2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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Aufsätze Hendrik Träger – Die Ostdeutschen in den Bundesparteien MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg.<br />
kraten auf dem zweiten Rang folgen; bei der<br />
CDU stehen den erheblichen Mitgliederverlusten<br />
die v.a. in den 1990er-Jahren sehr guten Wahlergebnisse<br />
und die herausgehobene Stellung als<br />
langjährige dominierende Regierungspartei in<br />
Sachsen und Thüringen gegenüber.<br />
Wesentlich geringer dürfte der innerparteiliche<br />
Einfluss der Ostdeutschen bei den Sozialdemokraten<br />
und den Liberalen gewesen sein. Bei der<br />
SPD könnte der geringe Mitgliederanteil immerhin<br />
durch gute Wahlergebnisse ausgeglichen<br />
worden sein, während es sich bei der FDP umgekehrt<br />
verhalten haben dürfte. Am unteren Ende<br />
der Skala müssten sich – theoretisch – BÜNDNIS<br />
90/DIE GRÜNEN befinden, wofür der extrem kleine<br />
Mitgliederbestand und die lange Zeit schlechten<br />
Wahlergebnisse sprechen.<br />
III. Das Personal<br />
Die vorgestellten Parameter dürften zunächst die<br />
„[p]ersonell-individuelle Repräsentation“ (Schmid<br />
1990: <strong>15</strong>8) der Landesverbände in der Bundespartei<br />
determinieren. Die Vertretung würde sich<br />
dann wiederum auf den innerparteilichen Einfluss<br />
der Gliederungen auswirken, denn dafür<br />
sind – nach Einschätzung von Gero Neugebauer<br />
(2006: 125) – die „Zahl der Mandate auf den<br />
Parteitagen sowie die Zahl von Landesverbandsvertretern<br />
in zentralen Führungsgremien“ entscheidend.<br />
1. Repräsentation in der Bundespartei<br />
Betrachtet werden im Folgenden nur die Parteitage<br />
und die Vorstände. Das sind die beiden einzigen<br />
„notwendige[n] Organe der Partei“ (§ 8 Abs. 1<br />
S. 1 PartG), die in allen Parteien existieren.<br />
a) Parteitage<br />
Auf den Parteitagen waren die Ostdeutschen unterschiedlich<br />
gut vertreten, allerdings fielen die<br />
Delegiertenanteile (Tab. 4) nicht immer wie erwartet<br />
aus: Bei den Sozialisten stellten die Mitglieder<br />
aus den neuen Ländern3 zwar mit etwa 60<br />
bis 70 Prozent klar die Mehrheit, waren aber erheblich<br />
unterrepräsentiert. Das ist auf die Son-<br />
3 Die von den innerparteilichen Vereinigungen und Arbeitsgemeinschaften<br />
entsandten Delegierten wurden ihren<br />
Landesverbänden zugeordnet.<br />
8<br />
derkonditionen für die extrem mitgliederschwachen<br />
Gliederungen in den alten Ländern zurückzuführen,<br />
mit denen – im Interesse einer Etablierung<br />
der Partei im Westen – die innerparteiliche<br />
Stellung der wenigen Anhänger aus den alten<br />
Ländern verbessert werden sollte.<br />
Vergleichbare Regelungen – aber in umgekehrter<br />
Richtung – existierten bei SPD und BÜNDNIS<br />
90/DIE GRÜNEN. Die Bündnisgrünen reservierten<br />
<strong>15</strong>0 der 750 Mandate für die ostdeutschen Landesverbände<br />
und die Ostberliner Bezirke, so dass<br />
die Mitglieder aus den fünf neuen Ländern (seit<br />
2003) mit einem Sechstel der Delegierten – dem<br />
zweithöchsten Anteil aller Parteien – erheblich<br />
überrepräsentiert waren. Ähnliches gilt auf niedrigerem<br />
Niveau für die Sozialdemokraten, die<br />
(nach Sonderregelungen für die beiden ersten<br />
Parteitage) seit 1993 eine mehrfach verlängerte<br />
Übergangsvorschrift hatten. Demnach waren die<br />
Mitgliederbestände zu zwei Dritteln für die Verteilung<br />
der Delegierten ausschlaggebend, und<br />
durch die Berücksichtigung der Bundestagswahlergebnisse<br />
wurden die Gliederungen in den neuen<br />
Ländern protegiert. Gleichwohl waren die<br />
Ostdeutschen mit weniger als einem Zwölftel<br />
der Delegierten (1990: ein Fünftel) deutlich in<br />
der Minderheit.<br />
Tab. 4: Delegiertenanteile der Ostdeutschen<br />
(ohne Berliner, 1990-2007; in %)<br />
Jahr CDU SPD PDS* FDP B`90/GRÜNE**<br />
1990 23,6 19,1 61,6 36,9 k.A.<br />
1991 <strong>18</strong>,1 8,2 72,2 40,3 k.A.<br />
1992 16,0 - - 40,3 k.A.<br />
1993 14,9 7,1 67,5 28,5 k.A.<br />
1994 13,9 - - 28,5 k.A.<br />
1995 13,0 6,9 62,8 19,0 k.A.<br />
1996 12,7 - - 19,0 k.A.<br />
1997 12,1 6,9 59,1 16,8 k.A.<br />
1998 11,8 - 64,4 16,8 k.A.<br />
1999 11,5 7,3 - <strong>15</strong>,6 k.A.<br />
2000 11,3 - 64,6 <strong>15</strong>,6 k.A.<br />
2001 11,1 7,7 - 13,6 k.A.<br />
2002 11,0 - 66,4 13,6 k.A.<br />
2003 10,5 8,1 - <strong>15</strong>,6 17,4<br />
2004 10,5 - 62,0 <strong>15</strong>,6 17,8<br />
2005 10,4 8,1 - <strong>15</strong>,0 17,8<br />
2006 10,4 - 62,4 <strong>15</strong>,0 17,5<br />
2007 10,2 7,7 - <strong>15</strong>,4 16,8<br />
* bis 2005: PDS, danach: Linkspartei.PDS; nur 1. Tagung<br />
eines Parteitagszyklus angegeben<br />
** BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; gesicherte Daten erst ab 2003<br />
Quelle: Eigene Berechnungen.