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Rede von Ute Gerhard anlässlich der<br />

Trauerfeier am 9.10.2009<br />

Für Elisabeth<br />

Viele von uns, auch ich, haben mit<br />

Elisabeths Tod eine gütige, kluge und<br />

unersetzliche Freundin verloren. Und es<br />

geht uns sicher allen so, dass wir erst mit<br />

ihrem so unerwarteten, plötzlichen Tod<br />

begreifen, wie viel sie uns bedeutete, was<br />

wir ihr verdanken, - ja, was ich ihr noch<br />

hätte sagen mögen und wie sehr ich sie<br />

geschätzt und gemocht habe. Sie war mir<br />

eine „Schwester(n)seele“, eine die „ganz<br />

verstand“, die zuhörte, teilnahm und riet,<br />

mit der mich Erfahrungen und Interessen<br />

verbanden, und die immer da war, sich<br />

schon im voraus kümmerte, weil sie<br />

wusste, was einer/m gut tut. Die<br />

Bezeichnung „Schwesterseele“ findet sich<br />

in Paula Becker-Modersohns Tagebuch,<br />

eine Formulierung, die in der ‚hohen Zeit’<br />

der alten Frauenbewegung um 1900<br />

populär wurde. Und es kommt mir so vor,<br />

als ob zwischen Paula Becker und<br />

Elisabeth eine gewisse Seelenver-<br />

wandtschaft bestand: in der Radikalität,<br />

auch unbequeme Wahrheiten<br />

auszudrücken, verbunden mit Warmher-<br />

zigkeit, einem tiefen Mitgefühl und einer<br />

praktischen Nüchternheit. In ihrer Tage-<br />

bucheintragung vom 31.3.1902 spricht<br />

Paula von der „Illusion, dass es eine<br />

Schwesterseele gäbe“, „…ein Wesen zu<br />

finden, das versteht. Und ist es vielleicht<br />

doch besser ohne diese Illusion…? Dies<br />

schreibe ich in mein Küchen-<br />

Haushaltsbuch am Ostersonntag 1902,<br />

sitze in meiner Küche und koche<br />

Kalbsbraten.“<br />

Zum ersten Mal begegnet bin ich<br />

Elisabeth vor knapp 40 Jahren, in der neu<br />

eröffneten <strong>Bremer</strong> Uni, gleich im ersten<br />

oder zweiten Semester 1970/71, im Kreis<br />

mehrerer Frauen, die in der Regel bereits<br />

eine akademische Ausbildung hinter sich<br />

hatten, doch nun nach oder mit Kindern<br />

und Haushalt ihre brachliegenden intel-<br />

lektuellen Kräfte anwenden und erweitern<br />

wollten, d.h. in die Wissenschaft oder<br />

einen akademischen Beruf drängten. Es<br />

war die Frauengeneration, die nach dem<br />

Krieg wohl gleichberechtigt hatte studieren<br />

können, für die jedoch Mutterschaft zu-<br />

gleich die Aufgabe der eigenen Ambi-<br />

tionen und selbstverständlich den Rück-<br />

zug an Heim und Herd bedeutete, wäh-<br />

rend ihre Partner, Ehemänner, gleichzeitig<br />

in ihren bürgerlichen Berufen durchaus<br />

reüssierten. In dieser Konstellation war die<br />

Revolte der Frauen angelegt, und doch<br />

war die Situation bei Elisabeth ja eigentlich<br />

eine andere, durchaus außergewöhnliche:<br />

sie hatte schließlich neben ihren sechs<br />

Kindern bereits in der Mitte der 1960er<br />

Jahre zusammen mit Heinrich Hannover<br />

zwei wichtige, die Vergangenheit not-<br />

wendig erhellende und politisch wirksame<br />

Bücher geschrieben, über die „Politische<br />

Justiz“ in der Weimarer Republik (1966)<br />

und über den „Mord an Rosa Luxemburg<br />

und Karl Liebknecht“ (1967) – wie hatte<br />

sie das nur geschafft! In der Widmung, die<br />

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