2012, Heft 18, S. 5-15 - PRuF
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Rezensionen MIP <strong>2012</strong> <strong>18</strong>. Jhrg.<br />
durch eine Beantwortung der drei Schlüsselfragen<br />
in Bezug auf den Parteiensystemwandel in<br />
Italien „Von wo nach wo? Wie? Warum?“ (17f.)<br />
möglich sein. Zentral ist dabei, dass Kneisler<br />
nach der Einteilung von Smith nicht nur 1992,<br />
sondern auch 2008 eine zweite Tranformation<br />
des Parteiensystems in Italien feststellt (<strong>18</strong>), wodurch<br />
die Abgrenzung des zentralen Untersuchungszeitraums<br />
inhaltlich begründet wird.<br />
Daraus leitet die Autorin gleich zu Beginn eine<br />
erste Hypothese ab: „Mit dem Wandel des Parteiensystems<br />
nach den Wahlen 2008 beginnt für<br />
das italienische Parteiensystem eine neue Phase<br />
der Stabilität“ (<strong>18</strong>). Diese sieht Kneisler durch<br />
einen deutlichen Trend hin zu einem bipolaren<br />
Parteiensystem gegeben.<br />
Auch die Relevanz der vorliegenden Arbeit ist<br />
gut begründet, denn die Autorin weist zu Recht<br />
darauf hin, dass es bisher noch keine „ausführliche<br />
quantitativ-empirische Analyse über das italienische<br />
Parteiensystem seit den 1990er Jahren<br />
bis in die Gegenwart“ (19) gibt. Diese Forschungslücke<br />
soll mit der Dissertation geschlossen<br />
werden. Die Arbeit weist dabei eine Zweiteilung<br />
auf. An den quantitativ-empirischen Überblick<br />
über das italienische Parteiensystem bis<br />
2008 schließt sich ein qualitativer Teil an, in<br />
dem mögliche Ursachen für den Parteiensystemwandel<br />
untersucht werden.<br />
III. Theoretisches Fundament<br />
Im quantitativen Teil erfolgt zunächst die Vorstellung<br />
der Parteiensystemeigenschaften. Auf<br />
der strukturellen Ebene werden Format, Fragmentierung,<br />
Gewicht der beiden größten Parteien,<br />
Asymmetrie und Volatilität betrachtet. Hinzu<br />
kommen auf der inhaltlichen Ebene Polarisierung,<br />
Segmentierung sowie gesellschaftliche und<br />
parteipolitische Konfliktlinien. Damit berücksichtigt<br />
Kneisler die wichtigsten Parteiensystemeigenschaften.<br />
Weitere Beschreibungskriterien<br />
wie das Vorhandensein von Antisystemparteien<br />
und die Richtung des Parteienwettbewerbs (zentrifugal<br />
vs. zentripetal) werden im weiteren Verlauf<br />
der Arbeit ebenfalls miteingeschlossen.<br />
Zusätzlich wird der Wandel der Wettbewerbsbedingungen<br />
in drei Bereichen beleuchtet: Auf der<br />
174<br />
Angebotsseite anhand der Parteien, Programme,<br />
politischen Eliten und parteipolitischen Konfliktlinien,<br />
demgegenüber auf der Nachfrageseite anhand<br />
der Wähler und gesellschaftlichen Konfliktlinien,<br />
und bei den institutionellen Rahmenbedingungen<br />
durch die Betrachtung von Gesetzen,<br />
äußeren Einflüssen und Institutionen. Zu<br />
letzterem zählt insbesondere das nach 1992<br />
zweimal geänderte Wahlrecht.<br />
IV. Historie<br />
Ausgangspunkt für das dritte Kapitel ist die These<br />
der Pfadabhängigkeit, nach der vergangene<br />
Entscheidungen maßgeblich auf die Zukunft wirken.<br />
Deshalb stellt Kneisler der Betrachtung des<br />
Parteiensystems ab 1992 einen kurzen historischen<br />
Überblick voran, in dem insbesondere das<br />
Parteiensystem der „Ersten Republik“ ab 1946<br />
bis 1992 dargestellt wird. Diese Phase zeichnen<br />
nach der Autorin sechs Besonderheiten aus, worunter<br />
sicher die fehlende Regierungsalternanz<br />
auf Grund der Dominanz der DC (Democrazia<br />
Cristiana), sichtbar in der ununterbrochenen Regierungsbeteiligung<br />
in dieser Phase und des (fast<br />
vollständigen) Ausschlusses der PCI (Partito<br />
Communista Italiano), die wichtigste darstellt.<br />
Trotz der großen Regierungsinstabilität zeichnet<br />
sich diese Phase zugleich durch eine um so größere<br />
Stabilität des Parteiensystems aus, gewissermaßen<br />
eine stabile Instabilität.<br />
Für den Zusammenbruch des Parteiensystems<br />
1992 können so zwei wesentliche Gründe ausgemacht<br />
werden: als externer Grund der Niedergang<br />
der sozialistischen Systeme in Mittel- und<br />
Osteuropa, als interner Grund Tangentopoli, die<br />
illegale Parteienfinanzierung und Korruption in<br />
bisher nicht gekanntem Ausmaß. Damit wandelt<br />
sich 1992 nach Kneisler das italienische Parteiensystem<br />
von einem pluralistischen hin zum einem<br />
hoch fragmentierten und zugleich von Stabilität<br />
hin zu Wandel (oder eben Instabilität).<br />
V. Der Kern<br />
Damit ist der Grundstein für das von Umfang<br />
und Inhalt her als Kernstück der Dissertation zu<br />
bezeichnende vierte Kapitel über „das italienische<br />
Parteiensystem im Wandel“ gelegt. Kneisler<br />
unterteilt dabei die Phase von 1992 bis 2008