2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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Rezensionen MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg.<br />
bereiche, jedenfalls nach deutschem Verständnis.<br />
In der Schweiz weisen die Fraktionen keine<br />
große Eigenständigkeit auf. Die Grenzen zwischen<br />
Partei und Fraktion sind sowohl in personeller<br />
wie auch in finanzieller Hinsicht fließend.<br />
Andererseits sind die Parteien in der Schweiz<br />
von den Mandatsträgern finanziell abhängig, da<br />
die Mandatssteuern für die meisten Parteien eine<br />
wichtige Finanzquelle darstellen. So entsteht ein<br />
merkwürdiges Abhängigkeitsverhältnis. Der vierte<br />
Teil wendet sich der Willensbildung und den<br />
Willensbildungsverfahren in den politischen Parteien<br />
zu. Verdienstvoll wird herausgearbeitet,<br />
dass in den Statuten der Schweizer Bundes- und<br />
Kantonalparteien keine klaren Regelungen zu<br />
Aufgaben und Entscheidungsverfahren und<br />
-kompetenzen zu finden sind. Auch bleibt unklar,<br />
wer für die Nomination von Kandidaten zuständig<br />
ist. Mit dem Gebot der innerparteilichen<br />
Demokratie, wie es verfassungsrechtlich in<br />
Deutschland gefordert wird, kann und darf dies<br />
nicht verglichen werden. Bei der Übertragung<br />
deutscher Normen verlangt Schiess Rütimann<br />
wohl zu Recht Zurückhaltung, wegen der Unterschiede<br />
zwischen den politischen Systemen. Gefordert<br />
werden keine gesetzlichen Bestimmungen,<br />
aber ausführliche satzungsrechtliche Regelungen<br />
zur demokratischen inneren Ordnung,<br />
dies allerdings nicht beschränkt auf die politischen<br />
Parteien, sondern für alle politischen Akteure,<br />
wie etwa Interessenverbände und jegliche<br />
Gruppierungen, die sich zu politischen Fragen<br />
äußern (S. 612 Rn. 1237). Politikwissenschaftliche<br />
Untersuchungen zur inneren Ordnung und<br />
die Beobachtung der aktuellen Entwicklung führen<br />
Schiess Rütimann zu der Erkenntnis: es gibt<br />
keinerlei Hinweise für eine Neigung der Parteien<br />
„Vorgaben zu verletzen oder anderswie die<br />
Grundsätze der demokratischen Willensbildung<br />
zu missachten“ (S. 625 Rn. 1268). Im letzten<br />
und fünften Teil der Arbeit erfolgt die Zusammenführung<br />
der untersuchten Teilbereiche und<br />
Aspekte. Die Frage nach einem inneren System,<br />
der inneren Stimmigkeit der herausgearbeiteten<br />
Rechtsprinzipien oder Werte, die hinter den gesetzlichen<br />
Anordnungen stehen und sich in ihnen<br />
verwirklichen, wird hier beantwortet.<br />
<strong>18</strong>0<br />
Schiess Rütimann verneint, in Anbetracht der<br />
funktionalen Besonderheiten des Parteiensystems<br />
in der Schweiz, die Notwendigkeit, ein<br />
Schweizer Parteiengesetz zu erlassen. Die im<br />
Laufe der Untersuchung herausgearbeiteten Vorschläge<br />
für die Praxisänderung und für Revisionen<br />
von Gesetzesbestimmungen fußen alle auf<br />
der in der Schweiz bestehenden Verankerung der<br />
Parteien im Vereinsrecht. Änderungen im geltenden<br />
Recht werden als ausreichend angesehen.<br />
Insbesondere bei einer Verlagerung des Schwergewichts<br />
der Regelungen der Schweizer Parteien<br />
weg von den zivilrechtlich geprägten vereinsrechtlichen<br />
Regelungen hin zu öffentlich-rechtlichen<br />
Erlassen sieht Schiess Rütimann den bisher<br />
mit Erfolg beschrittenen Weg verlassen.<br />
Insgesamt bietet die Arbeit neben einer akribischen<br />
Darstellung, Aufarbeitung und Behandlung<br />
der äußeren wie inneren Regelungen des<br />
Rechts der politischen Parteien in der Schweiz<br />
und in Belgien einen Einblick in die innere Stimmigkeit<br />
des Systems der politischen Parteien in<br />
beiden Ländern. An vielen Stellen entführt das<br />
Werk den Leser in die funktionalen Besonderheiten<br />
der Schweiz, um ihn mit Hilfe der Rechtsvergleichung<br />
dort gleich wieder abzuholen. So<br />
gelingt es der Verfasserin, eigene Denkansätze<br />
und Erkenntnisse der nationalen Ebene zu entheben<br />
und aus einer anderen Perspektive zu überprüfen.<br />
Das Werk regt zur vertieften Auseinandersetzung<br />
an und ist auch für den informierten<br />
Leser eine Bereicherung.<br />
Dr. Heike Merten<br />
Eva Johanna Schweitzer/Steffen Albrecht (Hrsg.):<br />
Das Internet im Wahlkampf, Analysen zur<br />
Bundestagswahl 2009, VS Verlag für Sozialwissenschaften,<br />
Wiesbaden 2011, 319 S., ISBN<br />
978-3-531-17023-7, 29,95 €.<br />
Befeuert durch den US-Wahlkampf 2008 und<br />
die strategische Bedeutung des Internets für den<br />
Wahlsieg Obamas, versprach auch der Wahlkampf<br />
zur Bundestagswahl 2009 zum Online-<br />
Wahlkampf zu werden. Dass er dies nur bedingt<br />
wurde, wissen wir nun, nicht zuletzt dank des unter<br />
Herausgeberschaft von Schweitzer/Albrecht<br />
2011 erschienenen Sammelbands, der dem inter-