herunterladen. - Bremer Frauenmuseum
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diesem Zusammenhang erfahren wir von<br />
der stetigen Vergrößerung Vegesacks und<br />
der zunehmenden Beliebtheit der schönen<br />
Grundstücke am hohen Ufer, wo sich auch<br />
bremische Familien jetzt gerne wenigstens<br />
für den Sommer niederließen. Zugleich<br />
aber sank die Bedeutung Vegesacks als<br />
Hafenplatz, es wurde von <strong>Bremer</strong>haven<br />
überflügelt, und so wandten sich ge-<br />
schäftstüchtige Unternehmer dem Ausbau<br />
des Fremdenverkehrs zu. Unmittelbar<br />
neben Margarethes Anwesen entstand ein<br />
Hotel mit Restaurationsbetrieb, das sich<br />
bald großer Beliebtheit erfreute, zumal<br />
durch die Eröffnung der Eisenbahnstrecke<br />
Bremen-Vegesack die Hansestadt sehr<br />
viel näher gerückt war.<br />
Noch viele Informationen zur<br />
Lokalgeschichte ließen sich dem vor-<br />
liegenden Text entnehmen; sie machen in<br />
meinen Augen einen großen Reiz der<br />
Erzählung aus. Aber die Autorin ist nicht<br />
nur getreue Chronistin, sie besitzt auch<br />
eine dichterische Ader, die sie einsetzt,<br />
wenn es um Träume, um große Gefühle<br />
der Begeisterung oder der Trauer geht.<br />
Dadurch gewinnt Christine Gerdes’ Werk<br />
auch eine poetische Dimension. Wenden<br />
wir uns aber der Hauptperson Margarethe<br />
zu. Was sie in ihrem langen Leben von<br />
1793 bis 1867 erfahren hat an un-<br />
beschwerter Kindheit, glücklicher Verei-<br />
nigung und Zusammenarbeit mit dem<br />
geliebten Mann, an Freude bei der Geburt<br />
der Kinder, an Geborgenheit in gesi-<br />
cherten und geachteten Verhältnissen,<br />
das war nicht von langer Dauer. Den<br />
heiteren Jahren im Auftakt des Lebens, da<br />
alles zu gelingen schien, folgten bittere<br />
Erfahrungen, Jahre, in denen gesund-<br />
heitliche und wirtschaftliche Sorgen die<br />
junge Frau, bald junge Witwe mit vier<br />
kleinen Kindern, nie verließen. Tiefer<br />
Schmerz um den verlorenen Ehemann<br />
und um den Verlust des Landgutes<br />
Trochel, das doch ihre gemeinsame<br />
Lebensaufgabe gewesen war und das sie<br />
trotz Aufbietung der letzten Kräfte nicht<br />
hatte halten können, bestimmte für lange<br />
Zeit ihre Gefühle. Freilich hatte sie das<br />
Glück, wieder in den Schoß der Kapi-<br />
tänsfamilie und in das schöne Anwesen<br />
am hohen Ufer in Vegesack zurückkehren<br />
zu können. Aber Freude hatte ihr das<br />
Schicksal nicht mehr zugedacht. Krankheit<br />
und Tod ihrer drei Söhne, schließlich auch<br />
noch des geliebten einzigen Enkelkindes<br />
musste sie erleben, ehe der Tod sich<br />
endlich auch ihrer erbarmte.<br />
Danken wir der Autorin, die es<br />
verstanden hat, dieses exemplarische<br />
Frauenleben dem Dunkel des Vergessens<br />
zu entreißen. Ich wünsche dem Buch viele<br />
Leserinnen und Leser.<br />
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