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2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF

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MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Nikolas R. Dörr – 40 Jahre Front National [...] Aufsätze<br />

der abgegebenen Wählerstimmen. Dies entsprach<br />

mehr als 4,8 Millionen Wählern. Le Pen<br />

lag somit erstmals auf dem zweiten Platz der<br />

Wählergunst. Er hatte knapp 190.000 Stimmen<br />

mehr als Premierminister Lionel Jospin vom<br />

Parti Socialiste erhalten und lag nur 850.000<br />

Stimmen hinter dem Amtsinhaber Jacques Chirac.<br />

Ungeachtet der breiten Unterstützung aller<br />

demokratischen Kräfte für Chirac und gegen den<br />

Rechtsaußenkandidaten, konnte Le Pen sein Ergebnis<br />

auch im zweiten Wahlgang leicht steigern.<br />

Während Jacques Chirac am 5. Mai mit der<br />

überwältigenden Mehrheit von 82,2 Prozent der<br />

Stimmen wieder gewählt wurde, vereinigte Jean-<br />

Marie Le Pen mehr als 5,5 Millionen Stimmen<br />

auf sich und erhielt somit 17,8 Prozent der abgegebenen<br />

Wählerstimmen im zweiten Wahlgang.<br />

Dies stellt das bisherige Rekordergebnis des<br />

Front National bei einer landesweiten Wahl dar.<br />

Aufgrund der hohen Wahlbeteiligung im zweiten<br />

Wahlgang kann man konstatieren, dass fast jeder<br />

fünfte wahlberechtigte Franzose für Jean-Marie<br />

Le Pen als Präsidenten votiert hatte. Darüber<br />

hinaus war Le Pen im Großteil Ost- und Südostfrankreichs<br />

stärkster Kandidat geworden. 51<br />

Bei den anschließenden Parlamentswahlen im<br />

Juni 2002 erreichte der Front National 11,3 Prozent<br />

der Wählerstimmen und wurde hinter der<br />

auf Initiative von Präsident Chirac kurz zuvor<br />

neu gegründeten Sammlungspartei Union pour<br />

la majorité présidentielle und dem Parti Socialiste<br />

drittstärkste Partei Frankreichs. Dennoch<br />

reichten dieser Fakt und fast drei Millionen<br />

Wähler aufgrund des absoluten Mehrheitswahlsystems<br />

nicht aus, um bei den Wahlen ein Mandat<br />

zu erzielen. Die Regionalwahlen im März<br />

2004 brachten dem Front National keine weitere<br />

Verbesserung im landesweiten Durchschnitt. Mit<br />

14,7 Prozent der Stimmen erreichte die Partei<br />

ein ähnliches Ergebnis wie bei den vorhergehenden<br />

Regionalwahlen. In Folge der Europawahlen<br />

am <strong>18</strong>. Juni 2004 wurden Jean-Marie Le Pen sowie<br />

seine Tochter und Nachfolgerin Marine Le<br />

Pen als Abgeordnete ins Europäische Parlament<br />

51 Für eine ausführliche Analyse der Präsidentschaftsund<br />

Parlamentswahlen 2002 siehe: Patrice Buffotot/<br />

David Hanley, The normalisation of French Politics?<br />

The elections of 2002, in: Modern & Contemporary<br />

France, Vol. 11, Nr. 2/2003, S. 131-146.<br />

gewählt. 9,8 Prozent der Wähler hatten für den<br />

Front National votiert.<br />

Die Wahlen des Jahres 2007 verliefen enttäuschend<br />

für die Partei. Mit 10,4 Prozent der Wählerstimmen<br />

blieb Le Pen der Einzug in die zweite<br />

Runde der Präsidentschaftswahlen deutlich<br />

versagt, während die Parlamentswahlen im Juni<br />

des Jahres mit lediglich knapp 4,3 Prozent eine<br />

deutliche Niederlage bedeuteten. Erklärt werden<br />

konnte dieser Rückgang primär mit FN-Wählern,<br />

die bei dieser Wahl die präsidentielle Mehrheit<br />

für Nicolas Sarkozy sichern wollten. Dieser<br />

hatte in seinem Wahlkampf geschickt Kernthemen<br />

des Front National wie Einwanderung und<br />

Sicherheit besetzt. 52 Ähnlich enttäuschend verliefen<br />

die Wahlen zum Europäischen Parlament<br />

2009. Die Partei erreichte nur noch 6,3 Prozent<br />

und verlor vier von sieben Mandaten.<br />

Zusammenfassung und Fazit<br />

Betrachtet man die Wahlhistorie des Front National,<br />

so muss man konstatieren, dass sich die<br />

Wählerschaft der Partei seit Mitte der 1980er<br />

Jahre konsolidiert hat. Von einer Protestpartei<br />

kann daher keine Rede sein, denn „nie zuvor war<br />

es der französischen extremen Rechten gelungen,<br />

sich über einen längeren Zeitraum in der<br />

Wählerschaft zu etablieren, wie es die Partei<br />

Jean-Marie Le Pens seit Mitte der 80er Jahre erreichte.”<br />

53 Auf kommunaler und regionaler Ebene<br />

ist es dem Front National gelungen, Hochburgen<br />

zu etablieren. Auf nationaler Ebene<br />

schützt das absolute Mehrheitswahlsystem, trotz<br />

Wahlergebnissen von mehr als zehn Prozent, vor<br />

größeren Mandatszahlen in der Assemblée Nationale.<br />

54<br />

Zusammenfassend muss man feststellen, dass<br />

der elektorale Aufstieg des Front National auch<br />

durch externe strategische Fehler zu verantworten<br />

ist. Mitterrands Spiel mit dem Feuer führte<br />

1986 weder zu einem sozialistischen Wahlsieg<br />

noch zur langfristigen Schwächung der Mitte-Rechts-Parteien<br />

RPR und UDF. Ganz im Ge-<br />

52 Gey, Comeback, S. 2.<br />

53 Schild, Spaltpilz, S. 3.<br />

54 Aufgrund des speziellen Wahlsystems für die zweite<br />

Parlamentskammer gilt dies ebenso für den Sénat.<br />

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