2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Nikolas R. Dörr – 40 Jahre Front National [...] Aufsätze<br />
mond Barre erzielt. Ebenso hatte Le Pen erstmals<br />
den kommunistischen Kandidaten überholt<br />
und war somit auf dem vierten Platz der Wählergunst<br />
gelandet. Der deutliche Zuwachs kam für<br />
zahlreiche Politikexperten überraschend, da<br />
durch Le Pens Auftritt in der bekannten Fernsehsendung<br />
Grand Jury RTL-Le Monde am 13. September<br />
1987 sein rechtsradikales Gedankengut<br />
einer breiten Öffentlichkeit bewusst geworden<br />
war. 44 Bei den folgenden beiden Präsidentschaftswahlen<br />
konnte Le Pen sein Ergebnis weiter<br />
verbessern. So erreichte Le Pen bei der ersten<br />
Runde der Präsidentschaftswahl am 23. April<br />
1995 <strong>15</strong>,0 Prozent und mehr als 4,5 Millionen<br />
Wählerstimmen. Dennoch kam es nach den Präsidentschaftswahlen<br />
1988 zu einem kurzzeitigen<br />
Einbruch des Front National, der bei den Kantonalwahlen<br />
1988 nur 5,4 Prozent und bei den<br />
Kommunalwahlen im März 1989 gar nur landesweite<br />
2,5 Prozent der Wählerstimmen auf sich<br />
vereinigen konnte. Allerdings festigten die Kommunalwahlen<br />
1989, trotz des landesweit unterdurchschnittlichen<br />
Ergebnisses, die regionalen<br />
Hochburgen des Front National in Südfrankreich,<br />
dem Elsass sowie in der Region Centre45 :<br />
25,0 Prozent in Perpignan, 22,5 Prozent in<br />
Dreux, 21,1 Prozent in Mulhouse, 13,5 Prozent<br />
in Marseille. 46<br />
Der kurzfristige Einbruch ließ sich einerseits mit<br />
der geringen Mobilisierung der FN-Stammwähler<br />
bei den beiden Wahlen und der Aufstellung<br />
von zu wenigen Kandidaten erklären. Darüber<br />
44 Le Pen hatte auf die Frage eines Journalisten vor laufender<br />
Kamera die nationalsozialistischen Gaskammern<br />
als „Detail der Geschichte des Zweiten Weltkriegs”<br />
verharmlost (Christadler, Außenseiter, S. 302).<br />
45 Zur Wahlgeographie des Front National siehe auch:<br />
Pascal Perrineau, The Conditions for the Re-emergence<br />
of an Extreme Right Wing in France: the National<br />
Front, 1984-98, in: Edward J. Arnold (Hrsg.),<br />
The Development of the Radical Right in France. From<br />
Boulanger to Le Pen, London 2000, S. 261-264.<br />
46 Zu den regionalen Hochburgen des FN siehe: Daniela<br />
Heimberger, Der Front National im Elsass. Rechtsextremismus<br />
in Frankreich. Eine regionale Wahlanalyse,<br />
Wiesbaden 2001; Dietmar Loch, Marseille – eine<br />
Hochburg des Front National. Erklärungsansätze für<br />
den Erfolg des Rechtsextremismus in Frankreich, in:<br />
Frankreich-Jahrbuch 1990, S. <strong>15</strong>7-170; Jean-Philippe<br />
Roy, Le Front National en Région Centre. 1984-1992,<br />
Paris 1993.<br />
hinaus hatten Richtungskämpfe innerhalb des<br />
Front National, der wachsende Antisemitismus<br />
in Verlautbarungen von Parteifunktionären und<br />
der Parteiausschluss einiger Kritiker des absolutistischen<br />
Führungsstils von Jean-Marie Le Pen<br />
für Distanz bei den Wählern gesorgt. 47 Im Zuge<br />
einer weitreichenden Europaskepsis konnte der<br />
Front National jedoch bei den anschließenden<br />
Europawahlen am <strong>18</strong>. Juni 1989 wieder einen<br />
Zuwachs auf 11,7 Prozent Wählerstimmenanteil<br />
verzeichnen. Die folgenden Jahre waren von einer<br />
hohen Konstanz der Wahlergebnisse gekennzeichnet.<br />
Die 1990er Jahre: Konsolidierung und Ausbau<br />
kommunaler und regionaler Hochburgen<br />
Im März 1992 konnte der Front National seine<br />
Abgeordnetenzahl in den Regionalräten von 137<br />
auf 239 erhöhen, in alle 22 Regionalräte des<br />
Mutterlandes einziehen und durchschnittlich<br />
13,9 Prozent der Wählerstimmen erreichen.<br />
Hierbei profitierte die Partei von landesweit beachteten<br />
Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen<br />
mit Migrationshintergrund und Polizeieinheiten,<br />
die sich vor allem im Sommer 1991<br />
in den Pariser Vorstädten Mantes-la-Jolie und<br />
Sartrouville abspielten. Auch die ebenfalls im<br />
März 1992 stattfindenden Kantonalwahlen erbrachten<br />
mit 12,3 Prozent der abgegebenen<br />
Wählerstimmen im ersten Wahldurchgang ein<br />
hohes Ergebnis für den FN.<br />
Die Wahlen zum Europäischen Parlament 1994<br />
führten erstmals wieder zu ernsthafter Konkurrenz<br />
um rechte Wählerstimmen. Jean-Marie Le<br />
Pen hatte eigentlich erhofft, zahlreiche Europagegner<br />
und -skeptiker für die Wahl des Front<br />
National begeistern zu können. Immerhin hatte<br />
die Partei am deutlichsten die Ablehnung des<br />
Maastricht-Vertrages im Referendum vom September<br />
1992 propagiert. 48 Von den mehr als 12,6<br />
Millionen französischen Wählern, die die Annahme<br />
des Maastrichter Vertrages in dem Referendum<br />
am 20. September 1992 verneint hatten,<br />
votierte jedoch bei den nächsten Europawahlen<br />
47 Vgl. Le Monde vom 8. September 1988, S. 12 sowie<br />
Le Monde vom 11. Oktober 1988, S. 10.<br />
48 Bergsdorf, Geschwister, S. 168.<br />
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