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Die schulische Klassengemeinschaft...

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Seite 3/4Skalierungsfragen bieten eine gute Ergänzung zu den soziogrammatischenBeschreibungen, die Position einzelner Schülerinnen und Schüler innerhalb der<strong>Klassengemeinschaft</strong> lässt sich dergestalt präziser beschreiben.Je nach eingeschätzter „Bewegungsdisziplin“ innerhalb der <strong>Klassengemeinschaft</strong> können„virtuelle“ Skalen in den Klassenraum gelegt werden, die Schülerinnen und Schülerdrücken ihre skalenbezogenen Selbsteinschätzung durch entsprechende Positionierungauf den jeweiligen virtuellen Skalenpunkten im Klassenraum aus. Das Ergebnis wirddann anschließend schriftlich festgehalten.<strong>Die</strong>se Art der Skalierung ist kurzfristig mit sehr viel Bewegung im Raum verbunden, undist daher eher bei älteren Schülern und Schülerinnen zu empfehlen. Bei Jüngerenempfiehlt es sich, die jeweilige Skala auf die Tafel aufzumalen und die Schülerinnen undSchüler zu bitten, ihre eigene Selbsteinschätzung dort einzutragen. Thematisch beziehendie Skalen sich beispielsweise auf die jeweils erlebte <strong>Klassengemeinschaft</strong>, wobei die 10für sehr gut und die 0 für schlecht und die 5 für weder gut noch schlecht steht. Etwasschwieriger sind Skalen, die beispielsweise das Schikanieren anderer in der Klassebetreffen, wobei die 10 dafür steht, andere intensiv zu schikanieren, mit der Abnahmeschikanierenden Verhaltens bis zur 0 hin. In einer anderen Skala könnte die 10 dafürstehen, dass man sich häufig schikaniert fühlt und die 0 dafür, dass man nie schikaniertwird. Weitere mögliche Skalen können sich thematisch beziehen auf:- wie mitfühlend schätze ich mich gegenüber meinen Klassenkameraden ein;- wie sportlich bin ich;- wie gut kann ich sprachlich Konflikte lösen;- wie schätze ich meine mathematischen Fähigkeiten ein;- wie gern gehe ich morgens zum Unterricht;- wie gehe ich auf die Bedürfnisse anderer in der Klasse ein;- fühle ich mich akzeptiert bzw. auch nicht akzeptiert;- wie gut kann ich mich in die Gefühle anderer hinein versetzen;- kann ich andere Meinungen und Einstellungen gut respektieren.Bereits die thematisch unterschiedlichen Skalierungen bewirken erste Veränderungen in denvoneinander wahrgenommenen „Bildern“, sie zeigen sich verändernde persönliche Stärkenund Schwächen und unterschiedliche Kompetenzen und Ressourcen innerhalb der<strong>Klassengemeinschaft</strong> und zeigen diese als einen Ort bzw. einen eigenen Kontext mitMöglichkeiten zur Veränderung.Soziogramm- und Skalierungsergebnisse bilden die Grundlage, für die an die Diagnostik sichanschließende Interventionsphase, die in der Regel zwei bis vier Schulstunden umfasst. Zumeinen wird mit der Interventionsphase das Ziel verfolgt, beispielsweise Schikanierende undSchikanierte mehr in die <strong>Klassengemeinschaft</strong> zu integrieren, schikanieren und schikaniertwerden als wechselseitigen Prozess zu sehen, der Anlass sein kann, die jeweilsschwierigen Beziehungen positiver zu gestalten. Besonders wichtig ist es für dieInterventionsphase, dass jedes Klassenmitglied „ein Gesicht“ bekommt, jedesKlassenmitglied Lösungsideen entwickeln kann, die sich positiv auf den weiteren Prozessauswirken können. <strong>Die</strong>se Vielzahl möglicher und unterschiedlicher Lösungsideen, die denBetroffenen dann eine Auswahl ermöglichen, machen den Reichtum an Lösungsressourcenin der <strong>Klassengemeinschaft</strong> für deren Mitglieder sehr deutlich.Wenn auch das nachfolgend kurz beschriebene Verfahren anfangs für die Beteiligtenpsychisch belastet sein kann, ist es doch in der Lage, relativ schnell und effizientBeziehungen, die schwierig sind, positiv zu verändern:<strong>Die</strong> Klasse bildet einen Stuhlkreis, in dessen Mitte drei Stühle platziert werden. Auf demersten Stuhl nimmt ein Schüler bzw. eine Schülerin Platz, der/die sich stark schikaniert fühlt.<strong>Die</strong>ser Schüler besetzt den zweiten Stuhl mit dem Mitschüler, der ihm in dieser<strong>Klassengemeinschaft</strong> am sympathischsten ist. Auf den dritten Stuhl setzt der sich schikaniert


Seite 4/4fühlende Schüler den Schüler, von dem er sich am stärksten schikaniert fühlt. Während desweiteren Verlaufes bleibt der „sympathische“ Schüler „still“, er dient lediglich deremotionalen Stabilisierung des schikanierten Schülers. Jede Schülerin bzw. jeder Schüleraus dem umgebenden Stuhlkreis wird gebeten, Ideen zu entwickeln, wie sich die Beziehungzwischen schikanierendem und schikanierten Schüler verbessern könnte. Dabei sollenmöglichst konkrete Handlungsideen, die den Unterricht bzw. die Pausengestaltung betreffen,geäußert werden. Schikanierer und schikanierter Schüler schreiben sich diese Ideen auf undhaben nach diesem Prozedere die Gelegenheit, noch eigene Vorschläge zu äußern.Beide entscheiden sich aus den entwickelten Ideen für eine, die sie in den nächsten vierWochen im Unterricht bzw. in den Pausen umsetzen wollen. Der „sympathische“ Schülererhält die Aufgabe, jeweils zu beobachten, ob Schikanierer und schikanierter Schüler sich anihre Vereinbarung halten.<strong>Die</strong>se Art der Intervention beeinflusst das Klassenklima bereits positiv, da nicht dieSchwierigkeiten in Beziehungen im Vordergrund stehen, sondern deren Lösung. <strong>Die</strong>geäußerten Ideen bleiben teilweise vage und werden jedoch hinreichend konkretisiert undführen zu konkreten Aufgaben, die nicht zu schwierig sind, um bewältigt zu werden. <strong>Die</strong>beschriebene Dreierkonstellation im Stuhlkreis lässt sich unter thematisch unterschiedlichenGesichtspunkten für den äußeren Stuhlkreis mit verschiedenen Aufgabenschwerpunktengestalten, so dass jede/jeder in der <strong>Klassengemeinschaft</strong> sich in unterschiedlichen Rollenerleben kann. Wichtig ist es hierbei, die Lösungsideen und die daraus resultierendenAufgabenstellungen genau festzuhalten, da diese Grundlage für die im Zeitabstand von vierWochen stattfindenden Evaluationsgespräche sein werden.In der Evaluationsphase, die in der Regel zwei Schulstunden umfasst, berichten in einemersten Schritt alle Beobachter/innen, ob die jeweils entwickelten Handlungsvorschlägekonkret umgesetzt wurden. Daran schließen sich Fragen an die Beobachteten an, wasschwer bzw. was leicht an den jeweiligen Aufgabenstellungen gefallen ist und woVerbesserungen in der jeweiligen Beziehung möglich waren. Danach schätzen alleMitglieder der <strong>Klassengemeinschaft</strong> die Klassenatmosphäre auf der bereits beschriebenen10-stufigen Skala erneut ein. Zeigt das Ergebnis eine über alle hinweg positiveVerbesserung bzw. zumindest keine Verschlechterung, ist die Arbeit beendet und die<strong>Klassengemeinschaft</strong> konnte die Erfahrung machen, dass die Klasse ein Raum ist, in demsich schwierige Beziehungen zum positiven verändern können. Bei nichtzufriedenstellendem Ergebnis hat die <strong>Klassengemeinschaft</strong> die Möglichkeit, konsensuellerneut in die Interventionsphase einzusteigen und nach neuen möglichen Verbesserungenzu suchen bzw. entsprechend alternative Handlungsvorschläge zu entwickeln.Trotz aller positiven Bemühungen kann jedoch auch das Arbeitsergebnis möglich sein, dassdie Beziehungen zwischen schikanierenden und schikanierten Schülerinnen und Schülernsich nicht positiver gestalten und Mitglieder der <strong>Klassengemeinschaft</strong> diese verlassenmüssen, damit für die Verbleibenden die <strong>Klassengemeinschaft</strong>satmosphäre als deutlichverbessert erlebt werden kann.

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