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2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF

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Aufsätze Nikolas R. Dörr – 40 Jahre Front National [...] MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg.<br />

ginn des rechten Terrors im Zusammenhang mit<br />

der Unabhängigkeit Algeriens 1962 hielten sich<br />

die Poujadisten als politische Bewegung der jungen<br />

V. Republik, parlamentarisch waren sie jedoch<br />

mit der erneuten Amtsübernahme Charles<br />

de Gaulles und der Ausrufung der V. Republik<br />

1958 unbedeutend geworden. Die von Pierre<br />

Poujade angeführte kleinbürgerliche Protestbewegung<br />

wird in der Geschichtswissenschaft vor<br />

allem auf die Modernisierungsfolgen in Kleinstädten<br />

und auf dem Land zurückgeführt, die<br />

nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges insbesondere<br />

das Kleinbürgertum verunsicherten. 14 Inhaltlich<br />

war die Bewegung anti-etatistisch ausgerichtet<br />

und hatte sich insbesondere aufgrund von<br />

Poujades populistischem Steuer- und Bürokratieprotest<br />

entwickelt. <strong>15</strong> Jean-Marie Le Pen konnte<br />

aus Poujades Erfolg die Lehre ziehen, dass in<br />

Frankreich eine Basis für eine Partei rechts der<br />

Gaullisten und Zentristen vorhanden war, wenn<br />

man die richtige Strategie und Taktik wählte.<br />

Poujade war dies mit seinem Rechtspopulismus<br />

nur kurzfristig gelungen.<br />

Die frühen 1960er Jahre kannten zwar keine originäre<br />

rechtsextreme Partei wie den späteren<br />

Front National, das Spektrum der späteren Mitgliedschaft<br />

zeigte sich jedoch bereits, insbesondere<br />

im Zusammenhang mit den bereits erwähnten<br />

Protesten gegen die Unabhängigkeit Algeriens.<br />

Darüber hinaus konnte die extreme Rechte<br />

von einem verstärkten Antikommunismus innerhalb<br />

des konservativen Lagers profitieren, da<br />

man der Sowjetunion vorwarf, dass sie die antifranzösischen<br />

Befreiungsbewegungen in den Kolonien<br />

ideologisch, finanziell und militärisch unterstütze.<br />

16<br />

Eine feste Parteibindung war für die französische<br />

Rechte bis zur Gründung des Front National<br />

untypisch gewesen. Rechtsextremes Gedankengut<br />

hielt sich vielmehr in Bewegungen, Intellektuellenzirkeln<br />

oder außerparlamentarischen<br />

14 Weisenfeld, Geschichte, S. 110ff.<br />

<strong>15</strong> Zum Poujadismus siehe: Thierry Bouclier, Les années<br />

Poujade. Une histoire du Poujadisme. 1953-1958, Paris<br />

2006.<br />

16 Jean-Christian Petitfils, L'extrême droit en France, Paris<br />

1988, S. 87.<br />

38<br />

Organisationen: von der Action Française17 über<br />

die Anhänger Poujades hin zur Organisation de<br />

l'armée secrète (OAS) oder dem Ordre Nouveau.<br />

Die bekannteste außerparlamentarische<br />

rechtsextreme Organisation wurde Anfang 1961<br />

vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden<br />

Niederlage im Algerienkrieg von ranghohen<br />

französischen Militärs gegründet. Ziel und<br />

Zweck der OAS war die Erhaltung eines französischen<br />

Algeriens mit allen militärischen Mitteln.<br />

<strong>18</strong> Zur Erreichung ihres Ziels schreckte die<br />

OAS auch vor zahlreichen Attentaten und einem<br />

versuchten Militärputsch nicht zurück. Die Terroranschläge<br />

der OAS hörten auch nach der Anerkennung<br />

der algerischen Unabhängigkeit durch<br />

die französische Regierung in den Verträgen von<br />

Evian im März 1962 nicht auf. Bekannt ist hierbei<br />

insbesondere das fehlgeschlagene Attentat<br />

auf Präsident Charles de Gaulle vom 22. August<br />

1962. Während im Referendum vom 8. April<br />

1962 90,8 Prozent der Franzosen für die algerische<br />

Unabhängigkeit votierten, war eine Minderheit<br />

der Rechten strikt dagegen. Dennoch ließ<br />

sich dieser Protest nicht parteipolitisch kanalisieren.<br />

Die Hoffnung auf eine neue Sammlungsbewegung<br />

wurde bereits 1965 beendet: Jean-Louis<br />

Tixier-Vignancour erreichte als Kandidat der extremen<br />

Rechten im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen<br />

1965 mehr als 1,2 Millionen<br />

Stimmen, was jedoch nur einem Wähleranteil<br />

von 5,2 Prozent entsprach. Sein Wahlkampfleiter<br />

war der damals 37jährige Jean-Marie Le Pen<br />

gewesen, der nach der Enttäuschung des Präsidentschaftswahlkampfes<br />

in den Folgejahren eine<br />

rechtsextreme Parteigründung als wenig sinnvoll<br />

erachtete.<br />

Einen großen Einfluss auf die extreme Rechte<br />

Frankreichs übte der im Dezember 1969 als Reaktion<br />

auf die Ereignisse von 1968 unter dem<br />

Credo des strikten Antikommunismus und Na-<br />

17 Die Action Française entstand <strong>18</strong>98 im Zusammenhang<br />

mit der Dreyfuß-Affäre als nationalistisch-monarchististische,<br />

katholische, antiparlamentarische und antisemitische<br />

Bewegung. Siehe auch: Eugen Joseph<br />

Weber, Action Française. Royalism and Reaction in<br />

20 th century France, Stanford 1962.<br />

<strong>18</strong> Zur Geschichte der OAS siehe: Olivier Dard, Voyage<br />

au cœur de l’OAS, Paris 2005.

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