2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Hana Kühr – Die Erscheinungsformen von Mandatsträgerbeiträgen Aufsätze<br />
Die Erscheinungsformen von<br />
Mandatsträgerbeiträgen<br />
– Anstöße für eine differenzierende Kritik<br />
an der besonderen Einnahmequelle von<br />
Parteien –<br />
Hana Kühr 1<br />
I. Die Problematik der Sonderbeiträge<br />
Mandatsträgerbeiträge sind Zahlungen von Inhabern<br />
eines öffentlichen Wahlamtes an ihre Parteien.<br />
Die Beiträge werden üblicherweise monatlich<br />
entrichtet. Diese an das Mandat gekoppelte<br />
Einnahmeart der Parteien sah sich seit jeher Kritik<br />
in unterschiedlichen Formen ausgesetzt – insbesondere<br />
in Bezug auf das Mandat der Abgeordneten<br />
im Bundestag.<br />
Hauptsächlich werden den von politischen Parteien<br />
eingeforderten Zahlungen drei Verfassungsbrüche<br />
zur Last gelegt: Die Abgaben führten<br />
erstens zu einer Verletzung des freien Abgeordnetenmandats<br />
aus Art. 38 I 2 GG, weil sie ein<br />
Abhängigkeitsverhältnis zu den politischen Parteien<br />
begründeten oder verstärkten. Zweitens<br />
stellten sie eine „Hypothek“ auf die Diäten der<br />
Mandatsträger dar und stünden daher im Widerspruch<br />
zu Art. 48 III 1 GG. 2 Aus dieser Kritik<br />
leitet sich das häufig verwendete Synonym der<br />
Parteisteuern ab. Drittens unterstellen einige<br />
Stimmen den Beiträgen die Eigenschaft der ver-<br />
1 Die Verfasserin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am<br />
Institut für Deutsches und Internationales Parteienrecht<br />
und Parteienforschung (<strong>PRuF</strong>) und am Lehrstuhl für<br />
Öffentliches Recht, Rechtstheorie und Rechtssoziologie<br />
an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Ich<br />
danke Herrn Dr. Julian Krüper für die wertvollen Hinweise<br />
und anregenden Gespräche zu diesem Thema.<br />
2 H. v. Arnim/Th. Drysch, in: BK, GG, Art. 48 Rn. 289;<br />
Parteienfinanzierungskommission 1993, BT-Drs. 12/<br />
4425, S. 30; B. Küstermann, Das Transparenzgebot<br />
des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG und seine Ausgestaltung<br />
durch das Parteiengesetz, 2003, S. 120.<br />
deckten und damit unzulässigen staatlichen Parteienfinanzierung.<br />
3 Da die Beiträge nahezu alle<br />
Abgeordneten betreffen, wird die Vermutung<br />
ausgesprochen, dass die Diäten von vornherein<br />
unter Berücksichtigung eines ohnehin an die Parteien<br />
zu entrichtenden Betrags durch das Parlament<br />
selbst höher festgesetzt werden. 4 Damit<br />
fließe vom Staat an die Abgeordneten gezahltes<br />
Geld mittelbar an die politischen Parteien – entgegen<br />
der Klarstellung des BVerfG im Diäten-<br />
Urteil, wonach die Abgeordnetenentschädigung<br />
nicht der Mitfinanzierung der politischen Parteien<br />
dient. 5<br />
Unabhängig von der Stichhaltigkeit der Argumente<br />
6 ist diesen Ansätzen zu entgegnen, dass<br />
sie sich nur bedingt auf die Realität der besonderen<br />
Einnahmequelle einlassen. Die verfassungsrechtlichen<br />
Bedenken rekurrieren auf Mandatsträgerbeiträge<br />
nämlich in undifferenzierter Weise.<br />
Da die Parteien mangels detaillierter einfachrechtlicher<br />
Vorgaben einen weiten Spielraum haben,<br />
in welcher Art und Höhe sie von „ihren“<br />
Mandatsträgern Sonderbeiträge verlangen, haben<br />
sich verschiedene Gestaltungsarten etabliert. Erst<br />
wenn man die Modalitäten der Zahlungserwartungen<br />
berücksichtigt, gelingt ein Urteil über die<br />
Vereinbarkeit der Sonderbeiträge mit geltendem<br />
Recht. Dieser Beitrag liefert eine Darstellung einiger<br />
Spielarten aus den parteiinternen Vorgaben<br />
als Grundlage für die verfassungsrechtliche Diskussion<br />
einerseits und Anreiz für Abänderungen<br />
andererseits.<br />
3 H. v. Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das<br />
Geld, 1991, S. 209; ders., DVBl. 2011, S. 1278<br />
(1280); Ch. Landfried, Parteifinanzen und politische<br />
Macht, 1990, S. 97 ff.<br />
4 Ph. Kunig, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 3.<br />
Aufl. 2005, § 40 Rn. 114; M. Morlok, in: Bundespräsidialamt<br />
(Hrsg.), Bericht der Kommission unabhängiger<br />
Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung<br />
mit Gutachten, 2001, S. 280; A. Linde, Fraktionsfinanzierung<br />
in der parlamentarischen Demokratie, 2000,<br />
S. 255; U. Volkmann, Politische Parteien und öffentliche<br />
Leistungen, 1993, S. 46.<br />
5 BVerfGE 40, 296 (316).<br />
6 S. dazu etwa die Bewertungen von Ch. Wefelmeier,<br />
NdsVBl. 2003, S. 286 ff; A. Launhardt, MIP 1999,<br />
S. 37 ff.<br />
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