herunterladen. - Bremer Frauenmuseum
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alt; die Familie lebte in Warschau. Sie<br />
gehörte zu den assimilierten Juden, hielt<br />
sich vom jüdischen Gemeindeleben und<br />
den altüberkommenen religiösen Bräu-<br />
chen fern, ohne allerdings zum Christen-<br />
tum zu konvertieren. Im Hause sprachen<br />
die Luxemburgs nicht jiddisch, sondern<br />
polnisch, russisch und deutsch. Besonders<br />
Rosas Mutter begeisterte sich für die<br />
Literatur der deutschen Romantik und für<br />
Friedrich Schiller.<br />
Für Rosa Luxemburg war ihre<br />
jüdische Abstammung kein Thema, mit<br />
dem sie sich öffentlich auseinandergesetzt<br />
hätte. Die zionistische Bewegung erntete<br />
nur ihren Spott, denn sie war grundsätzlich<br />
gegen die Aufteilung der Menschen nach<br />
Rassen und Nationen und die Gründung<br />
entsprechender neuer Staatsgebilde.<br />
Es war in den letzten Jahren viel<br />
die Rede von der "doppelten Behin-<br />
derung", jüdisch und weiblich zu sein.<br />
Aber auch diese "Behinderung" durch ihr<br />
Geschlecht hat Rosa Luxemburg ignoriert,<br />
wohl mitbedingt durch die Tatsache, daß<br />
sie eine hervorragende, der ihrer Brüder<br />
gleichwertige Schulbildung genossen hat-<br />
te, wie es für die Töchter emanzipierter<br />
jüdischer Familien viel früher üblich war<br />
als für ihre christlichen Schwestern, und<br />
daß sie studieren konnte. Gleichzeitig mit<br />
ihr waren auch deutsche Frauen an der<br />
Universität in Zürich eingeschrieben, z.B.<br />
die Hamburgerin Anita Augspurg, die<br />
später als eine der führenden Frauen-<br />
rechtlerinnen von sich reden machte.<br />
Rosa Luxemburg hat keinen Kontakt zu<br />
der gleichfalls Jura Studierenden gesucht<br />
und sich nie in der Theorie für die Rechte<br />
der Frauen eingesetzt, wenn auch ihre<br />
ganze Lebenspraxis ein Ringen war um<br />
gleichwertige Anerkennung in der Männer-<br />
gesellschaft. Aber als starke Persönlichkeit<br />
von großer Durchsetzungskraft und<br />
scharfer Intelligenz, von unbändigem<br />
Kampfgeist und frappierender Zivilcourage<br />
hat sie ihre Weiblichkeit wohl nie als<br />
Defizit betrachtet. Ihr als Marxistin ging es<br />
nicht um den Gegensatz der Ge-<br />
schlechter, sondern um den Gegensatz<br />
zwischen Arbeit und Kapital, nicht um die<br />
Frauen allein, sondern um das Proletariat.<br />
Viele Menschen kennen Rosa<br />
Luxemburg weniger als Politikerin, son-<br />
dern von einer anderen Seite, die land-<br />
läufig als "weiblich" eingestuft wird und in<br />
Rosas an Facetten reicher Persönlichkeit<br />
große Bedeutung hatte. Viele haben sich<br />
bewegen lassen von ihren Briefen aus<br />
dem Gefängnis, in denen sich ihr tiefes<br />
Mitgefühl mit der im Krieg und durch den<br />
Krieg geschundenen und leidenden<br />
Kreatur ausspricht, aber auch ihre an-<br />
steckende Freude an allen Erscheinungen<br />
der Natur vor ihrem Zellenfenster, seien es<br />
Pflanzen, Insekten oder Vögel.<br />
Ursprünglich hatte Rosa Luxem-<br />
burg Naturwissenschaften studieren wol-<br />
len und nicht Nationalökonomie und<br />
Statistik. Sie verfügte über ein umfang-<br />
reiches botanisches Wissen, das sie<br />
ständig vervollkommnete und erweiterte.<br />
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