herunterladen. - Bremer Frauenmuseum

Wäre Fritz im Jahre 1862, als sein
Vater an Abdankung dachte, Vickys Rat
gefolgt und hätte nach der Krone
gegriffen, so hätte der Coburger Plan eine
Chance gehabt, verwirklicht zu werden.
Statt dessen wurde Bismarck, Gegner aller
liberalen Bestrebungen, preußischer
Ministerpräsident. In Victoria sah er die
"englische Spionin am preußischen Hofe",
die es auszuschalten galt, zumal sie nach
allgemeiner Überzeugung ihren Fritz völlig
beherrschte. Erbarmungslos machte Bis-
marck sie zur Zielscheibe seiner Intrigen
und Verleumdungen und zusammen mit
ihrem Mann zum Opfer seiner Ausgren-
zungspolitik. Doch das Kronprinzenpaar
blickte noch voll Hoffnung in die Zukunft.
Vickys großes Ziel war es, ihren Sohn auf
seine zukünftige Rolle vorzubereiten. Sie
konfrontierte Wilhelm, der als Kind viele
schmerzhafte Prozeduren zur Behandlung
seines Armes über sich hatte ergehen
lassen müssen, als Jugendlichen mit den
höchsten Anforderungen. Wenn sie ihm
auch in Briefen an ihre Mutter voll
Bitterkeit jede Begabung und alle guten
Charaktereigenschaften absprach, so ver-
suchte sie diese Mängel durch immer
neue Anregungen zu kompensieren, wel-
che dickleibigen Wälzer er neben seinem
12-Stundentag als Schüler lesen, wie er
sich in den Fremdsprachen vervollkom-
mnen, wie viele Briefe er ihr schreiben
sollte. Das Ende vom Lied war, dass der
ursprünglich zärtliche Sohn, der davon
träumte, mit seiner Mutter auszufahren
und ihre schönen Hände zu küssen, mit
Ablehnung auf ihre Ansprüche reagierte
und ins Lager der Gegner seiner Eltern
hinüber gezogen wurde.
Zu diesen Gegnern zählten in
erster Linie Bismarck, der mächtigste
Mann in Preußen, mit seinen Partei-
gängern, später auch Wilhelm I. und seine
Gemahlin Augusta. Sie erblickten in den
liberalen Auffassungen des Kronprin-
zenpaares eine große Gefahr für den
preußischen Staat. Man ging so weit, auf
einen Ausschluß Friedrichs von der
Thronfolge hinzuarbeiten. Bismarck be-
gann schon frühzeitig, das Ansehen von
Fritz und Vicky systematisch zu unter-
graben und dafür zu sorgen, dass ihre
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