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Verständnis für die Schwächen anderer<br />

unmöglich machten.<br />

Leidenschaftlich war sie von der<br />

Richtigkeit ihrer Überzeugungen erfüllt.<br />

Eine ihrer vertrauten Freundinnen, Marie<br />

von Bunsen, bezeichnete es als die Tragik<br />

von Victorias Schicksal, dass sie<br />

Selbstverschulden niemals einsah. Immer<br />

sei sie für die Benachteiligten eingetreten,<br />

oft aber waren Ort und Zeitpunkt für ihre<br />

Kampagnen schlecht gewählt. Sie habe<br />

mehr Temperament als taktisches Ge-<br />

schick besessen und sich auf viele<br />

Auseinandersetzungen eingelassen, in de-<br />

nen sie unterliegen mußte. Das hätte einer<br />

zukünftigen Kaiserin nicht passieren<br />

dürfen. Sie sei ein Vollblutmensch ge-<br />

wesen, mit Leidenschaft ihre Ansichten<br />

vertretend, mit Erbitterung und Tränen<br />

über das Unrecht klagend. Von schönen,<br />

edlen Grundsätzen ausgehend, habe sie<br />

sich eine Welt erbaut, und was nicht<br />

hineinpasste, schonungslos verworfen.<br />

So stand sie auch in der Gefahr,<br />

sich durch das Eintreten für die bür-<br />

gerlichen Frauen und deren teils vehe-<br />

ment bekämpfte Aktivitäten zu kom-<br />

promittieren. Sie folgte aber auch in<br />

diesem Punkt nur ihrer Überzeugung. Der<br />

liberale Geist, der sie in gleicher Weise<br />

wie die Frauenbewegten erfüllte, machte<br />

sie zu natürlichen Bundesgenossen. Die<br />

Hochschätzung von Bildung und Aus-<br />

bildung war Victoria in Fleisch und Blut<br />

übergegangen. Sie schilderte 1891, wie<br />

sie sich seit Jahren um die Einrichtung<br />

eines Damen- Colleges bemüht habe,<br />

aber Wilhelm II. bezeichne Frauenbildung<br />

als unnötig, und schreibt dann folgendes:<br />

"Wenn Frauen nur eine Art von höheren<br />

Dienerinnen bleiben, muss die ganze<br />

Nation darunter leiden. Aber selbst-<br />

süchtige Männer sind töricht genug zu<br />

glauben, dass sie auf unwissenden<br />

Frauen leichter herumtrampeln können." In<br />

der Unterordnung der Frau sah sie den<br />

Hauptgrund des deutschen Nationalismus<br />

und Militarismus, des deutschen Fremden-<br />

hasses und der Ablehnung liberaler Werte.<br />

In Deutschland sei die Frau "nicht die<br />

Gefährtin ihres Mannes bei allen seinen<br />

Geschäften, ...nicht seine Rathgeberin,...<br />

steht nicht auf derselben Bildungsstufe als<br />

er, theilt nicht die Interessen der Männer<br />

und ist im Hause nicht die unumschränkte<br />

Herrin." Nehme eine Frau sich diese<br />

Rechte heraus, so werde sie "als ge-<br />

fährlich, herrschsüchtig, lächerlich, ver-<br />

dreht angesehen, und es wird ihr der Krieg<br />

gemacht!" Was man am Berliner Hof<br />

wünsche, sei eine Prinzessin, die sich in<br />

alles fügt, sich gut anzieht, hübsch<br />

aussieht, mit jedem ein banales Wort zu<br />

reden weiß und in ihrem eigenen Haus<br />

eine Puppe ist, wie eine Türkin im Harem.<br />

Victoria hat sich oft mit bitteren Worten<br />

über die deutschen Frauen beklagt, die<br />

kleinbürgerliche Ansichten pflegten und es<br />

nicht verstanden hätten, sich eine<br />

angesehenere Stellung zu erobern.<br />

Der für die bürgerliche Frauen-<br />

bewegung zentrale Gedanke der Müt-<br />

terlichkeit lag Vicky sehr nahe. Sie liebte<br />

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