2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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Aufsätze Sebastian H. Schneider/Rolf Winkelmann – Die Grünen: eine Volkspartei? MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg.<br />
gischen Gesellschaftsvertrags‘ wurde öffentlich. Programmatik in der Regierungszeit<br />
Hiermit sollte an das Umbauprogramm angeknüpft<br />
und neue Allianzen geschmiedet werden.<br />
Verschiedene gesellschaftliche Milieus sollten<br />
gegen Großkonzerne, Konservative und Liberale<br />
koalieren und mittels Umverteilung einen sozial<br />
orientierten Ausgleich von Ökologie und Ökonomie<br />
bewirken. Zwar wurde diese Idee nicht offizielles<br />
Programm, doch wurde sie in Teilen in<br />
den 1990er Jahren neu vermarktet (Volmer<br />
2009: 248-249). Auffallend war bis 1990 wie lapidar<br />
einzelne Aspekte der Wirtschafts- und Sozialpolitik<br />
formuliert wurden (Egle 2003: 96)<br />
und Die Grünen ihre Kompetenzen in der Öffentlichkeit<br />
selber in Frage stellten (Wiesenthal<br />
Gleich zu Beginn der ersten Periode als Regierungspartei<br />
mussten Die Grünen sich von ihrem<br />
pazifistischen Programmpunkt abwenden, um<br />
Regierungsfähigkeit zu beweisen. Hier wurde<br />
der Grundkonsens von 1993, der Gewaltfreiheit<br />
propagierte, faktisch aufgekündigt (Klein & Falter<br />
2003: 79).<br />
Während der ersten Regierungsteilhabe auf Bundesebene<br />
begannen Die Grünen mit einer Überarbeitung<br />
ihres Grundsatzprogramms. Die Integration<br />
der Wirtschafts- und Sozialpolitik war<br />
aufgrund der Regierungsbeteiligung notwendig<br />
geworden (Wienges 2009: 48).<br />
1993: 114).<br />
Im Grundsatzprogramm der Grünen stehen die<br />
Reformdruck und Veränderungen<br />
1993 fusionierten Die Grünen mit dem ostdeutschen<br />
Bündnis 90 zur heutigen Partei Bündnis<br />
90/Die Grünen. Diese Fusion erhöhte den Druck,<br />
das eigene Programm zu reformieren. Im Grundkonsens<br />
wurden die teilweise unterschiedlichen<br />
Ansichten bis zum späteren Grundsatzprogramm<br />
integriert. Hier wurde erstmals die Ökologie als<br />
wichtigstes Bindeglied der Partei zu Gunsten des<br />
Themas Menschenrechte zurückgesetzt. Der<br />
Grundwert ‚soziale Gerechtigkeit‘ und die Basisdemokratie<br />
verloren weiter an Bedeutung. Der<br />
Grundkonsens ist eine Wende zu pragmatischer<br />
wirtschafts- und sozialpolitischer Programmatik.<br />
Die Partei änderte ihre Haltung zum kapitalistischen<br />
Wirtschaftssystem und kritisierte nur noch<br />
einzelne Elemente (Klein & Falter 2003: 76-79).<br />
Menschen und ihre Würde im Mittelpunkt. Bereits<br />
in diesem Zusammenhang wird in der Präambel<br />
des Programms die Verbindung zur Umweltpolitik<br />
hergestellt. Im ersten Kapitel des<br />
neuen Grundsatzprogramms wird die Umweltpolitik<br />
in ihren unterschiedlichsten Facetten vorgestellt,<br />
um im folgenden Programmabschnitt mit<br />
der Wirtschaftspolitik verbunden zu werden<br />
(Grundsatzprogramm 2002: 24-42). In der Sozialpolitik,<br />
die der Wirtschaftspolitik folgt, wird<br />
die gesamte Angebotspalette abgedeckt (gegen<br />
Armut, Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit,<br />
für soziale Teilhabe, Rentenpolitik usw.). In den<br />
folgenden Abschnitten werden weitere Forderungen<br />
der Partei in anderen Politikfeldern vorgestellt.<br />
Und auch hier finden sich immer wieder<br />
Programmpunkte, in denen eine Verbindung mit<br />
der Ökologie hergestellt wird (Grundsatzpro-<br />
Der Grundkonsens befriedete weitgehend den gramm 2002: 148-149 u. <strong>15</strong>7-<strong>15</strong>9). Das aktuelle<br />
Konflikt zwischen Realos und Fundis zu Guns- Grundsatzprogramm (2002: 52 u. 61) der Grüten<br />
der Realos. In den folgenden Jahren versuchnen zeigt eindeutig, dass die Partei darum bete<br />
die Partei sich aus der ökologischen Falle zu müht ist, alle signifikanten Bereiche der Wähler-<br />
lösen, um zu einer normalen Regierungspartei interessen abzudecken. Gleichzeitig wird aber<br />
werden zu können (Sontheimer & Bleek 1999: auch erkennbar, dass Die Grünen selber sich pri-<br />
253). Das Wahlprogramm von 1998 sah eine mär in den Bezug zur Ökologie setzen und die-<br />
Kombination der Politikfelder Wirtschaft und ser Bezug auch im Bereich der Wirtschafts- und<br />
Soziales mit einer Dominanz der Umweltpolitik Sozialpolitik zu erkennen ist. Als Klammer dient<br />
vor. In der Bevölkerung hängen geblieben ist le- den Grünen das Konzept der Nachhaltigkeit<br />
diglich die Forderung nach 5 D-Mark für einen<br />
Liter Benzin, wodurch sich das Label Umweltpartei<br />
verfestigte (Egle 2003: 99).<br />
(Klein & Falter 2003: 80-81).<br />
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