2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Sebastian H. Schneider/Rolf Winkelmann – Die Grünen: eine Volkspartei? Aufsätze<br />
scheinlichkeitsniveau für alle Gruppen nach<br />
oben, wobei die Selbstständigen die höchste<br />
Wahrscheinlichkeit aufweisen, Die Grünen als<br />
wirtschaftskompetent anzusehen. Bei der Arbeitsmarktkompetenz<br />
im Westen zeigt sich 2002<br />
besonders der Unterschied zwischen Arbeitern<br />
und den restlichen Gruppen. Den größten Effekt<br />
hat die Zugehörigkeit zur Gruppe der Auszubildenden<br />
und Studierenden. 2005 ist das Muster<br />
wiederum ähnlich, wobei die Landwirte nach unten<br />
ausscheren und beinahe den gleichen Effekt<br />
wie Arbeiter erreichen. 2009 ist der Effekt für<br />
alle Gruppen in etwa gleich, nur die Selbstständigen<br />
haben wieder eine etwas höhere Wahrscheinlichkeit<br />
Die Grünen zu nennen. Bei der<br />
Arbeitsmarktkompetenz (Ost) bewegen sich die<br />
Effekte in den Erhebungswellen ebenfalls auf einem<br />
recht ähnlichen Niveau, wobei 2009 wiederum<br />
ein Anstieg der Wahrscheinlichkeit für<br />
alle Beschäftigungsgruppen zu verzeichnen ist.<br />
Auch in diesem Fall weisen die Selbstständigen<br />
die höchste Wahrscheinlichkeit auf, Die Grünen<br />
zu nennen. 2002 ist hingegen der Effekt für Beamte<br />
verschwindend gering, 2005 für Landwirte.<br />
Für die Konfession zeigt sich bei der Wirtschaftskompetenz,<br />
dass im Westen in allen Wellen<br />
Angehörige der katholischen und evangelischen<br />
Kirche Die Grünen bei der Frage nach der<br />
Wirtschaftskompetenz seltener nennen (Abbildung<br />
3 Onlineappendix). Während 2002 und<br />
2005 die Angehörigen sonstiger Glaubensrichtungen<br />
(Muslime, Juden) eine höhere Wahrscheinlichkeit<br />
als Konfessionslose und Zugehörige<br />
der beiden Kirchen haben, sinkt die Wahrscheinlichkeit<br />
für diese Gruppe 2009 sogar unter<br />
die Wahrscheinlichkeit der Konfessionslosen.<br />
Ähnliche Effekte zeigen sich bei der Arbeitsmarktkompetenz,<br />
wobei die Angehörigen anderer<br />
Konfessionen 2002 und 2005 nicht auf ein so<br />
hohes Wahrscheinlichkeitsniveau gelangen wie<br />
die Konfessionslosen.<br />
Betrachtet man abschließend die Gewerkschaftsmitgliedschaft<br />
(Abbildung 4 Onlineappendix),<br />
so fällt im Westen ein einheitliches Muster auf.<br />
Während 2002 und 2005 Gewerkschaftsmitglieder<br />
eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen,<br />
bei der Frage nach der Wirtschafts- und Arbeitsmarktkompetenz<br />
Die Grünen zu nennen, ist es<br />
2009 genau umgekehrt. Im Osten ist 2002 für die<br />
Wirtschaftskompetenz kein Unterschied feststellbar,<br />
2005 haben Gewerkschaftsmitglieder<br />
eine geringfügig höhere Wahrscheinlichkeit, Die<br />
Grünen zu nennen. 2009 jedoch haben die Gewerkschaftsmitglieder<br />
eine geringere Wahrscheinlichkeit,<br />
Die Grünen als kompetent einzustufen.<br />
Für die Arbeitsmarktkompetenz zeigt<br />
sich ein analoges Muster. Daraus lässt sich interpretieren,<br />
dass Die Grünen es nicht geschafft haben,<br />
im Laufe der Zeit Gewerkschaftsmitglieder<br />
oder gewerkschaftsnahe Haushalte für ihre Wirtschafts-<br />
und Sozialpolitik zu begeistern, auch<br />
wenn zwischenzeitlich sehr schwache Tendenzen<br />
in diese Richtung bestanden.<br />
Insgesamt deuten die Analysen darauf hin, dass<br />
Die Grünen zwar in allen Bevölkerungssegmenten<br />
Gewinne bei den Kompetenzzuschreibungen<br />
verbuchen können, die Unterschiede zwischen<br />
diesen Segmenten aber weiterhin bestehen bleiben.<br />
Zu beachten ist ferner, dass sich die Effekte<br />
stets in einem niedrigen Wahrscheinlichkeitsbereich<br />
von 0 bis 0,08 (0 bis 8 Prozentpunkte) bewegen.<br />
6. Zusammenfassung und Diskussion<br />
Lässt man die Entwicklung seit 2009 wegen fehlender<br />
Daten außer Acht, so lassen sich die aufgestellten<br />
Hypothesen bestätigen. Die Partei<br />
Bündnis 90/Die Grünen hat es in ihrer 30-jährigen<br />
Geschichte nicht geschafft, durch programmatische<br />
Veränderungen und Erweiterungen ihr<br />
einmal erworbenes und zugleich ursprüngliches<br />
Parteilabel zugunsten einer programmatisch<br />
kompletten Volkspartei abzulösen. Hierbei<br />
scheiterte die Partei weniger an innerparteilichen<br />
Konflikten aus den frühen Jahren oder programmatischen<br />
Utopien, sondern an der Perzeption<br />
der Partei beim Wähler. Möglicherweise ist vor<br />
kurzem eine veränderte Wahrnehmung beim<br />
Wähler eingetreten. Es ist aber im Augenblick<br />
nicht möglich festzuhalten, ob es sich um einen<br />
kurz- oder langfristigen Trend handelt.<br />
Zudem darf man die Frage stellen, ob ein ganzheitliches<br />
Parteiprogramm für Die Grünen überhaupt<br />
von Nöten ist, schließlich bedienen Die<br />
Grünen ein sehr spezielles Klientel (Kroh &<br />
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