2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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Aufsätze Sören Lehmann – Recht der steuerbegünstigten Zwecke [...] MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg.<br />
chem Ausmaß zu verfolgen? Die umfangreichen<br />
steuerlichen Begünstigungen, die sich aus dem Gemeinnützigkeitsstatus<br />
ergeben, vermögen ein derart<br />
formales System zu rechtfertigen. Die §§ 56, 63<br />
AO sollen dem Missbrauch der Gemeinnützigkeitsvorschriften<br />
vorbeugen. <strong>15</strong> Zwar wollen die<br />
Regelungen vorrangig eine Mittelverwendung zu<br />
anderen als den steuerbegünstigten Zwecken verhindern;<br />
um eine klare und lückenlose Vollziehbarkeit<br />
des Rechts der steuerbegünstigten Zwecke<br />
zu ermöglichen, ist jedoch eine Anknüpfung an<br />
die in der Satzung niedergelegten Zwecke sinnvoll<br />
und notwendig. Die Urteile stellen klar, dass<br />
die Organe einer steuerbegünstigten Körperschaft<br />
Garanten für die Einhaltung der satzungsgemäßen<br />
Geschäftsführung sind. 16<br />
III. Anwendung der Urteilsgrundsätze auf<br />
die parteinahen Stiftungen<br />
Im Folgenden sollen ausgehend von einer Problemdarstellung<br />
die Satzungen der großen parteinahen<br />
Stiftungen untersucht und ihre Eigenund<br />
Fremdwahrnehmung hinsichtlich gemeinnützigkeitsrelevanter<br />
Aspekte dargestellt werden,<br />
um so eine Beurteilung der Erfüllung der<br />
Anforderungen an die satzungsgemäße Geschäftsführung<br />
zu ermöglichen. Damit einhergehend<br />
wird die Erfüllung des Kriteriums der<br />
Selbstlosigkeit nach § 55 untersucht.<br />
1. Maßgeblichkeit des Problems<br />
Die großen parteinahen Stiftungen und ihre Fördervereine<br />
sind als steuerbegünstigt im Sinne der<br />
§§ 51 ff. AO anerkannt.<br />
Gleichzeitig erhalten die parteinahen Stiftungen<br />
in erheblichem Umfang Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt.<br />
Ausweislich ihrer Gewinn- und<br />
<strong>15</strong> Tipke, in: Tipke/Kruse (Hrsg.), Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung,<br />
1<strong>18</strong>. EL. (02/2009), § 63 Rn. 1.<br />
16 Fischer, Anmerkung zu BFH v. 09.02.2011, jurisPR-<br />
SteuerR 25/2011 Anm. 1, 4. Zu einem der Körperschaft<br />
zuzurechnenden Organisationsverschulden BFH BStBl<br />
II 2002, 169; Grundsätzlich zur Zurechnung von Handlungen<br />
einzelner Beschäftigter der Körperschaft zur tatsächlichen<br />
Geschäftsführung auch unter Rückgriff auf<br />
die zivilrechtlichen Institute der Duldungs- und Anscheinsvollmacht<br />
Bott, in: Schauhoff (Hrsg.), Handbuch<br />
der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010, § 10 Rn. 125 f.<br />
<strong>18</strong><br />
Verlustrechnungen erhielten die sechs großen<br />
parteinahen Stiftungen allein im Jahr 2009 Zuwendungen<br />
aus Bundesmitteln in Höhe von<br />
mehr als 360 Mio. Euro. 17 Angesichts dieser hohen<br />
Zuschüsse, welche bisher einer klaren gesetzlichen<br />
Grundlage entbehren, ist in der Literatur<br />
vielfach die Forderung nach mehr Transparenz<br />
durch ein zu schaffendes Parteistiftungsgesetz<br />
anzutreffen. <strong>18</strong> Verglichen damit sind die<br />
Spendeneinnahmen, welche diese Stiftungen in<br />
2009 erhielten, mit etwa 1 Mio. Euro zwar sehr<br />
gering. Zusätzlich zu der mittelbaren Anreizwirkung,<br />
die die steuerliche Begünstigung von<br />
Spenden hat, finden sich jedoch auch die bereits<br />
erwähnten Steuervorteile auf Seiten der Körperschaft<br />
selbst. Der Gemeinnützigkeitsstatus verleiht<br />
den parteinahen Stiftungen also nicht nur<br />
das Etikett der Allgemeinheit zu nützen, sondern<br />
bringt für sie auch handfeste finanzielle Vorteile<br />
mit sich. Angesichts dessen erscheint es sinnvoll,<br />
den Satzungsanspruch und die Wirklichkeit<br />
des Handelns parteinaher Stiftungen näher zu<br />
untersuchen. In diese Überlegungen ist ein weiteres<br />
zentrales Erfordernis des Rechts der steuerbegünstigten<br />
Zwecke, nämlich das in § 55 AO<br />
verankerte Gebot der Selbstlosigkeit einzubeziehen.<br />
Der Selbstlosigkeit widerspricht nämlich<br />
nach § 55 I Nr. 1 S. 3 AO die unmittelbare oder<br />
mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer<br />
Parteien. Denn der Begriff „Partei“ spiegelt<br />
per Definitionem die Vertretung einzelner<br />
Interessen wider, so dass ein Allgemeinnutzen,<br />
wie ihn die §§ 51 ff. AO erfordern, zumindest<br />
unmittelbar nicht mehr gegeben ist. Durch ihre<br />
besonders weite Formulierung ist die Norm nach<br />
hier vertretener Ansicht in einem weiten Sinne<br />
zu verstehen. Neben finanzieller Förderung sind<br />
auch die Gewährung geldwerter Vorteile sowie<br />
17 Rosa-Luxemburg-Stiftung (Hrsg.), Jahresbericht 2009,<br />
69; Hanns-Seidel-Stiftung (Hrsg.), Jahresbericht 2010,<br />
62; Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.), Jahresbericht 2010,<br />
66; Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.), Jahresbericht 2010,<br />
100; Friedrich-Naumann-Stiftung (Hrsg.), Jahresbericht<br />
2010, 84; Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.), Jahresbericht<br />
2010, 93.<br />
<strong>18</strong> Vgl. nur Kretschmer/Merten/Morlok, ZG 2000, 41 ff.;<br />
Geerlings, Verfassungs- und verwaltungsrechtliche<br />
Probleme bei der staatlichen Finanzierung parteinaher<br />
Stiftungen, 2003, <strong>18</strong>2 ff.; ähnlich Brömer, Transparenz<br />
als Verfassungsprinzip, 2004, 85 ff.