2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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Aufsätze Sebastian H. Schneider/Rolf Winkelmann – Die Grünen: eine Volkspartei? MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg.<br />
Aus dem Vergleich der Erhebungswellen (Referenzkategorie:<br />
2002) in Ost und West lässt sich<br />
erkennen, dass Die Grünen 2009 für die Wirtschafts-<br />
und Arbeitsmarktkompetenz eine signifikante<br />
und substanzielle Verbesserung verbuchen<br />
können. Dies wird in den Zeitreihengrafiken<br />
deutlich. 12<br />
Insgesamt deuten die Befunde darauf hin, dass<br />
Die Grünen insbesondere bei ihrer Kernklientel<br />
punkten, also jüngere, hoch gebildete Bürger, die<br />
nicht im Arbeitermilieu verankert sind. Letzteres<br />
zeigt sich auch im Effekt der Variable Gewerkschaftsmitglied.<br />
Im Hinblick auf die Konfession<br />
zeigt sich, dass sich im Westen eher die Konfessionslosen<br />
zu den Grünen orientieren. Im Osten<br />
haben hingegen Katholiken ein positiveres Verhältnis<br />
zur Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.<br />
Dabei ist jedoch zu bedenken, dass Bündnis 90<br />
eine andere Vorgeschichte als die westdeutschen<br />
Grünen hatte und stärker im kirchlichen Milieu<br />
verankert war. Diese Gruppen könnten den Grünen<br />
treu geblieben sein.<br />
Wie variieren die Effekte nun mit der Erhebungswelle?<br />
13 Um dieser Frage nachzugehen, werden<br />
den Modellen aus Tabelle 1 jeweils multiplikative<br />
Interaktionsterme zwischen fokalen soziodemographischen<br />
Variablen und der Erhebungswelle<br />
hinzugefügt.<br />
Tabelle 2: Likelihood-Ratios-Tests der Interaktionsterme. Chi².<br />
Wirtschaft Wirtschaft Arbeitsmarkt Arbeitsmarkt<br />
West Ost West Ost<br />
Bildung 13,77 ** 9,42 † 41,<strong>18</strong> *** 23,39 ***<br />
Beschäftigungs-<br />
25,26 *<br />
form<br />
<strong>15</strong>,45 40,12 *** 25,74 *<br />
Konfession 27,53 *** 9,87 20,93 ** 9,871<br />
Gewerkschaft 33,65 *** 10,67 ** 38,56 *** 16,94 **<br />
Anmerkungen: † p < 0,10; * p < 0,05; ** p < 0,01;<br />
*** p < 0,001.<br />
Für das Westsample zeigt sich, dass alle Interaktionseffekte<br />
mindestens auf dem 0,05-Niveau<br />
signifikant sind (Tabelle 2). Für das Ostsample<br />
ist dies nur vereinzelt der Fall. Insgesamt lässt<br />
sich daraus interpretieren, dass über die drei ausgewählten<br />
Erhebungswellen ein Wandel der<br />
Zusammenhänge zwischen soziodemographischen<br />
Eigenschaften der Wählerschaft und Nennung<br />
12 Vgl. Onlineappendix Endnote 5.<br />
13 Für ein analoges Vorgehen bei der Analyse von cleavages<br />
und Wahlverhalten s. Elff & Rossteutscher (2011).<br />
94<br />
der Grünen zu verbuchen ist. Über die Richtung<br />
des Wandels lassen sich aus den tabellierten<br />
Chi²-Werten jedoch keine Aussagen ableiten. Zu<br />
diesem Zweck werden die Effekte in grafische<br />
Plots überführt (Fox 2003). 14 Stets zu beachten<br />
ist dabei die sehr seltene Nennung der Grünen in<br />
den ersten beiden Erhebungswellen bei der Frage<br />
nach der Wirtschafts- und Arbeitsmarktkompetenz<br />
(vgl. Tabelle 4 Appendix). Aus diesem<br />
Grund sind die Effektplots mit Vorsicht zu interpretieren.<br />
Die aus Gründen der Übersichtlichkeit<br />
nicht enthaltenen Konfidenzintervalle sind für<br />
weniger stark besetzte Kategorien der unabhängigen<br />
Variablen entsprechend groß. <strong>15</strong><br />
Für den formellen Bildungsabschluss zeigen sich<br />
bei der Wirtschaftskompetenz (West) über alle<br />
Wellen recht ähnliche Muster (Abbildung 1 Onlineappendix).<br />
Mit steigendem Bildungsniveau<br />
nimmt die Wahrscheinlichkeit Die Grünen zu<br />
nennen zu. Im Jahr 2009 verschiebt sich die Linie<br />
auf das höchste Niveau. Ein ähnliches Muster<br />
zeigt sich auch bei der Arbeitsmarktkompetenz.<br />
Im Osten zeigt sich bei der Arbeitsmarktkompetenz<br />
ferner, dass Befragte mit Realschulabschluss<br />
seltener Die Grünen nennen, die Unterschiede<br />
zwischen Befragten mit niedrigem<br />
und hohem Bildungsabschluss hingegen gering<br />
sind. Für die Erhebungswelle 2009 zeigt sich,<br />
dass sich das Wahrscheinlichkeitsniveau zugunsten<br />
der Grünen insgesamt nach oben verschoben<br />
hat. Allgemein lässt sich konstatieren, dass der<br />
Effekt des Bildungsabschlusses im Westen stärker<br />
und in der Erhebungswelle 2009 am höchsten<br />
ausfällt. 16<br />
Auch bei den Berufsgruppen gibt es erwähnenswerte<br />
Befunde (Abbildung 2 Onlineappendix).<br />
Bei der Wirtschaftskompetenz (West) bewegen<br />
sich alle Gruppen stets auf einem recht ähnlichen<br />
Niveau. 2002 ist die Wahrscheinlichkeit für<br />
Landwirte besonders gering. Womöglich gab es<br />
in diesem Jahr unpopuläre agrarpolitische Aussagen<br />
der Grünen. 17 2009 erhöht sich das Wahr-<br />
14 Vgl. Onlineappendix Endnote 6.<br />
<strong>15</strong> Die Grafiken sind aus Platzgründen im Onlineappendix<br />
zu finden.<br />
16 Vgl. Onlineappendix Endnote 7.<br />
17 Vgl. Onlineappendix Endnote 8.