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2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF

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Aufsätze Daniel Totz – Mitglieder gesucht: Die Reform der SPD-Parteiorganisation MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg.<br />

den. Insgesamt ist zwischen fünf Anreizarten zu<br />

differenzieren: Affektive Anreize (Parteibeitritt<br />

geht mit der Befriedigung normativer Bedürfnisse<br />

einher), normative Anreize (traditionelle Zugehörigkeit<br />

des Milieus/der Partei zur Familie),<br />

wertbezogene Anreize (das Individuum will seine<br />

Wertvorstellungen mit Hilfe der Parteizugehörigkeit<br />

umsetzen), politische Anreize (Unterstützung<br />

von bestimmten politischen Ansichten)<br />

und schließlich materielle Anreize (Parteikarriere<br />

oder die Hoffnung auf finanzielle Vorteile<br />

durch die Mitgliedschaft). Hemmnisse, die genannt<br />

werden müssen, sind Beitritts-, Verbleibeund<br />

Partizipationskosten. Die Kosten sind umso<br />

höher, je mehr Eigeninitiative vom Mitglied erwartet<br />

wird und umso geringer, je mehr Arbeit<br />

ihm die Partei abnimmt. Hinzu kommt der monatliche<br />

Mitgliedsbeitrag. Empirische Untersuchungen<br />

haben ergeben, dass die politischen und<br />

wertbezogenen Anreize beim Beitritt bzw. Verbleib<br />

in einer Partei ganz klar überwiegen. 31 Die<br />

Mitglieder wollen Politik gestalten und aktiv beeinflussen.<br />

Um diese für den Parteibeitritt wichtigen Anreize<br />

zu verstärken, beschloss der Parteitag eine<br />

massive Ausweitung der Mitgliederbeteiligung.<br />

Hier wurde unter anderem dem Wunsch der<br />

Ortsvereinsbefragten nach mehr Partizipation<br />

Rechnung getragen. Der Parteivorstand konstatiert<br />

richtig, wenn er sagt, dass Engagement<br />

„auch von den Bedingungen abhängt, die die<br />

Partei den Mitgliedern bietet“ 32 . Bei der Ausweitung<br />

der Partizipationsmöglichkeiten ist zwischen<br />

zwei grundlegenden Richtungen zu unterscheiden:<br />

Der Beteiligung von Mitgliedern bei<br />

der Personalauswahl sowie der Beteiligung bei<br />

Sachfragen. Zukünftig soll es bei der Aufstellung<br />

der Kandidaten für öffentliche oder parteiinterne<br />

Ämter sowie bei der Wahl eines Vorsitzenden<br />

eine Einbeziehung aller Mitglieder geben.<br />

Wie dies geschieht (ob per Briefwahl, Mitgliederversammlung,<br />

Vorwahlen etc.), obliegt<br />

hierbei dem Vorstand der jeweiligen Ebene. Beantragen<br />

insgesamt 10% der Mitglieder dieser<br />

Ebene eine Beteiligung, so ist dem zukünftig<br />

31 Vgl.: TNS-Infratest (2010).<br />

32 Leitantrag des SPD-Parteivorstandes zum Bundesparteitag<br />

im Dezember 2011, S. 6.<br />

80<br />

stattzugeben. 33 Auch die in den Medien bisher<br />

breit diskutierte Vorwahl des Kanzlerkandidaten<br />

ist grundsätzlich möglich, sofern es mehr als<br />

einen Bewerber auf diesen hohen Posten gibt.<br />

Ebenfalls sollen Mitglieder auf der Ebene der<br />

Sachentscheide beteiligt werden. Diese sollen<br />

durch die Mitglieder selbst nun leichter initiiert<br />

werden können. Zugleich soll deshalb auch das<br />

Quorum für einen erfolgreichen Mitgliederentscheid<br />

(bisher: 10% der Gesamtmitglieder) reduziert<br />

werden. Jeder Mitgliederentscheid soll per<br />

Briefwahl durchgeführt werden können und bereits<br />

ab einem Fünftel der abgegebenen Stimmen<br />

(anteilig an der Gesamtmitgliedschaft) wirksam<br />

sein. Für eine verbindliche Entscheidung reicht<br />

hier eine einfache Mehrheit unter den Abstimmenden.<br />

Eine Ausweitung der Partizipationsmöglichkeiten<br />

der Mitglieder birgt für die SPD Chancen<br />

und Risiken zugleich. 34 Die Ortsvereinsbefragung<br />

hat klar ergeben, dass sich viele Mitglieder<br />

eine stärkere Einbeziehung in die Partei in Form<br />

von Mitgliederbefragungen, Mitgliederentscheiden<br />

und Ortsvereinsbefragungen wünschen. Jüngere<br />

Untersuchungen bestätigen den Wunsch der<br />

Mitglieder nach stärkerer Einbeziehung. So zeigt<br />

die repräsentative Parteimitgliederstudie von<br />

200935 auf, dass der Wunsch nach direkter Partizipation<br />

tief bei den Mitgliedern verankert ist.<br />

Eine Bestimmung des Bundesvorsitzenden erachten<br />

62% der Befragten für sinnvoll. Lediglich<br />

21,4% lehnen dieses ab (14% teils-teils). Auch<br />

die Bestimmung von Bundestagskandidaten<br />

durch eine Vollversammlung (64,9%) sowie mitgliederbasierende<br />

Abstimmungen über zentrale<br />

Sachfragen (59,7%) werden mehrheitlich begrüßt.<br />

Zwar gibt es bereits heute, also vor der<br />

Beschlussfassung des Leitantrages, einige dieser<br />

Möglichkeiten. DirektkandidatInnen können beispielsweise<br />

von Mitgliedervollversammlungen<br />

33 Der Leitantrag liefert hierzu leider keine konkrete Vorgabe,<br />

wie die genannten 10% der Mitglieder zusammenkommen<br />

können bzw. nach welchen Kriterien und<br />

in welchem Zeitraum sich die Mitglieder zu organisieren<br />

haben.<br />

34 Siehe hierzu u.a. Micus, Matthias/Butzlaff, Felix<br />

(2011), S. 22-25.<br />

35 Vgl.: Spier, Tim (u.a.) (2009).

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