2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Rezensionen<br />
teien gekommen sehen. Dann stellt sich aber<br />
doch die Frage, wie fruchtbar das Festklammern<br />
an bloßen Worthülsen ist? Zweifelhaft scheint<br />
der Mehrwert jedenfalls dann, wenn die überkommenen<br />
Begriffe erst kernsaniert werden<br />
müssen, damit sich die Wirklichkeit der schönen<br />
Theorie überhaupt noch irgendwie fügen mag.<br />
Wenn die alte Welt sich weiter dreht, beschreibt<br />
man sie mit neuen Worten. Oder man zwängt<br />
die neue Welt unter die alten Worte bis es<br />
quietscht.<br />
Philipp Erbentraut, M.A.<br />
Claudia Zilla: „Demokratie“ im Diskurs politischer<br />
Parteien. Argentinien und Chile im<br />
Vergleich, Nomos Verlag, Baden-Baden 2011,<br />
305 S., ISBN 978-8329-6571-6, 59 €.<br />
Claudia Zilla stößt mit ihrer Monographie zum<br />
Diskurs politischer Parteien am Beispiel zweier<br />
argentinischer und zweier chilenischer Parteien<br />
in gleich zwei Forschungslücken. Zum einen<br />
lenkt sie den Blick auf die von der aktuellen Lateinamerikaforschung<br />
wenig beachteten institutionalisierten<br />
Parteien in der Region und deren<br />
Diskurse. Zum anderen nimmt sie eine qualitative<br />
Analyse des von diesen Akteuren verwandten<br />
Demokratiebegriffs vor und fügt damit der Parteienforschung<br />
einen wichtigen Aspekt und eine<br />
beispielhafte Arbeit für ein solches methodisches<br />
Unterfangen hinzu. Schon an dieser Stelle sei<br />
gesagt, dass es als gewinnbringend erscheint, ein<br />
solches Vorgehen auch in Zukunft vertieft zu<br />
verfolgen, nimmt man die hier besprochene Studie<br />
als Maß.<br />
Als Ausgangspunkt wählt Zilla die in der Politikwissenschaft<br />
zu Lateinamerika weit verbreitete<br />
These, Parteien in der Region zeigten in den<br />
vergangenen Jahrzehnten ein Verhalten, das mit<br />
der Demokratie verträglich und ihr förderlich<br />
sei. Diese Verhaltensänderung im Vergleich zu<br />
früheren Phasen rühre aus einer gesteigerten<br />
Wertschätzung der Demokratie, die auf eine gewandelte<br />
Auffassung der politischen Ordnung<br />
aufgrund der in den autoritären Regimen gemachten<br />
Erfahrungen gründe. Um diese These<br />
einer nötigen empirischen Überprüfung zu unter-<br />
ziehen, nimmt die Forscherin den Diskurs zweier<br />
argentinischer Parteien und zweier chilenischer<br />
Parteien in den Blick. Hierbei handelt es sich<br />
konkret um die argentinische Radikale Bürgerunion<br />
(Unión Cívica Radical, UCR) und die argentinische<br />
Justizialistische Partei (Partido Justicialista,<br />
PJ) sowie im chilenischen Fall die Sozialistische<br />
Partei (Partido Socialista de Chile,<br />
PS) und die Christdemokratische Partei (Partido<br />
Demócrata Cristiano, DC). Sie unterzieht dazu<br />
die Äußerungen der genannten Parteien aus den<br />
Jahren 1950-2009 einer qualitativ-induktiven Inhaltsanalyse<br />
und vollzieht den Teil des Diskurses<br />
nach, der sich auf das Demokratieverständnis<br />
im Ist- und Soll-Zustand, die damit zusammenhängende<br />
Rolle des Staates, den angestrebten<br />
Wandel und die Rolle der Partei bezieht.<br />
Die Studie wird in sechs Kapiteln präsentiert:<br />
nach einem zugänglichen Umriss des Problembereichs<br />
und einer umfassenden Darstellung der<br />
Forschungslage, sowohl zu den gewählten Fällen<br />
als auch zu Parteiendiskursen und ihrer Rolle in<br />
der politikwissenschaftlichen Forschung zur politischen<br />
Kultur, ordnet Zilla ihr eigenes Forschungsdesign<br />
in das Panorama der bestehenden<br />
Literatur ein (Kap. 1).<br />
Im zweiten Kapitel widmet sich die Autorin in<br />
großem Umfang dem theoretisch-methodischen<br />
Rahmen der Untersuchung, was einerseits das<br />
Verständnis der verwandten Kernbegriffe (Parteien,<br />
Demokratie und Diskurs) umfasst, und andererseits<br />
eine intensiv betriebene Reflexion der<br />
eigenen forschungslogischen Grundannahmen<br />
und ihrer methodischen Umsetzung in der Untersuchungspraxis<br />
betrifft. Ein besonderes Augenmerk<br />
in diesem Kapitel gilt der genauen methodischen<br />
Herangehensweise der Studie, nämlich<br />
der qualitativen Inhaltsanalyse, die dem in der<br />
Parteienforschung weit verbreiteten quantitativen<br />
Ansatz gegenübergestellt wird.<br />
Die Arbeit folgt dem Forschungsprogramm des<br />
historisch-empirischen Ansatzes, woraus sich<br />
die Tatsache erklärt, dass dem jeweiligen Kontext<br />
der ausgewählten Fälle in besonderem Maße<br />
Aufmerksamkeit gewidmet wird. Die politischen<br />
Entwicklungen der Jahre 1950 bis 2009 werden<br />
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