Dachgeschoss ausgestattet ist, während das<br />

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andere über Kellerräume und ein zu Wohnzwecken ausgebautes Dachgeschoss ver-<br />

fügt. Ebenso könnte es für die Akkumulation der Kosten genügen, wenn Abwasser-<br />

kanal und Wasserversorgungsleitung im selben Rohrgraben liegen und damit einer<br />

einheitlichen Linienführung folgen, auch wenn die zur Bemessung zu führenden<br />

Nachweise und die Baustoffe unterschiedlich sind. Ist es aber umgekehrt so, dass<br />

alle Bedingungen, die sich den Objekten vergleichend gegenüberstellen lassen,<br />

weitgehende Ähnlichkeit aufweisen müssen, käme in keinem der vorgenannten Bei-<br />

spiele eine Kostenzusammenfassung in Betracht.<br />

Die Lösung kann nur in der teleologischen Bewertung der neuen gesetzlichen Rege-<br />

lung zu finden sein. Schon aus dem Kontext ergibt sich, dass sie im Zusammenhang<br />

mit solchen weiteren Bestimmungen steht, welche bei Vorliegen besonderer Um-<br />

stände zu einem reduzierten Honorar führen. Die innere Rechtfertigung für die Hono-<br />

rarminderung ergibt sich aus einem bei typisierender Betrachtung regelmäßig ent-<br />

sprechend geminderten Leistungsumfang des Auftragnehmers. 41 Dort, wo im We-<br />

sentlichen gleichartige Objekte erarbeitet werden, fällt weniger planerischer Aufwand<br />

an, 42 als wenn sich die Objekte deutlich voneinander unterscheiden. 43 Nichts anderes<br />

steht auch für die hier zu betrachtenden <strong>Objektbedingungen</strong> im Hintergrund. Dann,<br />

wenn sich aufgrund ihrer Ähnlichkeit der Aufwand des Planers für mehrere Objekte<br />

reduziert, soll dies dem Auftraggeber zugute kommen, die Leistungsersparnis soll an<br />

ihn in Form verminderter Honorare weitergegeben werden. Dass genau darin der<br />

Sinn der Regelung des § 11 Abs. 1 Sätze 2 und 3 HOAI liegt, zeigt mittelbar auch die<br />

amtliche Begründung, indem sie ohne weitere Umschweife auf den Statusbericht<br />

2000plus verweist. Wie bereits oben hervorgehoben, haben die Gutachter des Be-<br />

richts vorgeschlagen, eine Zwischenabstufung einzufügen, welche die Kluft zwischen<br />

den Wiederholungen und damit verbundenen Honorarminderungen nach § 11 Abs. 2<br />

HOAI 44 und dem Vollhonorar überbrücken sollte, wie dies für die Tragwerksplanung<br />

41 Der Statusbericht 2000plus (oben Fn. 5) weist zutreffend darauf hin, dass eine wissenschaftlich<br />

fundierte Untersuchung zum verminderten Aufwand noch aussteht, vgl. Bericht Kap. 10, S. 42.<br />

42 Die amtliche Begründung spricht in Zusammenhang mit § 11 Abs. 3 von wesentlichen Ersparnissen,<br />

vgl. BR-Drucks. 395/09, S. 170.<br />

43 Randhahn, in Steeger, Praxiskommentar HOAI, § 11 Rn. 19; Stemmer, Praxishinweise zur Anwen-<br />

dung der HOAI 2009, S. 65.<br />

44 Das Gutachten bezog sich noch auf § 22 Abs. 2 HOAI a.F.<br />

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mit § 66 Abs. 2 HOAI a.F. bereits in der Vergangenheit gegolten hatte. Anknüp-<br />

fungspunkt war damit der geringere Aufwand des Tragwerksplaners bei Objekten mit<br />

weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n Tragwerken. Die Ausdehnung dieser früheren Sonderre-<br />

gelung auf alle Leistungsbilder der Objekt- und Fachplanung hat an dieser, den tat-<br />

sächlich geringeren Aufwand betrachtenden Sichtweise nichts geändert. Sie gilt des-<br />

halb auch im Rahmen der Auslegung des neuen § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI.<br />

Wenn es aber um die honorarmäßige Berücksichtigung der Aufwandsreduzierung<br />

zugunsten des Auftraggebers geht, so setzt die Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2<br />

HOAI zwingend voraus, dass die zu betrachtenden <strong>Objektbedingungen</strong> der mehreren<br />

Auftragsobjekte in ihrer Vergleichbarkeit tatsächlich eine Leistungsersparnis mitbrin-<br />

gen, welche die Honorareinbuße rechtfertigt. 45 Demzufolge kann es nicht genügen,<br />

wenn nur einige von mehreren <strong>Objektbedingungen</strong> weitgehend vergleichbar sind.<br />

Sind umgekehrt nur die meisten Bedingungen weitgehend ähnlich, ist der Anwen-<br />

dungsbereich tangiert, aber noch nicht eröffnet. Nur dann, wenn die deutlich die Min-<br />

derheit bildenden, nicht mehr weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong> auf den<br />

planerischen Aufwand keinen erhöhenden Einfluss ausüben, ist die Regelung zur<br />

Kostenzusammenfassung – vorbehaltlich der weiteren Voraussetzung wie gleicher<br />

Honorarzone, zeitlicher und örtlicher Zusammenhang etc. – einschlägig. Treffen für<br />

mindestens eines der Objekte Bedingungen zu, welche für ein anderes überhaupt<br />

nicht einschlägig sind und die deshalb nicht konkordant sind, fehlt es insoweit an je-<br />

der Vergleichbarkeit, sodass § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI schon im Ansatz ausscheidet.<br />

2 Anwendungsmöglichkeiten der weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n Objektbedingun-<br />

gen<br />

Was bisher nur abstrakt betrachtet werden konnte, soll nachfolgend anhand einzel-<br />

ner Fallgestaltungen konkret beurteilt werden, wobei die oben aufgeführten mögli-<br />

45 Seifert, in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, Aktualisierungsband zur 7. Auflage, S. 67 sowie<br />

Weber, Honorarberechnung bei mehreren Objekten nach § 11 HOAI n.F., Aufsatz vom 28.07.2010 in<br />

werner-baurecht.de (Forum HOAI), S. 13 weisen zutreffend darauf hin, dass sich die Honorarreduzie-<br />

rung auch auf die Leistungsphasen 8 und 9 erstreckt, obwohl dort auch dann keine Aufwandsreduzie-<br />

rung eintritt, wenn die <strong>Objektbedingungen</strong> weitgehend vergleichbar sind, während im Fall von § 11<br />

Abs. 2 HOAI die Abminderungen auf die Phasen 1 bis 7 beschränkt sind.<br />

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chen <strong>Objektbedingungen</strong> um weitere speziell für einzelne Leistungsbilder einschlägi-<br />

ge Bedingungen ergänzt werden. Für alle Fallgestaltung kann vorangestellt werden,<br />

dass eine Zusammenfassung zu einem Abrechnungsobjekt überhaupt nur in Be-<br />

tracht kommt, wenn es jeweils nur um Neubauten oder nur um Maßnahmen im Be-<br />

stand geht. Durchmischungen beider schließen weitgehend <strong>vergleichbare</strong> Objektbe-<br />

dingungen aus. 46 Neubauten und Bestandsbauten unterliegen schon allein durch die<br />

Einbeziehung vorhandener Bausubstanz divergierenden Bedingungen, sodass es<br />

bereits an der notwendigen Konkordanz der <strong>Objektbedingungen</strong> fehlt. 47<br />

2.1 Gebäude<br />

2.1.1 Als das Standardbeispiel kann an erster Stelle auf den Statusbericht 2000plus<br />

Bezug genommen werden, 48 wonach eine Siedlungsanlage mit 10 „Wiederholungen“<br />

als Musterfall für die Zusammenfassung der anrechenbaren Kosten gelten soll. Un-<br />

terstellt, dass mit Wiederholungen eine weitgehende Vergleichbarkeit der Objektbe-<br />

dingungen gemeint ist und die übrigen Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 2<br />

HOAI vorliegen, träfe die Annahme des Statusberichts zu, dass die zehn Gebäude<br />

zu einer Abrechnungssumme zusammengefasst werden können. Davon wird man<br />

indessen nur dann ausgehen können, wenn die typischen <strong>Objektbedingungen</strong> wie<br />

die Gestaltung der Häuser, die Bodenverhältnisse für jedes Gebäude, Bauwerksge-<br />

ometrie, Geländetopographie, die Einbindung in die Umgebung, das einschlägige<br />

<strong>Baurecht</strong>, die verwendeten Baustoffe, die Bauwerkskonstruktion, Anzahl der Funkti-<br />

onsbereiche oder der Umfang der technischen Ausrüstung weitgehend vergleichbar<br />

sind. Das ist etwa dann nicht mehr der Fall, wenn Teile der Häuser neben Wohnun-<br />

gen auch Arztpraxen oder Einkaufsmöglichkeiten vorsehen, 49 oder wenn die Bau-<br />

46 Weber, Honorarberechnung bei mehreren Objekten nach § 11 HOAI n.F., Aufsatz vom 28.07.2010<br />

in werner-baurecht.de (Forum HOAI), S. 7.<br />

47 Siehe oben 1.3.2.<br />

48 Statusbericht 2000plus, oben Fn. 5, Kap. 10, S. 41.<br />

49 Ebenso Randhahn, in Steeger, Praxiskommentar HOAI, § 11 Rn. 12 für teilweise gewerbliche Nut-<br />

zung.<br />

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grundverhältnisse für einzelne der Gebäude Abweichungen aufweisen. 50 Dieselbe<br />

Beurteilung ist bei Reihenhäusern anzustellen, die ebenfalls von § 11 Abs. 1 Satz 2<br />

HOAI erfasst werden können. 51<br />

2.1.2 Für ein Schulgebäude und die baulich getrennte, zugehörige Turnhalle wird<br />

sich jedoch keine Kostenzusammenfassung darstellen lassen. 52 Schon die Funkti-<br />

onsbereiche, die Bauwerksgeometrie und die gestalterischen Anforderungen sowie<br />

die konstruktiven Anforderungen einschließlich der Grundrisse können keinerlei Pa-<br />

rallelen aufweisen. Dass ein zeitlicher und örtlicher Zusammenhang besteht und die<br />

Gebäude Teil einer Gesamtmaßnahme sind, kann nicht darüber hinwegtäuschen,<br />

dass es an der weitgehenden Vergleichbarkeit der <strong>Objektbedingungen</strong> weithin fehlt.<br />

2.2 Ingenieurbauwerke<br />

Eine Darstellung von Fallgestaltungen für alle in § 40 Nr. 1 bis 7 HOAI erfassten Ar-<br />

ten von Ingenieurbauwerken würde den hier zur Verfügung stehenden Rahmen<br />

sprengen. Die nachfolgenden Beispiele beschränken sich deshalb auf wenige, über-<br />

wiegend bereits in der Literatur angesprochene Objekte.<br />

2.2.1 Vorgeschlagen wird etwa, eine Kläranlage und das Kanalnetz zusammenzu-<br />

fassen. 53 Kläranlagen – die HOAI spricht von Abwasser- bzw. Schlammbehand-<br />

lungsanlagen 54 – fallen ebenso wie Leitungsnetze für Abwasser unter § 40 Nr. 2<br />

HOAI, gehören also zu den Bauwerken und Anlagen der Abwasserentsorgung. Die<br />

sprachliche Unterscheidung zwischen Kläranlagen und Abwasser- und Schlammbe-<br />

50 Ein Baugrundgutachten für einen Gebäudestandort muss keineswegs auch für die benachbarten<br />

Häuser einschlägig sein, vgl. OLG Zweibrücken, Urt. v. 20.01.2009 – 8 U 43/07, BauR 2010, 1085;<br />

Englert/Grauvogl/Maurer, Handbuch des Baugrund- und Tiefbaurechts, 4. Aufl., Rn. 381.<br />

51 Seifert, in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, Aktualisierungsband zur 7. Auflage, S. 66.<br />

52 Weber, Honorarberechnung bei mehreren Objekten nach § 11 HOAI n.F., Aufsatz vom 28.07.2010<br />

in werner-baurecht.de (Forum HOAI), S. 7, a.A. Rohrmüller, HOAI 2009, S. 21.<br />

53 Rohrmüller, HOAI 2009, S. 21.<br />

54 Anlage 3, Ziffer 3.4.2 – 3.4.5, jeweils im zweiten Spiegelstrich.<br />

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handlungsanlagen ist deshalb von Bedeutung, weil die Behandlungsanlagen zwar<br />

das zentrale Element einer Kläranlage darstellen, Kläranlagen jedoch weitaus um-<br />

fassender auch Wohn- und Betriebsgebäude, Hallen, Verkehrswege und Freianlagen<br />

einschließen, welche nach ganz anderen Abrechnungsgrundlagen zu vergüten<br />

sind. 55 Beschränkt man sich also auf Abwasser- bzw. Schlammbehandlungsanlagen<br />

und das Abwasserkanalnetz, muss man zu dem Ergebnis gelangen, dass es an<br />

weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong> fehlt. Hierzu reicht es nicht aus, dass<br />

beide dem Ziel der Abwasserreinigung verbunden sind. Bauwerksgeometrie und -<br />

konstruktion und Lastannahmen weisen bereits keinerlei Gemeinsamkeiten auf. Auch<br />

Geländetopographie und Baugrundverhältnisse werden in den wenigsten Fällen<br />

weitgehend vergleichbar sein, da das Kanalnetz im Unterschied zur Kläranlage weit-<br />

flächig verzweigt ist. Während bei letzterer die Einbindung in die Umgebung von er-<br />

heblicher Bedeutung ist, entfaltet diese Bedingung bei unterirdisch verlegten Leitun-<br />

gen regelmäßig keine Relevanz, sodass die mangelnde Konkordanz der Bedingun-<br />

gen bereits die Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI ausschließt. Die technische<br />

Ausrüstung und Ausstattung weist mehr Unterschiede als Übereinstimmungen auf,<br />

Anlagen wie Sandfang oder Rechen einer Kläranlage findet man in Abwasserleitun-<br />

gen nicht. Fachspezifische Bedingungen wie Verknüpfungen und Zwangspunkte bei<br />

den Abwasserleitungen tauchen wiederum bei Abwasserbehandlungsanlagen nicht<br />

auf bzw. unterscheiden sich in Art und Häufigkeit. Die Zusammenfassung der Kosten<br />

von Abwasserbehandlungsanlagen und Abwasserkanalnetzen wird damit nicht durch<br />

§ 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI getragen.<br />

2.2.2 In einer Variante wird auch vertreten, eine Kanalnetzplanung mit dem zugehö-<br />

rigen Überlaufbecken zu einem Abrechnungsobjekt zu kumulieren. 56 Gemeint ist<br />

auch hier offenbar das Netz von Abwasserleitungen, sodass beide Objekte wiederum<br />

unter § 40 Nr. 2 HOAI fallen. Grundsätzlich zutreffend liegt der Behauptung der Kos-<br />

tenzusammenfassung nach § 11 Abs. 1 Sätze 2 und 3 HOAI die Annahme zugrunde,<br />

dass ein Überlaufbauwerk funktional vom Leitungsnetz zu unterscheiden ist, 57 da es<br />

55 Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 40 Rn. 45; Jochem, HOAI, 4. Aufl., § 51 Rn. 5.<br />

56 Stemmer, Praxishinweise zur Anwendung der HOAI 2009, S. 65.<br />

57 Simmendinger, Praxisbeispiele zur HOAI, S. 218; Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 40<br />

Rn. 44. Die funktionale Sichtweise bei der Trennung zwischen mehreren Objekten liegt im Trend der<br />

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anderenfalls einer Diskussion der weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong><br />

nicht bedürfte. Dass diese indes nicht vergleichbar sind, zeigt sich, wenn man die<br />

einschlägigen Bedingungen näher beleuchtet. Während der Abwasserkanal schlicht<br />

die Weiterleitungsfunktion inne hat, soll das Überlaufbecken als Entlastungsbauwerk<br />

eine gegenteilige Wirkung erzielen, nämlich den gespeicherten Inhalt zeitversetzt in<br />

das Leitungssystem zurückgeben und ihn damit eben nicht sofort an die Kläranlage<br />

weiterleiten. Bei Auslastung der Kapazität des Beckens erfolgt ein Überlauf in den<br />

Vorfluter, bei dem aus Umweltschutzgründen möglichst wenig Schmutzfracht in na-<br />

türliche Gewässer entlassen werden soll. Die folglich vorausgesetzte Trennwirkung,<br />

in mechanischer Form z.B. durch Rechen, ist dem Leitungsnetz fremd, sodass schon<br />

der Umfang der Funktionsbereiche zwischen den Abwasserleitungen und dem Über-<br />

laufbecken der Vergleichbarkeit entgegen steht. Auch die technische Ausrüstung un-<br />

terscheidet sich. Überlaufbecken werden zur Erzielung der oben beschriebenen<br />

Funktionalität mit technischen Anlagen zur Abfluss- und Beckensteuerung und zur<br />

Reinigung ausgestattet, 58 Anlagen, welche die Abwasserleitungen nicht kennen.<br />

Dass Bauwerksgeometrie und -konstruktion nicht miteinander vergleichbar sein kön-<br />

nen, kommt hinzu. Daraus ergibt sich, dass eine Zusammenfassung der Kosten von<br />

Abwasserleitung und Überlaufbauwerk ausscheidet.<br />

2.2.3 Kontrovers wird die Zusammenfassung von Kosten aus Abwasser- und Trink-<br />

wasserleitungen diskutiert, wenn sie im selben Rohrgraben liegen. 59 Dabei ist die<br />

vorgelagerte Frage zu beantworten, ob § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI auch dann anwend-<br />

bar ist, wenn die zu betrachtenden Objekte zwar demselben Leistungsbild, hier Inge-<br />

nieurbauwerke, entstammen, jedoch unterschiedlichen Objektgruppen angehören.<br />

Während Trinkwasserleitungen unter § 40 Nr. 1 HOAI fallen, gehören Abwasserlei-<br />

tungen zu § 40 Nr. 2 HOAI. Im Regelfall wird davon auszugehen sein, dass Ingeni-<br />

eurbauwerke verschiedener Ziffern so erhebliche Unterschiede aufweisen, dass über<br />

eine Kostenzusammenfassung nicht ernsthaft nachgesonnen werden muss, weil es<br />

jüngeren BGH-Rechtsprechung, vgl. BGH, Urt. v. 24.01.2002 – VII ZR 461/00, BauR 2002, 817; BGH,<br />

Urt. v. 12.01.2006 – VII ZR 293/04, BauR 2006, 697, 699.<br />

58 Simmendinger, Praxisbeispiele zur HOAI, S. 218.<br />

59 Für eine Kostenaddition: Rohrmüller, HOAI 2009, S. 21, dagegen: Simmendinger, Praxisbeispiele<br />

zur HOAI, S. 216 f.; Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 11 Rn. 23.<br />

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nicht selten an der Konkordanz der Bedingungen fehlt. Bestehen aber Zweifel, so<br />

muss jeweils konkret unter Würdigung der <strong>Objektbedingungen</strong> entschieden werden,<br />

ob weitgehende Vergleichbarkeit besteht. 60 Für Trinkwasser- und Abwasserleitungen<br />

scheint dies auf den ersten Blick nahe zu liegen. Beiden Leitungen gemeinsam sind<br />

die Gründungs- und Grundwasserverhältnisse, die Trassierung, die Zwangspunkte,<br />

für beide Leitungen müssen die Nähe von Bauwerksgründungen, von Ver- und Ent-<br />

sorgungseinrichtungen oder von Bäumen und Pflanzen mit starkem Wurzelwachs-<br />

tum 61 betrachtet werden, kurzum die baulichen Verhältnisse sind oft vergleichbar. 62<br />

Auch spielen das äußere Erscheinungsbild und die Einbindung in die Umgebung bei<br />

beiden Leitungen regelmäßig keine Rolle. Zudem mag der Umfang der Verknüpfun-<br />

gen vergleichbar hoch sein, das Rohrleitungsmaterial und der Querschnitt können –<br />

müssen aber nicht – identisch sein. Ob Querschnitte identisch sind, ist abhängig vom<br />

Ergebnis der hydraulischen Berechnungen und Bemessungen der Leitungen, die<br />

verschiedenen Vorgaben folgen, 63 sodass ein gleicher Querschnitt letztlich nur zufäl-<br />

lig wäre. Während Trinkwasserleitungen regelmäßig als Druckleitungen konzipiert<br />

werden, folgen Abwasserleitungen häufig als sog. Freispiegelleitungen einem natürli-<br />

chen oder im Rohrgraben durch zunehmende Verlegetiefe zu erzielenden künstli-<br />

chen Gefälle, was zu sehr unterschiedlichen Berechnungs- und Bemessungsverfah-<br />

ren führt. Müssen Höhenunterschiede überwunden werden, bedarf es bei Abwasser-<br />

leitungen eines Pumpwerks als technischer Anlage, welches in der ohnehin unter<br />

Druck stehenden Trinkwasserleitung an gleicher Stelle nicht benötigt wird. Der Um-<br />

fang der technischen Ausrüstung ist damit nicht mehr vergleichbar. Selbst wenn eine<br />

Wasserversorgungsleitung mit einer zusätzlichen Druckerhöhungsanlage ausgestat-<br />

tet wird, um den notwendigen Versorgungsdruck aufrechtzuerhalten, folgt diese An-<br />

60 Demgegenüber hält Weber, Honorarberechnung bei mehreren Objekten nach § 11 HOAI n.F., Auf-<br />

satz vom 28.07.2010 in werner-baurecht.de (Forum HOAI), S. 9, die weitgehende Vergleichbarkeit bei<br />

Zuordnung zu unterschiedlichen Bauwerksgruppen schon im Grundsatz für nicht gegeben.<br />

61 So ausdrücklich DIN EN 752:2008-4, Ziffer 9.2.4 für Abwasserleitungen. Entsprechendes gilt aber<br />

auch für Wasserleitungen, vgl. Merkel, in Weiterbildendes Studium Wasser und Umwelt Bauhaus-<br />

Universität Weimar (Hrsg.), Einführung in die Wasserversorgung, 4. Aufl. 2010, S. 215.<br />

62 Simmendinger, Praxisbeispiele zur HOAI, S. 261 f.; Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 11<br />

Rn. 23.<br />

63 Wasserleitungen: EN 805:2000 bzw. DVGW-Arbeitsblatt W 400 Teil 1; Abwasserleitungen: DIN EN<br />

752:2008-4, bei Vakuumleitungen auch EN 1091, Druckleitungen EN 1671.<br />

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lage anderen Vorgaben als das Pumpwerk der Abwasserleitung. Manche Abwasser-<br />

leitungen beruhen auf dem System der Vakuumentwässerung, bei der mithilfe von<br />

Pumpen ein atmosphärischer Unterdruck erzeugt und auf diese Weise Schmutzwas-<br />

ser abgesaugt wird. Die Berechnung von Vakuumpumpen und Kompressoren ist<br />

wiederum mit der von Druckpumpen nicht vergleichbar. Zusammenfassend folgt dar-<br />

aus, dass die fachspezifischen Bedingungen von Abwasserleitung und Trinkwasser-<br />

leitung so unterschiedlich sind, dass keine weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n Objektbedin-<br />

gungen bestehen.<br />

2.2.4 Eine bislang noch nicht diskutierte, wenngleich naheliegende Frage ist, ob eine<br />

als Trennsystem geführte Abwasserkanalisation von § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI erfasst<br />

werden kann. Beim Trennsystem werden separate Leitungen für Regen- und<br />

Schmutzwasser verlegt. Während das oberflächlich anfallende Niederschlagswasser<br />

von Straßen, Plätzen und Dächern im Regenwasserkanal einem natürlichen Gewäs-<br />

ser, z.B. einem Fluss, oder einem Versickerungssystem zugeführt wird, werden die in<br />

Haushalten und Gewerbebetrieben entstehenden Abwässer als Schmutzwasser zur<br />

Kläranlage geleitet. Beide Leitungen stehen honorarrechtlich unabhängig nebenein-<br />

ander, stellen also zwei Objekte dar. 64 Verlaufen diese Leitungen im selben Rohrgra-<br />

ben, wiederholen sich die Übereinstimmungen, wie sie zuvor für Trink- und Abwas-<br />

serleitungen dargestellt wurden. Werden sowohl Schmutz- als auch Regenwasserlei-<br />

tung als Freispiegelleitungen ausgeführt, bleiben die <strong>Objektbedingungen</strong> einander<br />

angenähert. Anders gestaltet es sich jedoch dann, wenn das Schmutzwasser als<br />

Druck- oder Vakuumleitung geplant wird, während das Niederschlagswasser durch<br />

eine Freispiegelleitung fließt, weil hierbei unterschiedliche Bemessungsverfahren<br />

zum Einsatz kommen, also die fachspezifischen Bedingungen auseinanderfallen.<br />

Auch sonst bleiben Unterschiede: Während für den Regenwasserkanal aufgrund ho-<br />

her Spitzenabflüsse ein großer Rohrquerschnitt benötigt wird, um Überflutungen zu<br />

begrenzen, variieren die Abflussmengen im Schmutzwasserkanal wenig, sodass<br />

meist ein kleinerer Querschnitt ermittelt wird. Bemessungskriterien für Schmutzwas-<br />

serleitungen sind die zu errechnende Menge häuslicher Abwassereinleitungen sowie<br />

genehmigte Einleitungen gewerblicher Abwässer, ggf. unter Berücksichtigung von<br />

64 OLG Braunschweig, Urt. v. 11.03.2004 – 8 U 17/99, IBR 2005, 690.<br />

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Fremdwasserzuflüssen. 65 Bemessungskriterien für Regenwasserleitungen sind da-<br />

gegen die höchste zu erwartende Regenwassermenge, die Menge an regenundurch-<br />

lässigen bzw. angeschlossenen Flächen, Abflussverluste durch Versickerung in den<br />

Untergrund, bestehende Überflutungsgefahren für Kellerräume. 66 Die fachspezifi-<br />

schen Bedingungen sind danach also nicht vergleichbar. Nun könnte erwogen wer-<br />

den, dass jedenfalls die meisten <strong>Objektbedingungen</strong> weitgehend vergleichbar sind<br />

und sich Unterschiede nur in den Bemessungskriterien ergeben. Dass der daraus<br />

resultierende höhere Aufwand an dieser Stelle keine Rolle spielen dürfe und deshalb<br />

der Bejahung der Tatbestandsvoraussetzung der weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n Objekt-<br />

bedingungen nicht entgegen stünde, ließe sich auch unter Hinweis darauf vertreten,<br />

dass dieselben verschiedenen Bemessungskriterien im Mischsystem genauso zu<br />

betrachten sind, obwohl dort von vorn herein nur ein Objekt anzunehmen ist. Werden<br />

Leitungen im Trennsystem geplant, muss jedoch auch der erhebliche Unterschied<br />

gesehen werden, der in den unterschiedlichen Leitungszielen beruht. Die Schmutz-<br />

wasserleitung ist zur Kläranlage zu führen, der Regenwasserkanal zum Vorfluter.<br />

Insofern mögen zwar weite Teile der Trassierung identisch sein, in den jeweiligen<br />

Zuleitungen hören die Gemeinsamkeiten jedoch auf. Der Anschluss an die Kläranla-<br />

ge bringt andere <strong>Objektbedingungen</strong> mit sich als die Einleitung in natürliche Gewäs-<br />

ser oder in eine Versickerung. Auch verläuft die Leitungstrasse deshalb nicht zur<br />

Gänze parallel, der Regenwasserkanal zweigt an geeigneter Stelle zum Vorfluter ab,<br />

sodass eine Aufwandsersparnis insoweit ausbleibt. Dasselbe gilt auch für den unter-<br />

schiedlichen Einzugsbereich. Während Schmutzwasserleitungen nur an Gebäude<br />

anzuschließen sind, entsorgen Regenwasserleitungen auch die Niederschläge von<br />

Straßen und Plätzen mit völlig anderen Planungsanforderungen. Unter Einbeziehung<br />

dieser Unterschiede kommt die Anwendung von § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI kaum in<br />

Betracht. Im Übrigen hängt es sehr stark von den konkreten Verhältnissen im Einzel-<br />

fall ab, ob noch von weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong> gesprochen wer-<br />

den kann.<br />

65 DIN EN 752:2008-04, Ziffer 8.4.2 und 9.4.2.<br />

66 DIN EN 752:2008-04, Ziffer 8.4.3.3 und 9.4.3.<br />

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Stand: 18.05.2011<br />

2.2.5 Brücken als konstruktive Ingenieurbauwerke für Verkehrsanlagen nach § 40 Nr.<br />

6 HOAI liegen, selbst wenn sie baulich weitgehend vergleichbar sein sollten, meist<br />

räumlich so weit auseinander, dass eine Kostenzusammenfassung nach § 11 Abs. 1<br />

Satz 2 HOAI ausscheidet. Ist dies ausnahmsweise einmal nicht der Fall, müssen die-<br />

se Brücken sowohl in ihrer Bauwerksgeometrie und Konstruktion als auch in ihren<br />

Baustoffen weitgehend übereinstimmen, die Gründungs- und Grundwasserverhält-<br />

nisse müssen ähnlich sein, nicht zuletzt darf auch die Geländetopographie und die<br />

Einbindung in die Umgebung keine nennenswerten Abweichungen aufweisen.<br />

Schädlich für die Kostenkumulation wären unterschiedliche gestalterische Anforde-<br />

rungen. Auch die technische Ausrüstung muss für jede der Brücken sehr ähnlich<br />

bleiben. Dass all diese Bedingungen zutreffen sollten, dürfte nur selten festzustellen<br />

sein.<br />

Wird eine Brücke, etwa im Zuge eines Autobahnabschnitts, so errichtet, dass die<br />

Fahrbahnrichtungen in Unter- und Überbau konstruktiv voneinander getrennt bleiben,<br />

kann jede Brückenhälfte unabhängig von der anderen genutzt und betrieben werden.<br />

Unter funktionalen Gesichtspunkten liegen dann zwei Ingenieurbauwerke vor. 67 Bei<br />

exakter paralleler Führung und weitgehend identischer Konstruktion und Gestaltung<br />

des jeweiligen Unter- und Überbaus einschließlich der Lager werden aber meist<br />

weitgehend <strong>vergleichbare</strong> <strong>Objektbedingungen</strong> bejaht werden können, zumal in die-<br />

sen Fällen auch die Topographie und die Baugrundbeschaffenheit übereinstimmen<br />

werden.<br />

2.3 Verkehrsanlagen<br />

Verkehrsanlagen nach § 44 HOAI, gleichviel ob für Straßen- oder Schienenverkehr,<br />

zeichnen sich dadurch aus, dass sie weiträumig ausgedehnt sind. Unabhängig da-<br />

von, ob allein deshalb ein räumlicher Zusammenhang bestritten werden kann, 68<br />

muss zuvor die Frage beantwortet werden, ob überhaupt mehrere Objekte i.S.v. § 11<br />

67 Vgl. Irmler (Hrsg.), HOAI-Praktikerkommentar, § 40 Rn. 32.<br />

68 Einen solchen bejaht Weber, Honorarberechnung bei mehreren Objekten nach § 11 HOAI n.F.,<br />

Aufsatz vom 28.07.2010 in werner-baurecht.de (Forum HOAI), S. 11.<br />

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Stand: 18.05.2011<br />

Abs. 1 Satz 1 HOAI vorliegen. 69 Ist das der Fall, richtet sich der Blick z.B. bei Stra-<br />

ßenanlagen auf <strong>Objektbedingungen</strong> wie Querschnitte, Verkehrsaufkommen, Längs-<br />

und Querneigung, Kurvenradius, Unterbau und Oberbau. Selbst wenn insoweit Iden-<br />

tität bestünde, muss zusätzlich das äußere Erscheinungsbild, wie es in der Linienfüh-<br />

rung zum Ausdruck kommt, ähnlich sein. Das wird nur gelingen, wenn die topogra-<br />

phischen Verhältnisse annähernd übereinstimmen. Keine weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n<br />

<strong>Objektbedingungen</strong> liegen jedenfalls mehr vor, wenn ein Objekt die Straße und das<br />

weitere ein Kreisverkehr ist, dagegen sollen sie in Betracht gezogen werden können,<br />

wenn an einer bestehenden Autobahn beiderseits gegenüberliegend neue Parkplät-<br />

ze nach gleichem Schema mit gleicher Stellplatzzahl errichtet werden. 70 Auch in dem<br />

Fall müssen aber die <strong>Objektbedingungen</strong> am konkreten Fall sorgfältig geprüft wer-<br />

den, insbesondere die topografischen Verhältnisse.<br />

Verläuft eine Straßenbahntrasse parallel neben einer Straße, handelt es sich um<br />

zwei Objekte, welche unterschiedlichen Ordnungsnummern des § 44 HOAI zugeord-<br />

net sind. Die Straße gehört zu Objekten nach § 44 Nr. 1, die Straßenbahn zu den<br />

Anlagen des Schienenverkehrs nach § 44 Nr. 2 HOAI. Diese unterschiedliche Zuord-<br />

nung allein führt noch nicht zwingend zum Ausschluss des § 11 Abs. 1 Satz 2 HO-<br />

AI. 71 Jedoch wird man keine Basis weitgehend <strong>vergleichbare</strong>r <strong>Objektbedingungen</strong><br />

auffinden. Eine Straße unterliegt gänzlich anderen Planungsanforderungen als eine<br />

Straßenbahn. Dies ergibt sich bereits aus den unterschiedlichen Nutzungsgrundla-<br />

gen, den verschiedenen Baustoffen, dem abweichenden Oberbau oder aus den ver-<br />

schiedenen Anforderungen an den Frostschutz. Auch die Einbindung der jeweiligen<br />

technischen Anlagen weist keine weitgehenden Vergleichbarkeiten auf. Eine Kosten-<br />

zusammenfassung bleibt daher auch bei paralleler Linienführung versagt.<br />

Anlagen des Flugverkehrs nach § 44 Nr. 3 HOAI unterscheiden sich von den übrigen<br />

Verkehrsanlagen dadurch, dass ihnen die Einbindung in ein umfassenderes Netz<br />

69 Siehe etwa Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, § 44 Rn. 13; Steeger, Praxiskommentar<br />

HOAI, § 44 Rn. 2; Kunze, in Hartmann, HOAI 2009, § 11 Rn. 3; Irmler (Hrsg.), HOAI-<br />

Praktikerkommentar, § 44 Rn. 6 ff.<br />

70 Enseleit/Kunze/Pellar, in: Hartmann, HOAI 2009, § 11 Rn. 4.<br />

71 Siehe schon oben Ziffer 2.2.3.<br />

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fehlt. So mögen zwei getrennt nutzbare Start- und Landebahnen eines Flughafens 72<br />

über weitgehend <strong>vergleichbare</strong> <strong>Objektbedingungen</strong> verfügen. Nicht mehr vergleich-<br />

bar sind dagegen Start- und Landebahnen einerseits und Rollfelder andererseits<br />

aufgrund ihrer Geometrie und der unterschiedlichen Befeuerung. Damit fehlt es an<br />

weitgehender Vergleichbarkeit.<br />

2.4 Tragwerksplanung<br />

Um Bedeutung und Inhalt der weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong> in der<br />

Tragwerksplanung zu erfassen, drängt sich der Rückgriff auf die Erläuterungen zum<br />

§ 66 Abs. 2 HOAI a.F. auf, nachdem diese Norm Vorlage für die Schaffung des § 11<br />

Abs. 1 Satz 2 HOAI war. 73 Überwiegend wurde geltend gemacht, dass die statischen<br />

Positionen weitgehend vergleichbar sein müssen, 74 mitunter aber auch auf konstruk-<br />

tive Identität im Material und Berechnungsfaktoren abgestellt, 75 während nach ande-<br />

rer Meinung weder gleiche Baustoffgüten noch gleiche Bauwerksabmessungen oder<br />

Belastungen entscheidend sein sollten, sondern sich die Konstruktionsprinzipien<br />

weitgehend gleichen mussten. 76<br />

Auf diese Erläuterungsansätze kann indes nur bedingt zurückgegriffen werden, denn<br />

während § 66 Abs. 2 HOAI a.F. von weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n Tragwerken spricht,<br />

also den Objektbegriff nach heutiger Fassung in den Mittelpunkt rückt, kommt es für<br />

§ 11 Abs. 1 Satz 2 auf die <strong>Objektbedingungen</strong> an (vgl. oben 1.3). 77 Es geht folglich<br />

um die Bedingungen, die für das Tragwerk von Bedeutung sind und hierauf einwir-<br />

ken. Dazu gehören die zu berücksichtigenden Baustoffe ebenso wie die Abmessun-<br />

72 Weber, Honorarberechnung bei mehreren Objekten nach § 11 HOAI n.F., Aufsatz vom 28.07.2010<br />

in werner-baurecht.de (Forum HOAI), S. 8 weist zutreffend darauf hin, dass bei Flughäfen das Kriteri-<br />

um der Gesamtmaßnahme regelmäßig erfüllt ist.<br />

73 Vgl. oben 1.1.<br />

74 Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, 9. Aufl., § 66 Rn. 7; Enseleit/Osenbrück, Anrechenbare<br />

Kosten für Architekten und Tragwerksplaner, 4. Aufl., Rn. 224; Jochem, HOAI, 4. Aufl., § 66 Rn. 4;<br />

Pott/Dahlhoff/Kniffka/Rath, HOAI, 8. Aufl., § 66 Rn. 5.<br />

75 Groscurth, in: Neuenfeld, Handbuch des Architektenrechts, Bd. 2 HOAI, § 66 Rn. 7.<br />

76 Mantscheff, in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 7. Aufl., § 66 Rn. 5.<br />

77 Zutreffend Rohrmüller/Hofmann, IBR 2010, 1118.<br />

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gen des Baukörpers, 78 auch die Baugrundverhältnisse dürfen nicht außer Acht ge-<br />

lassen werden. Abgestellt wird auch auf das statische System und die hiermit ver-<br />

bundenen Spannweiten, Auflagermöglichkeiten, Verkehrs-, Schnee- oder Windlas-<br />

ten. 79 Während in der statischen Berechnung nach Modellen das Material keine Rolle<br />

spielt, wird es bei der Bemessung relevant und zählt insofern zu den Tragwerksbe-<br />

dingungen. 80 Wenngleich die weitgehende Übereinstimmung der Tragwerkspositio-<br />

nen auf weitgehend <strong>vergleichbare</strong> <strong>Objektbedingungen</strong> schließen lässt, 81 kann im<br />

Einzelfall auch anderes gelten. Insbesondere unterschiedliche Gründungsverhältnis-<br />

se mit verschiedenen Fundamenten können nicht mehr als weitgehend übereinstim-<br />

mend betrachtet werden. Ergeben sich Unterschiede in den Anschlussdetails, kommt<br />

es auf deren Art und Umfang an. Zudem können unterschiedliche Durchbrüche der<br />

weitgehenden Ähnlichkeit im Wege stehen.<br />

Eine weitere Frage ist, ob die Merkmale für die Bestimmung der Honorarzone nach<br />

§ 50 Abs. 2 HOAI in Hinblick auf die <strong>Objektbedingungen</strong> herangezogen werden kön-<br />

nen. Während die Bewertungsmerkmale im Übrigen als <strong>Objektbedingungen</strong> anzuse-<br />

hen sind (siehe oben 1.3.1), greifen die Merkmale nach § 50 Abs. 2 HOAI zu kurz.<br />

Denn sie beschreiben nur allgemeine Bauweisen und Zustände, die zur Begründung<br />

oder Ablehnung weitgehender Vergleichbarkeit in den <strong>Objektbedingungen</strong> nicht be-<br />

trachtet werden können. 82 Der Katalog der Honorarzonen-Merkmale scheidet daher<br />

als Anknüpfungsgrundlage aus.<br />

Aus den vorstehenden Überlegungen folgt, dass die Tragwerksplanungen für ein<br />

Schulgebäude und eine zugehörige Turnhalle nicht unter § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI<br />

fallen können, weil die Bauwerksabmessungen und konstruktiven Anforderungen<br />

grundsätzlich so unterschiedlich sind, dass sich keine weitgehende Übereinstimmung<br />

der statischen Positionen ergeben kann. Bei Reihenhäusern werden sich die Trag-<br />

78 Besondere Leistungen bei der Tragwerksplanung, Heft 3 der Schriftenreihe des AHO, 4. Aufl. 2010,<br />

S. 4.<br />

79 Rohrmüller/Hofmann, IBR 2010, 1118.<br />

80 Vgl. etwa DIN 1055, insb. Teil 1; a.A. Rohrmüller/Hofmann, IBR 2010, 1118.<br />

81 Tragwerkspositionen gehören nicht zu den <strong>Objektbedingungen</strong>, sondern stellen sich als deren trag-<br />

werksplanerische Auswirkung dar.<br />

82 Ähnlich Jochem, HOAI, 4. Aufl., § 66 Rn. 5 zum Terminus der weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n Tragwer-<br />

ke.<br />

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werksbedingungen für End- und Mittelhäuser unterscheiden. 83 Dagegen können<br />

räumlich getrennte Stahlbetonbecken einer Kläranlage über weitgehend vergleichba-<br />

re Tragwerksbedingungen verfügen, 84 dies jedenfalls dann, wenn die oben beschrie-<br />

benen Einflussgrößen auf die Tragwerksplanung weitgehend übereinstimmen.<br />

2.5 Technische Ausrüstung<br />

Im Kontext des § 11 Abs. 1 HOAI nimmt die technische Ausrüstung eine Sonderrolle<br />

ein. Denn während Satz 1 der Vorschrift das Prinzip der getrennten Honorarermitt-<br />

lung nach einzelnen Objekten aufstellt, zu denen nach der Begriffsdefinition des § 2<br />

Nr. 1 HOAI auch Anlagen – nicht aber Anlagengruppen – der technischen Ausrüs-<br />

tung zählen, bestimmt § 52 Abs. 1 HOAI davon abweichend die Honorarberechnung<br />

nach den Kosten von Anlagen einer Anlagengruppe. § 52 Abs. 2 HOAI legt wiederum<br />

fest, dass dann, wenn mehrere Anlagen in einer Anlagengruppe nach § 51 Abs. 2<br />

zusammengefasst werden und in zeitlichem und örtlichem Zusammenhang als Teil<br />

einer Gesamtmaßnahme geplant, betrieben und genutzt werden, § 11 Abs. 1 HOAI<br />

nicht gilt.<br />

Die letztgenannte Rechtsfolge führt zu der Frage, in welchem Verhältnis die Vor-<br />

schriften zueinander stehen. Aus dem Umstand, dass § 11 Abs. 1 zur Gänze ausge-<br />

schlossen wird, wenn die in § 52 Abs. 2 HOAI erfassten Voraussetzungen vorliegen,<br />

folgert ein Großteil des Schrifttums, dass im umgekehrten Fall § 11 Abs. 1 HOAI wie-<br />

der gilt. Fehlt es also bei Anlagen derselben Anlagengruppe am zeitlichen oder örtli-<br />

chen Zusammenhang oder an der Einordnung in eine Gesamtmaßnahme, seien die<br />

Honorare für jede Anlage getrennt zu berechnen. 85 Zwingend ist diese Ansicht nicht,<br />

zumal sie die Bedeutung des § 52 Abs. 1 HOAI als speziellere Norm gegenüber § 11<br />

Abs. 1 HOAI 86 jedenfalls für den Fall übersieht, in dem es um verschiedenartige An-<br />

lagen derselben Anlagengruppe geht. Es ist hier freilich nicht der Ort, dem Verhältnis<br />

83 Ebenso Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, 9. Aufl., § 66 Rn. 7.<br />

84 Rohrmüller/Hofmann, IBR 2010, 195.<br />

85 So Schürmann, in: Hartmann, HOAI 2009, § 11 Rn. 5; ders., (Deutsches IngenieurBlatt) DIB 2010,<br />

44, 45; Randhahn, IBR 2010, 1015; Seufert, IBR 2010, 1185; ähnlich wohl Steeger, Praxiskommentar<br />

HOAI, § 52 Rn. 3.<br />

86 Zutreffend Rohrmüller, IBR 2010, 196; Seufert, IBR 2010, 1185.<br />

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des § 11 Abs. 1 zum § 52 Abs. 1 und 2 HOAI bis ins Detail nachzuspüren. Dieses<br />

Verhältnis hat für die Betrachtung der weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong><br />

nur insoweit Bedeutung, als untersucht werden muss, ob sie überhaupt für Anlagen<br />

der technischen Ausrüstung relevant werden können. Immerhin ähnelt § 52 Abs. 2<br />

dem § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI so stark, dass auch erstgenannte Norm als lex specia-<br />

lis den allgemeinen Satz 2 des § 11 Abs. 1 verdrängen könnte. Unstrittig ist lediglich,<br />

dass es nach § 52 Abs. 2 HOAI auf weitgehend <strong>vergleichbare</strong> <strong>Objektbedingungen</strong><br />

nicht ankommt. 87<br />

Wenn geäußert wird, dass in Fällen, in denen Anlagen einer Anlagengruppe die Vor-<br />

aussetzung des § 52 Abs. 2 HOAI nicht erfüllen, die allgemeine Regelung des § 11<br />

Abs. 1 HOAI wieder auflebt und deshalb die Kostenzusammenfassung nach § 11<br />

Abs. 1 Sätze 2 und 3 HOAI geprüft werden müsse, 88 wäre auch die Frage nach weit-<br />

gehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong> zu stellen. Ob § 11 Abs. 1 in dieser<br />

Konstellation aber wieder auflebt, kann hier dahinstehen. Denn wenn es an einem<br />

zeitlichen und örtlichen Zusammenhang als Teil einer Gesamtmaßnahme und damit<br />

an zentralen Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 fehlt, kommt auch eine Kostenzu-<br />

sammenfassung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 HOAI nicht in Betracht, weil Satz 2 diese<br />

eben genannten Voraussetzungen auch verlangt. Es ist daher müßig, über weitge-<br />

hend <strong>vergleichbare</strong> <strong>Objektbedingungen</strong> bei mehreren Anlagen derselben Anlagen-<br />

gruppe zu sinnieren.<br />

Da § 52 Abs. 2 HOAI von mehreren Anlagen „in einer Anlagengruppe“ spricht, müsse<br />

bei mehreren Anlagen aus verschiedenen Anlagengruppen die Anwendung des § 11<br />

Abs. 1 Satz 2 HOAI, also auch das Vorliegen weitgehend <strong>vergleichbare</strong>r Objektbe-<br />

dingungen, geprüft werden, wenn diese mehreren Anlagen selbständig funktionieren.<br />

Funktionieren sie nicht selbständig und können sie nicht getrennt an das öffentliche<br />

Netz angeschlossen werden, seien sie unabhängig von § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI<br />

stets zusammenzufassen. 89<br />

87 Motzke, Festschrift für Koeble, S. 417, 432; Rohrmüller, IBR 2010, 196; Weber, Honorarberechnung<br />

bei mehreren Objekten nach § 11 HOAI n.F., Aufsatz vom 28.07.2010 in werner-baurecht.de (Forum<br />

HOAI), S. 15.<br />

88 So Seufert, IBR 2010, 1185.<br />

89 Rohrmüller, IBR 2010, 196.<br />

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Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden, sie verkennt die BGH-<br />

Rechtsprechung zum funktionalen Objektbegriff. Bislang hat der BGH nur entschie-<br />

den, dass für Anlagen einer Anlagengruppe eine getrennte Abrechnung stattfindet,<br />

wenn die mehreren Anlagen getrennt voneinander an das öffentliche Netz ange-<br />

schlossen und betrieben werden können und selbständig funktionieren. 90 Betroffen<br />

waren in den Entscheidungen Wärmeversorgungsanlagen, also Anlagen gleicher Art.<br />

Einer Trennung auch mehrerer Anlagen einer Anlagengruppe von unterschiedlicher<br />

Art hatte das oberste Gericht dabei keineswegs das Wort geredet, wie der BGH in<br />

einer weiteren Entscheidung klarstellen musste. 91 Aber auch für die Umkehrung in<br />

dem Fall, dass eine getrennte Nutzung und eigenständige Funktionalität bei Anlagen<br />

verschiedener Anlagengruppe fehlt und demzufolge die Kosten mehrerer Anlagen<br />

zusammengefasst werden müssten, gibt die Rechtsprechung des BGH wie auch der<br />

Instanzgerichte nichts her. Eine derartige Kostenzusammenfassung wäre auch mit<br />

der Verordnung schwerlich in Einklang zu bringen. Denn das Trennungsprinzip folgt<br />

schlicht aus § 52 Abs. 1 Satz 1 HOAI, die Regelung ist abschließend und mangels<br />

einer Lücke auch keiner Analogie zugänglich. Die Vorgabe, Kosten von Anlagen ver-<br />

schiedener Anlagengruppen getrennt zu belassen, macht die Verordnung gerade<br />

nicht davon abhängig, dass die mehreren Anlagen getrennt voneinander an das öf-<br />

fentliche Netz angeschlossen und betrieben werden können bzw. selbständig funkti-<br />

onieren.<br />

Für eine Kostenkumulation kann deshalb nur der weitere Ansatz streiten, bei unab-<br />

hängig voneinander funktionierenden und selbständig an das öffentliche Netz an-<br />

schließbaren Anlagen verschiedener Anlagengruppen die Anwendbarkeit von § 11<br />

Abs. 1 Satz 2, 3 HOAI zu prüfen. 92 Aber auch dieser Weg kann nicht überzeugen.<br />

Zwar lässt sich noch der Standpunkt einnehmen, dass die speziellere Vorschrift des<br />

§ 52 Abs. 2 HOAI den § 11 Abs. 1 nur insoweit verdrängt, als es um Anlagen dersel-<br />

ben Anlagengruppe geht. Zu den Sätzen 2 und 3 des § 11 Abs. 1 HOAI und damit<br />

zur Frage nach weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong> führt aber dennoch<br />

90 BGH, Urt. v. 24.01.2002 – VII ZR 461/00, BauR 2002, 817; BGH, Urt. v. 12.01.2006 – VII ZR<br />

293/04, BauR 2006, 697, 699.<br />

91 BGH, Beschl. v. 20.12.2007 – VII ZR 114/07, BauR 2008, 695 unter Ablehnung der gegenteiligen<br />

Ansicht von Eich/Burwick, BauR 2007, 309, 313.<br />

92 Rohrmüller, IBR 2010, 196.<br />

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Stand: 18.05.2011<br />

kein Weg hin. Ob sich insoweit schon aus Rechtsgründen der Standpunkt einneh-<br />

men lässt, dass Objekte unterschiedlicher Anlagengruppen dem Anwendungsbereich<br />

des § 11 Abs. 1 Satz 2 entzogen sind, bedarf noch der Klärung. Ähnlich wie für ver-<br />

schiedene Objektgruppen nach § 40 HOAI (vgl. oben 2.2.3) sollte auch bei Anlagen<br />

unterschiedlicher Anlagengruppen davon auszugehen sein, dass weitgehende Ähn-<br />

lichkeit der Bedingungen kaum vorliegen können, 93 sodass allenfalls in Zweifelsfällen<br />

eine nähere Untersuchung der jeweils einschlägigen Bedingungen erforderlich wird.<br />

Die Wesensverschiedenheit der unterschiedlichen Anlagengruppen legt jedoch nahe,<br />

dass es an konkordanten <strong>Objektbedingungen</strong> fehlt und sie im Übrigen nicht mitein-<br />

ander vergleichbar sind, von einer weitgehenden Ähnlichkeit ganz zu schweigen.<br />

Sowohl fachspezifische Bedingungen als auch die Funktionsbereiche unterscheiden<br />

sich, für Wärmeversorgungsanlagen (Anlagengruppe 2) werden etwa völlig andere<br />

Anforderungen aufgestellt als für Lufttechnische Anlagen (Gruppe 3). 94 Unabhängig<br />

davon begegnet aber auch die Prämisse Bedenken, den § 11 Abs. 1 Satz 2, 3 HOAI<br />

anzuwenden, obwohl über § 52 Abs. 1 unstrittig § 11 Abs. 1 Satz 1 HOAI ausge-<br />

schlossen wird. Wie soll nämlich ein Satz, der mit den Worten „Dies gilt nicht…“ be-<br />

ginnt, zu verstehen sein, wenn der darin liegende Bezug auf den vorhergehenden<br />

Satz 1 offenkundig ins Leere greift, weil gerade der unstrittig nicht gilt? Da Satz 2 des<br />

§ 11 Abs. 1 HOAI keine andere Funktion hat, als das Regelprinzip der nach Objekten<br />

getrennten Honorarermittlung einzuschränken, 95 kann ihm keine eigene normative<br />

Kraft entnommen werden. Damit kann er aber auch nicht zur Geltung kommen, wenn<br />

schon das Grundprinzip nicht greift, weil es durch § 52 Abs. 1 HOAI verdrängt wurde.<br />

Nach hier vertretener Position findet § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI bei Anlagen der tech-<br />

nischen Ausrüstung nach § 51 ff. HOAI folglich schon im Grundsatz keine Anwen-<br />

dung. Jedenfalls aber können sich bei Anlagen verschiedener Anlagengruppen keine<br />

weitgehend <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong> ergeben.<br />

93 So ausdrücklich Seufert, IBR 2010, 1185.<br />

94 Vgl. u.a. DIN 4102 ff. für die Wärmeversorgung und DIN 1946 für die Raumlufttechnik.<br />

95 Randhahn, in Steeger, Praxiskommentar HOAI, § 11 Rn. 10; Hartmann, HOAI 2009, § 11 Rn. 4.<br />

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3 Ergebnis<br />

Je üppiger die Pläne blühen, umso verzwickter wird die Tat, wusste bereits Erich<br />

Kästner in einem seiner Gedichte zu berichten. Beim Versuch, der Anregung des<br />

Gutachtens 2000plus zu folgen, ist der Verordnungsgeber auf Abwege geraten, er<br />

hat in § 11 Abs. 1 Satz 2 HOAI eine Regelung erfunden, welche nur scheinbar die<br />

Absichten des Gutachtens aufgreift. Tatsächlich muss nämlich zwischen weitgehend<br />

<strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong> und den in § 11 Abs. 2 HOAI normierten wesent-<br />

lich gleichartigen Objekten sorgfältig unterschieden werden, um eine Zwischenabstu-<br />

fung zu erreichen, wie sie den Gutachtern vorgeschwebt hat. Infolgedessen bedarf<br />

es auch der Unterscheidung zwischen <strong>Objektbedingungen</strong> hier und Objekten dort.<br />

Was <strong>Objektbedingungen</strong> sind, definiert die HOAI nicht. Bei ihnen handelt es sich um<br />

verschiedene Umstände und Einflüsse auf das Objekt. Die Anforderung an die weit-<br />

gehende Vergleichbarkeit kann nicht erfüllt werden, wenn ein Objekt Bedingungen<br />

aufweist, welche einem anderen nicht anhaften und wenn <strong>vergleichbare</strong> Bedingun-<br />

gen so deutlich voneinander abweichen, dass eine Aufwandsersparnis nicht eintreten<br />

kann. Das Vorliegen irgendwelcher <strong>vergleichbare</strong>n <strong>Objektbedingungen</strong> genügt nicht,<br />

solange andere Bedingungen divergent bleiben, damit das <strong>Weitgehend</strong>e der Ver-<br />

gleichbarkeit gewahrt bleibt. Im Ergebnis scheidet für viele Objekte eine Zusammen-<br />

fassung der anrechenbaren Kosten aus, sodass die Vermutung im Schrifttum, die<br />

Neuregelung komme nur ausnahmsweise zum Tragen, 96 ihre Berechtigung hat,<br />

schon ohne Betrachtung der weiteren Anwendungsvoraussetzungen für die Aufad-<br />

dierung der anrechenbaren Kosten. Dass in Konsequenz daraus die angestrebte<br />

Zwischenabstufung praktisch in die weite Ferne einer künftigen Novellierung rückt, ist<br />

der unvollkommenen Umsetzung des Vorschlags aus dem Statusbericht 2000plus<br />

geschuldet.<br />

96 Berger/Fuchs, Einführung in die HOAI, Rn. 156; Hartmann, HOAI 2009, § 11 Rn. 4; Randhahn, in<br />

Steeger, Praxiskommentar HOAI, § 11 Rn. 10; Weber, Honorarberechnung bei mehreren Objekten<br />

nach § 11 HOAI n.F., Aufsatz vom 28.07.2010 in werner-baurecht.de (Forum HOAI), S. 16; ähnlich<br />

Motzke, Festschrift für Koeble, S. 417, 431: Gesamtabrechnung wird zur „Rarität“.<br />

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