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2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF

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MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Nikolas R. Dörr – 40 Jahre Front National [...] Aufsätze<br />

das Mitte-Rechts-Lager von RPR und UDF eine<br />

Mehrheit gegenüber den Sozialisten.<br />

Die negative Quittung für Mitterrands Experiment<br />

war somit in doppelter Hinsicht erfolgt.<br />

Als gesamtgesellschaftlich negativ zu betrachten<br />

war der endgültige Durchbruch des Front National<br />

bei einer landesweiten Wahl, die ein weitaus<br />

größeres Interesse und Medienecho hervorrief<br />

als die Europawahlen zwei Jahre zuvor. Für Mitterrand<br />

persönlich war hingegen die Wahlniederlage<br />

des Parti Socialiste ein erheblicher Rückschlag,<br />

der zur ersten Cohabitation führte. Es ist<br />

zu beachten, dass François Mitterrand bereits im<br />

Vorfeld der Präsidentschaftswahl 1981 hatte<br />

sondieren lassen, ob und zu welchen Bedingungen<br />

eine Unterstützung Jean-Marie Le Pens und<br />

somit des Front National für seine Präsidentschaftskandidatur<br />

möglich wäre. 39 Die Inkaufnahme<br />

des Einzugs der Rechtsextremen hatte<br />

keine der Hoffnungen Mitterrands erfüllt, aber<br />

dem Front National ein breites Medienecho,<br />

Aufmerksamkeit, politische Mandate und finanzielle<br />

Mittel gesichert. Letztendlich muss man<br />

konstatieren: Mitterrand „stärkte die rechtsradikale<br />

Komponente in der Parteienlandschaft, um<br />

mit ihrer Hilfe das bürgerliche Lager zu schwächen<br />

und einen weiteren Zankapfel in seine Reihen<br />

zu werfen“ 40 .<br />

Die konservativ-bürgerliche Mehrheit um Premierminister<br />

Jacques Chirac machte die Reform<br />

des Wahlsystems durch die Sozialisten direkt<br />

nach ihrem Wahlsieg wieder rückgängig.<br />

Dementsprechend war der Wiedereinzug des<br />

Front National bei der nächsten Parlamentswahl<br />

trotz eines zu erwartenden Ergebnisses von rund<br />

zehn Prozent der Stimmen gefährdet. Le Pen geißelte<br />

daher die Rückkehr zum Mehrheitswahlsystem<br />

als ungerecht und undemokratisch. 41 Die<br />

innerparteiliche Diskussion, ob sich eine Unterstützung<br />

der Mitte-Rechts-Regierung Chiracs im<br />

Parlament positiv auf zukünftige, durch das wieder<br />

eingeführte absolute Mehrheitswahlsystem<br />

39 Emmanuel Faux/Thomas Legrand/Gilles Perez, La<br />

main droite de Dieu. Enquête sur François Mitterrand<br />

et l'extrême droite, Paris 1994, S. 16.<br />

40 Weisenfeld, Geschichte, S. 292f.<br />

41 Guy Birenbaum, Le Front National en politique, Paris<br />

1992, S. 142.<br />

notwendig gewordene, Wahlbündnisse mit dem<br />

RPR und der UDF auswirken könnte, wurde von<br />

Le Pen deutlich beantwortet. Eine Initiative zur<br />

Unterstützung der Chirac-Regierung durch den<br />

Abgeordneten Yvon Briant wurde von der Partei-<br />

und Fraktionsführung um Le Pen umgehend<br />

unterbunden und Briant wurde aus der Fraktion<br />

ausgeschlossen.<br />

Die 1986 gleichzeitig und ebenfalls im Verhältniswahlmodus<br />

stattfindenden Regionalwahlen<br />

erbrachten 9,6 Prozent im Landesdurchschnitt<br />

für den Front National. Dies reichte aus, um in<br />

21 der 22 Regionalräte Frankreichs, die Überseegebiete<br />

nicht mitgezählt, einziehen zu können.<br />

Die zahlenmäßige Stärke der FN-Fraktionen<br />

führte dazu, dass erstmals in vier Regionen Politiker<br />

des Front National die Position des Vize-Regionalpräsidenten<br />

übernehmen konnten.<br />

Von diesem Zeitpunkt an konnte man konstatieren,<br />

dass sich der Front National im politischen<br />

System Frankreichs etabliert hatte.<br />

Die Wahlen zur Assemblée Nationale 1988 bis<br />

2002 und die Folgen des Mehrheitswahlsystems<br />

Der durch das Wahlsystem bedingte Unterschied<br />

wurde nach der Rückkehr zum absoluten Mehrheitswahlsystem<br />

bei den Parlamentswahlen im<br />

Juni 1988 deutlich. Der Front National erhielt<br />

mit 9,7 Prozent aller abgegebenen Wählerstimmen<br />

ein ähnliches Ergebnis wie 1986, konnte jedoch<br />

nur noch ein Mandat erringen. In Folge einer<br />

notwendig gewordenen Nachwahl für die<br />

Assemblée Nationale im Département Eure-et-Loir<br />

am 3. Dezember 1989 konnte der<br />

Front National mit Marie-France Stirbois wieder<br />

eine Abgeordnete in die Nationalversammlung<br />

entsenden.<br />

Bei den nächsten Parlamentswahlen im März<br />

1993 konnte der Front National trotz landesweiter<br />

12,9 Prozent der Wählerstimmen keinen Abgeordneten<br />

in die Nationalversammlung entsenden<br />

– im Verhältniswahlsystem hingegen wäre<br />

die Partei mit über 60 Mandaten ein zu beachtender<br />

Faktor geworden. Die Nationalversammlungswahlen<br />

1993 widerlegten erneut deutlich<br />

Mitterrands ursprüngliche Annahme, wonach ein<br />

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