2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Lazaros Miliopoulos – Eine neue Identitätsbestimmung konservativer Parteien in Europa? Aufsätze<br />
tung: Tschechiens Präsident Vaclav Klaus, der<br />
Gründer der ODS, kündigte in einem Schreiben<br />
an Ministerpräsident Petr Nečas (ebenfalls ODS)<br />
am 12. Januar <strong>2012</strong> an, dem Vertrag nicht zuzustimmen.<br />
Nečas selbst legt sich – im Gegensatz<br />
zum Koalitionspartner, der EVP-Partei „Tradition,<br />
Verantwortung, Wohlstand“ (TOP 09) unter<br />
Außenminister Karel Schwarzenberg – nicht eindeutig<br />
fest, in welcher Form Tschechien am geplanten<br />
Pakt teilnehmen möchte. EU-Kommissionspräsident<br />
José Manuel Barroso sieht sich bemüßigt,<br />
vor einer Spaltung der gesamten EU zu<br />
warnen, die über eine bloße Isolation Großbritanniens<br />
hinausginge. Im Gegenzug kritisieren –<br />
wie üblich parteiübergreifend – der Europaabgeordnete<br />
Elmar Brok (CDU-EVP), Roberto Gualtieri<br />
(S&D), Guy Verhofstadt (ALDE) und Daniel<br />
Cohn-Bendit (Grüne) die jüngsten Vertragsentwürfe,<br />
nach denen die Haushaltsregeln des<br />
Fiskalpaktes doch nicht im Verfassungsrang beschlossen<br />
werden müssen und nicht die EU-<br />
Kommission, sondern alleine Nationalstaaten<br />
das Recht bekommen sollen, gegen Verstöße des<br />
Fiskalpaktes vor dem Europäischen Gerichtshof<br />
zu klagen, während der AECR-Fraktionsvorsitzende<br />
Martin Callanan den Entwurf als großen<br />
Erfolg feiert. Am Ende könnte es um die Frage<br />
gehen, ob sich ein Teil der EU-Regierungen (u.a.<br />
deren Parteien der AECR angehören) außerhalb<br />
der EU zusammenschließt.<br />
5. Fazit<br />
Insgesamt kann festgehalten werden, dass die<br />
Gründung der ECR-Fraktion und der AECR-Partei<br />
auf eine neue ideologische Dimension des<br />
konservativen Projektes in Europa hinweisen:<br />
Die Überzeugung, dass weiteren Souveränitätsübertragungen<br />
auf die europäische Ebene und<br />
sozialpolitischen Regulierungen des europäischen<br />
Binnenmarktes mit grundsätzlicher Kritik<br />
begegnet werden muss. Der in der Forschung gepflegte<br />
Einwand gegen die These, dass der Euroskeptizismus<br />
im Grunde bloß als nicht-ideologisches,<br />
strategisches Etikett gegen integrationsfreundliche<br />
Regierungsparteien und rechte Konkurrenten<br />
ernst zu nehmen sei (Sitter 2003; Rovny<br />
2004), trifft nicht zu, sobald z.B. die ODS genauer<br />
betrachtet wird, die, aus der Position einer<br />
Regierungspartei wohlgemerkt, federführend an<br />
der Gründung der AECR beteiligt war. Allerdings<br />
haben die euroskeptischen Konservativen<br />
die Eurokrise (noch) nicht dazu nutzen können,<br />
das Projekt weiter erfolgreich voranzutreiben.<br />
Zudem hat die Gründung der AECR die Spannungen<br />
innerhalb des Konservativismus auf europäischer<br />
Ebene zu Tage gefördert, so dass die<br />
Konservativen jetzt sogar geschwächt scheinen,<br />
obwohl sie doch in den vergangenen Jahren erfolgreich<br />
die Regierungsdominanz der Mitte-<br />
Links-Parteien durch Mitte-Rechts-Bündnisse<br />
zurückdrängen konnten (Volkens/Klingemann<br />
2009: <strong>15</strong>9). Allein in Skandinavien ist ein historisch<br />
bemerkenswerter relativer Bedeutungsverlust<br />
der Sozialdemokratie als natürliche Regierungspartei<br />
zu beobachten. Auf europäischer<br />
Ebene ist von dieser Machtverschiebung kaum<br />
etwas zu spüren, denn die Spaltungslinien führen<br />
quer durch die wichtigsten konservativen Gruppierungen:<br />
Die britischen und tschechischen Regierungsparteien<br />
(beide AECR) sind von den<br />
französischen, italienischen, spanischen, finnischen<br />
und schwedischen Regierungsparteien<br />
(EVP) getrennt, die ungarische Regierungspartei<br />
wird in der EVP zunehmend isoliert, aber wagt<br />
es nicht zur AECR zu wechseln und betreibt<br />
Kompensationsgeschäfte, indem sie sich dem<br />
Projekt eines Fiskalpaktes unter Ausschluss<br />
Großbritanniens zu fügen scheint. Die tschechische<br />
Regierungspartei ist in der Frage des Fiskalpaktes<br />
ebenfalls eher konstruktiv (aber zunehmend<br />
gespalten), betreibt also insgesamt eine<br />
ähnliche (zwar vorsichtige, aber nicht ablehnende)<br />
Politik wie die dänischen, finnischen und<br />
schwedischen Konservativen aus der EVP mit<br />
der Folge, dass die Tories, die von Beginn an das<br />
konservative Projekt mit Elan in Europa vorantrieben,<br />
nun tendenziell isoliert sind. Der Ratifikationsprozesses<br />
zum Fiskalpakt unter Ausschluss<br />
Großbritanniens könnte freilich dazu<br />
führen, dass der Druck auf die skandinavischen<br />
und ostmitteleuropäischen Konservativen zunehmen<br />
wird, erneut den Schulterschluss mit London<br />
zu suchen.<br />
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