herunterladen. - Bremer Frauenmuseum
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täglich der Todesgefahr im Schützen-<br />
graben ausgesetzt waren, dass die von ihr<br />
erhoffte internationale Solidarität der<br />
Proletarier in Uniform bei Kriegsbeginn in<br />
Patriotismus umgeschlagen, ihr jahre-<br />
langer Kampf vergeblich gewesen war,<br />
dass schließlich die deutschen Sozial-<br />
demokraten geschlossen den Kriegs-<br />
krediten zugestimmt hatten - diese Erfah-<br />
rungen haben sie zutiefst erschüttert.<br />
Die Frau, die aktiv an der<br />
russischen Revolution von 1905 teil-<br />
genommen und damals bekannt hatte:<br />
"Ich lebe am fröhlichsten im Sturm", war<br />
fast für die gesamte Dauer des Krieges<br />
zur Tatenlosigkeit in Gefängnis- und<br />
Festungshaft verdammt. In den engen, oft<br />
übelriechenden Zellen wehrte sie sich mit<br />
privater und politischer Korrespondenz<br />
gegen die Verzweiflung.<br />
Mit der "Juniusbroschüre" legte sie<br />
1915 eine prophetische Vorausschau auf<br />
das Kriegsende vor, entstanden im<br />
Weibergefängnis in Berlin. Ihre kritischen<br />
Anmerkungen zur Oktoberrevolution in<br />
den "Spartakusbriefen" enthalten die<br />
vielzitierten Sätze, die ihr Verständnis<br />
eines demokratischen Sozialismus kurz<br />
umreißen: "dass ohne freie ungehemmte<br />
Presse, ohne ungehindertes Vereins- und<br />
Versammlungsleben gerade die Herr-<br />
schaft breiter Volksmassen undenkbar ist.<br />
Freiheit nur für die Anhänger der<br />
Regierung, nur für die Mitglieder einer<br />
Partei... ist keine Freiheit. Freiheit ist<br />
immer nur die Freiheit des anders<br />
Denkenden...". Diese Abhandlung schrieb<br />
sie im Breslauer Gefängnis.<br />
Am 9. November 1918 wurde Rosa<br />
Luxemburg aus der Haft entlassen. Sie<br />
war krank und durch ein Magenleiden<br />
geschwächt, aber, wie Clara Zetkin es<br />
ausdrückte: "Die kleine, zerbrechliche<br />
Rosa war die Verkörperung beispielloser<br />
Energie. Sie forderte jeden Augenblick das<br />
Höchste von sich und erhielt es. Wenn sie<br />
unter einer Anstrengung zusammen-<br />
zubrechen drohte, so 'erholte' sie sich bei<br />
einer noch größeren Leistung. Bei Arbeit<br />
und Kampf wuchsen ihr Flügel."<br />
Sie reiste nach Berlin, eilte vom<br />
Bahnhof direkt in die Redaktion der „Roten<br />
Fahne". In den ihr noch verbleibenden<br />
Wochen setzte sie alle Kraft daran, in<br />
Artikeln und Flugschriften immer wieder<br />
aufs neue die Ziele der Revolution und<br />
Wege zu ihrer Verwirklichung aufzuzeigen.<br />
Wie stets betonte sie die führende Rolle<br />
der Massen, aber auch die Notwendigkeit,<br />
daß das Proletariat noch viele praktische<br />
Erfahrungen im Kampf am Arbeitsplatz<br />
machen und den Klassenkampf hinaus<br />
aufs Land tragen müsse, denn nur mit der<br />
Zustimmung der großen Mehrheit des<br />
deutschen Volkes könne die Revolution<br />
gelingen. Es kann nicht meine Aufgabe<br />
sein, hier den Verlauf der Novem-<br />
berrevolution zu skizzieren. Innerhalb die-<br />
ses insgesamt tragischen Geschehens<br />
spielte sich die persönliche Tragödie der<br />
Rosa Luxemburg ab. Ihre letzten Lebens-<br />
tage waren von der Entscheidung ver-<br />
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