2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg. Rezensionen<br />
Patricia M. Schiess Rütimann: Politische Parteien<br />
– Privatrechtliche Vereinigungen zwischen<br />
öffentlichem Recht und Privatrecht,<br />
Stämpfli Verlag AG Bern, gleichzeitig Bd. 41<br />
der Reihe Schriften zum Parteienrecht und<br />
zur Parteienforschung, Nomos Verlag, Baden-<br />
Baden 2011, 726 S., 145 CHF, 134 €, ISBN<br />
978-3-7272-8800-5 (Stämpfli), ISBN 978-3-<br />
8329-6959-2 (Nomos).<br />
Mit dem Buch von Patricia Schiess Rütimann<br />
liegt nunmehr eine weitere parteienrechtliche<br />
Habilitationsschrift vor, vorgelegt an der Universität<br />
Zürich. Wie auch die Habilitationsschrift<br />
von Foroud Shirvani10 aus dem letzten Jahr,<br />
wählt die Verfasserin eine interdisziplinäre Herangehensweise.<br />
Dies ist beim Betrachtungsgegenstand<br />
und Untersuchungsziel sicherlich sinnvoll,<br />
denn politische Parteien sind kein normatives<br />
Konstrukt des Staats- und Verfassungsrechts.<br />
Parteien haben sich weitestgehend außerhalb<br />
des Staatsrechts und gegen die dominierenden<br />
staatstheoretischen Konzepte und Ideologien<br />
entwickelt. Das Recht der politischen Parteien<br />
wird in der Praxis nur dann effektive Wirkungen<br />
entfalten, wenn es diejenigen Bezüge zu den<br />
Nachbardisziplinen herstellt, die es ermöglichen,<br />
auf einer empirisch tragfähigen Basis das Phänomen<br />
zu analysieren.<br />
Die Untersuchung von Patricia Schiess Rütimann<br />
geht über diesen interdisziplinären Ansatz<br />
allerdings noch hinaus und bezieht auch eine<br />
Rechtsvergleichung mit ein. Dies erklärt wohl<br />
auch den enormen Umfang der Arbeit von immerhin<br />
726 Seiten und 3849 Fußnoten.<br />
Die Habilitationsschrift konzentriert sich auf die<br />
Untersuchung der schweizerischen und der belgischen<br />
Parteien als privatrechtliche Vereinigungen,<br />
die durch ihre Aufgaben und Funktionen in<br />
einer Demokratie maßgeblich durch das öffentliche<br />
Recht geprägt und überformt sind. Die Organisation<br />
und Willensbildung der politischen Parteien<br />
sowie die Mitgliedschaft in den Parteien in<br />
der Schweiz und in Belgien stehen dabei im Fokus<br />
der Betrachtung. Dabei wird eine Gesamtschau<br />
der privat- und öffentlich-rechtlichen<br />
10 Foroud Shirvani, Das Parteienrecht und der Strukturwandel<br />
im Parteiensystem, 2010.<br />
Bestimmungen sowie der von den Parteien selbst<br />
getroffenen internen Regelungen vorgenommen.<br />
Mit der Schweiz betrachtet die Verfasserin ein<br />
Land, das kein spezielles Gesetzeswerk für die<br />
politischen Parteien vorweisen kann, und mit<br />
Belgien ein Land, das lediglich rudimentäre Spezialregelungen<br />
hat. Erkenntnisse zum deutschen<br />
Parteienrecht und zu den deutschen Parteien, die<br />
ja eine sehr spezielle und dichte Regelung erfahren<br />
haben, werden teilweise einbezogen. So etwa<br />
bei der verfassungsrechtlichen Stellung, der parteiinternen<br />
Schiedsgerichtsbarkeit und bei der inneren<br />
Ordnung der Parteien.<br />
Die Untersuchung gliedert sich in fünf Teile. Im<br />
ersten Teil werden die Grundlagen behandelt,<br />
wie etwa die verfassungsrechtliche Stellung und<br />
die Definition der politischen Parteien. Der<br />
zweite Teil befasst sich mit der Organisation der<br />
Parteien im weitesten Sinne, d.h. der Rechtsform,<br />
Gliederung, der Möglichkeit von Sanktionen<br />
insbesondere gegen Mitglieder. Erörtert wird<br />
in diesem Teil auch die Transparenz der Parteien<br />
im Hinblick auf ihre Tätigkeiten, aber auch auf<br />
die Parteifinanzen. Für die Schweiz, die keine<br />
öffentliche Finanzierung der Parteien kennt,<br />
wird dabei festgestellt, dass die finanzielle Situation<br />
der politischen Parteien, von einzelnen Presseberichten<br />
abgesehen, unbekannt ist. Es bestehen<br />
keine besonderen Vorgaben für die Buchführung<br />
und keine Offenlegungspflichten. Transparenz<br />
ist keinesfalls gegeben und wird gesetzlich<br />
auch nicht verlangt. Der Verhaltenskodex<br />
zur Parteienfinanzierung einer der politischen<br />
Parteien bringt es auf den Punkt: die finanzielle<br />
Unterstützung durch Unternehmen sei von<br />
großer Bedeutung und für die politische Arbeit<br />
sei wichtig, dass neben den Parteifunktionären<br />
niemand die Namen der Spender und die Höhe<br />
der Spende kenne (S. 353 Rn. 705 m.w.N.).<br />
Ganz anders die Situation in Belgien, wo eine<br />
gesetzliche Regelung zur öffentlichen Finanzierung<br />
der politischen Parteien mit darin verankerten<br />
Offenlegungspflichten besteht. Im dritten<br />
Teil wendet sich Schiess Rütimann dem Verhältnis<br />
der Parteien zu den Fraktionen und deren<br />
Mitgliedern, den gewählten Abgeordneten, zu<br />
und wagt damit einen Blick auf die an sich von<br />
den politischen Parteien abgekoppelten Politik-<br />
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