2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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Aufsätze Daniel Totz – Mitglieder gesucht: Die Reform der SPD-Parteiorganisation MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg.<br />
stalten. Die Betroffenen (in diesem Fall die Parteimitglieder)<br />
müssen selbst die Notwendigkeit<br />
des Wandels erkennen. Oftmals entscheidet auch<br />
der Zeitpunkt, ob eine Wandlungsmaßnahme<br />
Akzeptanz findet oder nicht. 17 Zudem ist es<br />
wahrscheinlich, dass Organisationsmaßnahmen,<br />
die sich (vermeintlich) positiv auf die zu reorganisierende<br />
Gruppe (also z.B. die Ausweitung der<br />
Partizipationsrechte von Parteimitgliedern) auswirken,<br />
eher Akzeptanz finden als Reformen, die<br />
keine oder sogar eine negative Auswirkung auf<br />
die Parteimitglieder haben. Eine Akzeptanz ist<br />
zudem wichtig, da ‚Regeln‘ und Strukturen, je<br />
länger sie bereits andauern, umso schwieriger zu<br />
ändern sind.<br />
3.1 Wie wurde die Parteireform konkret gestaltet?<br />
Der erste Schritt der Parteireform war eine Befragung<br />
aller SPD-Ortsvereine und Unterbezirke/<br />
Kreisverbände, die von März bis Mai 2010 stattfand.<br />
Anschließend wurde den verschiedenen<br />
Gliederungsebenen der Partei Zeit bis zum<br />
Herbst 2010 gegeben, um die Ergebnisse in den<br />
Ortsvereinen/Unterbezirken/Kreisverbänden und<br />
Gremien der Partei zu diskutieren und zu analysieren.<br />
Auf Basis der Ergebnisse dieser Befragungen<br />
entwickelte der Parteivorstand die Themen,<br />
welche dann ab Herbst in sog. „Werkstattgesprächen“<br />
beim SPD-Parteivorstand diskutiert<br />
wurden. An den Werkstattgesprächen nahmen<br />
Vertreter der verschiedensten Gliederungsebenen<br />
teil und erarbeiteten Vorschläge zu den unterschiedlichen<br />
Bereichen und Zielen der Reform.<br />
Darüber hinaus wurde ein Parteibeirat gebildet,<br />
der sich vor und nach den Werkstattgesprächen<br />
getroffen hat, um selbst Einschätzungen<br />
über Ziele und Wegmarken der Parteireform<br />
abzugeben. Hier diskutierten hauptsächlich Wissenschaftler<br />
sowie Experten anderer Organisationen,<br />
Verbände und Unternehmen. Eine Steuerungsgruppe<br />
innerhalb des Willy-Brandt-Hauses,<br />
bestehend aus der Generalsekretärin, der Bundesgeschäftsführerin,<br />
der Schatzmeisterin und<br />
hauptamtlichen Mitarbeitern des Parteivorstandes,<br />
begleitete die Werkstattgespräche fortwährend.<br />
17 Vgl.: Endruweit, Günter (2004), S. 264f.<br />
76<br />
Nach Abschluss der Werkstattgespräche wurde<br />
auf der Ebene des Parteivorstandes im April<br />
2011 eine organisationspolitische Kommission<br />
mit Vertretern aller SPD-Landesverbände und<br />
-Bezirke gebildet, um die Diskussionen aller bisherigen<br />
Veranstaltungen zur Parteireform aufzunehmen<br />
und aus den Ergebnissen dieser eigene<br />
Vorschläge zu bilden bzw. die bereits erbrachten<br />
Vorschläge zu konkretisieren. Darüber hinaus<br />
entwarf die Generalsekretärin Andrea Nahles ein<br />
organisationspolitisches Grundsatzprogramm.<br />
Ebenfalls einbezogen wurden alle Unterbezirke<br />
und Kreisverbände, welche im Mai 2011 zu einer<br />
zweiten Parteireform-Konferenz eingeladen<br />
wurden. Anschließend hatten die SPD-Gliederungen<br />
bis zum Herbst 2011 Zeit, die Vorschläge<br />
der organisationspolitischen Kommission zu<br />
sichten, zu analysieren, zu beraten und zu diskutieren.<br />
Im Dezember wurde schließlich, begleitet<br />
von einigen Diskussionen, der Leitantrag des PV<br />
zur Parteireform beschlossen. <strong>18</strong><br />
Die Herangehensweise an die aktuelle Parteireform<br />
ist eine gänzlich andere, als es bei Reformbestrebungen<br />
in der Vergangenheit der Fall war.<br />
Wurden früher Projekt- oder Arbeitsgruppen auf<br />
der Ebene des Parteivorstandes installiert, so hat<br />
man sich dieses Mal bewusst für eine andere<br />
Herangehensweise entschieden. Unter dem Motto<br />
„Erst die Partei, dann die Kommission“ wurden<br />
zunächst alle Ortsvereine und Unterbezirke/<br />
Kreisverbände befragt. Die Ergebnisse dienten<br />
als Grundlage für den weiteren Ablauf der Reform.<br />
Zwar hatte sich der Parteivorstand schon<br />
ein Grundkonzept überlegt wie z.B. die Durchführung<br />
der Werkstattgespräche – die konkreten<br />
Themen wurden aber erst nach der Analyse der<br />
Befragungsergebnisse festgelegt. „Der Prozess<br />
der Parteireform, so wie er angelegt ist, ist schon<br />
ein Stück Parteireform.“ 19 Ebenso neu ist die<br />
Tatsache, dass es im Vorfeld keine feste Terminierung<br />
des Abschlusses der Parteireform gab,<br />
wie dies bei früheren Reformen der Fall war.<br />
<strong>18</strong> http://www.tagesspiegel.de/politik/parteireform-<br />
mitgliedsrechte-gestaerkt/5920212.html (abgerufen im<br />
Januar <strong>2012</strong>) sowie allgemein http://www.spd.de/<br />
Partei/Parteireform/<br />
19 Aussage des Abteilungsleisters „Parteileben“ beim<br />
SPD-Parteivorstand, Jürgen Hitzges.